Aufsätze

Baseler Vorschlag zu Excess Spread und garantierten Prämien

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat am 22. März 2013 ein Konsultationspapier1) veröffentlicht, das sich mit der Berücksichtigung der gezahlten Prämien für die synthetische Kreditrisikoabsicherung, das heißt die Sicherung durch Garantien oder Kreditderivate, beschäftigt. Das Papier konkretisiert die Gedanken, die der Baseler Ausschuss zu diesem Thema bereits im Dezember 2011 veröffentlicht hatte.2)

Anwendungsbereich

Im Fokus der Aufseher stehen Transaktionen, die bei einer Bank sofort zu einer Kapitalentlastung führen, obwohl die geleisteten Prämien erst zu einem späteren Zeitpunkt als Verlust erfasst werden. Allerdings sollen nur solche Transaktionen berücksichtigt werden, bei denen aus Sicht der Aufseher die Gefahr besteht, dass die heutige Kapitalentlastung und die künftige Belastung durch Prämienzahlungen in einem Missverhältnis zueinander stehen. Grundsätzlich gelten die Regelungen nach dem vorgeschlagenen neuen Art. 189(b) des Baseler Rahmenwerks nur bei solchen Positionen, die vor der Absicherung ein Risikogewicht von mehr als 150 Prozent aufweisen.

Im Einzelfall könnte der jeweilige nationale Aufseher noch weitere Positionen bestimmen, die den Regelungen unterliegen sollen. Der Baseler Ausschuss nennt unter anderem Transaktionen mit wesentlichen Rabattmechanismen sowie die Absicherung von Positionen, deren Marktwert deutlich unterhalb des Buchwerts liegt.

Weitere Transaktionsmerkmale für die Anwendung der vorgeschlagenen Regelungen sind beispielsweise Prämien, die unabhängig von Ausfällen im Portfolio zu zahlen sind, oder die lediglich anteilig durch Ausfälle des gesamten Portfolios - nicht nur der abgesicherten Tranche - gemindert werden (sogenannte "garantierte Prämien").

Berücksichtigung künftiger Prämien

Nach dem vorgeschlagenen neuen Art. 189(a) des Baseler Rahmenwerks müssten Banken den Barwert der künftig zu leistenden und noch nicht als bilanziellen Verlust oder auf sonstige Art und Weise im Eigenkapital berücksichtigten Kreditabsicherungskosten ermitteln und als eigene Risikoposition behandeln. Zahlungen, die gleich zu Beginn der Absicherungstransaktion geleistet werden (sogenannte "upfront premiums"), müssten in voller Höhe als Risikoposition berücksichtigt werden, solange sie noch nicht als Verlust erfasst wurden. Das Risikogewicht für die zusammengefasste neue Position beträgt dann 1250 Prozent.

Bei der Ermittlung des Barwerts der künftigen Kreditabsicherungskosten müssen die Banken hinreichend konservativ vorgehen. Die nationalen Aufseher können den Banken für die Zinskurve, die bei der Abzinsung zu verwenden ist, eine der beiden grundsätzlichen Möglichkeiten vorschreiben:

- Verwendung einer risikofreien Zinskurve in allen Fällen, oder

- Verwendung einer Zinskurve, die Risikoaufschläge für den Fall beinhaltet, dass Prämien weder garantiert noch mit einer anderen als der abgesicherten Tranche verknüpft sind; in allen anderen Fällen Verwendung einer risikofreien Zinskurve.

Sofern für eine Verbriefungstransaktion eine Risikozinskurve verwendet werden darf, ergibt sich der für die Diskontierung zu verwendende Zinssatz im Regelfall wie folgt:

Jährliche Risikoabsicherungskosten (ausgedrückt in Prozent des abgesicherten Nominalbetrags)

+ Erwartete jährliche Tilgungsrate

+ Risikofreier Zins.

Die jeweilige Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass ein von dieser Methode abweichendes Verfahren verwendet wird, wenn dies nach ihrer Ansicht sachgerecht ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Zahlungsstromprofil aus der Transaktion deutlich komplexer ist als marktüblich.

Die Aufsicht verfügt hierbei über zwei Möglichkeiten: Die Änderung der verwendeten Risikoparameter sowie die Vorschrift zur Verwendung der risikofreien Zinskurve.

Gegenrechnung künftiger Erträge

Unabhängig von der verwendeten Diskontierungskurve können die nationalen Aufsichtsbehörden es den von ihnen beaufsichtigten Banken nach dem Baseler Vorschlag erlauben, bei der Ermittlung der Risikoposition aus künftigen Kreditabsicherungskosten künftige Erträge aus Kreditspreads auf dem abgesicherten Portfolio gegenzurechnen. Die künftigen Erträge aus Kreditspreads werden dabei nach Anrechnung von Transaktionskosten berücksichtigt. Zu den abzuziehenden Transaktionskosten zählen Refinanzierungskosten, Kosten für Rechtsberatung, Kosten für die laufende Verwaltung der Kredite sowie, nach Wahl des Aufsehers, Kreditvergabekosten.

Zur Ermittlung der Positionswerte unter Berücksichtigung von künftigen Spreadeinkünften stehen den Aufsehern wiederum zwei Optionen zur Verfügung:

1) Ermittlung der Risikoposition als Differenz zwischen dem Barwert der künftigen Prämienzahlungen und dem Barwert der künftigen Spreadeinkünfte, siehe Formel 1.

2) Ermittlung der Risikoposition als Barwert der maximal möglichen Differenz zwischen Prämienzahlung und Spread einkünften in jeder Zinsperiode, siehe Formel 2.

Wesentlicher Risikotransfer

Die erste Option darf nur auf Transaktionen angewendet werden, bei denen die Prämien weder garantiert noch mit einer anderen als der abgesicherten Tranche verknüpft sind. Die zweite Option kann hingegen auf alle Transaktionen angewendet werden.

Sichert eine Bank mehrere Verbriefungspositionen einer Transaktion ab (zum Beispiel unterschiedliche Tranchen), so muss sie sicherstellen, dass sie die künftigen Spreadeinkünfte nicht mehrfach erfasst. Dies kann das Institut beispielsweise erreichen, indem es die unterschiedlichen Absicherungsgeschäfte zusammenfassend betrachtet.

Sofern eine Bank nachweisen kann, dass die künftigen Spreadeinkünfte einer Transaktion in allen Fällen die zu zahlenden Prämien übersteigen, so kann die zuständige Aufsichtsbehörde erlauben, dass die Bank keine weitere Berechnung anstellen muss. In diesem Fall würde der Barwert der Absicherungskosten mit Null angesetzt. Ein Beispiel für eine solche Transaktion wäre die Absicherung eines Portfolios, die ausschließlich aus dem vom abzusichernden Portfolio erwirtschafteten Spread finanziert wird. Bei solchen Transaktionen wird in der Regel ein bestimmter Spread für die fiktive Senior-Tranche unterstellt und der überschüssige (Excess) Spread an den Sicherungsgeber bezahlt.

Sofern die sicherungsnehmende Bank aufgrund der vorgestellten Regeln eine neue Verbriefungsposition berücksichtigen muss, ist diese neue Position nach dem vorgeschlagenen neuen Art. 555 lit. (b) des Baseler Rahmenwerks auch bei der Frage zu beachten, ob ein wesentlicher Risikotransfer vorgelegen hat. Verwendet eine Bank zum Nachweis des wesentlichen Risikotransfers die Regelvermutung des § 232 Abs. 2 SolvV3), so müsste sie beispielsweise die aus der Berücksichtigung der Kreditabsicherungskosten entstehende neue Risikoposition als zurückbehaltene Risikoposition mit einem Risikogewicht von 1250 Prozent einbeziehen.

Auswirkungen auf bestehende Transaktionen

Die vom Baseler Ausschuss vorgeschlagenen Änderungen können auf bestehende Transaktionen wesentliche Auswirkungen haben. Betroffen sind nicht nur strukturierte Kapitalmarkttransaktionen, sondern auch Abschirmungslösungen, mit denen einzelne Landesbanken von ihren Eigentümern gestützt wurden, sowie Single-Name Credit Default Swaps. Im Folgenden werden die Auswirkungen auf zwei typische Transaktionen dargestellt.

Bei der ersten Transaktion handelt es sich um eine beispielhafte Abschirmung eines gemischten Portfolios einer Landesbank. Zukünftige Spreadeinkünfte sollen nicht berücksichtigt werden - es wird unterstellt, dass die zuständige Aufsichtsbehörde von dem entsprechenden Wahlrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Abbildung 1 zeigt die Transaktionsstruktur.

Unter der Annahme, dass das Portfolio keine Verbriefungspositionen erhält, ergibt sich nach den gegenwärtigen Regelungen eine Eigenkapitalanforderung von 3,504 Milliarden Euro (90 Prozent Senior Tranche mit einem Risikogewicht von sieben Prozent, sieben Prozent Mezzanine Tranche mit einem Risikogewicht von null Prozent und drei Prozent First Loss Tranche mit einem Risikogewicht von 1 250 Prozent). Nimmt man ferner an, dass erstens das besicherte Portfolio ein durchschnittliches Risikogewicht von mehr als 150 Prozent aufweist und daher die oben beschriebenen Neuregelungen anwendbar sind, dass zweitens die Absicherung am 1. Januar 2013 abgeschlossen wurde und bis 31. Dezember 2017 läuft und dass drittens die durchschnittliche Rückzahlungsrate des Portfolios fünf Prozent beträgt, wird die zusätzliche Verbriefungsposition, wie in Tabelle 1 dargestellt, ermittelt.

Wird die risikolose Zinskurve zur Diskontierung verwendet, ergeben die Barwerte der künftigen Prämienzahlungen die Summe von 1,223 Milliarden Euro (dieser Wert ergibt sich aus der Summe der in der Zeile "Risikoloser Barwert (Euro)" aufgeführten Barwerte der einzelnen während der Laufzeit der Transaktion anfallenden Zahlungen). Bei Verwendung der "riskanten" Zinskurve zur Diskontierung (also einschließlich Risikospread und erwarteter Rückzahlungen) summiert sich der Wert auf 0,965 Milliarden Euro (dieser Wert ergibt sich aus der Summe der in der Zeile "Riskanter Barwert (Euro)" aufgeführten Barwerte der einzelnen während der Laufzeit der Transaktion anfallenden Zahlungen). Der nach Wahl der Aufsichtsbehörde zu verwendende Betrag wäre dann als zusätzliche Risikoposition mit 1 250 Prozent zu gewichten. Selbst wenn die Neuregelungen nicht den wesentlichen Risikotransfer verhindern, führen sie bei dieser Transaktion zu höheren Eigenkapitalanforderungen - um 35 Prozent beziehungsweise 28 Prozent. Hätte die zuständige nationale Aufsichtsbehörde zugelassen, dass künftige Spreadeinkünfte berücksichtigt werden, so wäre zu erwarten, dass die zusätzliche Kapitalanforderung deutlich geringer ausfiele.

Absicherung von Mittelstandskrediten

Die zweite Transaktion, die hier untersucht wird, ist die Absicherung der Erstverlustrisiken eines Portfolios von Mittelstandskrediten einer Geschäftsbank. Hierbei sollen Spreadeinkünfte von 1,5 Prozent des Portfolionominals (nach Abzug von Kosten) berücksichtigt werden. Die Abbildung 2 zeigt die Transaktionsstruktur.

Da in diesem Fall die Spreadeinkünfte in Höhe von 1,5 Prozent bei der Bestimmung der Risikoposition berücksichtigt werden sollen, haben Aufseher bei der Ermittlung des Barwerts künftiger Absicherungskosten die Wahl zwischen zwei Optionen (siehe oben). Unter der Annahme, dass das Portfolio keine Verbriefungspositionen erhält, ergibt sich nach den gegenwärtigen Regelungen eine Eigenkapitalanforderung von 10,08 Millionen Euro (90 Prozent Senior Tranche mit einem Risikogewicht von sieben Prozent, zehn Prozent First Loss Tranche mit einem Risikogewicht von null Prozent).

Nimmt man ferner an, dass erstens das besicherte Portfolio ein durchschnittliches Risikogewicht von mehr als 150 Prozent hat und daher die oben beschriebenen Neuregelungen anwendbar sind, dass zweitens die Absicherung am 1. Januar 2013 abgeschlossen wurde und bis 31. Dezember 2017 läuft und dass drittens die durchschnittliche Rückzahlungsrate des Portfolios fünf Prozent, der erwartete Verlust pro Jahr 0,5 Prozent und die erwartete Verlustquote bei Ausfall 45 Prozent beträgt, wird die zusätzliche Verbriefungs position ermittelt wie in Tabelle 2 aufgezeigt. In der ersten Option (Positionswert = Barwert Prämien - Barwert Spreadeinkünfte) ergäbe sich so ein zusätzlicher Kapitalunterlegungsbedarf von 2,78 Millionen Euro. Das entspricht 27,8 Prozent des bisherigen Unterlegungsbetrags. Dieser Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe der in der Zeile "Barwert Prämie" und der Summe der in der Zeile "Barwert Spread" aufgeführten Barwerte der einzelnen während der Laufzeit der Transaktion anfallenden Zahlungen.

Bei der zweiten Option (Positionswert = Barwert der Differenz aus Prämien und Spreadeinkünften) ergäbe sich hingegen nur ein zusätzlicher Kapitalunterlegungsbedarf von 0,32 Millionen Euro. Das entspricht 3,2 Prozent des bisherigen Unterlegungsbetrags. Dieser Wert ergibt sich aus der Summe der in der Zeile "Barwert Max (Prämie- Spread, 0)" aufgeführten Barwerte der einzelnen während der Laufzeit der Transaktion anfallenden Zahlungen. Zum Vergleich: Dürften Banken die Spreadeinkünfte in diesem Beispiel nicht berücksichtigen, dann betrüge die zusätzliche Kapitalanforderung etwa das Achtfache der bisherigen Kapitalanforderung, nämlich 79,7 Millionen Euro.

Hätte die Bank in dieser Transaktion einen Excess-Spread-Mechanismus vereinbart (das heißt, die Kosten für die Absicherung entstehen nur, soweit das Portfolio ausreichend Spread erwirtschaftet), dann hätte sie bei Ausübung des entsprechenden Wahlrechts durch die zuständige Aufsichtsbehörde keinen zusätzlichen Kapitalbedarf durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Regelung.

Auch wenn sich die Regelungen auf synthetische Verbriefungstransaktionen konzentrieren, dürfen die Auswirkungen auf untranchierte Kreditderivate auf einen einzelnen Referenzschuldner (sogenannte Single Name CDS) nicht unberücksichtigt bleiben. Diese werden am Markt üblicherweise mit einem festen laufenden Spread (zum Beispiel 300 Basispunkte) zuzüglich einer variablen Upfront-Zahlung quotiert. Durch den festen laufenden Spread sollen die operativen Anforderungen an das Halten dieser Positionen verringert werden. Diese Upfront-Zahlungen wären nach den neuen Regelungen ebenfalls vom ersten Tag mit 1 250 Prozent Risikogewicht zu unterlegen, sofern die abgesicherte Position ein Risikogewicht von mehr als 150 Prozent aufweist.

Besorgniserregendes Tempo

Grundsätzlich sind die vorgeschlagenen Regelungen sinnvoll und richtig. In der Vergangenheit hat es Transaktionen gegeben, die bei einer umfassenden wirtschaftlichen Betrachtung nicht zu einem Risikotransfer hätten führen dürfen beziehungsweise deutlich höhere Kapitalanforderungen erfordert hätten. Wenn jedoch Aufwände bereits heute barwertig eigenkapitalmindernd wirken, müssen auch künftige Erträge eigenkapitalerhöhend wirken. Insofern ist es zwingend erforderlich, dass die nationalen Aufsichtsbehörden vom Wahlrecht der risikomindernden Anrechnung künftiger Spreadeinkünfte Gebrauch machen.

Nur durch diese symmetrische Betrachtung zukünftiger Aufwendungen und Erträge kann verhindert werden, dass die Regelungen die tatsäch lichen Risiken signifikant verzerren. Ebenso sollte die Aufsicht die Auswirkungen auf den Single-Name-CDS-Markt genau beobachten, um zu verhindern, dass diese sinnvollen Ins trumente zur Risikominderung prohibitiv teuer werden.

Gleichzeitig ist das hohe Tempo besorgniserregend, in dem neue Vorschläge zur Regulierung im Allgemeinen und zur Regulierung von Verbriefungspositionen im Besonderen vorgelegt werden. So hat der Baseler Ausschuss zuletzt im Dezember 2012 ein Papier4) veröffentlicht, das eine grundsätzliche Überarbeitung des Verbriefungsregelwerks vorsieht. Daneben gibt es zahlreiche weitere Diskussions- und Konsultationspapiere, und in 2013 steht auch noch die Umsetzung der europäischen Umsetzung von Basel III, der CRD IV und der CRR an. Daher besteht die Gefahr, dass sowohl Banken als auch Aufseher bei der Fülle an Neuregelungen Schwierigkeiten mit der Umsetzung haben. Es ist möglich, dass im Laufe der Zeit Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Regulierungsinitiativen offenkundig werden. Diese unbeabsichtigten Auswirkungen können dann Banken und auch die Gesamtwirtschaft beeinträchtigen.

Fußnoten

1) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, "Recognising the cost of credit protection purchased", 22. März 2013.

2) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, "High cost credit protection: statement issued by the Basel Committee", 16. Dezember 2011.

3) Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholdinggruppen (Solvabilitätsverordnung - SolvV) vom 14. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2926), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 19. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2796).

4) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, "Revisions to the Basel Securitisation Framework", 18. Dezember 2012.

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