Gespräch des Tages

Bankenaufsicht - Anspruch und Wirklichkeit

Es ist wie so häufig in jüngerer Vergangenheit. Im Bemühen um den europäischen und globalen Bankensektor wird viel gemacht. Und vieles davon ist sicherlich im Ansatz richtig. So würden nur wenige dem EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier widersprechen, wenn dieser sagt, dass eine stärkere und bessere europäische Bankenaufsicht das Finanzsystem stabilisieren und somit wieder für mehr Vertrauen sorgen könne. Die EU will deshalb die Bankenaufsicht über alle Banken der Eurozone, immerhin mehr als 6 000 Institute, schrittweise ab 1. Januar 2013 auf die Europäische Zentralbank übertragen. Auch zweifelt kaum einer daran, dass die EZB dies grundsätzlich leisten könnte - die Strukturen können schnell geschaffen werden, die Ressourcen für einen entsprechenden Personalaufbau wären vorhanden. Im Zweifel ist ein Job bei der EZB ob der besseren Verdienstmöglichkeiten wahrscheinlich sogar attraktiver als bei Bundesbank oder BaFin. So weit, so gut!

Doch wie immer sind es die Details, die bei solchen Plänen nachdenklich werden lassen. Wie sehen die detaillierten Anforderungen an die Bankenaufsicht aus, noch immer stehen die endgültigen Regulierungsvorgaben nicht? Wird es Erleichterungen für kleine, lokal und regional tätige Banken geben? Wie ist die Abgrenzung zur vor gar nicht allzu langer Zeit erst aus denselben Gründen geschaffenen EBA? Wie soll die Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden geregelt werden? Kann ein Level Playing Field geschaffen werden, wenn die einheitliche Bankenaufsicht nur über die Institute aus den Euro-Staaten und nicht über alle EU-Banken wacht? Und vor allem: Wie kann der Interessenkonflikt zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht vermieden werden?

Während man noch halbwegs zuversichtlich sein darf, dass die regulatorischen und organisatorischen Probleme in absehbarer Zeit gelöst werden können, lässt gerade der letzte Punkt Zweifel zu: "Die Tatsache, dass in Zukunft Bankenaufsicht und Geldpolitik unter einem Dach vereint sein sollen, führt zu potenziellen Interessenkonflikten - zu Konflikten mit dem Hauptziel Preisstabilität, aber auch mit der Unabhängigkeit der Notenbank", gibt etwa Bundesbank-Präsident Weidmann zu bedenken. Und er muss es wissen. Nachdem CDU/CSU und FDP im Koalitionsvertrag 2009 die Neuordnung der Bankenaufsicht mit dem Ziel der Zusammenlegung von Bundesbank und BaFin festgeschrieben haben, wurde dieses Vorhaben intensiv geprüft. Doch egal ob Holdingmodell, Vollintegration oder Teilzusammenlegung - weder die Bewahrung der politischen Unabhängigkeit noch die saubere Trennung zwischen bankaufsichtsrechtlichen und geldpolitischen Maßnahmen konnte zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden. Die Folge: das Vorhaben wurde sang- und klanglos beerdigt, Deutschland erfreut sich weiterhin der Bankenaufsicht durch Bundesbank und BaFin, in der nach § 7 des Kreditwesengesetzes (KWG) die Notenbank die laufende Aufsicht über alle Kreditinstitute ausübt und die BaFin allein die Kompetenz hat, Verwaltungsakte zu erlassen. Diese Erfahrungen vor Augen, muss gefragt werden, wie so etwas für 17 Länder mit völlig unterschiedlichen Aufsichts- und Banksystemen gelingen kann? Solange Chinese Walls durch jedes einzelne Mitglied des EZB-Direktoriums zwar eine lustige Vorstellung, aber kaum praktikabel sind, bleiben Zweifel, auch wenn diese natürlich von anderen Ländern wie Frankreich oder Italien, in denen die Notenbank schon lange auch die Bankenaufsicht ausübt, nicht getragen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Verantwortlichen aus den Startproblemen der EBA gelernt haben und nun ausreichend Zeit für Diskussionen zulassen. Auch auf die Gefahr hin, dass sich gut gemeinte Pläne dann in Luft auflösen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X