Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften - Die Bürgerbank

Endlich wieder gewohnte Verhältnisse. Nachdem die Verantwortlichen der Wiesbadener Volksbank im vergangenen Jahr noch über für ihre Verhältnisse sehr hohe Wertberichtigungen stöhnten, die das Ergebnis verhagelten, wurde dem Geschäftsjahr 2009 wieder einmal das Prädikat "sehr zufriedenstellend" verliehen. In der Tat kommt ein Betriebsergebnis nach Bewertung, das um Sondereffekte wie die bereits vollzogene Neubewertung der Pensionsrückstellungen bereinigt wurde, von 1,2 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) einer Sonderstellung in der genossenschaftlichen Organisation gleich. Von einer solchen Ausnahmestellung will Vorstandschef Rolf Hildner bescheiden jedoch nichts wissen. Die Bank profitiere vom guten Umfeld und Potenzial am Platz Wiesbaden und dass sie keine ganz typische Kreditgenossenschaft sei, sondern sich schon sehr früh auf den Wiesbadener Bürger fokussiert habe. Dadurch sei die Marktdurchdringung besser als die vieler Volks- und Raiffeisenbanken.

Dieses Privatkundengeschäft trägt nun: Im Kreditgeschäft beispielsweise kamen die Zusagen an Wohnungsbaukrediten dem Neugeschäft im gewerblichen Bereich mit 200 zu 215 Millionen Euro ungewöhnlich nah. Dabei sei die Nachfrage nach Krediten ungebrochen hoch gewesen und die Bank sei allen Erwartungen nachgekommen und habe alle vertretbaren Kreditwünsche erfüllt. Auf der Einlagenseite legten die Kundenverbindlichkeiten insgesamt leicht um 1,6 Prozent auf 2,494 Milliarden Euro zu und das obwohl die Bank nicht mit Kampfkonditionen auf die Abwerbungsversuche mancher Wettbewerber reagiert. "Wenn ein Geschäft nicht lukrativ abgewickelt werden kann, dann verzichten wir auch auf das Geschäft", fasst es Hildner zusammen.

Gleichwohl arbeiten die Wiesbadener aber auch ordentlich für den Erfolg. Eine Aufwand-Ertrags-Relation von bereinigt 54 Prozent, unbereinigt mit allen Sonderposten und Rückstellungen von 57 Prozent, dürfte manchem Kollegen den Neid ins Gesicht treiben, entspricht das doch bei Erträgen von 100 Millionen Euro und einer Vergleichszahl bei den kreditgenossenschaftlichen Banken von in der Regel um die 70 Prozent Mehreinnahmen für die Wiesbadener von 20 Millionen Euro - pro Jahr. Hinzu kommt eine umsichtige Risikopolitik. Im abgelaufenen Geschäftsjahr fielen keine nennenswerten neuen Wertberichtigungen an, dafür konnten 7,5 Millionen Euro aus dem Wertpapiergeschäft wieder zugeschrieben werden. Das führt alles in allem zu deutlichen Substanzstärkungen im Volumen von mehr als 20 Millionen Euro sowie einer Dividende von wiederum sechs Prozent.

Die Nähe zum Bürger soll auch bei der nun angegangenen Offensive im Private Banking zum Erfolg führen. Bereits heute habe man bei den vermögenden Privatkunden in Wiesbaden trotz des intensiven Wettbewerbs um diese Klientel einen Marktanteil von gut 20 Prozent, so Hildner. Damit ist man aber nicht zufrieden, die Wiesbadener Volksbank werde sich nicht nur dem Wettbewerb stellen, sondern strebe gute Ergebnisse an.

Mit einer erwarteten Zinsspanne von rund 2,3 Prozent der DBS, sinkenden Kosten durch Bereinigung der Fusion mit der Volksbank Eltville, weiter maßvollem Risikoappetit und steigenden Provisionseinnahmen aus den Initiativen im Private Banking ist alles gerichtet für ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr zum 150-jährigen Jubiläum. Rolf Hildner, der zum Jahresende nach 34 Jahren im Vorstand (! ) altersbedingt ausscheiden wird, hätte einen Spitzenjahrgang zum Abschied wahrlich verdient.

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