Gespräch des Tages

Finanzmarktstabilisierung - Vorreiter Großbritannien

Vielleicht waren es schon zu Anfang die größeren Nöte, die Großbritannien bei der Ausgestaltung staatlicher Maßnahmen zur Dämpfung der Bankenkrise eine Art Vorreiter- und Beispielrolle verschafften. Sowohl der amerikanische Ansatz als auch viele der europäischen Rettungspakete - darunter das deutsche - basieren jedenfalls nach britischem Vorbild auf einem Dreiklang aus Garantien (um Liquiditätsengpässe zu vermeiden), Eigenkapitalhilfen (um Kapitalmangel für neue Geschäfte vorzubeugen) und der Übernahme von Risiken (um den Abschreibungsbedarf zu reduzieren). Seitdem hat die Regierung in London, etwa bei der Royal Bank of Scotland, noch kräftig investieren müssen und ist längst Mehrheitseigentümer des in den vergangenen Jahren - zu - wachstumsstarken Instituts, dem insbesondere die gemeinschaftliche Übernahme des niederländischen Finanzkonzerns ABN Amro einen breiten Riss ins schottische Fundament gebrochen hat.

Dass nun für den vermeintlichen Musterknaben von einst noch einmal eine Stützungsaktion notwendig geworden ist, die den Staatsanteil auf rund 70(! ) Prozent anhebt, verdeutlicht nur, wie prekär die Lage in Edinburgh (und London) ist und dass bislang allenfalls reagiert werden konnte, aber längst nicht vorgreifend agiert wurde. Auch eine Gewinnmeldung der nachrichtlich zwischendurch fast untergetauchten Barclays Bank konnte da die Aktienkurse der Institute nur für kurze Zeit am freien Fall hindern.

In der aktuellen Phase der Krisenbewältigung wird derzeit in puncto Risikoübernahme in vielen Ländern die Frage nach dem Sinn oder Unsinn einer sogenannten Bad Bank diskutiert, in der alle "toxischen" Papiere abgewickelt werden sollen. Sollte auch in diesem Fall die angelsächsische Lösung Orientierungshilfe sein, müsste man von dieser Idee Abstand nehmen. Denn jenseits des Kanals wurde an dieser Stelle erst einmal anders vorgedacht und umgesetzt: Ein von den betroffenen Banken mit Prämien zu bezahlender staatlicher Versicherungsschutz für schlechte Risiken soll dort zum einen den Instituten Rückhalt geben, zum anderen die Risikopapiere dort lassen, wo sie dem Verursacherprinzip nach hingehören: in den Bilanzen der Institute. Das ist ein sehr begrüßenswerter Grundansatz. Denn schließlich hat erst die vermeintlich kluge Idee, Risikopositionen aus den Bankbilanzen auszulagern, die heutige Krise überhaupt erst ausgelöst - Stichwort Special Purpose Vehicles. Genau das gleiche Muster würde auch im Rahmen einer Bad Bank angewendet, wenn auch diesmal im vollen Blick von Aufsicht und unter Beobachtung der Öffentlichkeit.

Das immer wieder zu hörende Argument, dass eine Sammelstelle schlechte Risiken effizienter abwickeln würde, als das die Banken alleine können, wäre bei umfassender Kosten-/Nutzenabwägung keineswegs gesichert. Wie will man etwa die Schäden erfassen, wenn die Institute nicht nur auf Kosten des Steuerzahlers, sondern auch noch auf dessen volles Risiko entgiftet werden und die Fehler im Bankensystem ungesühnt bleiben? Man wird sicherlich genau prüfen müssen, inwieweit sich die britische Versicherungslösung auf die deutschen Verhältnisse mit ihrer dreigliedrigen Bankenstruktur übertragen lässt. Würde die britische Art des Pragmatismus einmal mehr die Richtung weisen, dürfte dies mit Blick auf die klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten aber langfristig für mehr Stabilität sorgen.

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