Aufsätze

Die Gruppe der Sparda-Banken im genossenschaftlichen Finanzverbund - Charakterisierung und Einordnung

Seit vielen Jahren wird die Frage der Einordnung der Sparda-Banken im genossenschaftlichen Finanzverbund mit großer Regelmäßigkeit gestellt. Offenbar ist es bislang noch nicht gelungen, hierauf eine abschließende und alle Seiten befriedigende Antwort zu geben. Um die Antwort aus Sicht der Banken vorwegzunehmen: Sie sehen sich eindeutig als Ergänzung und Stärkung des genossenschaftlichen Finanzverbundes und fühlen sich durch die aktuelle Marktentwicklung überzeugend bestätigt.

Breite Aufmerksamkeit und engagierte Marktinitiativen

Das Geschäftsmodell der Sparda-Banken die Fokussierung auf das standardisierte Privatkundengeschäft - ist mit der Wiederentdeckung des Retail-Bankings als zentrales strategisches Geschäftsfeld Gegenstand breiter Aufmerksamkeit und engagierter Marktinitiativen geworden. Die genossenschaftlichen Sparda-Banken verfügen dabei über eine Erfahrung und Tradition, die im heutigen Wettbewerbsumfeld ihresgleichen sucht.

Seit über 100 Jahren sind die früheren Eisenbahnsparkassen erfolgreich im Markt vertreten. Mit der Öffnung der Mitgliedschaftsvoraussetzungen in den achtziger Jahren - bis dahin konnten ausschließlich Eisenbahner und ab Ende der sechziger Jahre auch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes Mitglieder der Sparda-Banken werden - eröffnete sich den Banken ein Zugang zu breiten Kundenschichten.

Die konsequente Konzentration auf den privaten Kunden wird in den Banken gelebt - die regelmäßig bestätigte hohe Kundenzufriedenheit belegt die Tragfähigkeit dieses Geschäftsmodells Jahr für Jahr.

Es ist bei genauer Betrachtung nicht überraschend, dass sich das Retail-Banking zu einem zentralen Wettbewerbsfeld im Kreditgewerbe entwickelt hat. Nicht nur Direktbanken locken heute mit Angeboten und wachsen mit günstigen Standardprodukten, auch die Großbanken entdecken den Markt für Privatkunden neu. Dabei konzentrieren sie sich in ihrem Angebot vielfach auf das Kernprodukt des Privatkundengeschäfts, das Girokonto, das man vielfach als Zeichen neu entdeckter Großzügigkeit zumindest unter bestimmten Voraussetzungen kostenfrei anbietet.

Diese neue Großzügigkeit lässt dabei einen speziellen Hintergrund erkennen: Man will die Hauptbankverbindung des Kunden und damit die Möglichkeit auf weitere lukrative Geschäfte erhalten. Ein Problem bleibt dabei bestehen: Die Hoffnung auf zu erwartende Erträge mit anderen Produkten sind keineswegs sicher. Eine zusätzliche ambitionierte Konditionengestaltung im Einlagen- und Kreditgeschäft verstärkt diese Problematik noch: Der Wettbewerb wird zunehmend als Preiswettbewerb ausgetragen.

Keine Universalbanken

Die Sparda-Banken gehören mit ihrem Geschäftsantritt zu den Spezialinstituten im genossenschaftlichen Finanzverbund. Sie verstehen sich bewusst nicht als Universalbanken. Mit ihrer konsequenten Konzentration auf den privaten Kunden und dem Angebot des standardisierten Mengengeschäfts weist das Geschäftsmodell der Banken deutliche Unterschiede zu dem der Volksbanken und Raiffeisenbanken auf.

In ihrem Angebotsspektrum beschränken sich die Banken auf die wesentlichen Bankdienstleistungen: Das gebührenfreie Girokonto ist traditionell das Ankerprodukt und wichtiger Teil ihrer Positionierung im Markt. Der Zahlungsverkehr, die Baufinanzierung und Produkte zur Geldanlage/Zukunftssicherung komplettieren das gemeinsame Produktportfolio. Eine klare und einfache Produktstrategie mit bewusstem Verzicht auf Komplexität soll dem Kunden die Orientierung im "Finanzdschungel" erleichtern. Es ist daher nur konsequent, dass der Schwerpunkt der Angebote bewusst nicht bei beratungsintensiven Leistungen liegt.

Direktbanknahe Vertriebsphilosophie

Diese Politik wird durch die Vertriebsphilosophie der Sparda-Banken reflektiert. Neben der inzwischen bestehenden Filialstruktur spielen die direktbanknahen Vertriebskanäle Kunden-SB und zunehmend das Internet eine wichtige Rolle: Zirka 30 Prozent der insgesamt über 3,6 Millionen Sparda-Kunden betreiben ihre Bankgeschäfte heute online. Die Infrastruktur von über 400 Filialen in Deutschland stellt im Vergleich zu einer klassischen Direktbank einen klaren Mehrwert dar. Damit erfüllen die Banken den Wunsch der Kunden nach größerer Flexibilität und Mobilität und stellen gleichzeitig auch sicher, dass im Bedarfsfall eine persönliche Beratung stattfinden kann.

Möglich wird ein solches Geschäftsmodell nur auf Grundlage einer hohen Kosteneffizienz. Diese muss immer wieder neu abgesichert und weiterentwickelt werden, so zum Beispiel bei der Standardisierung in zahlreichen Geschäftsbereichen, der Organisation gemeinsamer Back-Office-Leistungen, industrialisierten Prozessen sowie - in ausgewählten Geschäftsfeldern - bei der gezielten Auslagerung von bestimmten Aufgaben. Entscheidend ist dabei immer die Sicherstellung der Geschäfts- und Kundenpolitik der Sparda-Gruppe.

Kundenwahrnehmung im Blick

"Sparda-Banking", um an dieser Stelle den Versuch einer Begriffsbildung zu unternehmen, beinhaltet also weit mehr als das Angebot eines gebührenfreien Girokontos: Eine hohe Kundennähe, erreicht durch freundliche Mitarbeiter und ein nachvollziehbares und transparentes Leistungsangebot sowie die leichte Erreichbarkeit über verschiedene Vertriebskanäle sind kennzeichnend für die Geschäftspolitik der Sparda-Banken. Faire Konditionen für einfache Produkte stützen dabei das genossenschaftliche Prinzip der Mitgliederförderung.

Nach außen sichtbares Resultat dieser strategischen Leitlinien ist der kommunikative Auftritt der Banken im Markt und insbesondere bei ihren Kunden: Freundlich & fair - dies ist das beabsichtigte und durch die Kundenwahrnehmung bestätigte Kennzeichen.

Im Ergebnis sind die Sparda-Banken im Jahr 2007 zum 15. Mal in ununterbrochener Folge in der durch die Service-Barometer AG durchgeführten Studie "Kundenmonitor Deutschland" in ihrer Branche Banken und Sparkassen als die Banken mit der höchsten Kundenzufriedenheit ermittelt worden.

Eine weitere unabhängige Studie unterstrich im Jahr 2006 dieses positive Ergebnis sogar auf einem internationalen Niveau: So sind 57 Prozent der Kunden der Sparda-Banken laut einem europaweiten Vergleich des US-Marktforschungsinstituts Forrester überzeugt, dass die Bank in ihrem Interesse handelt. Im Gesamtvergleich aller Institute innerhalb der Untersuchung haben die Banken damit das beste Ergebnis erhalten.

Deutlicher Mitgliederzuwachs

Mit diesem Antritt verstehen sich die Sparda-Banken als integraler Bestandteil des genossenschaftlichen Finanzverbundes. Zusammen mit ihrem Verband sind sie Mitglied im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). In zahlreichen Feldern zeigt sich die genossenschaftliche Verbundenheit der Banken mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken: Gemeinsame Kooperationspartner im Produktbereich, wie Union Investment, Bausparkasse Schwäbisch Hall und DG Verlag, Abdeckung der Zentralbankaufgaben für die Sparda-Bankengruppe durch die DZ Bank seit dem Jahr 2005, Mitgliedschaft der Sparda-Banken in der Sicherungseinrichtung und in den Gremien des BVR.

Von den über 3,6 Millionen Kunden der genossenschaftlichen Sparda-Banken sind 75 Prozent Mitglied ihrer Bank. Dieser hohe Wert belegt, dass nicht nur satzungsgemäß das genossenschaftliche Prinzip der Mitgliederförderung in den Banken als sehr wichtig erachtet wird. Mit ihren anhaltend guten Zuwächsen tragen sie seit langem zum Wachstum des genossenschaftlichen Finanzverbundes bei: sie können dabei auf eine ungebrochen positive Entwicklung zurückblicken.

Seit 1991 konnte die kumulierte Bilanzsumme der Sparda-Banken von 11,7 Milliarden Euro auf über 50 Milliarden Euro gesteigert werden (Abbildung).

Ein vergleichbares Bild ergibt sich bei Betrachtung der Mitgliederzahlen. Diese sind seit 1991 von knapp 930 000 auf über 2,7 Millionen angewachsen. Allein im letzten Jahrzehnt hat sich die Zahl der Mitglieder bei den Sparda-Banken fast verdoppelt. In den letzten Jahren wurden dabei Zuwächse von zirka 130 000 Kunden per annum verzeichnet - dies entspricht der Kundenzahl einer kleineren Regionalbank.

Kaum verbundinterne Kundenwanderung

Laut einer internen Untersuchung des BVR stammen zirka 92 von 100 Neu-Mitgliedern der Sparda-Banken von nicht-genossenschaftlichen Kreditinstituten oder sind Erstkunden. Dies belegt deutlich, dass die verbundinterne Kundenwanderung gering ist. Mit insgesamt 0,7 Millionen neu hinzugewonnenen Mitgliedern seit 2001 leisten die Banken in einer Zeit, in der der Verteilungskampf im Privatkundengeschäft eine neue Intensität erreicht hat, einen wesentlichen Beitrag zum Gesamterfolg des genossenschaftlichen Finanzverbundes.

Das Retail-Banking der Sparda-Banken ist somit ein wichtiges Element im gesamten genossenschaftlichen Angebotsspektrum. Ihr direktbanknahes Vertriebsmodell ist in weiten Teilen komplementär zum eher filialorientierten Vertriebsmodell der Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Der genossenschaftliche Finanzverbund ist durch diese Vielfalt in der Marktbearbeitung im Vergleich zum Wettbewerb hervorragend aufgestellt. Die Herausforderung für die Zukunft liegt in der Herausstellung der Stärken aller Mitglieder im Wettbewerb, einer klaren Fokussierung auf Zielgruppen sowie der konsequenten Nutzung von Effizienzpotenzialen.

Laurenz Kohlleppel , Mitglied des Aufsichtsrates, GBS Software AG, Karlsruhe / Frankfurt am Main
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