Gespräch des Tages

Commerzbank - Rascher Sinneswandel

Je nachdem, wie man es mit der Commerzbank hält, kann man gleich zweimal den früheren deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer zitieren: "Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern" ist die eher derbere Variante, "Auch Sie können nicht verhindern, dass ich von Tag zu Tag klüger werde! " diejenige für der gelben Bank noch Wohlgesonnene. Beides passt auf jeden Fall zu dem wahrlich raschen und überraschenden Sinneswandel in Sachen Schiffs- und Immobilienfinanzierung. Denn kaum einen Monat nach den Ausführungen von Martin Blessing vor den Aktionären auf der Hauptversammlung vollzieht die Großbank eine Vollbremsung. Damals verkündete der Konzernchef noch brav, man habe sich nach intensiven Gesprächen mit der EU-Kommission entschieden, einen Großteil, rund vier Fünftel, des gewerblichen Immobilienfinanzierungs-Portfolios der ungeliebten Tochter Eurohypo abzubauen und den Rest gemeinsam mit den Schiffsfinanzierungsaktivitäten in dem neu entstehenden Kernbanksegment (! ) "Real Estate and Ship Finance" zu bündeln. "Nun können wir einerseits den eingeschlagenen Weg der Reduktion der Eurohypo-Portfolios konsequent fortsetzen und andererseits einen kleinen, risikoärmeren Teil des gewerblichen Immobilienfinanzierungsgeschäfts unter dem Dach der Commerzbank weiterführen", so Martin Blessing auf der Hauptversammlung.

Stand 26. Juni entpuppt sich das alles als ziemlich lange Pinocchio-Nase! Per Pressemitteilung informiert die Frankfurter Großbank darüber, dass der Vorstand der Commerzbank AG beschlossen habe, mit Wirkung zum 9. August die Geschäftsfelder Gewerbliche Immobilienfinanzierung und Schiffsfinanzierung vollständig abzubauen und sie daher in das neue Abbausegment Non Core Assets (NCA) zu übertragen und dass es das ursprünglich geplante neue Kernbanksegment Real Estate and Ship Finance (RES) nicht geben wird. Als Gründe für diese völlig neue Strategie werden die hohe Kapitalbindung und die steigenden Liquiditätsanforderungen unter Basel III, gerade auch für Langfristfinanzierungen, sowie die auch künftig zu erwartenden starken zyklischen Schwankungen im Ergebnis genannt.

Da darf sich der geneigte Beobachter schon wundern. Was ist in den vergangenen vier Wochen in Sachen Basel III Neues passiert, das einen solchen Schritt nachvollziehbar macht? Nichts. Diese Erkenntnisse hätte man ohne Weiteres auch schon zur HV haben und sich diesen Kommunikationsgau sparen können. Verschlimmert wird das Ganze noch durch ein Interview von Blessing im Intranet der Bank, dass dies keine Kehrtwende, sondern lediglich die Beschleunigung des eingeschlagenen Kurses sei. Die Kursrichtung von "Fortführung in einem Kernbankgeschäftsfeld" zu "vollständiger wertschonender Abbau in der Bad Bank" kann dabei allerdings allerhöchstens ganz eingefleischten Commerzbank-Fans als geradeaus verkauft werden. Alle anderen dürfen sich ruhig fragen, ob Zustimmungsergebnisse von über 99 Prozent auf der HV auch unter diesen neuen Voraussetzungen eingetreten wären oder ob hier vielleicht ein wenig auf Zeit gespielt wurde. Eine klare Vision sieht jedenfalls anders aus. Arme Eurohypo!

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