Aufsätze

Kreditderivate: Konzentration von Kontrahenten und Underlyings

Die Grundlage der folgenden Betrachtungen zu Kontrahenten und Underlyings bildet die im Herbst 2006 erschienene Studie von Fitch Ratings (Fitch).1) Sie berücksichtigt 75 Marktteilnehmer, darunter 49 globale Banken und Broker, 18 Versicherungs- beziehungsweise Rückversicherungsunternehmen (Versicherer) und acht Finanzgarantieunternehmen. Anhand vorangegangener Studien geht Fitch davon aus, dass die 75 Unternehmen den "Löwenanteil" des Marktes auf sich vereinen.

Unveränderte Dominanz weniger Banken

Der Markt für Kreditderivate wird klar von Banken dominiert, wobei speziell europäische Banken immer häufiger als Netto- Sicherungsgeber auftreten, um im Niedrigzinsumfeld ihr Einkommen zu diversifizieren; die Netto-Sicherungsnehmer-Position aller Banken sank bis Ende 2005 auf 268 Milliarden Dollar (2004: 427 Milliarden Dollar). Finanzgarantieunternehmen und Versicherer spielen eine untergeordnete Rolle. Zumindest einige Versicherer scheinen sich eher aus dem Markt zurückzuziehen. Dagegen treten Asset Manager, Pension Funds und vor allem Hedge Funds zunehmend in den Markt ein, wurden von Fitch aber (noch) nicht berücksichtigt.

Wie in Kreditwesen 22-2006 dargelegt, weist der Markt bezogen auf Kontrahenten eine außerordentlich hohe Konzentration auf, etwa im Vergleich mit Zinsderivaten. Gemessen an der Anzahl der Geschäfte vereinen die zehn führenden Kontrahenten 66 Prozent (2004: 70 Prozent), gemessen am Volumen 86 Prozent (2004: 84 Prozent) aller Käufe und Verkäufe auf sich.

Mit Morgan Stanley, Deutsche Bank, Goldman Sachs, JP Morgan Chase und UBS sind die Top 5 gegenüber 2004 unverändert. Gemessen an Anzahl und Volumen gehörten acht beziehungsweise neun Kontrahenten bereits 2004 den Top 10 an. Veränderungen ergeben sich hauptsächlich am unteren Ende der Top 25. Während die HVB neben AIG, IXIS und CIBC zu den "Aufsteigern" gehört, wurden neben Toronto Dominion und Wachovia auch die KfW und WestLB aus der Rangliste verdrängt.

Zwar begründet eine derart starke Konzentration Liquiditätsrisiken, wenn führende Kontrahenten den Markt verlassen. Aufgrund der Höhe der getätigten Investitionen und der signifikanten Ergebnisbeiträge sieht die Fitch-Studie hierin aber ein geringes Risiko. Eher empfänglich wird der Markt für den übereilten Rückzug aus einzelnen Underlyings erachtet. Vergleichbare Strategien und das Verlassen auf ungetestete Annahmen in den Preismodellen könnten zu einer "regelrechten Flucht" aus bestimmten Titeln führen und die dann ohnehin bestehende Instabilität weiter verschlimmern.

Als Hauptmotive geben die 75 Teilnehmer das Hedging/Kreditrisiko-Management und die Regulatorische Arbitrage an. Von den Banken erklären 89 Prozent den Handel als ein relevantes oder dominantes Motiv (2004: 77 Prozent); auch hieran wird deutlich, dass Banken zunehmend gewillt sind, über das "bloße" Hedging hinaus als Sicherungsgeber aufzutreten. Daneben kommt der Rolle als Intermediär Bedeutung zu. 43 Prozent stufen es als ein dominantes Motiv ein (2004: 23 Prozent). Im Gegensatz hierzu ist zum Beispiel für Versicherer die Nutzung von Kreditderivaten als alternative Investmentklasse das primäre Motiv.

Underlyings hauptsächlich auf Non-Financial-Corporates

Nach Branchen entfallen volumenbezogen knapp zwei Drittel der Underlyings auf Non-Financial-Corporates, gefolgt von Finanzunternehmen, sonstigen Underlyings und Sovereigns. Bemerkenswert ist der wachsende Anteil von CDS auf ABS. Auch wenn sie nur vier Prozent ausmachen, verdeckt der Wert ein Wachstum um 140 Prozent auf 495 Milliarden Dollar in 2005 (2004: 206 Milliarden Dollar); Fitch führt dies unter anderem auf die Standardisierung der Dokumentation und die Begebung neuer Strukturen zurück.

Nach Einzeladressen sind die Top 5 Underlyings nahezu unverändert. Neben Daimler Chrysler gehören General Motors, Ford und France Telecom in 2004 und 2005 zu den Top 4; für Fitch spiegelt sich hierin die anhaltende Sorge um die US-Automobilindustrie wider. Bemerkenswert ist, dass die Deutsche Telekom, zuvor einer der "Stammgäste" in den Top 5, einige Plätze gefallen ist. Ebenso ist interessant, dass vier Sovereigns (Brasilien, Italien, Russland, Türkei) unter den Top 10 geführt werden, verglichen mit drei in 2004; den "Aufstieg" von Brasilien erklärt Fitch mit der 22-prozentigen Gewichtung im JPM-Emerging Market Bond Index sowie der Nutzung des Sovereigns als Hedge für Investitionen in Non-Sovereigns.

Wenngleich deutlich schwächer als zuvor für Kontrahenten ist auch für Underlyings eine (zunehmende) Konzentration festzustellen. Die Top 5 stehen auf der Verkaufsseite für 18 Prozent aller genannten Underlyings (2004: 15 Prozent), auf der Kaufseite für 21 Prozent (2004: 17 Prozent). Ein ähnlicher Trend ergibt sich für die Top 20, die auf der Verkaufsseite 38 (2004: 33) Prozent und auf der Kaufseite 41 (2004: 33) Prozent repräsentieren.

Kreditereignisse vor allem bei Automobilzulieferern und Airlines

In Kreditwesen 22-2006 wurde für Underlyings eine langsame Migration in schwächere Ratingklassen konstatiert. Ebenso lässt sich vermehrt die Wahl längerer Laufzeiten beobachten. So erhöhte sich der Anteil der Kreditderivate mit einer Laufzeit von fünf bis zehn Jahren auf 38 Prozent (2003: 17 Prozent).

Die Anzahl der Kreditereignisse hat 2005 spürbar zugenommen. Hauptsächlich betroffen waren Automobilzulieferer und Airlines. Die zuvor angesprochene Krise der US-Automobilindustrie findet ihren Niederschlag auch bei den Zulieferern, da sie teilweise oder vollständig von den Herstellern abhängig sind. So ging der Insolvenz von Dana in 2006 die Insolvenz von Delphi voraus, die auf die Insolvenz des Zulieferers Collins & Aikman folgte. In der Flugbranche haben gestiegene Ölpreise und "Billigflieger" etablierte Unternehmen wie Delta und Northwest Airlines aus dem Markt gedrängt. Das Energieunternehmen Calphine und der Retailer Winn Dixie vervollständigen die Liste der bedeutendsten Kreditereignisse.

Technisch haben Kreditereignisse wie die Insolvenz von Delphi neue Fragen zu Settle-ment-Bestimmungen aufgeworfen, etwa die Preisbestimmung des zu liefernden Finanzinstruments, wenn physische Lieferung vereinbart worden ist, das vorhandene Nominalvolumen den Betrag an Lieferverpflichtungen aber deutlich unterschreitet. Auch deshalb nennen die Teilnehmer der Studie, wie in Kreditwesen 22-2006 dargelegt, das Settlement noch vor dem Bestätigungswesen als größte Herausforderung.

Verschiebungen unterschiedlich stark

Resümierend lässt sich festhalten, dass die Veränderungen mit Blick auf die Kriterien (Produkte, Kontrahenten, Underlyings) unterschiedlich stark ausfallen.

Wie in Kreditwesen 22-2006 erarbeitet, wächst der Markt für Kreditderivate weiter, allerdings zunehmend mit neuen Produkten (zum Beispiel Indexprodukte).

Zwar kommt es auch bei den Underlyings zu Verschiebungen, unter anderem aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung von Adressen, der Entwicklung neuer Produkte (zum Beispiel CDS ABS), der Aufnahme bestimmter Adressen in Indizes (zum Beispiel Brasilien) und der weiteren Marktreife (zum Beispiel Wahl längerer Laufzeiten). Insgesamt fallen die Verschiebungen aber geringer aus.

Noch geringer scheinen sie für Kontrahenten. Auch wenn sich einzelne Marktteilnehmer (zum Beispiel einige Versicherer) zurückziehen und andere (zum Beispiel Hedge Funds) an Bedeutung gewinnen, dominieren nach wie vor wenige Banken den Markt. Aufgrund der getätigten Investitionen und der starken Marktposition ist es unwahrscheinlich, dass etablierte Banken den Markt kurzfristig verlassen. Zudem können die notwendigen Investitionen als Zugangsbarriere für neue Marktteilnehmer wirken.

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