PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

"DIE STEIGENDE NAMENSDIFFERENZIERUNG STELLT FÜR SEHR GUT GERATETE INSTITUTE EINEN WETTBEWERBSVORTEIL HER"

Bodo Winkler-Viti, Foto: Berlin Hyp AG

Am 4. Juli 2007, also fast auf den Tag genau vor 15 Jahren, emittierte die Europäische Investitionsbank EIB mit ihrem "Climate Awareness Bond" die weltweit erste grüne Anleihe. Der Tag gilt vielen als Geburtsstunde der Produktkategorie "Green Bonds", die sich seitdem zu einer eigenständigen Assetklasse am Anleihemarkt etabliert hat. Mit Blick auf die Gruppe der europäischen Geschäftsbanken ist die Berlin Hyp der mit Abstand aktivste Akteur in diesem Segment. Wie es dazu kam, diskutiert ihr Head of Funding, Bodo Winkler-Viti, neben vielen weiteren Themen im folgenden Interview mit "Immobilien & Finanzierung". Red.

Grüner Hypothekenpfandbrief, Green Senior Preferred beziehungsweise Non-Preferred Bonds, Sustainability-Linked Bond und zuletzt auch noch die Emission eines sozialen Hypothekenpfandbriefs: Hat die Berlin Hyp damit alle bis dato denkbaren nachhaltigen Refinanzierungsprodukte im Angebot?

Seit der Emission des ersten grünen Pfandbriefs im April 2015 hat sich der Auftritt der Berlin Hyp mit ESG-Produkten am Kapitalmarkt stetig weiterentwickelt. Wir können inzwischen Anleihen unter drei unterschiedlichen Rahmenwerken, sogenannten Frameworks, emittieren. Im Einzelnen sind dies unser Green Bond Framework, das Sustainability-Linked Bond Framework und seit Mai dieses Jahres erstmals ein Social Bond Framework.

Alle diese Frameworks setzen jeweils den Rahmen für die Ausgestaltung der darunter zu emittierenden ESG-Anleihen. Dabei war es uns immer wichtig, dass sowohl gedeckte wie auch ungedeckte Anleiheformate möglich sind. Während wir bereits als Green Bonds ausgestaltete Hypothekenpfandbriefe und Senior-Produkte begeben haben, steht unter dem Sustainability-Linked Bond Framework bislang nur eine Senior-Preferred-Benchmarkanleihe und unter dem Social Bond Framework nur ein Hypothekenpfandbrief in Benchmarkgröße aus. In beiden Fällen könnten in der Zukunft auch die jeweils noch fehlenden Produktklassen begeben werden.

Nach unserem Kenntnisstand hat zwar bislang keine andere europäische Geschäftsbank Bonds in drei verschiedenen ESG-Anleihekategorien begeben. Das heißt aber nicht, dass die Berlin Hyp damit alle bis dato denkbaren ESG-Refinanzierungsprodukte abdeckt. So begeben wir keine Sustainability Bonds, also Anleihen, deren Emissionserlös sowohl für Klimaschutzals auch soziale Projekte verwendet werden. Wir bevorzugen den klar abgegrenzten Use of Proceeds, also für Klimaschutzprojekte durch Green Bonds und für soziale Projekte durch unsere Social Bonds.

Was waren die Beweggründe für die Auflage eines sozialen Pfandbrief-Programms? Hätten diese nicht genauso gut unter dem bestehenden grünen "Deckmantel" platziert werden können?

Seit jeher beschäftigen wir uns in unserem Green Bond Framework auch mit Fragen, die nicht unmittelbar mit dem Klimaschutz zu tun haben. So wurden bereits 2016 Ausschlusskriterien für die Nutzung grüner Gebäude definiert, um weitere Nachhaltigkeitsaspekte einzubeziehen. So dürfen solche Green Buildings nicht für die Herstellung von Waffen, Pestiziden oder Ähnliches genutzt werden. Mit der Anpassung des Green Bond Frameworks an die EU-Taxonomie wurden zudem deren Minimum Social Safeguards aufgenommen. Hiermit wird unter Verweis auf die entsprechenden Richtlinien der OECD und UN sichergestellt, dass es beim Bau eines Gebäudes oder bei dessen Renovierung nicht zu Menschenrechts- oder Arbeitsrechtsverstößen kommt.

Soziale Funktionen der von uns finanzierten Immobilien selbst haben wir hingegeben bislang nicht gefördert. Diese Lücke haben wir mit dem Social Bond Framework nun geschlossen und leisten damit einen Beitrag zur Bekämpfung eines der bedeutenden sozialen Probleme unserer Zeit: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und die dadurch beförderte gesellschaftliche Spaltung. Als bedeutender Finanzierer der Wohnungswirtschaft haben wir eine Möglichkeit, die Investition in Gebäude mit bezahlbaren Wohnungen attraktiver zu gestalten. Diese Chance wollten wir mit unserem neuen Social Bond Framework - und in naher Zukunft auch mit sozialen Darlehensprodukten - nutzen.

Als etablierter Green-Bond-Emittent gilt für uns allerdings der Grundsatz, dass nur solche Projekte sozialverträglich sind, die nicht gleitzeitig dem Klima schaden. Unser Social Bond Framework sieht deshalb einen grünen "Hygienefaktor" vor, weil es nur solche Wohngebäude als förderfähig erlaubt, die in Bezug auf ihre Energieeffizienz zu den besten 70 Prozent des nationalen Bestands gehören. Das ist deutlich entfernt von den Anforderungen, die wir unter unserem Green Bond Framework stellen und macht auch das Spannungsfeld deutlich, in dem Banken sich bewegen, wenn sie sowohl das E als auch das S in ESG adressieren wollen.

Wie viel "soziale Deckungsmasse" ist denn ungefähr vorhanden? Darf man sich auf regelmäßige Benchmark-Auftritte von der Berlin Hyp gefasst machen?

Das Social Finance Portfolio der Berlin Hyp umfasst aktuell Darlehen zur Finanzierung von Wohngebäuden in Deutschland und in den Niederlanden über 2,1 Milliarden Euro. Davon sind 1,7 Milliarden Euro Teil des Hypothekendeckungsstocks. Nachdem unsere Debutemissionen eines sozialen Pfandbriefs mit 750 Millionen Euro ob der überwältigenden Nachfrage etwas größer ausgefallen ist als ursprünglich geplant, erlaubt allein der vorhandene Bestand an geeigneten sozialen Assets zwei weitere Benchmarkemissionen. Außerdem ist es das Ziel der Bank, das Social Finance Portfolio auszubauen. Neben Neugeschäft in der Finanzierung bezahlbaren Wohnraums könnte solches Wachstum sich zusätzlich aus der Identifizierung weiterer sozialer Projektkategorien speisen.

Wer sind die grundsätzlich von Ihnen präferierten Käufer bei ESG-Emissionen? Gibt es eine Art "Allokationsrichtlinie"?

Der beim Emittenten entstehende Aufwand für die Emission von ESG-Bonds ist deutlich größer als der für die Emission von konventionellen Anleihen derselben Assetklasse. Daher ist es uns wichtig, dass unsere Emissionen bei Investoren allokiert werden, die diesen Aufwand wertschätzen. Dies sind in erster Linie solche Anleger, die ihrerseits über grüne oder soziale Mandate verfügen oder aber sich selbst ehrgeizige Nachhaltigkeitsziele gesetzt haben.

Dabei kann es sich um Asset Manager, Bank-Treasuries, Versicherungen, öffentliche Institutionen oder sonstige Einrichtungen mit nachhaltigem Fokus handeln. In vielen Fällen verfügen diese Investoren über eigene ESG-Expertenteams, die uns regelmäßig Feedback über unsere Produkte geben und so dazu beitragen, dass wir sie kontinuierlich weiterentwickeln und dadurch selbst immer besser werden können.

Mit allein 15 Green Bonds im Benchmark-Format seit 2015 ist Ihr Haus der mit Abstand aktivste Emittent aus der Gruppe der europäischen Geschäftsbanken. Wundert es Sie manchmal, dass viele Wettbewerber diesbezüglich noch nicht so richtig in Fahrt gekommen sind?

Der Markt entwickelt sich äußerst dynamisch und viele Banken tragen aktiv dazu bei. Als wir 2015 unseren ersten grünen Pfandbrief begeben haben, war das nicht nur der erste grüne Covered Bond weltweit sondern gleichzeitig auch die erste grüne Euro-denominierte Benchmarktransaktion einer Geschäftsbank überhaupt. Insgesamt wurden 2015 Green Bonds in einem Gesamtvolumen von gerade einmal 46 Milliarden US-Dollar begeben. Hingegen lag das Neuemissionsvolumen im vergangenen Jahr mehr als zehnmal so hoch bei 509 Milliarden US-Dollar. Zu diesem Wachstum haben Kreditinstitute eine Menge beigetragen. Mit 137 Milliarden US-Dollar waren sie 2021 die zweitgrößte Emittentengruppe am Green-Bond-Markt überhaupt.

Wird der ESG-Zug vielleicht erst jetzt richtig an Fahrt aufnehmen, da die EZB ihre Anleihekäufe drosselt? Und wird im Zuge dessen nicht auch so langsam aber sicher das vielzitierte Argument "Greenium" schlagend?

Senior-Unsecured-Anleihen von Banken sind zu keinem Zeitpunkt Bestandteil eines der EZB-Ankaufprogramme gewesen. Deshalb haben viele Banken-Emittenten ihre ESG-Bond-Aktivitäten auf ungedeckte Refinanzierungsinstrumente fokussiert. Hier wink te ihnen der größere Vorteil gegenüber der Emission von konventionellen Anleihen, da der Preisfindungsprozess nicht von der Order eines Investors beeinträchtigt wurde, der keine Unterscheidung zwischen konventionellen und ESG-Anleihen machte.

Die größeren Orderbücher für grüne und auch soziale Anleihen verhalfen den Emittenten bereits vor einigen Jahren zu einer höheren Exekutionssicherheit und damit auch zur Herausbildung eines Greeniums im Primär- und im Sekundärmarkt. Neben der Tatsache, dass die Preisfindung bei Covered-Bond-Emissionen durch die großen und nicht-ESG-sensiblen Orders der EZB verzerrt wurde, erschwerten auch die engen Spread-Levels bei gedeckten Emissionen lange Zeit die Etablierung eines Greeniums. Dies scheint sich aktuell zu ändern und sollte dazu führen, dass mehr Banken auch Covered Bonds unter ihren ESG-Frameworks emittieren. Inzwischen gibt es bereits 51 ESG-Covered-Bond-Emittenten - Tendenz weiter steigend.

Um die Transformation des Gebäudesektors zu unterstützen, hat sich Ihr Haus kurzfristig sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. So will die Bank bis Ende 2023 100 Prozent Transparenz über die Energieeffizienz der von ihr finanzierten Gebäude erlangen und die daraus resultierenden Klimarisiken bis Ende 2025 bestimmen. Zudem soll bis 2025 der Green-Building-Anteil am gesamten Darlehensportfolio bei einem Drittel liegen und 40 Prozent des Fundingmix aus ESG-Refinanzierungsinstrumenten stammen. Wie kommt die Berlin Hyp diesbezüglich voran?

Bei allen drei von Ihnen genannten Nachhaltigkeitszielen kommt die Berlin Hyp bislang gut voran. Die Transparenzquote konnte im Jahr 2021 von 26 auf 44 Prozent der finanzierten Fläche gesteigert werden. Gleichzeitig sind bereits 27 Prozent unseres Darlehensportfolios grün und der Anteil von ESG-Refinanzierungsinstrumenten an unserem Fundingmix lag im Mai 2022 bei 28 Prozent. Da uns nunmehr mit Green Bonds, Social Bonds und Sustainability-Linked Bonds drei verschiedene ESG-Produktarten zur Verfügung stehen, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir das 40-Prozent-Ziel 2025 erreichen können, auch wenn es ambitioniert ist.

Die größte Herausforderung lauert bestimmt bei der Erreichung der 100-prozentigen Transparenzquote. Während die Einholung von Energieausweisen, Energiebedarfsberechnungen und Nachhaltigkeitszertifikaten fest in den Neugeschäftsprozess der Berlin Hyp integriert ist, bedarf es hinsichtlich des Bestands der Unterstützung durch unsere Kunden.

Sie haben zudem im Januar 2022 die Neufassung Ihres Green Bond Frameworks veröffentlicht, mithilfe dessen den Anforderungen der EU-Taxonomie an Gebäude und Bauvorhaben Rechnung getragen werden soll. Hand aufs Herz: Wie mühsam, ja frustrierend ist ein solches Unterfangen?

Der Veröffentlichung des überarbeiteten Green Bond Frameworks ging ein mehr als halbjähriger Vorbereitungsprozess voran, an dem die unterschiedlichsten Bereiche der Bank beteiligt waren. Dies war auch nötig, denn es ging ja um nichts Geringeres als die Anforderungen der EU-Taxonomie an Gebäude- und Bauaktivitäten in unserem eigenen Rahmenwerk zu verankern, die notwendigen Nachweise für die Taxonomie-Konformität zu bestimmen und sinnvolle Taxonomie-Fragebögen für unsere Immobilienkunden zu entwickeln.

Wichtig war in diesem Zusammenhang auch, dass die Bank zeitgleich erstmals ein Sustainable Finance Framework erstellt hat, in dem die korrespondierenden Aktivprodukte definiert werden. Namentlich sind dies unser Energieeffizienz-Kredit, der Taxonomie-Kredit und der Transformationskredit. Durch die parallelen Arbeiten an beiden Rahmenwerken wurde sichergestellt, dass sie auf demselben Fundament aufbauen und identische Anforderungen an förderfähige grüne Assets stellen.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Natürlich war die Übersetzung der Taxonomie-Anforderungskriterien - und damit meinen wir bei der Berlin Hyp sowohl die technischen Überprüfungskriterien als auch die sogenannten Do-no-significant-harm-Kriterien sowie die sozialen Mindestanforderungen - in unsere eigenen Rahmenwerke eine gewaltige Aufgabe. Als Berlin Hyp haben wir allerdings einige Vorteile gegenüber anderen Marktteilnehmern: Zum einen haben wir nur ein Kerngeschäft, die gewerbliche Immobilienfinanzierung. Damit sind für uns viel weniger Anforderungskriterien aus der EU-Taxonomie relevant als beispielsweise für Universalbanken. Zum anderen haben wir bereits über Jahre hinweg Know-how in Sachen ESG, Sustainable Finance, Green Bonds et cetera über die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb der Bank hinweg aufgebaut. Das kam uns nun natürlich zugute.

Was hat die Neufassung des Frameworks für Ihr Haus denn konkret ergeben? Wie viel Ihres pfandbriefrelevanten Aktivgeschäfts erfüllt die Anforderungen? Ist es weniger als unter den bis dato am Markt etablierten Standards?

Das Green Bond Framework der Berlin Hyp bietet einen Bestandsschutz für bereits vorhandene förderfähige grüne Assets. Grüne Aktiva müssen die an sie gestellten Anforderungen der Version unseres Green Bond Frameworks erfüllen, die zum Zeitpunkt ihrer Herauslegung gültig waren, um dem Green Finance Portfolio der Bank zugerechnet werden zu können. Das neue Green Bond Framework richtet sich somit an das Neugeschäft nach dem Januar 2022.

Es stellt die neuen Taxonomie-Anforderungen neben die seit Jahren etablierten und immer wieder an den neuesten Stand angepassten Energieeffizienzkriterien und definiert einen Pfad zum vollständigen Ersatz letzterer durch die Anforderungen der Taxonomie. Da wir um die Komplexität und den Anspruch der neuen Anforderungskriterien wissen, streben wir für 2022 lediglich einen Anteil Taxonomie-konformen grünen Neugeschäfts von 5 Prozent an unserem gesamten grünen Neugeschäft an. Dieser Anteil soll dann bis Ende 2025 immer größer werden und ab 2026 100 Prozent des grünen Neugeschäfts ausmachen.

Ein weiteres regulatorisches Mammutprojekt ist bekanntlich der EU-Green-Bond-Standard: Was genau impliziert dieser für einen Pfandbriefemittenten wie die Berlin Hyp?

Bei der Neufassung unseres Green Bond Frameworks haben wir darauf geachtet, alle bereits bekannten Elemente des künftigen EU-Green-Bond-Standards aufzunehmen. Aus rein formaler Sicht baut er auf dem im Markt etablierten, freiwilligen Standard, den Green Bond Principles der ICMA, auf. Diese erfüllt die Berlin Hyp bereits seit der Emission ihres ersten grünen Pfandbriefs. Natürlich kommen darüber hinaus neue Anforderungen auf uns zu, etwa im Rahmen der Veröffentlichungspflichten oder definierter Zeiträume, innerhalb derer Informationen zur externen Verifizierung übergeben werden müssen. Wir sind hier aber sehr zuversichtlich, dass dies machbar sein wird.

Sehr interessant wird die Frage, wie die finale Fassung des EU-Green-Bond-Standards mit dem Grandfathering grüner Assets von Emittenten umgehen wird, die den Portfolioansatz verfolgen. Diese Frage ist für alle Emittenten grüner Covered Bonds bedeutsam, da die letztjährige Entwurfsfassung hierfür nur fünf Jahre vorsieht im Falle der Änderung der Anforderungskriterien der EU-Taxonomie. Inhaltlich basiert der EU-Green-Bond-Standard auf der EU-Taxonomie. Wer deren Anforderungen in seinem grünen Finanzierungsgeschäft gänzlich erfüllt, steht in jedem Fall gut da. Allerdings wird aktuell im Rahmen der Trilog-Verhandlungen auch diskutiert, ob es nicht am Anfang ausreicht, wenn nur ein großer Anteil - zur Debatte stehen 80 Prozent - der Emissionserlöse in vollständig Taxonomie-konforme Assets allokiert werden. Zusammenfassend sehen wir bei der Berlin Hyp uns als gut gewappnet für den EU-Green-Bond-Standard an.

Wie würden Sie grundsätzlich die aktuellen Rahmenbedingungen an den für die Berlin Hyp relevanten Refinanzierungsmärkten charakterisieren? Bereiten Ihnen die hartnäckig hohe Inflation gepaart mit einer sich langsam abzeichnenden Zinswende Sorgen?

Die vergangenen Jahre waren von Niedrigstund Negativzinsen geprägt, von Zinssenkungen, solange es noch einen Zins zum Absenken gab und von unkonventionellen Maßnahmen des Quantitative Easings durch die Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks. Zu letzteren zählen die diversen Ankaufprogramme, in der Eurozone vor allem das APP (allgemeines Ankaufprogramm) und das PEPP (Pandemie-Notfallankaufprogramm), aber auch andere Instrumente wie etwa der TLTRO 3. Gemeinsam haben sie die Zinsen niedrig gehalten, die Risikodifferenzierung in Bezug auf vergleichbare Produkte unterschiedlicher Emittenten minimiert und die zu entrichtenden Risikoprämien gering gehalten. Diese Zeit ist spätestens mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, gepaart mit einer kräftig anziehenden Inflation auf Preissteigerungsraten, wie wir sie hierzulande seit mehr als 40 Jahren nicht erlebt haben, sowie anhaltenden globalen Lieferkettenstörungen zu Ende. Die EZB hat das Ende ihrer Nettoanleiheankäufe für Ende Juni und erste Leitzinserhöhung für den Folgemonat angekündigt.

Der Markt preist indes schon seit einiger Zeit mindestens vier Zinsschritte noch in diesem Jahr ein. Die vielen gleichzeitigen Herausforderungen und ihre Auswirkungen auf Staaten, Banken und Unternehmen haben zudem eine Auswirkung auf die Spreads, also die Risikoaufschläge, die Emittenten bei einer Emission entrichten müssen. Insbesondere bei ungedeckten Anleiheprodukten haben sich diese seit Februar 2022 stark ausgeweitet und machen die Refinanzierung damit teurer. Dieser Effekt ist umso stärker, je schlechter das Rating des Emittenten ist. Die steigende Namensdifferenzierung stellt für sehr gut geratete Institute wie die Berlin Hyp, die zudem von ihrer festen Verankerung in der Sparkassen-Finanzgruppe profitiert, einen Wettbewerbsvorteil wieder her, der zwischenzeitlich durch die Eingriffe der Zentralbank nivelliert worden war. Ebenfalls eine steigende Namensdifferenzierung, wenn auch in viel geringerem Ausmaß, ist am Covered-Bond-Markt zu beobachten, der seine Robustheit in den vergangenen Monaten einmal mehr unter Beweis gestellt hat. So wurden in den ersten fünf Monaten 2022 mit mehr als 100 Milliarden Euro bereits mehr Covered Bonds emittiert als im gesamten Jahr 2021 und auch 2020. Ein Grund zur Sorge besteht vor diesem Hintergrund für die Refinanzierung derzeit nicht.

Bei unbesicherten Bankanleihen waren die Spread-Ausweitungen in den vergangenen Monaten deutlich prägnanter als bei Covered Bonds. Wird sich infolgedessen Ihr Refinanzierungsschwerpunkt (noch/wieder) stärker auf das gedeckte Anleihesegment richten?

Nein, die Berlin Hyp refinanziert sich ausschließlich über den Kapitalmarkt. Da der Pfandbrief aufgrund seiner besonderen Sicherheitsmerkmale die mit Abstand günstigste Refinanzierungsquelle darstellt, wird seit Gründung der Bank vor mehr als 150 Jahren alles über Pfandbriefe refinanziert, was deckungsstockfähig ist. Eine weitere Ausdehnung der gedeckten Refinanzierung zulasten anderer Fundinginstrumente ist somit nicht möglich.

Ein wichtiges Argument für die LBBW im Zuge der Übernahme der Berlin Hyp bestand ja darin, die eigene Expertise rund um das Thema Nachhaltigkeit zu stärken. Wie genau profitiert die Mutter davon im Bereich Funding?

Im Bereich der nachhaltigen Refinanzierungsprodukte ist die Berlin Hyp seit 2015 immer wieder mit erfolgreichen Produktinnovationen an den Kapitalmarkt gegangen. Diese Expertise und Innovationskraft werden wir auch künftig in unseren neuen Mutterkonzern einbringen. Denn das Ziel des Zusammenschlusses ist es, in den wesentlichen strategischen Zukunftsfeldern gemeinsam weiter zu wachsen. Beide Häuser wollen voneinander lernen und ihre Stärken künftig noch besser ausspielen.

Bodo Winkler-Viti , Leiter Funding & Investor Relations , Berlin Hyp AG, Berlin
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