Aufsätze

"Banken sollten wieder das tun, wofür sie eigentlich da sind: den Geldkreislauf zu gewährleisten."

Zum Geld hat Nestroy eigentlich alles gesagt: Die Phönizier haben angeblich das Geld erfunden, aber warum nur so wenig. Das spürt jetzt die Bankenwelt genauso wie die sogenannte Realwirtschaft, wobei es viele kundige Stimmen gibt, die sagen, das Geld ist schon da, aber bei den Falschen. Im Übrigen ist man versucht, noch einmal gründlich über Bill Gates und seinen Spruch "Banking is necessary, banks are not" nachzudenken. Umso weniger die Banken präsent wirken, umso mehr werden sie vermisst. Es ist bloß keine angenehme Art und Weise populär zu werden, indem man in eine Krise ungeahnten Ausmaßes hineinschlittert.

"Better regulation"

Dazu noch eine Sottise: Dass die deutsche Politik zunächst einmal die amerikanische Rettungsaktion tadelte und den Schnee von gestern beklagte - mangelnde Regulierungsakzeptanz - hatte schon peinliche Züge. Ein Blick in die Bücher europäischer Banken hätte genügt, um zu wissen, dass auch diese erheblich von der Rettungsaktion profitieren; die Regale lagen ja voll von diesen sogenannten toxischen Papieren, und ein weiterer Ausfall nach Lehman hätte sich verheerend gerade auch in Europa ausgewirkt. Es geht nicht um mehr Regulierung, sondern um "better regulation" wie Clemens Börsig es bei einem Kolloquium in Berlin ausdrückte.

Es darf darauf verwiesen werden, dass die spanische Bankenaufsicht von den Banken größere Anstrengungen auf der Eigenkapitalseite verlangt hat, offensichtlich mit Erfolg, oder dass die italienische Bankenaufsicht ihren Banken schlichtweg den Weg in die Conduits verstellte, also verbot, während sich die deutsche Bankenaufsicht nach dem Hörensagen über diese Frage einen längeren Briefwechsel mit der Sach-sen-LB leistete. Allen denjenigen, die nun über Regulierung neu nachdenken, kann man nur Plato in Erinnerung rufen: Am aller erdrückendsten sind doch die Leute, die Gesetze erlassen und ständig erneuern, stets im Glauben, den Betrügereien im Geschäftsleben Schranken setzen zu können, ohne zu ahnen, dass sie in Wirklichkeit nur einer Hydra "Köpfe abschneiden". Mit der bekannten Konsequenz, dass für jeden Kopf zwei neue nachwachsen.

Nicht nur die Banken, auch die Unternehmen stehen in diesen bewegten Zeiten vor großen Herausforderungen. Letztere prüfen ihre Finanzierungsmöglichkeiten, erstere müssen ihre Geschäftsmodelle zum Teil deutlich anpassen. Dies stellt höchste Anforderungen an das Management von Kreditinstituten und Unternehmen und wird vermutlich auch Einfluss darauf haben, wie Finanzierungen künftig gestaltet und abgewickelt werden. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir uns nicht grundsätzlich von den Veränderungen des Finanzierungsumfeldes für Unternehmen seit etwa Mitte der neunziger Jahre abkoppeln werden.

Unterschiedliche Finanzierungsbedingungen

Zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen. Zusammengefasst lautet die allgemeine Wahrnehmung, dass sich die Finanzierung der Unternehmen weg von Kredit und Hausbank hin zu Kapitalmarkt und anonymeren Finanzierungsbeziehungen bewegt. Aber stimmt das überhaupt in dieser allgemeinen Form? Die Antwort lautet ein klares "Jain". Denn insbesondere im Mittelstand bildet unverändert der Bankkredit das Finanzierungsrückgrat. Die mittelständischen Unternehmen sind zugleich nach wie vor auf ihre gewachsene Hausbankbeziehung angewiesen, die ihnen den Zugang zu Finanzierungen gewährt und eine gewisse Finanzierungssicherheit bietet. Hieran wird sich in absehbarer Zeit kaum etwas ändern, denn die meisten Mittelständler öffnen sich nur zögerlich alternativen Finanzierungswegen mit Kapitalmarktbezug.

Anders sieht die Welt hingegen bei den Großunternehmen und insbesondere bei den börsennotierten Unternehmen aus. Diesen steht heute ein breites Spektrum an Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung, das auch genutzt wird. Zumindest für diese Unternehmen hat der klassische Bankkredit nicht mehr die Bedeutung, den er noch vor 20 Jahren hatte. An dessen Stelle treten mehr und mehr kapitalmarktnahe Finanzierungen, sei es über die Emission von Anleihen unterschiedlicher Laufzeiten und Ausstattung über "Commercial Papers" oder über die Emission von Aktien.

Das Diktat der (Kredit-)Wirtschaft ist, wenn es das je gegeben hat, deutlich weniger streng geworden. Dies ist der eigentliche Wandel des Finanzierungsumfeldes.

Können Emittenten deshalb aber auf Banken als Mittler für Finanzierungen verzichten? Brauchen Emittenten also überhaupt noch Banken? Diese provokative Frage lässt sich leicht beantworten: Selbstverständlich brauchen sie sie, denn auch bei Kapitalmarktfinanzierungen stellen Banken den unverzichtbaren Kontakt zu Investoren her und vermitteln damit die Finanzierung. Lediglich die Rolle der Banken hat sich in vielen Bereichen der Finanzierung verändert: vom Intermediär, der eigene Risiken in Form von Krediten auf die Bücher nimmt, zum Vermittler von Finanzierungen, der seine Erträge aus Provisionen für die dabei erbrachten Dienstleistungen erwirtschaftet und das eigene Risiko durch Weiterverteilung minimiert.

Spezialisierungsvorteile der Banken

Die direkte Finanzierung ohne Einschaltung einer Bank kommt dagegen auch heute noch allenfalls für sehr standardisierte Produkte in Frage. So gibt es etwa bei "Commercial Paper"-Programmen mittlerweile Möglichkeiten der Direktemission über elektronische Plattformen. Alles, was darüber hinausgeht, wird auch zukünftig nicht ohne Mittler funktionieren. Denn Banken verfügen über Spezialisierungsvorteile, eröffnen den Zugang zu Investoren und sollten zumindest im Regelfall für die Investoren Informationsnachteile überbrücken helfen, wobei nicht übersehen werden darf, dass viele Investoren, gerade auch die bekannten Staatsfonds oder Equity-Häuser, oft den Weg über Banken nicht gehen, sondern den Direktkontakt zu ihrem Zielunternehmen suchen - das zeigt sich jetzt besonders bei den Gesprächen mit den sogenannten "Ankerinvestoren".

Von einer Disintermediation - also der vollständigen Ausblendung von Banken bei der Finanzierung - kann daher auch bei veränderten Finanzierungsbedingungen nicht die Rede sein.

Allerdings sind die Ansprüche gewachsen, die Emittenten an Banken stellen. Für die Finanzierung eines börsennotierten Unternehmens genügt es heute nicht mehr, ausschließlich nationale Finanzierungsquellen anzuzapfen, genauso wenig wie die Unternehmen ihre Erträge rein national erwirtschaften. Gerade für Kapitalmarkttransaktionen ist der Zugriff auf die institutionellen Investoren rund um den Globus unverzichtbar. Die Bank eines Großemittenten muss daher diesen internationalen Kapitalmarktzugang in der jeweils spezifischen Situation bieten können.

Die traditionelle Hausbankbeziehung spielt deshalb zum Beispiel für die BASF SE keine Rolle mehr. Genauso wenig darf einen auf Optimierung seiner Finanzierung bedachten Finanzvorstand interessieren, ob die Bank, die eine Kapitalmarkttransaktion betreut (oder koordiniert), nun aus Deutschland oder aus dem Ausland stammt. Hier muss der Wettbewerb entscheiden.

Das heißt aber nicht, dass die Emittenten nicht an starken einheimischen Banken interessiert wären. Denn schon aus Gründen der Mentalität wäre es manchmal leichter, mit einem Institut aus dem eigenen Land zu verhandeln, wenn es um eine Finanzierung geht. Leider können derzeit aber nur wenige deutsche Banken einen internationalen Service für die Emittenten bieten. Daraus kann längerfristig auch ein Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen auf den Gütermärkten resultieren.

Interesse an starken Banken

Dazu ein Beispiel aus der Chemie: Als Volkswagen in China investierte, hat VW BASF praktisch gezwungen, in Shanghai eine Lackfabrik zu bauen. So müsste eine in Deutschland ansässige Bank auch in der Lage sein, für Commercial Paper Programme Dollar-Fazilitäten zur Verfügung zu stellen; wer das nicht kann, verliert leicht das komplette Geschäft.

Auf der anderen Seite sind gerade viele der Banken, die bisher einen internationalen Kapitalmarktzugang bieten konnten, besonders von der Finanzmarktkrise betroffen, sodass sich hier durchaus Chancen für die deutschen Institute ergeben könnten. So oder so, die Emittenten sind an starken Banken interessiert - und auch an starken deutschen Banken.

Welche Finanzierung bevorzugen aber die Emittenten? Wo genau greifen sie in dem gewachsenen Spektrum an Möglichkeiten zu? Das kann man nicht zusammenfassend beantworten. Je nach aktueller Geschäftslage oder gesamtwirtschaftlichen Bedingungen kann die Fremdfinanzierung oder die Eigenkapitalfinanzierung das Mittel der Wahl sein. Wir haben zum Beispiel in den vergangenen Jahren eine Phase überaus günstiger Fremdfinanzierungskonditionen erlebt.

Fremd- oder Eigenkapitalfinanzierung?

Über alle Veränderungen hinweg behält aber das Eigenkapital seine besondere Stellung, weil es als Einziges als Risikopuffer für schlechtere Zeiten dienen kann: Ohne Eigenkapital keine Absicherung unternehmerischer Risiken; und ohne diese Absicherung keine Bereitschaft zu Investitionen, oder, anders ausgedrückt: Umso höher das Risiko, umso größer die Notwendigkeit hohen Eigenkapitals. Die Suche nach Öl offshore ist nichts für arme Leute. In der derzeitigen Finanzkrise hat sich vielfach gezeigt, wie wichtig ein ausreichender Verlustpuffer ist und wie kostbar Eigenkapital im Ernstfall sein kann.

Deshalb sei sowohl ein aktueller als auch ein grundsätzlicher Blick auf die Eigenkapitalmärkte gewagt, an deren Attraktivität alle ein Interesse haben müssen. Dies gilt außerhalb der Börse genauso wie für die Finanzierung über börsennotierte Aktien. Hier erfolgt aber eine Beschränkung auf die börsliche Eigenkapitalfinanzierung. In welchem Ausmaß die Börse als Kapitalquelle genutzt wird, hängt jeweils von den aktuellen Marktbedingungen ab. Auch dies kann man im Moment intensiv miterleben.

Der Markt für Börsengänge ist völlig zum Erliegen gekommen. Das liegt zum einen daran, dass Unternehmen selbst lange geplante Börsengänge in einem hoch volatilen Umfeld lieber verschieben, um mögliche Enttäuschungen bei den "neuen" Aktionären zu vermeiden. Die Schott Solar AG und die Deutsche Bahn AG haben deshalb völlig richtig gehandelt. Zum anderen ist der Markt aber auch von Seiten der Investoren ausgetrocknet, weil diese entweder momentan nicht über die entsprechenden Mittel verfügen oder aber selbst weitere Kursstürze befürchten und so jedenfalls nicht zu einem Engagement bei einem Neuemittenten bereit sind. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen tun sich deshalb selbst bei einem guten Geschäftsmodell schwer, Investoren zu finden beziehungsweise einen vernünftigen Preis für ihre Anteile zu erzielen. Soweit der aktuelle Blickwinkel.

Bei allen Marktschwankungen ist die Attraktivität der Aktienfinanzierung auf lange Sicht aber zuallererst eine Frage der gesetzlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen. Diese müssen sicherstellen, dass die Anleger (institutionelle wie private) bereit sind, Finanzierungen in ausreichender Menge bereitzustellen. Sie müssen aber auch sicherstellen, dass die Unternehmen den Kapitalmarkt nutzen können und wollen. Beides hängt für mich untrennbar zusammen, und beides lässt sich politisch steuern.

Fehlendes vermögenspolitisches Gesamtkonzept

Leider hat die Aktie im politischen Raum insgesamt keinen guten Stand. Häufig steuert die Politik entweder in die falsche Richtung oder legt zumindest ein widersprüchliches Verhalten an den Tag. Mit Bezug auf den privaten Anleger sei das nur anhand von drei Beispielen gezeigen.

Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Die Bundesregierung ist seit einiger Zeit erkennbar darum bemüht, die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand und das Altersvorsorgesparen zu fördern. Zu den verschiedenen Maßnahmen zählt auch, die Beteiligung von Mitarbeitern an den eigenen Unternehmen zum Beispiel in Form von Belegschaftsaktien zu stärken.

Nach zähen Diskussionen hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, die bisherige steuerliche Förderung für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 135 Euro auf 360 Euro zu erhöhen. Zwar wäre hier eine mutigere Förderung von rund 1 000 Euro wünschenswert, * denn die Teilnahme an einem Belegschaftsaktienprogramm bildet häufig den Einstieg in ein langfristiges Aktiensparen. Belegschaftsaktien fungieren damit als Türöffner. Umso bedauerlicher war es, dass die Zahl der Belegschaftsaktionäre nicht zuletzt wegen stetig gekürzter Förderbeträge in den vergangenen Jahren nach Umfragen des Deutschen Aktieninstituts von 1,66 Millionen auf heute rund eine Million zurückgegangen ist.

Die Wiederanhebung der Förderung ist deshalb ein erster Schritt in die richtige Richtung, um das Potenzial der Mitarbeiterbeteiligung im Allgemeinen und der Belegschaftsaktie künftig wieder besser zu nutzen. Dieses Potenzial ist fraglos groß für Mitarbeiter wie für Unternehmen. Wer aber wirklich die Mitarbeiter am Kapital ihres Unternehmens beteiligen will, greift mit 360 Euro viel zu kurz. In Euphorie sollte man auch aus anderen Gründen nicht verfallen. Denn es fehlt an einem vermögenspolitischen Gesamtkonzept. So wird die Maßnahme der Stärkung der Mitarbeiterbeteiligung durch andere zentrale politische Entscheidungen faktisch entwertet.

Abgeltungssteuer: Gemeint ist hier vor allem die Einführung der Abgeltungssteuer auf alle privaten Kapitalerträge in Höhe von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer zum neuen Jahr. Man kann es nicht oft genug betonen, dass die konkrete Ausgestaltung in Deutschland geradezu aktienfeindlich ausgefallen ist. Denn die Besitzer von Aktien und Aktienfonds werden steuerlich zum Teil dramatisch schlechter gestellt als im Status quo.

Dies sei hier nicht weiter ausgeführt, nur so viel: Dies alles trifft natürlich auch den Belegschaftsaktionär. Was ihm auf der einen Seite über die geplante Ausweitung der staatlichen Förderung zugute kommt, wird ihm durch die Abgeltungssteuer beim Verkauf der Kapitalanlage - zum größten Teil wieder abgenommen. Ein solches Vorgehen entspricht nicht einer "Vermögenspolitik aus einem Guss". Kursgewinne aus Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in Belegschaftsaktien sollten deshalb von der Abgeltungssteuer befreit sein, sofern eine Mindesthaltedauer nachgewiesen wird. Sonst verpufft der Fördereffekt wirkungslos.

Sofort-Reparatur-Programm

Dies kann aber nur ein erster Schritt im Hinblick auf die deutlich gefährdete Aktienakzeptanz sein. Ziel muss eine generelle Reform der Abgeltungssteuer sein, die die Diskriminierung der Aktie vermindert und damit die Eigenkapitalfinanzierung der Unternehmen sowie die Vermögensbildung stärkt. Im Moment leider nicht durchsetzbar erscheint dabei eine Senkung der steuerlichen Belastung für Anleger auf maximal 20 Prozent, obwohl dies auch unter Vereinfachungsgesichtspunkten der Königsweg wäre. In einem Sofort-Repara-tur-Programm müssten aber zumindest Folgendes dringend berücksichtigt werden:

- Wiedereinführung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei längerer Haltedauer - also nicht nur bei Mitarbeiteraktien;

- deutliche Erhöhung des Sparerpauschbetrages;

- Wiedereinführung des Werbungskostenabzugs für Kapitalerträge und

- Wiedereinführung der Verrechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften mit sonstigen Kapitalerträgen.

Flexi-Gesetz: Aber nicht nur aus der Abgeltungssteuer spricht ein gehöriges Maß an Aktienskepsis in der Politik. Diese ist auch in weniger offensichtlichen politischen Aktivitäten erkennbar.

Chancen für die Anleger und Unternehmen vertan

Ein schönes Beispiel ist das Folgende: Die Bundesregierung hat kürzlich den Entwurf eines "Gesetzes zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen" vorgelegt. Mit diesem sogenannten Flexi-Gesetz soll das steuerliche Umfeld von bestimmten Modellen von Arbeitszeitkonten verbessert werden. Mit sogenannten Wertguthaben können Mitarbeiter "Arbeitszeit" oder Teile des Gehalts (beispielsweise Bonuszahlungen) ansparen und erhalten damit die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitraum vom Unternehmen ohne Gehaltseinbußen freigestellt zu werden.

"Was hat das alles mit der Aktienanlage zu tun?", darf man fragen. Der Entwurf legt auch fest, dass bei der Anlage der Wertguthaben Aktien oder Aktienfonds grundsätzlich eine Höhe von maximal 20 Prozent einnehmen dürfen (§ 7d Abs. 3 SGB IV-E). Zwar gibt es Ausnahmen - etwa für Einigungen der Tarifpartner, sodass prinzipiell auch höhere Aktienquoten verhandelt werden könnten. De facto werden diese Ausnahmen allerdings keinerlei Relevanz haben. Denn der Entwurf regelt auch (§ 7d Abs. 3 SGB IV-E), dass "ein Rückfluss zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Wertguthabens mindestens in der Höhe des angelegten Betrages gewährleistet ist."

Dies läuft auf einen faktischen Zwang zum Kapitalerhalt über die gesamte Laufzeit des Wertguthabens hinaus, da der Arbeitgeber nicht ausschließen kann, dass der Arbeitnehmer, obwohl die Anlage ursprünglich längerfristig geplant war, sein Wertguthaben frühzeitig auflösen will - etwa bei einem Arbeitsplatzwechsel.

Die Anlage der Wertguthaben in Aktien ist damit nahezu ausgeschlossen. Denn schließlich sind bei der Aktie - zumindest kurzfristig - Kursschwankungen sowohl nach oben als auch nach unten immer möglich. Wir erleben dies ja aktuell besonders drastisch. Eine permanente Kurssicherung wäre jedoch viel zu teuer und würde die langfristig vergleichsweise hohe Rendite der Aktie aufzehren.

Diese drei Beispiele werden deshalb so ausführlich beschrieben, weil die Attraktivität der Aktienfinanzierung für die Emittenten letztlich davon abhängt, dass genügend Anleger bereit sind, in die Aktie zu investieren. Man kann entgegenhalten, dies wäre alles nicht übermäßig relevant, weil bei vielen börsennotierten Gesellschaften institutionelle Anleger aus dem In- und Ausland heute rein quantitativ viel wichtiger sind als die Privatanleger. Das stimmt zwar, aber auch hinter diesen institutionellen Aktionären steht immer auch die Geldanlage privater Anleger. Und hier vertun wir in Deutschland schon seit Jahrzehnten wichtige Chancen für die Anleger und Unternehmen.

Restriktionen bei der Kapitalbeschaffung?

Von den Anlegern zu den Emittenten: Haben diese durch den Wandel der Finanzierungsbeziehungen nicht letztlich nur vom Diktat der Kreditwirtschaft in ein Diktat der Kapitalmärkte gewechselt - um noch einmal den provokativen Untertitel der Veranstaltung zu zitieren? Etwas weniger scharf formuliert bedeutet diese Frage, ob die Emittenten bei der Kapitalbeschaffung nicht ganz anderen Restriktionen ausgesetzt sind als noch vor 20 Jahren.

Das ist in der Tat eine sehr interessante Fragestellung, die man im Zusammenhang mit der Auflösung der "Deutschland AG" diskutieren muss. Dies ist nämlich die eigentliche zentrale Veränderung für das Finanzierungsumfeld der börsennotierten Unternehmen. Wo früher über lange Jahre stabile Eignerstrukturen vorherrschten, bei denen Banken häufig auch als Eigentümer auftraten, sind heute Aktien sehr breit unter sehr vielen Anteilseignern gestreut. Diese stammen dabei zu einem guten Teil aus dem Ausland.

Was bedeuten diese Veränderungen in der Eignerstruktur aber für die Unternehmen? Der Wandel der Aktionärsstruktur stellt in erster Linie deutlich höhere Anforderungen an die Investor-Relations-Arbeit und die Finanzmarktkommunikation des Managements. Heute wird sehr viel Zeit darauf verwendet, um den Kontakt mit den Aktionären (und auch anderen Kapitalgebern) zu pflegen. Die Aktionäre verhalten sich aber nicht alle gleich und verfolgen auch nicht zwingend die gleichen Interessen.

Ein Teil dieser Anteilseigner geht zum Beispiel sehr aktiv mit seinen Engagements um und versucht, aktiv auf die Unternehmen einzuwirken. Dieser "Shareholder Activism", der vom stillen, konstruktiven Dialog bis hin zu öffentlichen Kampagnen reicht und beileibe nicht nur mit Hedgefonds in Verbindung gebracht werden sollte, hat den Umgang mit den Aktionären verändert. Vereinfacht ausgedrückt sind die Unternehmensleitungen einem viel stärkeren Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, als sie das vor einigen Jahren gewohnt waren.

Dieser Rechtfertigungsdruck lässt sich aber keinesfalls als Diktat der Märkte bezeichnen. Denn schließlich arbeiten die Unternehmen mit dem Geld der Anteilseigner, sodass es schlicht die Konsequenz aus einem veränderten Finanzierungsumfeld und den veränderten Aktionärsstrukturen ist. Hierauf haben sich die Unternehmen einzustellen, was natürlich nicht bedeutet, dass jedem Vorschlag, der mehr oder weniger lautstark geäußert wird, bedingungslos entsprochen werden müsste. Außerdem sind auch die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens zu berücksichtigen.

Konstruktiver Dialog mit den Aktionären

Stichwort: Lufthansa oder Frankfurter Börse. Hier muss man sich in Erinnerung rufen, dass diese Gesellschaften ein öffentliches Gut verwalten und deshalb auch einer speziellen Aufsicht unterliegen. Dem Ausräumen zugunsten der Aktionäre durch Zerschlagung sind deshalb enge Grenzen gesetzt. Man fragt sich deshalb als Beobachter von außen, warum die hessische Aufsichtsbehörde nicht diesem unwürdigen Treiben an der Frankfurter Börse ein Ende bereitet.

In jedem Fall ist es heute viel wichtiger geworden, seine Aktionäre und deren Absichten frühzeitig zu identifizieren, um mit ihnen in einen konstruktiven Dialog treten zu können. Etwaige Verschiebungen in der Anteilseignerstruktur frühzeitig zu erkennen, ist aber nicht nur ein Interesse der Unternehmen. Auch die bestehenden Anteilseigner sind an den Aktionärsstrukturen interessiert, damit diese ihre Kauf- oder Verkaufsentscheidungen auf einer verlässlichen Informationsgrundlage fällen können. Denn - wie erwähnt - die strategischen Vorstellungen der Aktionäre sind durchaus unterschiedlich.

Das führt zum Ende noch einmal zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen des Kapitalmarktes. Der Gesetzgeber hat dieses Informationsbedürfnis der Aktionäre erkannt, indem er die Inhaber von größeren Aktienbeteiligungen im Interesse einer fairen Preisbildung und eines fairen Miteinanders dazu verpflichtet, Beteiligungen ab einer bestimmten Höhe offenzulegen.

Zweifelhafte Übernahmetechniken

Allerdings gibt es heute eine Reihe von Techniken, die einem Investor ein ökonomisches Interesse an einem Unternehmen oder gar den faktischen Zugriff auf die Aktien geben, ohne dass die gesetzlichen Meldeschwellen greifen würden. Das ist ein unbefriedigender Zustand, der Unsicherheiten im Markt schafft. Die Diskussion um die Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler-Gruppe sind bekannt. Nach Meinung der BaFin ist hier nicht gegen das Gesetz verstoßen worden. Ob es jedoch im Geiste des Übernahmerechts und des Wertpapierhandelsgesetzes ist, wenn sich ein Unternehmen verdeckt ein ökonomisches Interesse an einem Dax-Wert in Höhe von 28 Prozent des Aktienkapitals sichern kann, ist schon sehr diskussionswürdig.

Ich selbst hätte die Erklärung eines Unternehmens, drei Prozent des Kapitals direkt zu halten und über Finanzinstrumente den Zugriff auf weitere 28 Prozent zu haben, als Möglichkeit gewertet, durch einseitige Willenserklärung die entsprechenden Aktien an sich zu ziehen, mit allen Folgen der Meldepflicht, Stimmberechtigung. Wenn man allerdings die Erklärungen der Schaeffler-Gruppe im Detail nachliest, dann erkennt man, mit welcher Sorgfalt hochkarätige Juristen daran gefeilt haben, um eben nicht in die von mir geschilderte Falle zu tappen. Wir müssen deshalb wohl der BaFin recht geben.

Wir müssen hier zu mehr Transparenz gelangen, damit die Regulierung Schritt hält mit den tatsächlichen Möglichkeiten an den Kapitalmärkten. Denn was sind kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflichten letztlich wert, wenn sie durch kreative Strategien just in den Situationen umgangen werden können, für die sie geschaffen worden sind. Damit wird bis zu einem gewissen Grad einer stärkeren Regulierung des Kapitalmarktes das Wort geredet. Es geht dabei aber in erster Linie um Fairness unter den Investoren, nicht um Protektionismus oder den Schutz der Unternehmensleitungen vor abweichenden Auffassungen oder gar Übernahmen. Nicht umsonst haben sich auch institutionelle Investoren in dieser Richtung geäußert, die ansonsten eher vorsichtig sind, wenn den Investoren mehr Transparenz abverlangt wird.

Die aktuelle Finanzkrise bietet eine einmalige Chance, die eine oder andere Praxis an den internationalen Kapitalmärkten einmal gründlich zu untersuchen. Hierzu gehört aus meiner Sicht auch eine Beschäftigung mit Leerverkäufen und der Wertpapierleihe, die ebenfalls dazu beitragen können, den Zusammenhang zwischen Anteilsbesitz und ökonomischem Interesse an einem Unternehmen zu entkoppeln. Wie immer bei solchen Fragen wird es dabei auch hier darauf ankommen, bei einer etwaigen Regulierung sorgfältig abzuwägen: Nicht mehr Regulierung, aber better regulation.

Keine privaten Wettunternehmen

Wir brauchen ein starkes, ein gestärktes Finanzsystem. Wenn diese Krise dazu führt, dass die Banken wieder erstarken und wieder unternehmerisch tätig werden, wäre viel für die Zukunft gewonnen. Vor etwa zehn Jahren haben ich einmal gesagt, mit den heutigen Banken wäre die Bagdadbahn nicht gebaut worden. Unternehmerisch tätig zu sein, heißt auch Risiken einzugehen. Modelle wie "Originate and Distribute" gehören nicht dazu, erst recht nicht Wetten. Deutsche Tradition ist, die Sünde des Spiels staatlich zu verwalten, deshalb keine privaten Wettunternehmen. Daran sollten sich auch die Banken halten. Sie gewinnen dann wieder Raum, das zu tun, wofür sie eigentlich da sind und wofür wir sie benötigen: Den Geldkreislauf zu gewährleisten. Ich hoffe - nein ich bin sicher - dass das, was jetzt zum Stocken gekommen ist, insbesondere der Interbankenmarkt, auch mit den verschiedenen staatlichen Hilfspaketen rasch wieder in Gang kommt und die schon beschworen Auswirkungen - Inflation und in der realen Wirtschaft die Insolvenzwelle - vermieden werden können.

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