Aufsätze

Intelligente Rohstoffinvestments - Terminkurven als Erfolgsfaktoren

Die Bedeutung von Rohstoffen als eigene Assetklasse und damit als integraler Bestandteil einer modernen Portfolio-Allokation wächst ständig. Aktuelle Studien über das Anlegerverhalten institutioneller Investoren zeigen, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Szenarien wie eine mögliche Hyperinflation und globale Rohstoffverknappung beflügeln die Fantasie der Anleger. Gold, Öl und Agrarprodukte beeindruckten Anleger durch starke Preisanstiege und bieten eine Diversifikationsmöglichkeit für Aktien- und Rentenportfolios. Doch bei vielen Investoren der ersten Stunde ist die Euphorie einer gewissen Ernüchterung gewichen. Trotz der enormen Preiszuwächse bei vielen Rohstoffen fiel die Performance für die Investoren oftmals enttäuschend aus. In diesem Beitrag sollen die Hintergründe erläutert und innovative Investmentstrategien der Investmentbranche vorgestellt werden.

Handelbarkeit als Engpass

Die Handelbarkeit von Rohstoffen unterscheidet sich grundsätzlich von der klassischer Wertpapiere, wie zum Beispiel Aktien und Renten. Denn mit Ausnahme von Gold und Silber lassen sich Rohstoffe nicht einfach physisch erwerben und verwahren. Um zum Beispiel Zucker, Getreide oder Kaffee in einem Portfolio abbilden zu können, würde man entsprechende Lagerkapazitäten benötigen, die mit enormen Zusatzkosten verbunden wären. Aus diesem Grund erfolgt der internationale Rohstoffhandel gewöhnlich auf Basis von börsengehandelten Terminkontrakten. Da aber der Anleger aus den oben genannten Gründen keine physische Lieferung beabsichtigt, muss er vor dem Fälligkeitstermin des Kontrakts seine Position "rollen", das heißt vorher auflösen und den Erlös aus dem Verkauf in einer Futuresposition mit einem späteren Fälligkeitstermin wieder anlegen. Für das Rollen in einen länger laufenden Kontrakt gibt es zwei unterschiedliche Konstellationen, die mit den Begriffen Contango und Backwardation bezeichnet werden. Mit Contango wird eine Situation beschrieben, in welcher der Kurs eines Terminkontrakts umso höher ist, je länger seine Laufzeit ist. Dies hat in einer idealtypischen Welt damit zu tun, dass der Lieferant den Rohstoff bis zur Fälligkeit des Kontrakts lagern muss, was Lagerkosten verursacht. Bei Contango muss der Anleger mögliche Rollverluste einkalkulieren, da für den länger laufenden Kontrakt mehr bezahlt werden muss, als man für den kurz laufenden Kontrakt erhalten hat.

In einer Backwardation-Situation liegt der Preis für später fällige Futures nicht über, sondern unter dem des vorhergehenden Kontrakts. Die Terminkurve fällt also ab. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für Backwardation: Eine Ursache kann in niedrigen Lagerbeständen liegen. Der Markt ist in diesem Fall besonders anfällig für Angebotsverknappungen, etwa durch unerwartete Nachfrageschübe oder aufgrund eines unerwarteten Rückgangs des Rohstoffangebots als Folge exogener Ereignisse wie zum Beispiel Naturkatastrophen. Untersuchungen haben bei bestimmten Waren wie Öl oder Kupfer einen signifikanten Zusammenhang zwischen niedrigen Lagerbeständen und Backwardation erkennen lassen. Somit ist eine fallende Terminkurve oftmals ein Ausdruck der aktuellen physischen Knappheit.

Abbildung in reglementierten Publikumsfonds

Die Bedeutung dieser Rolleffekte und der tatsächliche Einfluss auf die Performance von Rohstoffinvestments ist in Abbildung1 am Beispiel des DJ/UBS Commodity Index dargestellt. Dabei werden die absoluten Preisveränderungen der Rohstoffe durch den Spot Index abgebildet und zwar auf Basis der Entwicklung des Kontraktes auf den nächsten Liefertermin. Deutlich unter dem Spot Index liegt der Excess Return Index, der das kontinuierliche Rollen des Rohstoffs aus dem aktuellen in den nächsten neuen Futureskontrakt berücksichtigt. Die Rollergebnisse aus Contango und Backwardation fließen damit direkt in die Wertentwicklung mit ein (das heißt, das Ergebnis besteht aus "spot yield" plus "roll yield"). Werden die Zinserträge aus den nicht für Futures Margins benötigten liquiden Mitteln hinzu addiert, gelangt man zum Total Return Index. Dieser weist ein um die sogenannte "collateral yield" erhöhtes Ergebnis als der Excess Return Index auf.

Allein im Jahr 2009 betrug die Differenz zwischen dem Spot Index und dem Excess Return Index rund 25 Prozent. Die Analyse der verschiedenen Ertragskomponenten zeigt, dass der Excess Return Index insbesondere unter den Rohstoffen leidet, die sich in ausgeprägten Contango-Situationen befinden. So führte zum Beispiel die extreme Contango-Situation bei Erdgas im Herbst 2009 innerhalb von zwei Monaten zu Rollverlusten von bis zu 80 Prozent.

Bei diesen gravierenden Unterschieden ist es nicht verwunderlich, dass die traditionellen Rohstoffindizes mit einfachen Rollmechanismen - automatisches Rollen in den nächstfolgenden Terminkontrakt - in die Kritik gerieten. Die Asset-Management-Industrie war aufgerufen, neue Strategien zu entwickeln, bei denen die Strukturen der Terminkurven und damit die Laufzeitenauswahl stärker berücksichtigt werden. Die Indexentwicklung ging hin zu neuen, roll-optimierten Lösungen, um die Verluste aus Contango-Situationen zu reduzieren und/oder durch stärkere Konzentration auf Backwardation entsprechende Rollgewinne zu generieren. Ein weiterer Trend auf der Kundenseite war der Wunsch, diese neuen "enhanced-Indices" in reglementierten Publikumsfonds abzubilden, die dann idealerweise auch für Spezialfonds erwerbbar sein sollten. Hier galt es, die gesetzlichen Einschränkungen zu beachten, die einem UCITS-III-Fonds keine direkten Futureskontrakte auf Rohstoffe erlauben. Es waren also innovative Indexkonzepte gefragt, die dem Kunden zusätzlich auf der investmentrechtlichen Seite ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten.

Breit diversifizierte Portfolios

Im Folgenden werden nun die von der LBBW Asset Management entwickelten Anlagekonzepte auf Basis von transparenten Investmentstrategien näher erläutert. In der Assetklasse Rohstoffe sollten Investoren breit diversifizierte Portfolios bevorzugen, die extreme Contango-Situationen vermeiden und auf der anderen Seite von Backwardation-Situationen profitieren. Diese strategische Zielsetzung ist die Basis des im Juni 2008 aufgelegten Publikumsfonds LBBW Rohstoffe 1, der erste in Deutschland zugelassene Rohstoff-Fonds überhaupt. Der sogenannte richtlinienkonforme UCITS-III-Fonds ist von nahezu allen Anlegern problemlos zu erwerben. Der Fonds partizipiert am LBBW-Top-10-Roh-stoff-Index ER(r), der klar regelbasiert die Entwicklung der zehn Rohstoffe abbildet, deren Forward-Kurven sich am stärksten in Backwardation befinden. Dies impliziert, dass extreme Contango-Situationen damit vermieden werden.

Das Auswahluniversum dieses eigens entwickelten Index bildet der 19 Rohstoffe umfassende DJ/UBS Commodity Index, der aufgrund seiner breiten Streuung sowie der an die realen Handelsaktivitäten angepassten Gewichtung der Rohstoffe über ein ausgewogenes Chance-Risiko-Profil verfügt. Er ist gut diversifiziert und damit anderen Benchmarks wie etwa dem S&P GSCI Index, der mit einem Anteil von 70 Prozent bei Energierohstoffen relativ einseitig aufgestellt ist, überlegen. Um in dem verwendeten Index keine Dominanz einzelner Rohstoffe entstehen zu lassen, wird aus jedem Sektor (Energie, Agrar, Basismetalle, Edelmetalle und Vieh) mindestens ein Basiswert ausgewählt. Jeder Rohstoff wird dabei anfänglich mit zehn Prozent gleichgewichtet. Zusätzlich gibt es hinsichtlich der Sektoren zusätzliche Ober- und Untergrenzen (Abbildung 2).

Von besonderer Bedeutung sind die regelmäßigen, vierteljährlichen Indexanpassungen. Die neuen Futures haben dabei - je nach Art des Rohstoffes - eine Laufzeit von sechs oder zwölf Monaten. Dies hat den Vorteil, dass der manchmal zu beobachtende "Dromedar-Rücken" in den Terminkurven (am kurzen Ende Contango, dann Backwardation) beim Rollen übersprungen wird. Die Vorteile dieses Ansatzes konnte der Index seit seiner ersten offiziellen Veröffentlichung eindrucksvoll bestätigen. Mit einem Wertzuwachs von 43,3 Prozent konnte der LBBW-Index im Jahr 2009 sowohl den DJ/UBS Excess Return Index als Benchmark (18,7 Prozent) als auch den DJ/UBS Spot Index, der um 41,2 Prozent zulegen konnte, hinter sich lassen.

Hohe Volatilität der Assetklasse

Trotz der mittel- bis langfristig unverändert positiven Ertragserwartungen haben die vergangenen beiden Jahre den Anlegern sehr deutlich die hohe Volatilität dieser Assetklasse vor Augen geführt. Investoren mit niedrigerer Risikoneigung sind auf der Suche nach neuen Investmentstrategien, die mit einer geringeren Schwankungsbreite und einer marktneutralen Positionierung von den Besonderheiten der Terminkurven profitieren können. Bei der LBBW Asset Management machte man sich an die zielgerichtete Weiterentwicklung des Long Only Index hin zum LBBW-Long-Short-Rohstoff-Index ER(r), der über den LBBW Rohstoffe 2 LS Fonds erwerbbar ist.

Die Ausführungen bei der Long-Only-Variante machten deutlich, dass die Outperformance gegenüber dem DJ/UBS Index durch die Selektion der zehn aussichtsreichsten Rohstoffe (starke Backwardation beziehungsweise schwaches Contango) erzielt wurde. Damit lag der Schluss nahe, dass die nicht berücksichtigten neun Rohstoffe (starkes Contango) gegenüber der Benchmark eine Underperformance ausweisen. Im LBBW-Long-Short-Rohstoff-Index ER(r) wird nun zusätzlich versucht, auch von diesen als unattraktiv identifizierten Rohstoffen zu profitieren. Der Index beinhaltet zunächst Longpositionen in den fünf aussichtsreichsten Rohstoffen, die in Backwardation notieren. Auf der anderen Seite beinhaltet er darüber hinaus fünf Shortpositionen in den Rohstoffen, die ein starkes Contango aufweisen.

Auch der Long Short Index legt Wert auf ein ausgewogenes Rohstoffportfolio und begrenzt die Gewichte der einzelnen Rohstoffsektoren sowohl auf der Long- als auch der Shortseite auf maximal 20 Prozent. Alle selektierten Rohstoffe werden wieder mit zehn Prozent gleichgewichtet und drei Monate gehalten, bevor der Index neu angepasst wird. Die überzeugenden Ergebnisse des Backtests konnte der Fonds seit seiner Auflage Mitte Februar 2010 auch im realen Marktgeschehen mit einem Wertzuwachs von rund fünf Prozent fortsetzen.

Deutlich breiteres Produktangebot

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich das Produktangebot in der Assetklasse Rohstoffe in den letzten Jahren für unterschiedliche Anlegerprofile und -ziele deutlich verbreitert und verfeinert hat. Doch Vorsicht ist geboten, denn der Erfolg von Rohstoffanlagen über Rohstoffterminkontrakte ist in hohem Maße vom Verlauf der Rohstoffterminkurven abhängig. Anleger sollten roll-optimierte Indizes und spezielle Fondslösungen hinsichtlich der angewandten Rollstrategien intensiv analysieren und Investmentstrategien bevorzugen, die transparente Konzepte für diese Besonderheiten aufweisen.

Nicht zuletzt können durch diese intelligenten Strategien auch UCITS-III-konforme marktneutrale Strategien mit niedrigerer Volatilität implementiert werden, die für Fondsmanager oder Banken auch im Rahmen von Overlay- oder Absolute Return Konzepten von Interesse sein könnten.

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