Aufsätze

Konvergenz von Fonds und Zertifikaten - bessere Vergleichbarkeit erwünscht

Grundsätzlich lassen sich drei große Produktkategorien unterscheiden, die Zertifikate und Fonds kombinieren: Fonds kann man mit derivativen Strukturen so zusammenbringen, dass sich bei einer unbegrenzten Laufzeit innovative Chance- Risiko-Profile darstellen lassen. Diese Form kommt einem klassischen Fonds von allen Kombinationsmöglichkeiten am nächsten: Denn diese strukturierten Fonds können täglich gehandelt werden und sind in der Dauer der Laufzeit nicht beschränkt. Dabei ermöglichen sie Anlegern sowohl in schwer zugängliche Anlagestrategien und Anlagekonzepte als auch in klassische Anlageregionen zu investieren.

Mehr Freiheiten in den Anlagestrategien

Solche Fondskonzepte sind durch die EU-Richtlinie UCITS III möglich geworden, die der Fondsbranche deutlich mehr Freiheiten in ihren Anlagestrategien einräumt. Fonds dürfen nunmehr derivative Finanzinstrumente auch zur Ertragserzielung einsetzen. Zuvor war das nur gestattet, um sich etwa gegen Wechselkursrisiken abzusichern.

Durch die Kombination mit derivativen Strukturen bilden diese Fonds verschiedene Risikoprofile ab. Eine Möglichkeit ist, den Fonds mit einem Kapitalschutz oder einer Höchststandssicherung auszustatten. So können Anleger auch in volatilere Märkte investieren und trotzdem gut schlafen, denn das maximale Risiko, das Anleger mit diesem Investment eingehen, ist von Anfang an bekannt. Bei einem Fonds, der mit einer 80-prozentigen Kapitalgarantie versehen ist, können Anleger maximal 20 Prozent verlieren. Mit einer Höchststandssicherung im Fonds kann das maximale Risiko - in Abhängigkeit vom Einstiegszeitpunkt - sogar noch geringer ausfallen.

Die zweite Form hingegen, die sogenannten Zertifikatefonds investieren anstatt direkt in Aktien ausschließlich in bestimmte Zertifikatetypen - beispielsweise Bonus- oder Discount-Zertifikate. Die Leistung des Fondsmanagers besteht also darin, die passenden Basiswerte zu identifizieren und zu diesen dann die geeigneten Zertifikatestrukturen zu wählen. Solche Zertifikatefonds exisitieren schon seit einigen Jahren.

Ein reiner Verpackungswechsel

Relativ neu ist hingegen die dritte Produktgruppe, die die Auszahlungsprofile von Zertifikaten eins zu eins auf Fonds überträgt. Statt in ein Bonus-Zertifikat oder ein Express-Zertifikat investieren die Anleger also in einen Bonus-Fonds beziehungsweise einen Express-Fonds. Um diese Auszahlungsprofile darzustellen, müssen diese Fonds mit einer begrenzten Laufzeit ausgestattet sein. Im Grunde genommen handelt es sich um einen reinen Verpackungswechsel und nicht um eine Kombination aus Fonds und Zertifikat. Statt als Zertifikat wird nun das Auszahlungsprofil als Fonds angeboten.

Von diesen neuen Freiheiten wird zunehmend Gebrauch gemacht. In den vergangenen Monaten sind eine Vielzahl von Fonds auf den Markt gebracht worden, die eine der drei beschriebenen Möglichkeiten der Kombination von Fonds und Zertifikaten umsetzen. Und das Angebot wird von Woche zu Woche größer. Umso wichtiger ist es, für den Anleger und seinen Berater Kriterien zu entwickeln, anhand derer sie die neuen Produkte vergleichen und bewerten können. Hierbei sind vor allem die Analyse- und Ratingagenturen gefordert. Sie müssen mit der Innovationskraft der Fonds-Industrie Schritt halten. Allerdings ist diese Aufgabe alles andere als trivial.

Analyse- und Ratingagenturen in der Pflicht

So stellt sich beispielsweise die Frage: Lässt sich auf Fonds, die in Zertifikate investieren, die klassische Performancemessung wie sie Anleger von Aktienfonds kennen sinnvoll anwenden? Das Beispiel von Bonus-Zertifikate-Fonds zeigt, dass hier ein Umdenken nötig ist. Bei dieser Fonds-Kategorie investiert der Fondsmanager statt in Aktien in Bonus-Zertifikate, die sich wiederum auf Aktien beziehen.

Ob sich der Kauf eines Bonus-Zertifikats in den Fonds gelohnt und der Fondsmanager somit einen guten Job gemacht hat, kann man allerdings häufig erst am Ende seiner Laufzeit beurteilen. Während ihrer Laufzeit entwickeln sich Bonus-Zertifikate nämlich häufig nicht eins zu eins mit ihren Basiswerten. Ein direkter Vergleich mit einem Aktienfonds als Benchmark ist also nicht zwangsläufig sinnvoll.

Zudem existiert bislang kein Index, der die Performance eines repräsentativen Portfolios aus Bonus-Zertifikaten abbildet und so als Referenzwert dienen könnte. Grundsätzlich ließe sich ein solcher Index berechnen. Der Aufwand wäre allerdings deutlich höher als bei einem klassischen Aktienindex. Bis geeignete Performancemaße und Benchmarks für Zertifi-kate-Fonds entwickelt sind, bleiben nur Hilfsgrößen, um die Leistung des Fondsmanagers zu beurteilen und einen Bonus-Zertifikate-Fonds mit seinen Konkurrenzprodukten zu vergleichen. Eine solche Hilfsgröße wäre zum Beispiel, den Anteil der Bonus-Zertifikate im Fonds zu ermitteln, die ihre Barriere verletzt und damit die Bonus-Rendite verloren haben.

Lieber gleich ein Zertifikat?

Generell könnte von einem guten Zerti-fikate-Fondsmanager erwartet werden, dass der Anteil an Barrierebrüchen in seinem Fonds niedrig ist und er innerhalb seines vergleichbaren Anlageuniversums ein besseres Risiko-Returnverhältnis erzielen konnte. Insbesondere in diesem Januar dieses Jahres waren Bonus-Zertifikate und damit auch Bonus-Zertifikate-Fonds einem echten Stresstest ausgesetzt. Ungefähr bei jedem fünften an der Börse notierten Bo-nus-Zertifikat wurde die Barriere verletzt.

Bei Fonds, die die Auszahlungsprofile von Zertifikaten eins zu eins umsetzen, stellt sich die Frage nach der Messung der Managerleistung nicht, da es sich ja wie bei klassischen Anlagezertifikaten um passive Investments handelt. Für den Anlageerfolg ist also kein Fondsmanager verantwortlich. Vielmehr muss die dem Fonds zugrunde liegende Markterwartung eintreten. Bei diesen Produkten ist die entscheidende Frage für den Anleger beziehungsweise den Anlegerberater, ob es sich wirklich lohnt, eine Zertifikatstruktur im Mantel eines Fonds zu kaufen oder nicht lieber gleich in ein Zertifikat zu investieren.

Für den Kauf des Fonds sprechen zwei Argumente. Zum einen entfällt das Emittentenrisiko, weil ein Fonds ja zum Sondervermögen gehört, während es sich beim Zertifikat um eine Inhaberschuldverschreibung handelt. Zum anderen gilt für Fonds, die vor Einführung der Abgeltungssteuer gekauft werden, der Bestandsschutz. Das bedeutet, dass nach Ablauf der Spekulationsfrist von zwölf Monaten Kapitalerträge nach wie vor steuerfrei vereinnahmt werden können.

Dieser Vorteil fällt aber nur einmalig an. Anschlussinvestments, die nach Einführung der Abgeltungssteuer getätigt werden, werden dann auf jeden Fall vom Fiskus erfasst. Diesen beiden Argumenten steht allerdings entgegen, dass der Fonds-Mantel deutlich teurer ist als die Verpackung als Zertifikat. So sind die Konditionen eines Bonus-Fonds auf den Euro Stoxx 50 beispielsweise wesentlich ungünstiger als die eines entsprechenden Bonus-Zertifikats. Es gilt also sehr genau abzuwägen, ob man zum Bonus-Fonds greift oder doch lieber beim Bonus-Zertifikat bleibt.

Eine intelligente Möglichkeit die Vorteile von Fonds und Derivaten zu verbinden ohne allerdings nur Zertifikatestrukturen eins zu eins in einen Fondsmantel zu übertragen - sind strukturierte Fonds nach UCITS III. Eine partielle oder komplette Kapitalgarantie lässt sich mit diesen Fonds genauso darstellen wie eine Festschreibung von Gewinnen und Höchstständen. Dadurch wird es möglich, bei einer unbegrenzten Laufzeit Fonds genauer auf die Anlagepräferenzen der Investoren zuzuschneiden als das bislang der Fall war.

Höherer Beratungs- und Analyseaufwand

Mit der Anzahl an neuen Produktstrukturen steigt allerdings auch der Beratungs- und Analyseaufwand. Schon vor Einführung von UCITS III taten sich selbst die renommierten Analysehäuser schwer, die klassischen Investmentfonds in homogene Kategorien einzuteilen und im Anschluss die besten Fonds aus diesen Kategorien zu ermitteln. Diese Aufgabe ist nun durch die neuen Fondskonzepte noch wesentlich anspruchsvoller geworden. So ist fraglich, ob sich ein klassischer Emerging-Market-Fonds mit einem strukturierten Emerging-Market-Fonds, der eine Kapitalgarantie von 80 Prozent bietet, vergleichen lässt. Denn die Risiko-Profile der beiden Produkte unterscheiden sich stark.

Gleichzeitig ist es aus Sicht des Anlegers ebenfalls nicht überzeugend, diesen kapitalgarantierten Emerging-Market-Fonds in dieselbe Kategorie einzusortieren und nach den gleichen Kriterien zu beurteilen wie einen strukturierten Fonds, der in europäische Bluechips investiert und ebenfalls mit einer Kapitalgarantie von 80 Prozent ausgestattet ist. Zwar haben beide Fonds eine gleichwertige Kapitalgarantie, allerdings ist das Anlageuniversum der Fonds zu unterschiedlich.

Bessere Vergleichbarkeit für Anleger und Berater

Damit die neuen Anlageinstrumente, die sich dank UCITS III und der Konvergenz von Fonds- und Zertifikatewelt entwickelt haben, für die Anleger transparent werden, müssen die Analyse- und Ratingagenturen neue Kriterien entwickeln, anhand derer sich die neuen Anlagekonzepte in homogene Peer Groups einteilen und vergleichen lassen. Dies wird dann gelingen, wenn die Fondsanalysten neben den klassischen Unterscheidungskategorien wie Anlageregion, Sektor oder Investmentthema stärker an den Risiko-Profilen der Produkte ansetzen und dabei auch die unterschiedlichen Laufzeiten einbeziehen. Damit würden sie den Anlegern und ihren Vermögensberatern einen Dienst erweisen, denn diese sind aufgrund der immer größeren Komplexität der Anlageprodukte mehr denn je auf fundierte, objektive Produktanalysen angewiesen.

Für die Anbieter mag es nur ärgerlich sein, wenn ihre Produkte in sehr heterogene Vergleichsgruppen eingeordnet werden und im Vergleich zu ihren vermeintlichen Konkurrenzprodukten schlecht abschneiden. Bei den Anlegern kann eine solche "Falsch-Klassifizierung" jedoch dazu führen, dass sie in Produkte investieren, die gar nicht in ihr Risikoprofil passen.

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