Gespräch des Tages

Kreditgenossenschaften - Besser als geplant

Traditionell gibt es gleich zu Beginn jeden Jahres mit der Bilanz-Pressekonferenz der Wiesbadener Volksbank einen Gradmesser, wie das abgelaufene Geschäftsjahr für Kreditgenossenschaften insgesamt zu bewerten sein könnte. Und es sieht vielversprechend aus. Zwar ist die Genossenschaftsbank in der hessischen Landeshauptstadt sicherlich nicht mit allen anderen Instituten des Finanzverbundes zu vergleichen. Dafür ist der Standort Wiesbaden zu gut. Und dafür ist die langjährig gewachsene Positionierung der Wiesbadener Volksbank als Retailbank, als Mittelstandsfinanzierer, als Gewerbeimmobilienpezialist ebenso wie als Private-Banking-Haus mit Marktanteilen von jeweils deutlich im zweistelligen Bereich nicht überall nachahmbar. Und doch zeigt sich, was mit einem ausgeprägten Kostenbewusstsein und einem gesunden Risikoverständnis möglich ist. Das Betriebsergebnis nach Bewertung ist mit 50,12 Millionen Euro das beste in der bisherigen Bankgeschichte. Das hat den Vorstand selber überrascht, der feststellte, man sei für das Jahr 2011 "noch zufriedener als geplant". Zwar gingen die Ertragsgrößen allesamt zurück, doch konnte dies durch Kostensenkungen und niedrigere Bewertungsaufwendungen überkompensiert werden. Das ermöglicht eine neuerliche kräftige Stärkung der Rücklagen und damit des Eigenkapitals um rund 30 Millionen Euro, was mit Blick auf die Anforderungen der Aufsichtsbehörden nur gut tun kann. Im Einzelnen: Der Zinsüberschuss, nach wie vor wichtigste Ertragsgröße der Wiesbadener Volksbank, ist mit 85,71 Millionen Euro zwar gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken, liegt aber immer noch weit über dem langjährigen Durchschnitt. Hier machte sich ein Abflachen der Zinsstrukturkurve ebenso bemerkbar wie der sich weiter verschärfende Konditionenwettbewerb auf der Einlagen- ebenso wie auf der Kreditseite. Rund 55 Millionen Euro davon stammen aus den kundenbezogenen Konditionenbeiträgen, weitere 31 Millionen Euro aus den Strukturbeiträgen. Mit einer Zinsspanne von 2,53 Prozent dürfte das Institut wieder ganz weit vorne im internen Genossenschaftsban-ken-Ranking liegen. Die Provisionserträge sanken ebenfalls, was vor allem der Zurückhaltung der Kunden im Wertpapier- und Versicherungsgeschäft geschuldet war. Daneben belasteten rückläufige Einnahmen aus dem Zahlungsverkehr, was auf die niedrigeren Fremdabhebungsgebühren an Geldautomaten zurückzuführen ist. Gut florierten dagegen das Bausparen, das Immobilien- und das Auslandsgeschäft. Die Bedarfsspanne lag mit 1,59 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme so tief wie noch nie, die Aufwand-Ertragsrelation erreichte stolze 48,5 Prozent. Der Personalaufwand betrug 35,9 Millionen Euro (minus 5,4 Prozent), die sonstigen Verwaltungsaufwendungen 17,7 Millionen Euro (minus 4,7 Prozent) und das Bewertungsergebnis verringerte sich spürbar von neun Millionen Euro auf 5,6 Millionen Euro. Für 2012 ist der Vorstand, aus dem der amtierende Vorstandsvorsitzende Erwin Deuser nach vielen Jahren im Gremium ausscheiden und die Verjüngung damit abgeschlossen sein wird, angesichts dieser Tendenzen zurückhaltend. Ein Ergebnisrückgang von zehn bis zwölf Prozent "sei eingeplant". Was dramatisch klingt, relativiert sich mit Blick in die Zeitreihen, die zeigen, dass das Ergebnis der Wiesbadener Volksbank viele Jahre zwischen 20 und 30 Millionen Euro schwankte und erst in den vergangenen drei Jahren nach oben ausbrach. Geplant ist eine Offensive im Firmenkundengeschäft, das durch den Rückzug von Eurohypo und Westimmo vor allem im gewerblichen Finanzierungsbereich Chancen eröffnet. Ein Einlagenüberhang von rund 400 Millionen Euro lässt ausreichend Spielraum. Ach ja, sollte die EBA-gestresste DZ Bank noch einmal Kapital benötigen, Wiesbaden stünde bereit. So viel Erfolg macht großzügig.

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