Gespräch des Tages

Bankenaufsicht IV - Zielführende Voreiligkeit?

Klaus Wächter, der langjährige Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Sparkasse, hat noch einmal Schlagzeilen gemacht. Diesmal die Allerbesten. "Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat nach rund drei Jahren nunmehr das Ermittlungsverfahren gegen Wächter wegen des Verdachts der unrichtigen Angaben gegenüber dem Abschlussprüfer und der Verschleierung der Verhältnisse endgültig eingestellt, nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung. Im Gegensatz zu einer Einstellung mit speziellen Auflagen nach § 153a der Strafprozessordnung, ein Paragraf, der in jüngster Zeit häufig in anderen auch in der Kreditwirtschaft bedeutsamen Fällen zum Tragen kam, ist die Einstellung ein 'Freispruch erster Klasse'. Wächter ist somit voll rehabilitiert und seine persönliche Integrität eindrucksvoll bestätigt worden." So die freudige Mitteilung des so scheußlich Betroffenen. Jeder, der Klaus Wächter mag - und das sind wirklich viele und nicht allein im deutschen Sparkassenwesen - darf sich mit ihm freuen. (Die Redaktion tut es herzlich.)

Der "Fall Wächter" ist ein verzwickter, weil sich in ihm so viele Aspekte vermischen. Dazu gehört zunächst einmal der Frankfurter Sparkassenbetrieb per se. Denn in ihm waren eine kommunale und eine freie Sparkasse vereinigt worden, ohne dass sich die beiden Träger - Stadt und Bürgerverein - in der neuen Identität glücklich wieder fanden. Es blieben erhebliche Kulturdifferenzen, auf die der Sparkassenvorstand wider manche praktische Vernunft Rücksicht zu nehmen hatte: Die betriebswirtschaftliche Effizienz des Frankfurter Hauses war nicht die bestmögliche. Hinzu ist die fatale Konkurrenzlage des Ortes stets störend zu bemerken gewesen - mit zwei weiteren Sparkassen, allen Großbanken und auch sonst allen Attraktionen des internationalen Bankenplatzes. Klaus Wächter hat stets kämpfen müssen, und weil er einer Freien Sparkasse vorstand, hatte er nicht immer die gleichen Interessen wie der kommunale hessisch-thüringische Sparkassenverband. Damit immer noch nicht genug, ließ die hessische Landesregierung alleweil wieder Sympathie für eine förmliche Verbindung von Hessischer Landesbank und Rhein-Main-Sparkassen erkennen wie inzwischen erreicht.

Klaus Wächter störte in diesem Geflecht ziemlich andauernd, weil ihm die Eigenständigkeit einer (freien) Frankfurter Sparkasse als der beste Weg galt. Dass er sich als Mittelpunkt einer Intrige fühlen musste, mit der über die Diskreditierung seiner Person alle Ziele seiner Gegner dann tatsächlich verwirklicht werden konnten - Rekommunalisierung, Senkung des Unternehmenswertes, Verkauf an die Helaba - ist überaus verständlich. Dass er es "den anderen" mitunter ein wenig zu leicht gemacht hat, den Verdacht von Bilanzschönungen in die Welt zu setzen, weil seine Fraspa unbedingt Erfolge brauchte - vielleicht würde Wächter diesen Aspekt im Nachhinein nicht mehr ganz ausschließen.

Seit sich der Verdacht nun Gott sei Dank als völlig unbegründet erwiesen hat, muss sich die deutsche Bankenaufsicht nicht nur schämen. Sondern sie sollte Konsequenzen aus ihrem offensichtlichen Versagen ziehen. Denn die BaFin war es, die Strafanzeige gegen vier Fraspa-Vorstände stellte. Und sie tat dies, obwohl zuvor andere Prüfer die Risikobemessung im Fraspa-Portfolio als durchaus noch vertretbar klassifiziert hatten. Dass die Bankenaufsicht bei ihrer Arbeit allemal in einem Dilemma steckt, ist offenkundig: Greift sie nicht oder zu spät ein, erntet sie Kritik. Greift sie zu früh ein, erntet sie ebenfalls Kritik. Riskiert sie den Eingriff der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht, wird ihr Unsicherheit vorgeworfen. Verliert sie vor dem Staatsanwalt, empfängt sie Schelte wegen mangelhafter Arbeitsqualität. Das alles erscheint dem hohen Wert der "Financial Stability" zuliebe prinzipiell dennoch als (gerade noch) hinnehmbar.

Dringend anzuraten ist der Aufsicht jedoch, dass sie die persönlichen, genauer noch die menschlichen Konsequenzen eines Eingriffs wie im Exempel Wächter zum Anlass für noch mehr Sorgfalt für ihre Eingriffe nimmt. Anderenfalls läuft die Aufsicht Gefahr, "vor Ort" nur noch die Reputation einer zeitweilig besetzten Gendarmerie zu genießen. K. O.

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