BITTE MEHR ALS NUR SCHWARZ-WEISS

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Die "jecke Zeit" ist seit dem 5. März offiziell wieder vorbei. Zum Glück, wird so mancher denken. Denn die fünfte Jahreszeit förderte auch heuer wieder einiges an schrillen und teils lächerlichen Diskussionen zutage. Man denke nur an AKKs Fastnachtswitz oder die vermeintlich rassistischen Indianerkostüme kleiner Kinder. Während es um diese Themen relativ schnell wieder ruhig wurde, will eine weitere närrische Debatte einfach nicht zur Ruhe kommen: Über das Für und Wider einer Enteignung privater Wohnungskonzerne wird weiter gestritten und unlängst sind dabei auch noch die letzten marktwirtschaftlichen Hemmungen über Bord geworfen worden. Überzeugen konnten sich davon Mitte März zu bester Sendezeit über 2,6 Millionen Zuschauer bei Frank Plasbergs "hart aber fair": Nonchalant forderte Linken-Parteivorständin Lucy Redler, Deutsche Wohnen & Co. nicht nur zu enteignen, sondern dies am besten auch noch zu einem symbolischen Preis von nur einem Euro zu tun. Eine völlig abstruse Form von nach öffentlicher Aufmerksamkeit heischendem Wunschdenken, die glücklicherweise immer noch vor jedem deutschen Gericht krachend scheitern würde.

Unsanft auf den Boden der Tatsachen wurden die Befürworter eines solchen Szenarios jetzt ausgerechnet von dem in Teilen mit der Initiative sympathisierenden Berliner Senat zurückgeholt. Dieser hat in einem Faktencheck ermittelt, dass sich die realistisch anzusetzenden Entschädigungskosten für die laut Initiative "vergesellschaftungsreifen" 243 000 Wohnungen in der Hauptstadt in einer Spanne zwischen 28,8 und 36 Milliarden Euro (ohne Nebenkosten) bewegen würden. Laut GdW könnten für das Geld zwischen 167 000 und 214 000 neue Wohnungen gebaut werden - das entspricht in etwa dem selbst gesteckten Ziel des Senats von 200 000 zusätzlichen Wohneinheiten in Berlin bis 2030.

Dass man mit bloßem Schwarz-Weiß-Denken den komplexen Zusammenhängen am deutschen Wohnungsmarkt nicht genüge tut, offenbart auch der Blick auf die Eigentümerstruktur hiesiger Mietwohnungen. Wie Savills jüngst analysiert hat, befinden sich etwa zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland im Eigentum von Privatpersonen. Ein weiteres Fünftel gehört der öffentlichen Hand und Genossenschaften. Auf die vermeintlich "bösen" Immobilien-AGs, Immobilienfonds und ähnliche privatwirtschaftliche Unternehmen entfallen damit nur etwa 2,7 Millionen Mietwohnungen beziehungsweise rund 13 Prozent. Logische Anschlussfrage: Wäre es da nicht konsequent, auch die privaten Vermieter zu enteignen?

Dann: Das IW Köln hat im vergangenen Jahr bereits zum zweiten Mal festgestellt, dass viele kommunale Wohnungsgesellschaften längst zu ähnlichen Konditionen wie die private Konkurrenz, also mitunter große, ehemals öffentliche Wohnungsgesellschaften, vermieten. Infolgedessen steigen die Mietumsätze auch bei den öffentlichen Bestandshaltern seit Jahren kräftig, ähnliches gilt für die Profitabilität. Und selbst wenn unterhalb des Marktniveaus angeboten wird, profitieren laut IW Köln davon nur zu einem geringen Teil bedürftige Haushalte: In Berlin etwa verfügen demnach nur 16,9 Prozent der Mieter kommunaler Wohnungen über ein Einkommen von weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens, während über 20 Prozent mehr als 120 Prozent des mittleren Einkommens verdienen.

Eine wichtige Erkenntnis lässt sich aus der überaus emotional geführten Debatte aber nichtsdestoweniger ableiten: Das Wohnen zur Miete sorgt, ausgerechnet im "Land der Mieter", mittlerweile für reichlich Frust. Vermutlich deshalb träumen viele Deutsche aktuellen Umfragen zufolge wieder sehr intensiv vom Sprung in die eigenen vier Wände, wie viele der Beiträge in der traditionellen "Bausparkassen-Ausgabe" der I & F in diesem Jahr zeigen. Aber trotz der historisch niedrigen Bauzinsen fällt es breiten Einkommensschichten immer schwerer, sich diesen Traum zu erfüllen. Das verdeutlicht die seit Jahren stagnierende beziehungsweise für einzelne Altersgruppen sogar rückläufige Wohneigentumsquote (siehe auch Beitrag Hertweck). Ein alarmierender Befund, gerade wenn man bedenkt, dass die EZB eisern an ihrer ruinösen Nullzinspolitik festhält und damit Millionen Sparern die klassischen Formen des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge verwehrt.

Erfreulicherweise erreicht die Brisanz des Themas nun endlich auch die Bundespolitik: Mit dem Baukindergeld existiert erstmals seit Abschaffung der Eigenheimzulage im Jahr 2006 wieder eine staatliche Subvention im Bereich Wohneigentum. Darüber hinaus sollen zeitnah die hoffnungslos in die Jahre gekommenen Einkommensgrenzen der Wohnungsbauprämie angepasst werden. Gut so, denn das Instrument setzt an der gerade für jüngere Haushalte entscheidenden Hürde der Eigenkapitalbildung an. Wenn es jetzt noch gelänge, die Bremsen in der Baulandpolitik zu lösen und sich auf einen aktuell diskutierten Freibetrag für Ersterwerber bei der Grunderwerbsteuer zu einigen, hätte man ein stimmiges Paket zur Entlastung der Wohnungsmärkte geschnürt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X