INTERNATIONALES IMMOBILIENGESCHÄFT

WACHSENDE UNSICHERHEIT VERÄNDERT DIE PROJEKTFINANZIERUNG DAUERHAFT

Dr. Matthias Hubert, Foto: Pegasus Capital Partners GmbH

Die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden wirtschaftlichen Verwerfungen haben auch auf dem Immobilienfinanzierungsmarkt deutliche Spuren hinterlassen. Insbesondere Immobilienentwickler sehen sich tendenzielle mit einer zunehmend restriktiveren Fremdkapitalvergabe konfrontiert. Der Autor sieht vor diesem Hintergrund gar eine neue Ära in der Immobilienfinanzierung anbrechen und plädiert für eine flexiblere und diversifiziertere Immobilien-Projektfinanzierung. Dies erhöhe einerseits zwar die Komplexität, biete andererseits aber den gerade in Krisenzeiten unschätzbaren Vorteil resilientere Finanzierungstrukturen. Red.

Die Corona-Pandemie hat das Land nach wie vor fest im Griff. Unternehmen, Verbände, alle Wirtschaftsakteure versuchen die ökonomischen Folgen für ihr jeweiliges Geschäft abzuschätzen. So auch die Immobilienwirtschaft.

Kürzlich veröffentlichte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie1) zur Entwicklung der Wohnimmobilienpreise. Das Fazit: Trotz des heftigen Dämpfers für die allgemeine deutsche Wirtschaft, geht es dem Wohnimmobilienmarkt vergleichsweise gut. Preise und Mieten steigen weiter - zumindest in den Ballungszentren und den daran anliegenden Speckgürteln.

Das Beherbergungsgewerbe meldet Schwierigkeiten - im Angesicht von Lockdown, Reisebeschränkungen und Beherbergungsverboten wundert das nicht. Der Büromarkt reagiert gedämpft. Die Logistik kommt mindestens unbeeindruckt durch die Krise. Also alles gut soweit?

Banken mögen keine Unsicherheit

Nein. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich große Unsicherheiten über die weitere Entwicklung. Was sind die langfristigen Folgen? Darauf kann - Stand heute - niemand eine Antwort geben. Außer die, dass es unsicher ist.

Unsicherheit aber ist der Feind der Finanzierung. Banken mögen keine Unsicherheit. Und trotzdem sind wir jetzt damit konfrontiert. Und wenn uns die Corona-Pandemie etwas lehrt, dann, dass sich die Rahmenbedingungen und Parameter in sehr kurzer Zeit massiv verändern können.

Wir werden also selbst im optimalen Fall, wenn die Corona-Pandemie in absehbarer Zeit endet und die Wirtschaft wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt, mit dem Bewusstsein leben müssen, dass jederzeit ein exogener Schock die Kalkulationen gründlich durcheinander wirbeln kann.

Gefahr von existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen

Diese neue Unsicherheit hat Folgen für die Immobilienwirtschaft mit ihrer langfristigen Kapitalbindung und insbesondere auch für Projektentwicklungen, die ja besonders von den Themen Planungshorizont und Risikobewertung abhängen.

Was bedeutet die neue Unsicherheit nun also für die Finanzierung von Projektentwicklungen? Zunächst ein Blick auf die aktuellen Schwierigkeiten: Vor der Krise sah eine klassische Finanzierungsstruktur in der Projektentwicklung in der Regel eine Grundstücksfinanzierung mit einer kurzen Laufzeit von 12 bis 18 Monaten vor. Diese sollte dann von einer Hochbaufinanzierung abgelöst werden, die jedoch noch zu verhandeln wäre.

Und genau hier entstehen nun mitten in der Corona-Pandemie die Probleme. Das Analysehaus Bulwiengesa geht nach einer Umfrage2) von mindestens 20 Prozent verschobenen Projektentwicklungen aus. Ein Trend, der in der klassischen Finanzierungsstruktur zu existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen führen kann.

Vielschichtige Gründe für Verzögerungen

Die Gründe für die Verzögerungen sind dabei vielschichtig: Erstens verpassen es Projektentwickler, ihre Vorvermietungsquoten zu erfüllen - mit der Folge, dass eine sich anschließende Hochbaufinanzierung nur mit erheblichen Aufschlägen oder sogar überhaupt nicht abgeschlossen werden kann. Denn die Banken sind derzeit sehr zögerlich, nutzen ihre Kreditvergaberichtlinien oft nicht aus und arbeiten mit wesentlich niedrigeren Beleihungsausläufen. Daher droht selbst solide kalkulierten Projekten eine Krise, wenn sie nach einer Hochbaufinanzierung suchen.

Ein weiterer möglicher Punkt, an dem Projekte in die Krise geraten: Die ganze Assetklasse findet gerade keine Nachfrage. Dies ist etwa bei Hotels und Nonfood-Einzelhandel der Fall. Finanzierungspartner sehen sehr genau hin. Immer häufiger ist ihnen das Eisen zu heiß.

Und drittens: Die ohnehin langsamen Planungs- und Genehmigungsprozesse sind durch die Corona-Pandemie und vor allem durch den Lockdown noch langsamer geworden. Wichtige Termine haben sich verzögert. Projektmeilensteine wurden nicht erreicht. Die Folge: Projektfinanzierungen müssen prolongiert oder neu verhandelt werden.

Für die Zukunft gilt es, aus der Krise zu lernen

In allen drei Fällen ist jetzt ein Krisenmanagement für die betroffenen Projektentwicklungen gefragt, um die Liquidität in der schwierigen Zeit zu sichern und sie schließlich einer langfristig tragfähigen Finanzierung zuzuführen.

Für alle kommenden Projektentwicklungen gilt es, aus der Situation zu lernen. Die neue Unsicherheit muss in der Finanzierungsstruktur abgebildet werden, ansonsten setzt man die eigenen Projekte in der Zukunft einer Gefahr aus.

Projektentwickler müssen darauf eingestellt sein, dass sich innerhalb kürzester Zeit die Finanzierungskonditionen mit Auswirkung auf die Marge als auch die Finanzierungsbedingungen, etwa die Vorvermietungsquote, ändern können.

Resiliente Finanzierungsstrukturen sind gefragt

Entscheidungen bei den Banken können länger dauern oder Anforderungen an die Kreditsicherheit steigen. Die aktuell übliche Finanzierungsstruktur aus Eigenkapital und einem Senior Loan - oftmals von einer finanzierenden Bank - ist alleine häufig nicht in der Lage, diese Risiken adäquat abzubilden und zu berücksichtigen.

Die Lektion lautet also: Wir benötigen eine veränderte Finanzierungsstruktur, denn die Unwägbarkeiten durch exogene Schocks sind zu hoch, um sich in Zukunft noch einem engen Finanzierungskorsett mit zahlreichen einzuhaltenden Bedingungen zu unterwerfen. Was ist also konkret zu tun? Wie sieht die Projektfinanzierung der Zukunft aus?

Mehr Flexibilität und Diversifikation

Die Projektfinanzierung der Zukunft ist vor allem flexibler als bisher. Eine moderne Projektfinanzierung setzt auf mehr Finanzierungspartner als bislang üblich. Dies erhöht zwar die Komplexität, hat aber den Vorteil, dass im Krisenfall zum einen das Risiko selbst diversifiziert ist und zum anderen auch überhaupt mehr Partner eingebunden sind, mit denen gegebenenfalls nachverhandelt werden kann.

Dies hat den Vorteil, dass die Finanzierungskosten insgesamt nicht signifikant steigen, aber mehr Handlungsspielraum vorhanden ist. Konkret bietet es sich an, neben klassischen Pfandbriefbanken auch Sparkassen und Institute aus dem genossenschaftlichen Verbund sowie alternative Finanzierer, beispielsweise mit Zugang zu Mezzanine-Kapital, einzubinden.

Es ist ebenso wichtig, bereits zu Beginn die richtigen Eigenkapitalpartner beziehungsweise Nachrangfinanzierer auszuwählen. In diesen Prozess sollte ausreichend Energie investiert werden. Dabei zählen nicht nur die Konditionen, sondern auch die Fähigkeit des Finanzierungspartners auf unvorhergesehene Entwicklungen flexibel reagieren zu können.

Die Uhren lassen sich nicht zurückdrehen

Der Eigenkapitalgeber oder Nachrangfinanzierer sollte offen dafür sein, an einer möglichen Restrukturierung der Passivseite partnerschaftlich mitzuwirken oder - je nach Konstellation - auch eigene Expertise in ein Projekt einzubringen.

Unterm Strich kann man sagen: Die Projektfinanzierung wird sich durch Corona ändern. Vielleicht wird sie etwas teurer, vielleicht wird der Abstimmungsprozess auch etwas komplexer - sie wird aber auch diversifizierter, flexibler und stabiler werden. Und das muss sie auch sein, denn die neue Unsicherheit, die mit Corona in die Immobilienwelt gekommen ist, wird nicht einfach wieder verschwinden. Projektentwickler, aber auch Banken und alternative Finanzierer sind gut beraten, die richtigen Schlüsse aus der Pandemie zu ziehen und nicht darauf zu hoffen, dass sich die Uhren einfach zurückdrehen lassen. Wir halten dies für sehr unwahrscheinlich - gerade in der Immobilienprojektentwicklung.

Fußnoten

1) "Immobilienpreise in Deutschland steigen trotz Krise, Blasengefahr aber gering", abrufbar unter https://www.diw.de/de/diw_01.c.798670.de/immobilienpreise_in_deutschland_steigen_trotz_krise_blasengefahr_aber_gering.html.

2) "Projektentwicklerstudie 2020", abrufbar unter https://www.bulwiengesa.de/de/studien/projektentwicklerstudie-2020.

Dr. Matthias Hubert , Geschäftsführender Gesellschafter, Pegasus Capital Partners GmbH, Erlangen
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