Gespräch des Tages

Deutsche Bank - Getrieben

Ob eine Entscheidung richtig oder falsch war, lässt sich oft erst im Nachhinein beurteilen. Das ist im geschäftlichen Bereich nicht anders als im privaten Umfeld. Man kann eben im Vorfeld immer nur möglichst gründlich die Entscheidungssituation analysieren und ebenso sorgfältig die weitere Entwicklung der positiven und negativen Einflussfaktoren abwägen. Insofern ist es im Rückblick immer vergleichsweise leicht, etwas als gut oder schlecht einzuordnen. Gleichwohl gefallen sich dieser Tage viele Medien rund um die Halbjahresberichterstattung der Deutschen Bank in einer äußerst negativen Zustandsbeschreibung. Sie bescheinigen dem Institut unter der Führung seiner Doppelspitze Fitschen/Jain einen holprigen Start mit strategischem Stillstand.

Einen ganz erheblichen Beitrag zu dieser ernüchternden Wahrnehmung der Dinge in weiten Teilen der Öffentlichkeit hat das Spitzenpersonal der Bank zweifellos selbst geleistet. Im Vorfeld des vollständigen Personalwechsels an der Vorstandsund Aufsichtsratsspitze wurden einfach zu viele und zudem konträre Kommunikationslinien verfolgt, die den Neuen den Weg für einen guten Start und den Alten einen möglichst glänzenden Abgang bereiten sollten. Das musste zwangsläufig in massiven Kommunikationspannen landen. So verlief der Austausch verdienter Vorstandsmitglieder und die Bestellung der neuen Hoffnungsträger nicht sehr glücklich - man erinnere sich nur an die handwerklichen Fehler im Umgang mit der Bankenaufsicht bei der Bestellung des neuen Risikovorstands.

Ob es darüber hinaus - bei allem Respekt vor der berühmten 100-Tage-Schonfrist für neues Spitzenpersonal - klug war, die ursprünglich für Mai angesetzte Strategiesitzung für das obere Management der Deutschen Bank zu verschieben und die Veröffentlichung der künftigen Strategielinie erst für den September anzusetzen? Dass das Investment Banking im ersten Halbjahr nicht der gewohnte Ertragsbringer sein würde, konnte man Ende des vergangenen und Anfang dieses Jahres schon absehen. Vom Fortgang der Dinge infolge der Eurokrise mit ihren greifbaren Unsicherheiten in Griechenland, Spanien und Italien sowie anstehenden Wahlen in Frankreich und den USA eine Entspannung der Lage zu erwarten, war ebenfalls absehbar gewagt. Und dann sind zuletzt auch noch die Widrigkeiten der Libor-Manipulation mit all ihren Auswirkungen auf die Politiker als entscheidende Instanz für die Schaffung der Rahmenbedingungen in einer schwer kalkulierbaren Schärfe hinzugekommen.

Vor diesem Hintergrund war die Nervosität in der Deutschen Bank vor Veröffentlichung der Halbjahresergebnisse 2012 verständlich. Aber zu glücklichen Entscheidungen in der Kommunikationspolitik haben sie nicht geführt. Sowohl die Einschaltung der Führungsspitze in die Analystenkonferenz zu den Halbjahreszahlen als auch der parallel zu den Zahlen veröffentlichte "Zwischenbericht zur strategischen Überprüfung" klingen sehr bemüht: "Der Vorstand hat Kosteneinsparungen in Höhe von etwa drei Milliarden Euro, bezogen auf die dem ersten Halbjahr 2012 zugrunde liegende Basis der zins unabhängigen Aufwendungen, identifiziert. Die Maßnahmen werden Anpassungen des Geschäftsund Ertragsmodells ebenso beinhalten wie ein Programm zur Erreichung einer im Wettbewerbsvergleich führenden operativen Effizienz, die von Flexibilität, Qualität und robusten Kontrollen geprägt ist. Die Einsparungen berücksichtigen keine Investitionen zur Unterstützung des künftigen geschäftlichen Wachstums und ihre Umsetzung wird zunächst signifikante Aufwendungen verursachen."

Wenn diese Sprachregelung, die in ihrer nun wirklich hinreichenden Allgemeinheit eher an das Dossier einer Unternehmensberatung erinnert als an klare Vorstellungen von einer überzeugenden Zukunftsstrategie, eine Kompromisslinie beziehungsweise das Ergebnis der schwierigen Abstimmungsprozesse einer Doppelspitze ist, geht die größte deutsche Bank nicht nur in der Art der Kommunikation, sondern auch in der strategischen Ausrichtung schwierigen Zeiten entgegen. Vorerst darf man bis September gespannt sein.

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