Aufsätze

Assetklassen und Inflation - Vermögenssicherung über den langen Zeitraum

Seit Notenbanken weltweit geldpolitisch immer aggressiver werden, um die Folgen der jüngsten Finanzkrise zu bekämpfen, hat das Thema "Vermögenssicherung gegen Inflationsrisiken" für private und institutionelle Anleger wieder an Bedeutung gewonnen. Dies war in den 25 Jahren vor dem Sichtbarwerden der Staatsschuldenkrise, die aus der Finanzkrise befeuert wurde, anders. Inflationsgefahren waren seit Beginn der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts in den entwickelten Ländern aus dem Blickfeld der Investoren verschwunden, nachdem die wichtigsten Notenbanken sich dem Ziel der (weitgehenden) Preisniveaustabilität verschrieben hatten, internationaler Wettbewerb laufend auf Produktionskosten und Preise drückte, und das Ziel von annähernder Geldwertstabilität (oft definiert als Geldentwertungsrate von rund 2 Prozent p.a., die unter dem Aspekt Geldillusion als akzeptabel gilt) in der Regel erreicht wurde.

Beunruhigendes geldpolitisches Umfeld

Aus Anlegersicht ist das aktuelle geldpolitische Umfeld beunruhigend. Die aggressive Zinssenkungspolitik, die am kurzen Ende zu negativen Realzinsen führt, die verschiedenen Formen des "Quantitative Easing" speziell in den USA, durch die Liquidität in den Markt gepumpt wird, um auch die langfristigen Zinsen nach unten zu drücken, und das allgemeine Niveau der offenen und verdeckten Staatsschulden lösen Besorgnis aus. Drohende Finanzrepression, Ausweitung der Geldbasis und Verwischung der Grenzen zwischen Geldpolitik und Staatsfinanzierung lassen befürchten, dass Anlegervermögen künftig zwischen negativen Realzinsen und Entwertung des Kapitalstocks zerrieben werden könnte. Dass mit höheren Inflationsraten der Realwert der Staatsschulden sinkt, ist Ursache und Effekt, aber kein Trost.

Es ist allerdings nicht so, dass der Zug in Richtung höhere Inflationsraten bereits abgefahren ist. Transmissionsmechanismen zwischen Ausweitung der Geldbasis und Anstieg des allgemeinen Preisniveaus sind lang und kompliziert. Ein wichtiger Zwischenschritt, die Kreditschöpfung durch die Geschäftsbanken, ist derzeit weltweit noch ein retardierendes Element. Auch von der Realwirtschaft, das heißt von Rohstoffpreisen oder Löhnen, geht bislang noch keine Inflationsgefahr aus. Zudem sind viele Regierungen insbesondere in Europa auf Konsolidierungskurs, sodass von dieser Seite auch kein Inflationsdruck zu erwarten ist.

Deshalb erscheint es plausibel, dass die expansive Geldpolitik vorerst allenfalls zu steigenden Preisen von realen Assets führt. Aus Sicht der Notenbanken ist dies erwünscht, denn höheres Vermögen erfreut Anleger, ermutigt höhere Konsumausgaben und hilft der Wirtschaft aus der Stagnation. Als Folgen einer geplatzten Assetblase das Aufpumpen einer neuen Blase zuzulassen, während günstiges Geld Staatshaushaltskonsolidierungen und der Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften Zeit gibt, ist momentan alternativlos. Wie lange der Status quo hält, ist gleichwohl ungewiss; deshalb ist es wichtig, das Inflationsrisiko im Auge zu behalten und geeignete Vorkehrungen zu treffen, aber die eigene Anlagestrategie nicht schon jetzt so zu gestalten, als ob eine beschleunigte Geldentwertung eine "beschlossene Sache" wäre. Inflationsschutz kostet nicht zuletzt Performance-Chancen und sollte daher auf das notwendige Maß begrenzt bleiben.

Inflation nicht gleich Inflation

Um die Frage nach Inflationsschutz beantworten zu können, ist zunächst zu klären, um welche Art der Inflation es sich handelt: Handelt es sich um ein lokales (das heißt auf Land oder Währungsraum begrenztes) oder um ein globales Phänomen? Ein Beispiel für eine lokale Inflation wäre eine Entwertung des Euro aufgrund einer expansiven Geldpolitik der EZB im Zuge ihrer Bemühungen, den Währungsraum zusammenzuhalten. Unglücklicherweise wirken die Mechanismen der Saldenverrechnung im Rahmen des Target-2-Systems einseitig expansiv, das heißt eine Geldschöpfung in Ländern mit einem Zahlungsbilanzdefizit wird nicht durch eine symmetrische Geldmengenkontraktion in den Überschussländern kompensiert, wie Thomas Mayer in seinem jüngsten Buch detailliert ausführt. Auch innerhalb eines Währungsraums können die Inflationsraten divergieren. Eines der Probleme, die den Euro an den Rand des Auseinanderfallens brachten, waren die höheren Inflations- und Lohnsteigerungsraten in den europäischen Peripherieländern im Vergleich zu den stabileren Kernländern.

Vor einer lokal begrenzten Preisentwertung kann sich der Anleger durch die Investition in andere, stabilere Währungsräume schützen, wenn auch um den Preis eines eigentlich nicht erwünschten Währungsrisikos. Da die stabilere Fremdwährung aber in der Tendenz gegenüber der heimischen Währung aufwerten wird, wäre das (ungewisse) Währungsrisiko dem (sicheren) Inflationsrisiko im Heimatland vorzuziehen.

Ist die Geldentwertung angebots- oder nachfrageseitig verursacht (Cost Push versus Demand Pull)? Aus Anlegersicht ist eine angebotsbedingte Inflation, zum Beispiel aufgrund einer Rohstoffverknappung (Ölpreisschock) oder drastisch steigender Löhne in der Tendenz negativer zu bewerten als eine durch einen starken Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage bewirkte Geldentwertung. In dem einen Fall geht es um die inflationsvermittelte Umverteilung von Ressourcen, im zweiten Fall eher um die unerwünschten Nebenwirkungen einer prinzipiell positiv einzuschätzenden Belebung der Wirtschaftstätigkeit.

Sinnvoller Grad an Inflationsschutz gesucht

Wie hoch ist das Tempo der Geldentwertung? Eine Verdoppelung der jährlichen Inflationsrate von den derzeit üblichen 1,5 bis 2,5 Prozent auf 3 bis 5 Prozent ist natürlich weniger problematisch als zweistellige Inflationsraten. Letztere erodieren nicht nur alle nominalen Vermögenswerte im Zeitraffertempo, sondern verzerren auch die relativen Preise deutlich stärker und schädigen damit die Realwirtschaft. Ähnliches gilt für hohe, aber im Zeitverlauf stabile Inflationsraten im Vergleich zu einer sich immer stärker beschleunigenden Geldentwertung. Bei immer weiter steigenden Inflationsraten wird es schwer sein, inflationssichere Vermögenswerte zu identifizieren; Schuldenmachen ist dann die einzige Rettung. Zusätzliche Komplexität erfährt das Thema durch die Frage des "Sich-Fortsetzens" inflationärer Schocks, das deutlich über einen Anfangs-Inflationsimpuls hinausgehende Konsequenzen haben kann.

Sowohl bei privaten als auch bei institutionellen Investoren sind die individuellen Verhältnisse zu bedenken, um den sinnvollen Grad des Inflationsschutzes zu bestimmen. Bei privaten Anlegern sind dies insbesondere Lebensalter, Vermögensumfang und geplante Entnahmen. Für junge Anleger mit typischerweise geringem Vermögen ist Inflationsschutz nur von untergeordneter Bedeutung, da das wichtigste "Asset", die eigene Arbeitskraft, dazu tendiert, im Preis mit der Inflation zu steigen. Zudem gibt es nur wenige Vermögenswerte, deren wertmäßige Absicherung nötig ist. Die selbstgenutzte Wohnimmobilie, deren Erwerb oft auf die Berufsausbildung folgt und damit den wichtigsten Vermögenswert darstellt, kann in bestimmten Phasen auch einen gewissen Inflationsschutz bieten. Dies gilt verstärkt für kreditfinanzierte Wohnimmobilien, vorausgesetzt, die Zinsbindung ist hinreichend lang. Ruheständler, die von ihren Ersparnissen leben, sollten dem Thema Inflationsschutz dagegen wesentlich mehr Aufmerksamkeit widmen, denn die Kombination aus Geldentwertung und (inflationsbedingt steigenden) Entnahmen kann das Realvermögen schnell zusammenschrumpfen lassen.

Welche Assetklassen bieten den besten Inflationsschutz? Grundsätzlich gilt: Die unter dem Aspekt "Inflationsschutz" optimale Assetklasse gibt es nicht. Weder lässt sich eine Assetklasse als "Inflationsgewinner" identifizieren, noch gibt es eine Assetklasse, die konsistent über alle Zeiträume einen perfekten Inflationsschutz bietet. Beim Inflationsschutz sind zudem die impliziten Kosten zu beachten, also etwa Performance-Einbußen aufgrund einer geänderten Portfoliostruktur (Übersicht).

Aktien: Aktien sind unter dem Aspekt des Inflationsschutzes als Assetklasse mit Vorsicht zu genießen. Nach Untersuchungen von Alliance Bernstein haben US-Aktien im Zeitraum 1965 bis 2009 für jeden Prozentpunkt Geldentwertung 2,4 Prozent verloren und damit kaum besser abgeschnitten als 20-jährige US-Treasuries (minus 3,1 Prozent). Andere Studien kommen mit anderen Statistiken auf bessere Ergebnisse. Diese uneinheitliche Entwicklung zeigt, dass der Auswahl der "richtigen" Aktien besondere Bedeutung zukommt.

Aktien und Inflation

In der Theorie werden Aktien von Inflation auf gegenläufige Weise berührt: Positiv zum einen, weil Unternehmen in inflationären Phasen Preiserhöhungsspielräume haben, die zu höheren Margen führen. Insbesondere dann, wenn die Löhne im Fall einer "Demand pull"-Inflation nicht mit der Inflation Schritt halten, zum Beispiel in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit. Bei einer "Cost Push"-Inflation, die von steigenden Löhnen ausgelöst wird, kann es sein, dass die Produktpreise nicht mit dem Kostenanstieg mithalten können, was zu sinkenden Margen, Gewinnen und Aktienkursen führt. Positiv zum anderen, weil Substanzvermögen der Unternehmen im Preis getrieben wird. Negativ wirkt sich die Inflation auf die Aktienkurse aus, weil mit steigenden Inflationsraten auch die (nominalen) Zinssätze steigen, mit denen die zukünftigen (höheren) Gewinne abdiskontiert werden, um den Unternehmens- beziehungsweise Eigenkapitalwert zu bestimmen. Anders formuliert: Die Kapitalkosten sind inflationsbedingt höher und das reduziert den Wert des Unternehmens und den Wert des im Aktienkurs repräsentierten Eigenkapitals.

Empirische Untersuchungen (siehe Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook 2012) deuten darauf hin, dass zu niedrige (weniger als 2 Prozent p.a.) und zu hohe Inflationsraten (mehr als 4 Prozent p.a.) sich ungünstig auf die Bewertungsmultiplikatoren der Aktien auswirken. Leicht erhöhte Inflationsraten im Bereich von 2 bis 4 Prozent p.a. wirken sich dagegen günstig aus. Zu beachten ist, dass die Assetklasse Aktien unter dem Inflationsaspekt nicht homogen ist. Höhere Inflationsraten können zu einer stärkeren Differenzierung zwischen den Unter nehmen führen, da die relative Preisentwicklung stärker auseinander läuft. Erfahrungsgemäß sind Güterpreise nach unten weniger elastisch als nach oben - die Unternehmen sind sich bewusst, dass einmal gesenkte Preise in der Regel kaum wieder angepasst werden können und halten sich daher mit Preissenkungen zurück. Daraus folgt, dass sich die relativen Preise bei niedrigen Inflationsraten weniger stark auseinanderentwickeln als bei höheren Raten.

Feld für die fundamentale Aktienanalyse

Für die Anleger kommt es daher darauf an, in Aktien von Unternehmen mit Preissetzungsmacht (Pricing Power) zu investieren. Hier tut sich ein weites Feld für die fundamentale Aktienanalyse auf. Pricing Power ist kein klar definiertes, einfach anwendbares Auswahlkriterium. Marktanteile, Markenstärke, preisunempfindliche Kunden, Innovationsvorsprünge oder strukturelle Angebotsengpässe können neben anderen Faktoren eine Rolle spielen. Aktien von Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung, global aufgestellte Markenartikler, Luxusgüterhersteller oder Produzenten strukturell knapper Rohstoffe verdienen unter dem Aspekt des Inflationsschutzes sicherlich eine genauere Betrachtung.

Inflationsgesicherte Anleihen unterschiedlicher Laufzeiten: Mit inflationsgesicherten Anleihen verschiedener Laufzeiten können die Anleger sowohl ihre Kasseposition (Real Cash) als auch ihre langfristigen Zinseinkünfte (Real Bonds) vor der Geldentwertung schützen. Über die längerfristige Performance inflationsgesicherter Anleihen lassen sich nur mit Einschränkungen belastbare Aussagen treffen, da es diese Anlageinstrumente erst seit den achtziger (Großbritannien) beziehungsweise neunziger Jahren (vor allem USA) des letzten Jahrhunderts gibt.1) Die Datenreihen sind somit nur recht kurz und leiden zudem darunter, dass in diesem Zeitraum die Inflationsraten vergleichsweise niedrig waren, sodass es keinen richtigen Härtetest für diese Art des Inflationsschutzes gab. Laut Alliance Bernstein haben inflationsgesicherte Anleihen in den USA im Zeitraum 1965 bis 2009 für jedes Prozent Geldentwertung 0,8 Prozent an Wert gewonnen, das heißt der Inflationsschutz war hoch, aber nicht perfekt.

Als theoretische Vorteile inflationsgesicherter Anleihen sind zu nennen: Zum einen garantieren sie eine reale Verzinsung, das heißt sie eliminieren das Inflationsrisiko.2) Des Weiteren haben sie eine geringe Korrelation zu traditionellen Assets, das heißt, sie eignen sich zur Diversifizierung. Zudem weisen sie eine vergleichsweise geringe Volatilität auf, da Realzinsen üblicherweise weniger stark schwanken als Nominalzinsen.

Abgesehen von den derzeit unattraktiven Konditionen - der Anleger "sichert" sich negative Realzinsen, was nur für sehr risikoscheue Investoren attraktiv sein dürfte - sind inflationsgesicherte Anleihen dem Risiko steigender Realzinsen ausgesetzt. Die Realzinsen scheinen leicht positiv mit der Inflationsrate korreliert zu sein, möglicherweise aufgrund einer höheren, volatilitätsbedingten Risikoprämie. Der Anleger ist auch dem Risiko einer falschen oder möglicherweise zu gering ausgewiesenen Inflationsrate ausgesetzt. Preisindizes werden von Staaten bereit gestellt und zwar genau von denen, die sich mit Hilfe inflationsgesicherter Bonds verschulden.

Einen gewissen Inflationsschutz bieten Anleihen mit variablem Zinssatz (Floater). Bekanntlich wird hier der Zinssatz periodisch an das Marktzinsniveau angepasst, wobei die Inflationsrate beziehungsweise die Inflationserwartungen Einfluss auf den Marktzins haben (sollten). Der Inflationsschutz bezieht sich jedoch nur auf die laufenden Zinszahlungen, nicht auf den ursprünglichen Anlagebetrag. Da der Investor somit am Ende der Laufzeit nur den Nominalwert (und nicht, wie bei den inflationsgesicherten Anleihen, den Realwert) seiner Investition zurückerhält, ist der Inflationsschutz bei derartigen Floatern unvollständig. Andererseits ist der Anleger hier, anders als bei den inflationsgesicherten Anleihen, auch gegen Veränderungen des Realzinsniveaus geschützt.

Immobilien: Immobilien werden traditionell von vielen Anlegern als besonders wirksamer Inflationsschutz betrachtet. In Deutschland speist sich diese Ansicht aus den Erfahrungen der sechziger und siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts, als die teilweise zweistelligen jährlichen Geldentwertungsraten noch von den Immobilienpreissteigerungen übertroffen wurden und viele private Vermögen mit Hilfe kreditfinanzierter Immobilieninvestitionen geschaffen wurden. Die These von der inflationsschützenden Wirkung von Immobilieninvestments ist allerdings nur bedingt richtig. Der Gesamtertrag einer Immobilie ergibt sich aus der laufenden Mietrendite (die jedoch keine Nettorendite, sondern eine EBITDA-Rendite ist) und der Wertentwicklung des Objekts. Die Preise von Immobilien haben ein ausgeprägtes Eigenleben und sind von der konkreten Angebots- und Nachfragekonstellation abhängig. Die Verfügbarkeit von Bauland, die Regelungen zum Mietrecht, das Kreditzinsniveau sowie demografische Faktoren, insbesondere Haushaltsgründungen (die wiederum von der allgemeinen Wirtschaftslage beeinflusst werden), sind von größter Bedeutung.

Es ist auch irreführend, vom lokalen, regionalen oder nationalen Immobilienmarkt zu sprechen: Für die Wertentwicklung spielt die Mikrolage einer Immobilie eine entscheidende Rolle, sodass der Anleger üblicherweise einem Einzelrisiko ausgesetzt ist, unabhängig von der inflationsschützenden Wirkung der Assetklasse per se. Zudem kann die Entwicklung der Immobilienpreise in Irland, Spanien oder Großbritannien in den letzten 15 Jahren kaum mit der Inflationsentwicklung in den jeweiligen Ländern in Zusammenhang gebracht werden.

Vermögensrisiko

Der jüngst wichtigste Übertragungsmechanismus zwischen Geldentwertung und Immobilienpreisentwicklung war die Auswirkung der Inflation auf die realen Kreditzinsen. Niedrige beziehungsweise negative reale Kreditzinsen, wie es sie bis zur Finanzkrise in vielen europäischen Peripherieländern gab, weil das an der Wirtschaftslage im gesamten Euro-Raum orientierte Zinsniveau von der lokalen Geldentwertungsrate übertroffen wurde, waren in Zusammenhang mit hoher Kreditverfügbarkeit mitentscheidende Ursachen für die Immobilienblase in diesen Ländern. Der mit dem Platzen der Spekulationsblase einher gehende Immobilienpreisverfall zeigt deutlich das mit dieser Art von "Inflationsschutz" verbundene Vermögensrisiko, zusätzlich gehebelt durch aggressive Kreditfinanzierungsquoten.

Rohstoffe: Rohstoffe werden ihrer Rolle als klassischer Hedge gegen steigende Inflationsraten überwiegend gerecht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Inflation von einer Verknappung der Ressourcen angetrieben wird (Cost Push). Bekanntestes Beispiel sind die beiden Ölpreiskrisen der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Aus Anlegersicht ist zu unterscheiden zwischen einem Investment in physische Rohstoffe und einem Investment in Aktien von rohstoffproduzierenden Unternehmen. Der physische Erwerb im eigentlichen Sinne scheidet aus praktischen Gründen (Lagerhaltung, Logistik) für die meisten Privatanleger und für viele institutionelle Investoren von vornherein aus. Die Verbreitung von ETFs hat in den letzten Jahren Privatanlegern erstmals die Möglichkeit zu direkten Rohstoffinvestments eröffnet, wobei derartige Engagements auch unter dem Aspekt des Emittenten-Risikos zu prüfen sind. Rohstoffindizes umfassen üblicherweise ein sehr breites Spektrum an Rohstoffen und erlauben häufig keine Differenzierung zwischen mehr oder weniger attraktiv einzuschätzenden Waren. Rohstoff-Futures zeichnen sich dadurch aus, dass ein erheblicher Teil der Performance von Rollgewinnen oder Rollverlusten bei der Prolongierung der jeweiligen Position bestimmt wird; in den letzten Jahren dominierten die Verluste. Gemeinsam ist allen diesen "physischen" Anlageformen, dass sie keine laufenden Erträge abwerfen.

Aktien von Rohstoffunternehmen werfen dagegen laufende Erträge ab. Sie sind häufig volatiler als die Preise der von dem Unternehmen hergestellten Rohstoffe, weil die Unternehmensgewinne von den Produktpreisen stark gehebelt werden. Der Anleger erwirbt nicht nur eine Exponiertheit zur Preisbewegung des Rohstoffes, sondern auch zu den unternehmensindividuellen Stärken und Schwächen, was die Analyse natürlich komplizierter macht. Hervorzuheben ist auch, dass viele rohstoffproduzierende Unternehmen in den letzten Jahren selbst einem starken Preisdruck im Hinblick auf ihre Vorprodukte ausgesetzt waren, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Margenpotenzial.

Fehlender Zinsertrag bei Gold

Wie bei vielen anderen Assetklassen ist es auch bei Rohstoffen sinnvoll, zwischen den verschiedenen Kategorien zu unterscheiden. Strategisch knappe, weil von strukturellen Angebotsengpässen gekennzeichnete, Rohstoffe (zum Beispiel Kupfer, Eisenerz) erscheinen dabei grundsätzlich interessanter als Erzeugnisse, deren Produktion ausweitbar ist (viele Agrarrohstoffe). Der Inflationsschutz, den ein Investment in globale Rohstoffanlagen verspricht, stellt sich allerdings nur dann ein, wenn auch die Inflation ein globales Phänomen ist. Einer Geldentwertung, die nur auf ein Land oder einen Währungsraum begrenzt ist, kann auf diese Weise nicht entgegengewirkt werden. Inflationsschutz wird dann allenfalls der mit einem Rohstoffinvestment verbundene Wechsel der Währungseinheit (zum Beispiel aus dem Euro in USD-denominierte Rohstoffe oder Aktien) bringen.

Gold: Seit Jahrtausenden eher als Instrument der Wertaufbewahrung als industrieller Rohstoff bewährt, ist Gold neben Immobilien und Rohstoffen für viele Anleger der bevorzugte Inflationsschutz. Seinen Hauptnachteil, keine Zinsen abzuwerfen, teilt es zudem derzeit mit vielen anderen Assetklassen, die ein weniger attraktives Äußeres besitzen und überdies (anders als Gold) der Gefahr der politischen Einflussnahme unterworfen sind. Unter Anlagegesichtspunkten ist der fehlende Zinsertrag allerdings nur einer von zwei wesentlichen Nachteilen von Gold als Assetklasse. Das andere Problem ist das Fehlen eines rational nachvollziehbaren Mechanismus' zur Bestimmung des Goldpreises. Bei vielen Rohstoffen geben die Grenzkosten der Produktion einen brauchbaren Hinweis auf einen "vernünftigen" Preis - bei Gold liegen diese Grenzkosten derzeit bei weit über 500 US-Dollar/Unze, was allerdings deutlich weniger als die Hälfte des aktuellen Marktpreises darstellt.

Der Angebotsseite einer laufenden jährlichen Goldproduktion von gut 2 800 Tonnen (im Wert von 160 Milliarden US-Dollar steht laut Warren Buffett ein Goldbestand von 170 000 Tonnen (im Wert von mehr als neun Billionen US-Dollar) gegenüber. Der akkumulierte Goldbestand übertrifft damit die laufende Produktion um den Faktor 60. Bereits geringfügige Umschichtungen des Bestands können daher massive, "fundamental" nicht erklärbare Bewegungen des Goldpreises auslösen. Auf der Nachfrageseite ist das Bild nicht weniger kompliziert. Die Schmucknachfrage der Goldkäufer ist stark preissensitiv. Wie sieht es mit der Nachfrage der (Finanz-)Anleger aus? Diese speist sich letztlich aus der Erwartung, dass es zukünftig andere Finanzanleger gibt, die bereit sind (aus Inflationsangst oder aus anderen Gründen), einen gleichen oder höheren Preis zu zahlen, wie Warren Buffett meint, dessen Steigerungsrate mit der Inflation Schritt hält. Derartige Überlegungen mögen zu einer Momentumgetriebenen Trading-Strategie ermutigen, mit Inflationsschutz für langfristig orientierte Anleger haben sie nicht viel zu tun.

Goldhaltung kann in verschiedenen Formen geschehen, zum Beispiel als Recht oder in physischer Form. In durch scharfe Inflation ausgelösten Krisenzeiten stehen diese Formen vor unterschiedlichen Herausforderungen: Durchsetzbarkeit des Rechts, Counterparty Risiken beziehungsweise Verwahrungskosten. Gold in physischer Form mag eine Rolle als Krisen-, Notfall- oder Katastrophenversicherung spielen (bei allen nichtfinanziellen Risiken, die mit physischem Goldbesitz einhergehen), der Inflationsschutz ist nicht unmittelbar.

Grundlage für konkrete Anlagepolitik

Diese Einzelbetrachtung der wirtschaftlichen Grundlagen des Zusammenhangs von Inflation und Assetklassen muss der erste logische Schritt der Zusammenstellung einer Anlagepolitik für Anleger sein, nachdem man deren "Inflationsschutz"-Bedürfnisse festgestellt hat. Dann knüpft sich einerseits die statistische Überprüfung der Zusammenstellung von Portfolios an, die von der Instabilität von Korrelationszusammenhängen und der Schwierigkeit der Schätzung von künftigen Einkünften der verschiedenen Assetklassen unter dem Eindruck von Inflation überlagert wird. Schließlich wäre andererseits eine Betrachtung sicher nicht vollständig, wenn sie nicht diese Portfolio-Betrachtung in einen Asset-Liability-Kontext für den jeweiligen Anleger stellen würde.

Quellen

Frank J. Fabozzi, Steven V. Mann: The Handbook of Fixed Income Securities, Eighth Edition, 2011.

Warren Buffett's Letters to Berkshire Shareholders, February 25, 2012.

Alliance Bernstein: Deflating Inflation: Redefining the Inflation-Resistant Portfolio, April 2010. Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook 2012, February 2012.

Thomas Mayer: "Europe's Unfinished Currency: The Political Economics of the Euro", 2012.

Fußnoten

1) Wichtigste Emittenten von inflationsgesicherten Anleihen sind die Regierungen der USA und Großbritanniens. Die 1997 erstmals aufgelegten TIPS (Treasury Inflation-Protected Securities) des US-Schatzamtes haben inzwischen ein Volumen von mehr als 500 Milliarden US-Dollar erreicht.

2) Die Mechanik der Inflationssicherung orientiert sich am Modell der US-TIPS: Der ursprüngliche Anlagebetrag wird jährlich mit der Inflationsrate aufgezinst, sodass der Investor am Ende der Laufzeit nicht den eingesetzten Nominal-Betrag, sondern den Realwert seines ursprünglichen Investments zurückerhält.

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