PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

"NICHTGRÜNE EMISSIONEN WERDEN ZUKÜNFTIG EINEN SIGNIFIKANTEN PREISNACHTEIL HABEN"

Markus Schmidt, Foto: Sparkasse Hannover

Vor knapp 200 Jahren wurde die Sparkasse Hannover als "Spar- und Leih-Casse in der Königlichen Residenzstadt Hannover" gegründet, sie gehört damit zu den ältesten Instituten in der deutschen Sparkassengeschichte. Gleichwohl hat das Institut (beziehungsweise seine rund 1 700 Mitarbeiter) den Finger am Puls der Zeit: Vor knapp einer Dekade unterzeichneten die Hannoveraner als erste Sparkasse Deutschlands den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK), seitdem folgten viele weitere entsprechende Initiativen. So auch im Bereich der grünen Pfandbriefe: Mitte vergangenen Jahres wurde der erste grüne Pfandbrief im Volumen von 50 Millionen Euro begeben. Markus Schmidt, Abteilungsleiter Treasury bei der Sparkasse Hannover, berichtet im nachfolgenden Redaktionsgespräch über den damit verbundenen Aufwand und Ertrag sowie die grundsätzliche Bedeutung des Pfandbriefs für sein Haus. Red.

Herr Schmidt, welche Rolle spielt der Pfandbrief ganz grundsätzlich im Refinanzierungsmix der Sparkasse Hannover?

Als Sparkasse wird unser Refinanzierungsmix naturgemäß maßgeblich von unseren Kundeneinlagen dominiert. Aufgrund unseres starken Baufinanzierungs- und Kommunalkreditgeschäftes besitzt der Pfandbrief allerdings schon seit Jahren einen hohen Stellenwert als wichtigstes langfristiges Refinanzierungsinstrument.

Wie viele weitere Sparkassen ist auch die Ihre ein sehr einlagenstarkes Institut, das ihr Kreditgeschäft womöglich vollständig aus ebendiesen Kundeneinlagen refinanzieren könnte. Weshalb bedarf es da zusätzlich des Pfandbriefs, sprich was waren die wesentlichen Argumente für die Beantragung der Pfandbrieflizenzen 2008 beziehungsweise 2010?

Bei der Sparkasse Hannover gab es in der Vergangenheit längere Phasen, in denen das Volumen des Kundenkreditgeschäfts deutlich über den Kundeneinlagen lag. Diese Lücke muss ein Haus natürlich ausgleichen können. Wie bei allen Sparkassen ist unser Kreditgeschäft zudem von langen Fristigkeiten geprägt, die Kundeneinlagen sind jedoch eher kurzfristiger Natur. Dies hat sich im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre nochmals verstärkt. Der Pfandbrief bringt hier ein stabiles Element in die Refinanzierung und ist somit ein hervorragendes Instrument zur Steuerung der Liquiditätsrisiken. Hinzu kommt natürlich der Aspekt, dass die Refinanzierungskosten bei Pfandbriefen deutlich unter denen von ungedeckten Emissionen liegen.

Neben Hypothekenpfandbriefen verfügen Sie auch über ein Programm für öffentliche Pfandbriefe. Wie intensiv haben Sie davon in der jüngeren Vergangenheit noch Gebrauch gemacht? Und wie sieht diesbezüglich die mittel-bis langfristige Perspektive aus, Stichwort "Kommunalkredit"?

Wir sind seit vielen Jahren ein verlässlicher Finanzierungspartner für Kommunen und wollen das auch in der Zukunft bleiben. Gleichzeitig sind andere Akteure in den vergangenen Jahren verstärkt und teilweise sehr aggressiv in diesen Markt eingetreten. Das hat durchaus Bremsspuren in unserem öffentlichen Deckungsstock hinterlassen und der Bedarf an entsprechenden Refinanzierungen ist zurückgegangen. Im Zuge der Marktpflege sind wir hier allerdings weiterhin aktiv - wenn auch aktuell nicht mit größeren Emissionen. In der näheren Zukunft wollen wir uns zudem intensiver mit dem Thema "Social Pfandbriefe" auseinandersetzen, welche sich ja zu einem wesentlichen Teil aus kommunalen Finanzierungen speisen.

Wie groß ist das insgesamt ausstehende Pfandbriefvolumen der Sparkasse Hannover, inklusive der durchschnittlichen Laufzeiten und Emissionsgrößen?

Per 31. März haben wir öffentliche Pfandbriefe über nominal rund 700 Millionen Euro ausstehend, die nahezu alle eine Ursprungslaufzeit von zehn Jahren oder länger aufweisen. Der Umlauf an Hypothekenpfandbriefen beläuft sich derzeit auf rund 1,6 Milliarden Euro, wobei hier die Laufzeitenstruktur deutlich gleichmäßiger verteilt ist und auch den mittelfristigen Bereich bedient.

Sie emittieren sowohl Namens-, als auch Inhaberpfandbriefe. Wie verteilt sich das Bestandsvolumen auf diese beiden Varianten und nach welchen Kriterien entscheiden Sie diesbezüglich bei Neuemissionen? Und welche Investoren sind bei Ihren Pfandbriefemissionen typischerweise am aktivsten?

Wir haben signifikantes Volumen in beiden Varianten. Das ist historisch gewachsen und ist auch mit der durchaus heterogenen Investorenschaft begründet. Während Kapitalsammelstellen häufig sehr langfristige Namenspfandbriefe bevorzugen, präferieren Banken-Treasuries eher Inhaberpapiere mit Laufzeiten bis maximal zehn Jahre. Das hat auch regulatorische Gründe. Welche Variante zum Einsatz kommt, ergibt sich aus unserer mittelfristigen Liquiditätsplanung. Wir sind bestrebt, unsere Refinanzierungsstruktur ausgewogen zu gestalten. Daher fokussieren wir uns auf regelmäßige Sub-Benchmark-Emissionen, punktuell ergänzt durch kleinere Namenspfandbriefe.

Wie sieht die Zusammensetzung der Deckungspoole aus? Sind auch gewerbliche Liegenschaften darin enthalten?

Unser Hypothekendeckungsstock besteht derzeit zu etwa 82,5 Prozent aus wohnwirtschaftlich genutzten Objekten. Der gewerbliche Anteil liegt dem entsprechend bei circa 17,5 Prozent.

Haben Sie sich an den TLTRO-III-Ziehungen der jüngeren Vergangenheit beteiligt? Falls ja, in welchem Umfang und inwieweit dienten Pfandbriefe dabei als Sicherheitenstellung bei der Notenbank? Und wie hoch war unterm Strich der Nutzen daraus?

Ja, wir haben uns mit einem signifikanten Volumen an den TLTRO-Geschäften beteiligt. Pfandbriefe spielten bei der Besicherung neben anderen geeigneten Kreditforderungen eine wesentliche Rolle. Den genauen Nutzen können wir noch nicht abschließend quantifizieren, da die Geschäfte noch laufen. Allerdings fällt es mir schwer, hier von einem echten Nutzen zu sprechen. Letztlich kompensieren die Erträge aus den TLTRO-Geschäften den massiven Schaden des langen Niedrigzinsumfeldes nur zu einem überschaubaren Teil.

Der vdp beklagt bekanntlich seit Längerem, dass der Pfandbrief theoretisch noch viel mehr genutzt werden könnte, wenn nur die BelWertV nicht auf dem Stand der sechziger Jahre verharren würde. Wie sehr schränkt das Thema Ihre Emissionsaktivitäten ein?

Als regionales Kreditinstitut mit einem dynamischen und sehr granularen Baufinanzierungsgeschäft sind wir in der komfortablen Situation, dass unser Hypothekendeckungsstock deutlich stärker wächst als unser Pfandbriefumlauf. Gleichzeitig können wir die Sorgen größerer Häuser sehr gut nachvollziehen und begrüßen die Aktivitäten des vdp in Bezug auf zeitgemäße Rahmenbedingungen.

Sie haben Mitte 2021 Ihr grünes Pfandbrief-Debüt über 50 Millionen Euro gefeiert. Was waren die wesentlichen Gründe für die ja doch mit nicht unerheblichen Vorarbeiten verbundene Auflage eines solchen Programms?

Das Thema Nachhaltigkeit genießt bei der Sparkasse Hannover bereits seit vielen Jahren einen sehr hohen Stellenwert. Bereits 2013 haben wir als erste Sparkasse Deutschlands den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) unterzeichnet. Seitdem haben wir an vielen Stellen unseres Hauses intensiv daran gearbeitet, nachhaltiges Verhalten in allen Bereichen des Unternehmens fest zu verankern. Dass uns dies bislang buchstäblich "GUT" gelungen ist, beweist übrigens auch unser aktuelles Nachhaltigkeitsrating. Vor diesem Hintergrund war es konsequent, dass wir uns frühzeitig auf den Weg zum grünen Pfandbrief begeben haben. Eine stabile und nachhaltige Refinanzierung hat für uns eine hohe strategische Relevanz. Wir erwarten, dass sich ESG-Emissionen zum Standard entwickeln und die Häuser einen Nachteil haben, die hier zögerlich agieren. Aus diesem Grund wollen wir uns zeitnah auch mit dem Thema "Social Pfandbriefe" auseinandersetzen.

Wie lange war denn die Vorlaufzeit bis zur Emission 2021?

Vom Projekt-Kickoff bis zur Emission hat es rund fünf Monate gedauert. Eine intensive, aber auch äußerst spannende Zeit!

Wie wird die Sparkasse Hannover die Emissionserlöse verwenden?

Die Erlöse dienen zunächst vor allem der Refinanzierung neuer, energieeffizienter, wohnwirtschaftlich genutzter Objekte. Zukünftig werden jedoch auch energetische Sanierungen von Bestandsimmobilien einen erheblichen Stellenwert erlangen.

Waren die vom vdp konzipierten Standards für grüne Pfandbriefe eine Unterstützung im Rahmen der Erstellung Ihres "Green Bond Frameworks"?

Ja, die vdp-Standards lieferten neben den "Green Bond Principles" die wichtigsten Impulse für unser Framework.

Wo reiht sich der grüne Pfandbrief letztlich mit Blick auf die Kosten im Vergleich zu Ihren weiteren Refinanzierungsquellen ein?

Der Kostenvorteil für grüne Pfandbriefe gegenüber nicht grünen Pfandbriefen bewegt sich aktuell zwischen einem und zwei Basispunkten. Das klingt zunächst nicht viel, jedoch wächst der Vorteil mit dem Bestand. Außerdem rechnen wir damit, dass nicht grüne Emissionen zukünftig einen signifikanten Preisnachteil haben werden. Daher ist der grüne Pfandbrief unter Kostengesichtspunkten das attraktivste langfristige Refinanzierungsinstrument.

Wie sehen die weiteren Emissionsplanungen diesbezüglich aus?

Unser aktueller Bestand an geeigneten grünen Deckungswerten würde uns noch weitere nennenswerte grüne Emissionen erlauben. Das Volumen wächst zudem kontinuierlich über unser Neugeschäft. Den Altbestand zusätzlich auf Eignung zu überprüfen, ist allerdings sehr aufwendig und ist daher nicht im Fokus. Unsere mittelfristige Planung sieht mehrere Sub-Benchmark-Emissionen vor. Diese würden wir natürlich gerne als grüne Pfandbriefe ausgestalten und arbeiten hart darauf hin.

Sie haben die Erweiterung der nachhaltigen Produktpalette um den Faktor "Soziales" angerissen. Können Sie etwas konkreter werden?

Aufgrund unseres starken Kommunalkreditgeschäfts und unseren Verbindungen zu entsprechenden Wohnungsbauunternehmen ist die Erweiterung unserer Refinanzierung um einen "sozialen" Baustein ein logischer Schritt. Wir haben bereits erste Überlegungen angestellt, die wir in den kommenden Monaten voranbringen wollen.

Markus Schmidt , Abteilungsleiter Treasury , Sparkasse Hannover
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