Aufsätze

Banken- und Börsenlandschaft im Wandel - Herausforderungen für das Wertpapier-Transaction-Banking

Der genossenschaftliche Grundgedanke bedeutet konkret, dass die einzelnen Beteiligten und Unternehmen zusammen mehr erreichen, wenn sie ihre jeweiligen Stärken zum Vorteil aller Mitglieder einbringen und dadurch eine starke Gemeinschaft bilden. Dies ließ sich schon immer hervorragend auf die Arbeitsteilung in der Finanzwirtschaft insgesamt übertragen. Der genossenschaftliche Verbund folgt dabei einem Aufgabenzuschnitt, der organisatorisch die Spezialisierung in Portfolio-, Vertriebs- und Transaktionsinstitute widerspiegelt. Die beiden Zentralbanken konzipieren dabei gemeinsam mit weiteren Spezialisten für die Bereiche Kapitalanlage, Baufinanzierung oder Versicherung bedarfsgerechte Produkte. Diese stellen dann die Volksbanken und Raiffeisenbanken als Primärinstitute mit der Kernkompetenz in Vertrieb und Beratung ihren Bankkunden bereit.

Genossenschaftlicher Verbund als Vorreiter im Transaction Banking

Für begleitende Prozesse sowie die Bearbeitung der Folgeschritte sind dann weitere Partner verantwortlich. Für den Bereich des Wertpapierservices stellt die Deutsche Wertpapier Service Bank AG (DWP-Bank) die reibungslose Abwicklung sicher. Gemeinsames Prinzip der genossenschaftlichen Institute und der DWP-Bank ist es, vorhandenes Volumen sowie Know-how zu bündeln, um über standardisierte Prozesse und Produkte entsprechende Skaleneffekte weitergeben zu können.

Der genossenschaftliche Sektor war dabei einer der treibenden Kräfte in der Entwicklung von Transaktionsbanken. Mit der im Jahr 1998 gegründeten bws bank bewies der Verbund Weitsicht für die kommenden Entwicklungen und beteiligte sich in der Folge aktiv in der Gestaltung der Anbieterlandschaft für Wertpapierdienstleistungen. In konsequenter Fortsetzung des Bündelungsgedankens formte der Verbund im Jahr 2003 gemeinsam mit der Sparkassen-Finanzgruppe die DWP-Bank. Mit der Fusion von bws bank und WPS Bank wurden erstmals - und bislang einzigartig - Sektorgrenzen überwunden und die Zusammenarbeit in einem Bereich, der im Wettbewerb nicht differenzierend ist, sozusagen "hinter den Kulissen", erfolgreich unter Beweis gestellt. Die Eigentümerstruktur der DWP-Bank setzt sich konsequenterweise gleichberechtigt aus Vertretern der beiden Verbünde zusammen - reibungslos und mit belegtem Geschäftserfolg.

Kunden der DWP-Bank sind darüber hinaus verschiedene Privat- und Geschäftsbanken, sodass mit rund 390 direkten Kunden und insgesamt fast 1600 angeschlossenen Instituten drei Viertel aller Banken in Deutschland die Prozess- und Systemdienstleistungen des deutschen Marktführers im Wertpapierservice nutzen. Sektorübergreifend werden rund sechs Millionen Anlegerdepots betreut. Die Bank bietet als Spezialdienstleister einen umfassenden Wertpapierservice für das Geschäft mit privaten und institutionellen Kunden, auf Wunsch über die komplette Prozesskette vom Orderrouting über Abrechnung, Belieferung bis zur Verbuchung und Verwahrung von Wertpapieren sowie ergänzenden Services.

Umfassende Systemkonsolidierung erreicht

Einen wichtigen Meilenstein zur Erfüllung ihres Gründungsauftrags erreichte die DWP-Bank mit dem vorläufigen Abschluss der Systemkonsolidierungen auf ihrer zentrale Abwicklungsplattform WP2 im Jahr 2010. Den Kern bildete hierbei im Rahmen eines der seinerzeit größten IT-Projekte der deutschen Bankenlandschaft die Migration der mehr als 1150 Institute der genossenschaftlichen Finanzgruppe sowie der mehr als 2,8 Millionen zugehörigen Wertpapierdepots. Der Systemwechsel wurde durch das enge Zusammenwirken aller Partner neben den Zentralbanken insbesondere die Rechenzentralen Fiducia und GAD - mit dem angebundenen Kunden- und Eigengeschäft im laufenden Geschäftsbetrieb bewerkstelligt (Abbildung 1).

Von dieser umfassenden Systemkonsolidierung profitieren auch alle weiteren WP2-Nutzer in mehrfacher Weise. Neben den positiven Kosteneffekten bündelt die DWP-Bank gleichzeitig ihr Know-how von divergierenden Anforderungen unterschiedlicher Kundengruppen.

Regulatorische Vorgaben, wie beispielsweise aus der MiFID oder der Abgeltungsteuer, lassen sich künftig in nur noch einer Plattform wesentlich effizienter umsetzen. Durch die Systemkonsolidierung auf WP2 das heute von rund 250000 Usern genutzt wird und damit eine der großen IT-Anwendungen im Bankbereich ist - hat die deutsche Bankenlandschaft eine zentrale leistungsfähige und skalierbare Plattform für das Wertpapiergeschaft erhalten. Als wichtiges infrastrukturelles Element am Finanzplatz steht das System bereit, noch weitere Abwicklungsvolumina zu übernehmen. Der Wandel im Anlegerverhalten und in den Strukturen der Nachhandelsindustrie fordert eine ständige Anpassungsbereitschaft. Als Business-to-Business-Anbieter berücksichtigt die DWP-Bank die sich verändernden Einstellungen und Bedürfnisse der Kunden ihrer Kunden. Dabei lassen sich verschiedene Perspektiven für das Transaction Banking im Wertpapierservice identifizieren:

Geschäftsmodell in herausfordernder Marktsituation bestätigt

Zu den Zahlenentwicklungen: Die grundsätzlichen Kennzahlen wirken eher ernüchternd. So zeigt sich in den letzten Jahren bei den Depot- und Transaktionszahlen eine rückläufige Entwicklung. Laut einer Statistik der Deutschen Bundesbank sank beispielsweise die Anzahl der Wertpapierdepots in den letzten zehn Jahren von 36,4 auf 26,2 Millionen. Zwar vermeldete das Deutsche Aktieninstitut im zweiten Halbjahr 2011 eine zirka 4-prozentige Steigerung der Anzahl der Aktionäre und Besitzer von Aktienfondsanteilen.

Doch ob dies eine dauerhafte Trendwende darstellt, ist kritisch zu prüfen. Die langjährige Entwicklung in Verbindung mit der Änderung des Anlegerverhaltens gibt weiterhin Anlass zu zurückhaltenden Prognosen. Was das Anlegervertrauen angeht, so wirkt die Finanzmarktkrise, die teilweise nach wie vor noch nicht überwunden ist, im Bewusstsein der Anleger fort.

Diesem negativen Umfeld kann sich auch die genossenschaftliche Finanzgruppe trotz ihrer risikoaversen Ausrichtung und nachhaltigen Orientierung als Akteur an den Finanzmärkten und Anbieter von Wertpapierdienstleistungen nicht voll entziehen. Große Verantwortung liegt bei den Kundenberatern der einzelnen Institute.

Sie trifft die Aufgabe, im direkten Kundenkontakt und durch das Festhalten an einer bedarfsorientierten Betreuung und Beratung verlorenes Vertrauen bei den Anlegern zurückzugewinnen. Transaktionsbanken im Wertpapierservice können in dieser Situation indirekt durch vertriebsunterstützende Maßnahmen, wie ausgefeilte Reportingtools, eine zuverlässige Nachhandelsbearbeitung oder erweiterte Leistungen zur Unterstützung gesetzlicher und aufsichtsrechtlicher Anforderungen technische und prozessuale Hilfestellung bieten.

Gesteigerte Online-Affinität: Doch auch unabhängig von der Finanzkrise wandelt sich das Anlegerverhalten. Zweifellos weist die nachwachsende Generation der Privatinvestoren eine höhere Online-Affinität auf. Es steigt die Zahl derer, die auch ohne klassische Beratung eigene Anlageentscheidungen treffen und webbasiert umsetzen.

Die Änderungen betreffen natürlich auch das Informationsverhalten. So zeichnet sich ein Trend ab, dass Privatanleger nicht nur eigenständig online handeln, sondern sich auch aus unterschiedlichen Quellen bedienen, die nicht nur die klassischen Massenmedien umfassen.

Social-Media- und Web-2.0-Angebote

Social-Media- und Web-2.0-Angebote gewinnen zusehends an Bedeutung, um sich einen Überblick über Investment-Entscheidungen zu verschaffen und sich über Erfahrungen auszutauschen. Für Wert-papierservice-Provider bedeutet dies, auch an dieser Stelle Endkunden-orientierte Services in Zusammenarbeit mit den Rechenzentralen und Spitzeninstituten vorzuhalten. Dies reicht von technischen Aspekten, beispielsweise dem Angebot zeitgemäßer Online-Brokerage-Funktionalitäten, der Implementierung marktführender Orderfunktionalitäten über die prozessuale Unterstützung bei der zügigen Umsetzung neuer Kundenanforderungen und der schnellen Bearbeitung von Orders, bis hin zur Bereitstellung von Tools zur Marktanalyse.

Erhöhte Volatilitäten: Schließlich stellen die Begleiterscheinungen der Finanzkrise selbst eine Herausforderung für Wertpapierabwickler dar. Denn die Märkte reagieren volatiler und die Lasten auf den IT-Systemen schwanken spürbar. Gerade in diesen Phasen muss die deutsche Finanzwirtschaft auf eine starke technische Marktinfrastruktur zurückgreifen können, um auch in akuten Krisenzeiten immer handlungsfähig zu bleiben. Hier gilt es, stabile Plattformen zur Verfügung zu stellen, die ein hohes Maß an Erfüllungssicherheit und Skalierbarkeit aufweisen.

Der kritische Prozess in der Wertpapierabwicklung ist dabei das Orderrouting. Bei der DWP-Bank sichert ein redundantes Orderrouting (ROR), das gleichzeitig über zwei getrennte Zugänge zur Börse verfügt, permanent den Durchfluss der erfassten Wertpapiergeschäfte ab. Damit können bei einem Ausfall des Primärsystems oder bei Leitungsstörungen durch Dritte die Aufträge an die Märkte weitergeleitet und verarbeitet werden.

Eine Reaktion der Regierungen auf die Finanzmarktkrise war die Überprüfung der regulatorischen Anforderungen. Erklärte Ziele sind, die Stabilität des Finanzsystems und den Anlegerschutz zu erhöhen. Beispiele für aktuelle Gesetzesinitiativen sind dabei auf nationaler Ebene das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (AnsFuG) und die Revision der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) auf Ebene der EU.

Regulation als Treiber für die Bündelung

Im ökonomischen Verständnis geht es dabei unter anderem darum, die positiven Wirkungen zur Stärkung des Anlegervertrauens den damit verknüpften Belastungen für die Kreditwirtschaft in der Umsetzung der Anforderungen gegenüberzustellen. Denn nicht zuletzt besteht eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe der Banken darin, über das Wertpapiergeschäft eine Refinanzierung der Wirtschaft zu erleichtern sowie den privaten Vermögensaufbau und die Altersvorsorge zu forcieren. Entscheidend bleibt deshalb eine Regulation mit Augenmaß.

Ein geeigneter Umsetzungsansatz ist die Bündelung der Aufwände. In der Vergangenheit hat sich eine bei der DWP-Bank gebündelte Umsetzung sich ändernder regulatorischer Anforderungen an das Wertpapiergeschäft bewährt. Kosten für die einzelnen Institute werden so reduziert, die Attraktivität dieser Anlageform für die Anleger bleibt erhalten. Im Falle des AnsFuG geschieht dies beispielsweise durch die systemseitige Bereitstellung von Produktinformationsblättern.

Seit Einführung der Abgeltungsteuer hat die Bank jedes Jahr mit hohen Investitionen die jeweiligen Nachbesserungen implementiert. In laufenden Richtlinien- und Gesetzgebungsverfahren unterstützt sie ihre Kunden mit einer aktiven Interessensvertretung auf nationaler und europäischer Ebene im Sinne marktgerechter Lösungen (Abbildung 2).

Target-2-Securities als Treiber

Die Regulation auf europäischer Ebene bietet auch Chancen: Denn EU-Initiativen zielen zumeist auf eine Harmonisierung unterschiedlicher Vorgaben und Vorschriften in den Mitgliedstaaten ab. Ist die europäische Landkarte der Wertpapierabwicklung derzeit noch sowohl durch heterogene Prozesse und durch unterschiedliche gesetzliche Regelungen gekennzeichnet, werden sich die Rahmenbedingungen durch eine zunehmende Harmonisierung langfristig annähern, durch unterschiedliche steuerliche Regelungen jedoch weiterhin unterscheiden.

Ein interessanter Treiber für eine solche Entwicklung ist das Vorhaben Target-[2]-Securities (T2S) als eine einheitliche, integrierte Plattform für das Settlement in Zentralbankgeld. Eine solche Angleichung der Voraussetzungen für das Wertpapiergeschäft könnte aufgrund der besseren Standardisierbarkeit von Leistungsangeboten auch für Wertpapierabwickler den Schritt ins Ausland lohnenswert erscheinen lassen. Aus Sicht der genossenschaftlichen Finanzgruppe hat es der verbundeigene Zahlungsverkehrsspezialist mit seinen zugleich deutschen und niederländischen Wurzeln vorgemacht. Auch die DWP-Bank prüft derzeit mit einem niederländischen Partner, der KAS Bank, ob der Schritt ins europäische Ausland ökonomisch sinnvoll ist.

Arbeitsteilung als zukunftsorientierte Antwort

Die genossenschaftliche Idee und ihre arbeitsteilige Umsetzung im Verbundgedanken bietet mehr denn je die passende Antwort auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen aus einer sich stetig wandelnden Börsen- und Bankenlandschaft. Die DWP-Bank trägt mit ihrer Verankerung in den beiden Verbünden der deutschen Kreditwirtschaft dazu bei, diese Idee in Deutschland und Europa weiictkerlznu.ent

Noch keine Bewertungen vorhanden


X