URALT UND DOCH PUTZMUNTER

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Wenn der Alte Fritz das noch erleben könnte! "Sein" Pfandbrief zeigt auch 250 Jahre nach dem Erlass keinerlei Ermüdungserscheinungen, im Gegenteil: Die Anziehungskraft des ältesten deutschen Kapitalmarktinstruments ist ungebrochen. Weltweit hat der Pfandbrief Nachahmer gefunden, die Orderbücher sind - unabhängig von der EZB - regelmäßig deutlich überzeichnet und last, but not least, die Anzahl der Emittenten ist so hoch wie nie zuvor. Inmitten einer von Konsolidierung geprägten Bankenlandschaft hat sich die Schar der Pfandbriefnutzer in den vergangenen 15 Jahren auf heute 82 Institute fast verdoppelt. Die klassischen Spezialisten, für die der Pfandbrief das Hauptrefinanzierungsinstrument war und ist, sind etwas weniger geworden, dafür stieg im Gegenzug die Zahl typischer Einlageninstitute, die den Pfandbrief als strategisch wichtige, weil vor allem fristenkongruente Ergänzung nutzen.

Anfängliche Befürchtungen, wonach infolge der Abschaffung des Hypothekenbankgesetzes (HBG) die hohen Qualitätsstandards des Pfandbriefs verwässert werden könnten, bewahrheiteten sich indes nicht. Dafür Sorge tragen zum einen die im Pfandbriefgesetz gestellten Anforderungen, die im Kern genauso restriktiv sind wie im alten HBG. Und zum anderen liegt es eben auch im ureigenen Interesse der vielen Neuankömmlinge, nicht den geringsten Zweifel an der Erhabenheit des Produkts aufkommen zu lassen. Als Folge dessen bietet sich beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) ein Bild mit Seltenheitswert in der bekanntlich nicht immer streitfreien Welt der Verbände: Alle 50 Mitglieder ziehen an einem Strang, um sich auch künftig möglichst günstig refinanzieren zu können.

Und diese günstige Refinanzierungsquelle erweist sich gerade in den heutigen Zeiten als echtes Ass im Ärmel. Denn so kooperativ die Zusammenarbeit bei der Fortentwicklung des Pfandbriefs abläuft, so hart ist der Wettbewerb im Aktivgeschäft. Altbekannte Akteure haben ihre Aktivitäten wieder hochgefahren, hinzukommen neue Spieler, mitunter auch von außerhalb der Bankenwelt. So drängen vermehrt Versicherungen und Pensionskassen auf den Markt und decken dabei mitunter Bereiche (insbesondere im Nachrang) ab, die von Banken aus regulatorischen Gründen oftmals nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Konditionen angeboten werden können. Inwieweit dies im Sinne der Finanzstabilität ist, sei dahingestellt, schließlich werden etwaige Systemrisiken dadurch nicht abgebaut, sondern lediglich auf andere - und zudem unerfahrenere - Akteure verlagert. Die Auswirkungen des intensiven Wettbewerbs sind massiv, das belegt beispielsweise die Margenentwicklung im Neugeschäft für gewerbliche Bestandsimmobilien in Deutschland: Laut BF.direkt AG lag diese Ende 2013 bei 184,8 Basispunkten, fünf Jahre später konnten dafür nur mehr 122 Basispunkte eingestrichen werden - ein Ertragsrückgang von rund einem Drittel. Solche Geschäfte machen wohl nur noch bei großen Volumina Sinn. Und im Rahmen dieser Strategie, sprich dem Margenverfall mittels Volumenausweitung halbwegs entgegenzuwirken, scheint man - anders als vielleicht in der privaten Wohnungsbaufinanzierung - zunehmend an Grenzen zu stoßen. So stagnieren die jährlichen Darlehensneuzusagen der vdp-Mitglieder für Gewerbeimmobilien (In- und Ausland) seit 2016 mehr oder weniger bei rund 70 Milliarden Euro.

Möglicherweise hält sich das ein oder andere Haus aber bereits bewusst zurück, getreu dem Motto: Lieber kein Geschäft als unrentables - und darüber hinaus womöglich zu riskantes - Geschäft. Auch hier spielt der Pfandbrief im Übrigen eine nicht unerhebliche Rolle, wirken doch die (inzwischen wohl sogar zu) strengen Vorgaben bei der Beleihungswertermittlung bremsend auf den Risikoappetit der Banken. Verlockende, gleichwohl riskantere Auswege aus dem Renditedilemma wie Auslandsmärkte und Projektentwicklungen werden ebenfalls weiter sehr behutsam beschritten. Und schließlich wurden die nicht zuletzt dank geringer Risikovorsorge sprudelnden Gewinne vergangener Jahre intensiv genutzt, um die Kapitaldecken für potenzielle Abschwünge zu stärken.

Man muss sich grundsätzlich also keine Sorgen um die Immobilienbanken machen. Vermutlich wird die Branchenlandschaft aber trotzdem weiteren Veränderungen unterworfen sein. Neben dem anhaltend hohen Wettbewerb sprechen dafür die nicht geringer werdenden regulatorischen Belastungen - insbesondere durch Basel IV und den Output-Floor - sowie die noch nicht gänzlich absehbaren Folgen der Digitalisierung. Letzteres Thema steht bei allen Instituten inzwischen weit oben auf der Prioritätenliste: Kundenportale werden etabliert und Prozesse rund um den Daten- und Dokumentenaustausch effizienter gestaltet. Erste Initiativen setzen sich darüber hinaus mit dem digitalen Plattformgedanken auseinander. Ob solche virtuellen Marktplätze bei Gewerbeimmobilienfinanzierungen allerdings tatsächlich das Potenzial haben, dieses bislang klassische "People's Business" zu revolutionieren, werden erst die kommenden Jahre zeigen.

In der wie auch immer gearteten Zukunft lässt sich am Ende nur eines mit Gewissheit sagen: Der Pfandbrief wird der Branche als sichere, starke und unverzichtbare Konstante erhalten bleiben.

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