Frage an ...

... Holger Steltzner und Gerald Braunberger - Ist der FAZ-Index besser als der Dax?

Die Antwort auf die Frage lautet: Ja. Der FAZ-Index besitzt gegenüber dem Dax mehrere Vorteile. Er ist mit 100 Werten deutlich marktbreiter als der Dax mit seinen 30 Werten und bildet die deutsche Wirtschaft damit besser ab. Die Untergliederung des FAZ-Index in zwölf Branchenindizes erlaubt darüber hinaus detaillierte Analysen des deutschen Aktienmarkts. Eine sekündliche Berechnung und eine weite Verbreitung sorgen dafür, dass jeder Interessierte leicht Zugang zu den Indexdaten erhält. Auch seine Tradition spricht für den FAZ-Index: Er wurde 1961 gegründet und bis zum Jahre 1950 zurückgerechnet. Der Index begleitet den deutschen Aktienmarkt damit fast seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland.

Ein weiterer Vorteil besteht in seiner Konstruktion als Kursindex. Damit entspricht er dem Wesen vieler führender ausländischer Indizes. Er gestattet aussagefähigere internationale Vergleiche der Börsenentwicklung als der Dax, der als Performance-Index konstruiert wurde. (Der Dax existiert zwar auch in einer zweiten, kaum bekannten Version als Kursindex; mit dem Begriff Dax verbindet sich an den Märkten und in der Öffentlichkeit aber in erster Linie der Performance-Index.) Und schließlich verspricht der FAZ-Index eine größere Kontinuität, denn seine Zusammensetzung ändert sich seltener als die Zusammensetzung des Dax.

Ein Abbild der deutschen Wirtschaft

Auch der mögliche Einwand, ein nationaler Aktienmarkt werde in der Öffentlichkeit üblicherweise nur durch einen Index wahrgenommen, überzeugt nicht: Auf dem amerikanischen Aktienmarkt existieren seit Jahrzehnten der auf 30 Werte beschränkte Dow-Jones und der sehr viel marktbreitere Standard & Poor's-500 nebeneinander.

Gerade die deutsche Wirtschaft ist nicht nur durch Großkonzerne gekennzeichnet, sondern auch durch eine Vielzahl von Unternehmen mittlerer Größe, die in ihrer jeweiligen Branche Weltmarktführer sind oder zu den Weltmarktführern zählen. Ein Aktienindex, der die Struktur der deutschen Wirtschaft angemessen abbilden will, kann sich daher nicht auf 30 Werte beschränken. So zählt der Maschinenbau zu den wichtigsten Branchen in Deutschland. Der Dax enthält mit MAN nur einen Maschinenbauwert, der 100 Werte umfassende FAZ-Index immerhin 13.

Des Weiteren repräsentieren die zwölf Branchenindizes des FAZ-Index die deutsche Wirtschaft in ihrer Vielfalt: Banken, Versicherungen, IT und Elektronik, Chemie und Pharma, Auto- und Zuliefererindustrie, Versorger und Telekommunikation, Handel und Verkehr, Grundstoffe, Maschinenbau, Konsumgüter und Medien, Bau und Immobilien sowie Erneuerbare Energien. Auf der Basis der Daten Ende Mai machen die enthaltenen Unternehmen rund 83 Prozent der Marktkapitalisierung aller börsennotierten deutschen Unternehmen aus; der Vergleichswert für den Dax liegt bei rund 68 Prozent.

Ein Index in modernem Gewand

Der FAZ-Index wurde im Frühjahr 2011 erstmals seit längerer Zeit grundlegend überarbeitet. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde unter anderem ein neuer Branchenindex Erneuerbare Energien geschaffen. Außerdem wurden die Aufnahmebindungen für Einzelaktien konkretisiert. Für das Kriterium Marktkapitalisierung wurde festgelegt, dass sie für ein Unternehmen nicht dauerhaft unter 250 Millionen Euro fallen sollte. Für das Kriterium Liquidität wurde festgelegt, dass der börsentägliche Handelsumsatz in einer Aktie auf längere Sicht nicht deutlich unter eine Million Euro fallen sollte.

Der Index und seine Branchenindizes haben anlässlich ihrer Überarbeitung nationale (WKN) und internationale (ISIN) Wertpapierkennnummern erhalten. Die Berechnung des Index erfolgt seit Anfang Juni 2011 sekündlich; die Branchenindizes werden alle 15 Sekunden ermittelt. Damit sind die Anforderungen an einen modernen Aktienindex erfüllt.

Die Indexdaten werden unter anderem durch die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters verbreitet. Alle wichtigen Angaben über den Index, darunter auch eine Aufstellung der auf der Basis des Index emittierten Finanzprodukte, sind zudem auf der Internetseite www.faz-index. de einsehbar. Dort hinterlegt ist auch ein Indexleitfaden, der umfassende Informationen, darunter auch die wichtigsten Formeln zur Berechnung des Index, enthält. Die wichtigsten Indexdaten werden auch unter www.faz.net und www.faz-finance. net präsentiert.

Die Berechnung und die Verbreitung des Index und seiner Branchenindizes hat seit Juni 2011 das Frankfurter Unternehmen Structured Solutions AG übernommen. Die Branchenindizes werden zudem seit einigen Wochen im Kursteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt. Alle relevanten Daten zum Index sind frei verfügbar und müssen nicht käuflich erworben werden.

Der Vorteil der Tradition

Der Aktienindex der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wurde im Jahre 1961 unter maßgeblicher Mitarbeit des legendären FAZ-Finanzredakteurs Heinz Brestel ins Leben gerufen. Bis zur Gründung des Dax war er der bedeutendste deutsche Aktienindex; sein alter Beiname lautete "Orakel von Frankfurt". An seinem Grundkonzept - 100 Werte, die sich auf zwölf Branchenindizes verteilen - hat sich bis heute nichts geändert. Es steht für die Stabilität des Index.

Seinerzeit wurde der Stand des Index mit Bezug auf die Jahresschlusskurse des Jahres 1958 auf 100 Punkte normiert. Der Index wurde anlässlich seiner Gründung bis zum Jahre 1950 zurückgerechnet. Für 1950 bis 1960 liegen Jahresschlusskurse vor; seit seiner Einführung im Jahre 1961 wurde er über viele Jahre täglich berechnet; seit Juni 2011 im Sekundenrhythmus. Der Index gestattet damit historisch fundierte Analysen des deutschen Aktienmarkts. Änderungen in den Branchenindizes - im Jahre 1961 gab es zum Beispiel einen Branchenindex Bergbau, heute einen Branchenindex Erneuerbare Energien spiegeln den langfristigen Wandel in der deutschen Wirtschaftsstruktur.

Ein bewährter Kursindex

Der FAZ-Index wurde als Kursindex konstruiert. Damit gleicht er führenden ausländischen Indizes wie dem Euro- Stoxx-50, dem amerikanischen Standard & Poor's-500, dem britischen FTSE-100, dem japanischen Nikkei-225, dem schweizerischen SMI und dem französischen CAC-40. Der Dax wirkt als Performance-Index im internationalen Vergleich wie ein Fremdkörper. Im Unterschied zu einem Kursindex werden in einem Performance-Index die Dividendenabschläge in den Index wieder hereingerechnet. Ein Performance-Index schneidet damit automatisch besser ab als ein Kursindex, aber er überzeichnet die wahre Kursentwicklung. Damit eignet sich der Dax weniger als der FAZ-Index für internationale Vergleiche.

Stabilität durch seltenere Anpassungen

Wesentliche Kriterien für die Aufnahme eines Wertes in den FAZ-Index sind die Marktkapitalisierung eines Unternehmens und die Liquidität der Aktie. Kurzfristige Änderungen der Indexzusammensetzung sind nur vorgesehen, wenn eine Aktie zum Beispiel als Folge einer Übernahme oder einer Insolvenz des Unternehmens nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt handelbar wird. In diesem Falle wird diese Aktie durch die Aktie eines anderen Unternehmens ersetzt, damit der Index immer aus 100 Werten besteht. Ansonsten wird ein Index-Komitee im Mai eines jeden Jahres die Zusammensetzung des Index beraten.

Nicht gedacht ist daran, den Index alleine als Folge kurzfristig stark schwankender Marktkapitalisierungen und Handelsumsätze von Unternehmen zu verändern. Hier wirkt das Beispiel der Infineon im Dax wenig überzeugend. Die Infineon wurde im Juni 2000 in den Dax aufgenommen. Im März 2009 wurde Infineon zugunsten der Hannover Rück aus dem Dax genommen, da die Hannover Rück eine höhere Marktkapitalisierung aufwies. Doch schon sechs Monate später, im September 2009, ersetzte die Infineon wieder die Hannover Rück im Dax, da die Handelsumsätze in der Hannover-Rück-Aktie gesunken waren.

Über einen längeren Zeitraum führen die unterschiedlichen Konzeptionen von FAZ-Index und Dax zu erkennbar unterschiedlichen Kursverläufen: Die Ausschläge im FAZ-Index sind gerade im Wechsel kräftiger Haussen und Baissen seit Mitte der neunziger Jahre geringer gewesen.

Über die Zusammensetzung des FAZ-Index berät ein fünfköpfiges Index-Komitee, dem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Holger Steltzner und Gerald Braunberger, für die Structured Solutions AG Steffen Scheuble und Sebastian Seifried und für die Baader Bank AG Uto Baader angehören. Entscheidungen können nicht gegen die Vertreter der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH getroffen werden.

Finanzprodukte auf den FAZ-Index

Vorbehalte gegenüber dem Dax und eine hohe Wertschätzung des FAZ-Index haben dazu geführt, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH von Teilnehmern aus dem Finanzmarkt auf die Möglichkeit angesprochen wurde, Lizenzen für Finanzprodukte auf der Basis des FAZ-Index und seiner Branchenindizes bereitzustellen. Für die daraus folgende Vermarktung des Index hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH eine Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Indexunternehmen Structured Solutions AG und der Baader Bank AG, München, vereinbart. Dabei übernimmt die Structured Solutions AG die Vergabe der Lizenzen. Eigentümer des FAZ-Index und seiner Branchenindizes bleibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH.

Als Launch-Partner für die Vermarktung des Index wurden die Deutsche Bank AG und die Commerzbank AG gewonnen. Neben diesen beiden Banken haben weitere Finanzhäuser Emissionen von Finanzprodukten auf der Basis des Index angekündigt. Die publizistische Unabhängigkeit der Redaktion der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH bleibt von der Vermarktung des FAZ-Index unberührt.

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