Gespräch des Tages

Eigenkapital - Investmentbank neuen Stils

Neu ist die Grundidee nicht. Wie schlechte Assets in "Bad Banks" ausgelagert werden, so will der Frankfurter Anbieter Prime Capital die Bilanzen seiner Kunden von nicht-strategischen, aber möglichst werthaltigen(! ) Portfolios wie etwa Structured Credit oder zwischenzeitlich wieder aufgegebene Experimente bei Eigeninvestments ergebnisneutral befreien.

Die Vorteile sind aus Anbietersicht schnell dargelegt: Neben einer Entlastung des regulatorischen Eigenkapitals soll die Bankbilanz immun werden gegen Belastungen durch etwaige Ratingherabstufungen. Zudem sei das Risiko des auslagernden Instituts auf tatsächliche Ausfälle begrenzt - für solche muss sie Abschreibungen tragen, selbst wenn die zugehörigen Aktiva nicht (mehr) aus der Bilanz ersichtlich sind. Dafür soll sie in nahezu vollem Umfang an etwaigen Wertaufholungen des Portfolios profitieren. Zudem könne die auslagernde Bank durch die Bereitstellung von Personal, Gesellschaften, Systemen, Treasury, Portfoliomanagement, Risikomanagement und Anwälten durch den Anbieter erhebliche Kosten sparen. Prime Capital, selbst ohne Banklizenz, dafür mit der Erlaubnis zur Portfolio- und Vermögensverwaltung, managt das Portfolio, behält (und verdient neben einer zusätzlichen Handling-Fee durch) einen Anteil von einem bis zwei Prozent an dem Korb, der Rest wird an externe Investoren weitervermittelt. Verstanden wissen will man die eigene Positionierung dabei als eine Verknüpfung zwischen (externem) Asset Management und Investmentbanking.

Mit einem solchen Angebot ist in Zeiten mangelnder Eigenkapitalausstattung, höherer Anforderungen durch Basel II und immer vorsichtigerer Ratingagenturen zwar schnell für Aufmerksamkeit bei den zuständigen Fachleuten gesorgt. Und sicherlich wird sich der ein oder andere Finanzdienstleister auch als Kunde gewinnen lassen mit vier Häusern befinde man sich derzeit im Gespräch. Auch die Konkurrenz schläft nicht: In London hat jüngst die Großbank Barclays eine eigene Tochter mit vergleichbarem Geschäftsmodell gegründet.

Dennoch muss bei einer solchen "Bilanzrestrukturierung" die Frage gestellt werden, was passiert, wenn es signifikante Ausfälle in den ausgelagerten Portfolios geben sollte. Immerhin waren es just solche Auslagerungen - wenngleich deutlich weniger transparente -, die erst zu den Verwerfungen der vergangenen Monate geführt haben. Am (theoretischen) Beispiel: Bank X gibt ein Portfolio ab und weitet auf Basis des freigewordenen Eigenkapitals ihr Kreditgeschäft aus. Davon könnte sie nun (weiterhin theoretisch) wieder ein Portfolio auslagern, von da ab ließe sich die Kette fortsetzen. Kommt es nun zu Störfällen in den einzelnen Portfolios, muss dennoch Bank X die anfallenden Abschreibungen tragen. Bei (unterstellt) gleichgebliebener Risikovorsorge fehlt dann schnell der notwendige Eigenkapitalpuffer. Der Anbieter verweist in diesem Fall zwar schnell auf Aufsichtsrat, Hauptversammlung und BaFin, die - spätestens post-Krise - längst aufgeschrieen hätten. Aber selbst die von Basel II geforderten höheren Eigenkapitalquoten basieren auf der Prämisse, dass alle Aktiva in den Büchern stehen - wo sie zumindest aus Sicht simplen Sachverstands in der Regel auch hingehören.

Für eine angestrebte Bilanzverkürzung freilich schwappt mit dem neuen Angebot ein adäquates Vehikel für Banken aus angelsächsischen Gefilden nach Deutschland herüber. Das gilt aber nur so lange, wie die Transparenz gewahrt bleibt und das neu verfügbare Eigenkapital nicht blind für zusätzliches Geschäft und damit mehr Risiko eingesetzt wird. Angesichts allen inhärenten Gewinnstrebens bleibt damit auch nach der Finanzkrise klar: Die Diskussion um eine bessere Aufsicht wird auch mit der Reform der Eigenkapitalrichtlinien längst nicht abgeschlossen sein.

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