Gespräch des Tages

Immobilien - Keine gute Börsenstimmung

Für Immobilien-Aktiengesellschaften, die an die Börse streben, ist das Klima an den Kapitalmärkten im Sommer 2010 frostig. Nach der GSW Immobilien AG musst jetzt auch der nächste Börsenaspirant, Chamartín Meermann Immobilien AG (CMI) aus Berlin, die geplante Erstnotiz ihrer Aktien im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse absagen. Der Grund waren auch in diesem Fall die nicht erfüllten Nachfrageerwartungen der Gesellschaft und der Altaktionäre. Vor allem der spanische Mehrheitsaktionär Inmobiliaria Chamartín S. A. wollte mit dem Börsengang seinen Strategiewechsel von einer zentralen zu einer lokalen Finanzierung seiner Auslandsaktivitäten und zu mehr Eigenständigkeit der CMI AG umsetzen. Im Erfolgsfalle wäre der Anteil des spanischen Immobilienkonzerns von derzeit 90 Prozent auf unter 50 Prozent gesunken.

Jetzt heißt es Wunden lecken und die Ursachen des Scheiterns analysieren. Zwar schien die Stimmung im Vorfeld des Börsengangs freundlich zu sein, doch sagt dies im aktuellen Börsenumfeld wenig über die tatsächliche Zeichnungsbereitschaft der Investoren aus. Potenzielle Investoren hätten das Geschäftsmodell des Immobilienentwicklers vielfach positiv gesehen, meinte CMI herausgehört zu haben. Die Realität war jedoch eine andere. Weder dem Unternehmen noch den begleitenden Kreditinstituten Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA und Bank-M - Repräsentanz der BIW Bank für Investments und Wertpapiere AG - ist es gelungen, potenzielle Investoren von der Nachhaltigkeit des Geschäfts zu überzeugen.

Tatsächlich sind die Aktivitäten eines Immobilienentwicklers mit Unwägbarkeiten verbunden, die sich für Kapitalanleger nur schwer einschätzen lassen. Hinzu kam die aktuell vorherrschende Skepsis gegenüber Neuemissionen. Nachteilig dürfte auch die stark auf den Großstadtraum Berlin fokussierte Geschäftstätigkeit beurteilt worden sein. Zudem ist fraglich, ob mit deutschen institutionellen Investoren die "passende" Zielgruppe für die Aktienemission angesprochen wurde. Denn deutsche Im-mobilien-Aktiengesellschaften gehören in der Regel einem deutschen Mehrheitsaktionär, der nur sehr wenig Streubesitz zulässt, oder sie haben einen sehr hohen Streubesitzanteil mit überwiegend angelsächsischen Aktionären. Deutschen institutionellen Kapitalanlegern stehen jedoch auch andere, risikoärmere Investitionsvehikel als Immo-bilien-Aktiengesellschaften zur Verfügung. Zumal bei einem lokalen Projektentwickler zu den systemimmanenten Risiken und der Abhängigkeit von einem begrenzten Markt die Unberechenbarkeit der Börsenstimmungen hinzukommt.

Darüber hinaus versäumte es CMI und sein Hauptaktionär, mit einer glaubhaften Wachstumsstory die Fantasie der börsenaffinen Investoren anzuregen. Vielmehr hörte sich das Vorhaben nach einer Art Sanierungsplan an. Denn aus den rund sieben Millionen zur Platzierung vorgesehenen Aktien wäre dem Unternehmen ein Erlös von rund 63 Millionen Euro zugeflossen, der in erster Linie die Eigenkapitalbasis des Unternehmens stärken und die bestehende Projektpipeline mit einem erwarteten Verkaufsvolumen von rund 600 Millionen Euro finanzieren sollte. Erst die dann verbleibenden Mittel waren für den Erwerb neuer Projekte vorgesehen.

Immobilien-Aktiengesellschaften sind derzeit nicht die Favoriten der Kapitalanleger. Dass jedoch binnen weniger Wochen zwei aussichtsreiche Börsengänge verpatzt wurden, liegt vor allem an den Unternehmen, ihren Eigentümern und den begleitenden Banken. Diese versäumen es offensichtlich, den Investoren zuzuhören, ihre Stimmungen und Wünsche richtig zu erfassen und in den Geschäftsmodellen umzusetzen. In der Krise zeigt sich gute Investor-Relation-Arbeit - aber eben auch schlechte. L. H.

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