Markt- und Objektbewertung

Die richtige Bewertung von Umschlaghallen

Abbildung 1: DHL - mechanische Zustellbasis (MechZB) in Waiblingen Quelle: RLI investors GmbH, München

Umschlaghallen stellen einen wichtigen Knotenpunkt im logistischen Netzwerk des Kurier-Express-Paket-Marktes (KEP-Markt) dar. Die Hypzert Fachgruppe Logistik*) hat sich im vorliegenden Beitrag mit dem Hallentypus Umschlaghalle und dessen Bewertung intensiv beschäftigt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die von DHL seit 2012 betriebenen, mechanisierten Zustellbasen (MechZB), gelegt. So hätten sich auch die Anforderungen an Umschlaghallen modifiziert. Die Umschlaghallen zeichneten sich immer noch durch die Vielzahl an Toren aus. In den Paketauslieferungslagern seien die Tore auf die Ladehöhe der Sprinterklasse angepasst. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Objektmerkmale von Zustellbasen der Dienstleister DHL und Hermes werden in dem Beitrag beispielhaft stichpunktartig dargestellt. Grundsätzlich sei die Nutzung einer Halle durch einen anderen Anbieter schwierig. Red.

Der KEP-Markt in Deutschland besteht aus den Marktsegmenten Kurier, Express und Paket. Der Paketmarkt, der B2C- und B2B-Sendungen umfasst, macht den größten Anteil des KEP-Marktes in Deutschland aus. Hier wird mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes erzielt. Auf den Markt für Express- und Kuriersendungen entfällt jeweils knapp ein Viertel der Umsätze. Zu den größten Paketdienstleistern in Deutschland zählen DHL, Hermes, DPD, GLS und UPS.

Das Sendungsvolumen im Paketmarkt ist im Vergleich zum Gesamtmarkt in den letzten Jahren stärker angestiegen. Der steigende Anteil der B2C-Sendungen resultiert vor allem aus dem weiterhin dynamisch wachsenden Online-Handel.

Nach Angaben des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (bevh) wurde im Jahr 2014 ein Umsatzanstieg von rund sieben Prozent verzeichnet, während der Handelsverband Deutschland-HDE e.V. für den Online-Handel sogar eine Umsatzsteigerung von 2013 auf 2014 von 17 Prozent ausweist.

Auch wenn sich die Wachstumsraten zwischenzeitlich ein wenig abgeschwächt haben, ist für die Zukunft dennoch mit einem deutlichen Zuwachs zu rechnen. Sowohl der bevh als auch der HDE erwarten einen weiteren Jahreszuwachs in einer Größenordnung von rund zehn Prozent. Seit dem Jahr 2010 hat sich der Umsatz im Online-Handel mehr als verdoppelt.

Hervorgerufen durch das stetig wachsende Volumen der Warenströme haben sich auch die Anforderungen an Umschlaghallen modifiziert. Nach wie vor werden in den Umschlaghallen Waren vorkommissioniert, angeliefert und weiter verteilt (Cross Docking). Eine Zwischenlagerung ist üblicherweise nicht vorgesehen und entsprechende Lagerflächen werden nicht vorgehalten. In modernen Hallen erfolgt die Verteilung der Waren in Abhängigkeit der bestehenden Systeme des Logistikers über vollautomatisierte Verteilmaschinen (Förderanlagen).

MechZB: Sonderform einer Umschlaghalle

Die Architektur der Hallen richtet sich nach den räumlichen Anforderungen der Förderanlagen und der Systematik der Logistiker. Die Umschlaghallen zeichnen sich immer noch durch die Vielzahl an Toren aus. In den Paketauslieferungslagern sind die Tore auf die Ladehöhe der Sprinterklasse angepasst.

Die mechanisierte Zustellbasis (MechZB) ist seit 2012 neben den Paketzentren eine weitere Logistikbasis der Deutschen Post DHL, die als bekanntester Paketdienst in Deutschland die größte Anzahl an Standorten und Paketzentren betreibt. Mechanisierte Zustellbasen verfügen über eine eingebaute Verteilanlage, die die Pakete automatisch dem richtigen Zustellbezirk zuordnet. Dieser Arbeitsschritt erfolgt in den herkömmlichen Zustellbasen noch manuell. Durch die beschleunigte automatische Sortierung können Pakete früher als bisher verladen und damit schneller an die Kunden ausgeliefert werden (Stichwort "same-day delivery"). Eine MechZB ist weitgehend modular aufgebaut und flexibel an die lokalen Anforderungen des Standortes angepasst. Die Umschlaghallen verfügen in der Regel über Stahlbetonbinder, die den Hallenbereich mit Sortieranlage und Fördertechnik überspannen. In den meisten Fällen sind die Gebäude über eine Stahl-ISO-Fassade mit einem Stahlbetonsandwichsockel ausgestattet. Bereits während der Bauzeit kann die Fördertechnik installiert werden, was zu einer deutlichen Bauzeitverkürzung führt.

Die Mobilie formt die Immobilie

Das Hallenlayout wird nach dem Prinzip "Die Mobilie formt die Immobilie" vorrangig durch die nutzerabhängige Konzeption der Sortieranlage und den logistischen Ablauf bestimmt. Hierdurch ergeben sich differenzierte Objektmerkmale, die den Einbau einer abweichenden Sortiertechnik nicht unterstützen. Eine Standortübernahme von DHL durch Hermes und umgekehrt ist daher beispielsweise als eher unwahrscheinlich anzusehen. Nachfolgend werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Objektmerkmale von Zustellbasen der Dienstleister DHL und Hermes stichpunktartig dargestellt. Abweichungen hiervon sind grundsätzlich möglich:

Grundeigenschaften

- stützenfreie Stahlbeton- oder Stahlrahmenkonstruktion

- Sandwichpaneel-Fassade

- Stahlbeton-/Stahlfaserbeton-Bodenplatte

- langgestreckter Baukörper

- hohe Anzahl an Ladetoren

Lageanforderungen

- vorzugsweise Autobahnstandorte oder gut erreichbare Stadtgebietslagen, abhängig vom Logistikkonzept/Zustellnetz. Hermes scheint hier insgesamt kompromissbereiter und wählt gegebenenfalls auch dezentralere Standorte.

DHL

- Cross-Docking Layout (zweiseitig angeordnete Ladetore)

- Hallenfläche typabhängig zirka 3000 bis 8000 Quadratmeter

- Hallenhöhe ab zirka sieben Meter UKB

- Verhältnis Toranzahl/Hallenfläche zirka 1/150

- Büroflächenanteil typabhängig zirka fünf bis zehn Prozent

- raumfüllende Sortieranlage mit zweiseitigen Rutschen

- überwiegend Sprinter-Tore mit entsprechend reduzierter Rampenhöhe

- vergleichsweise geringe Anzahl an Lkw-Toren

- meist eingeschossiger Büroanbau

- Halle umfahrbar

- Außenanlagen typabhängig mit 30 bis 40 Stellplätzen für Kleintransporter

Hermes

- kein klassisches Cross-Docking Layout (einseitige Ladetore und gegebenenfalls zusätzlich ebenerdige Giebeltore)

- Hallenfläche typabhängig zirka 3500 bis 5000 Quadratmeter NF

- Hallenhöhe < 6 m UKB

- Verhältnis Toranzahl/Hallenfläche zirka 1/130

- Büroflächenanteil typabhängig zirka acht bis neun Prozent

- Sortieranlage mit einseitigen Rutschen an der Tor abgewandten Längsseite/ hierdurch größere Kommissionierfläche

- überwiegend Lkw-Tore mit Laderampe

- vergleichsweise geringe Anzahl an Sprintertoren

- meist zweigeschossige Büros innerhalb der Halle

- Halle in der Regel nicht umfahrbar

- Außenanlagen mit höherem Stellplatzanteil für Lkw und WAB (Wechselaufbau/Wechselbrücke)

Unter "Drittverwendungsfähigkeit" wird sowohl die Eignung einer Immobilie verstanden, diese zukünftig für eine andere als die ursprünglich geplante Nutzung (Umnutzungsfähigkeit) zu verwenden, als auch das Vorhandensein eines ausreichend großen Interessenten-/Nutzerkreises innerhalb derselben Nutzung. Die baukonstruktiv und bautechnisch flexible Gestaltung einer Logistikhalle ist der wichtigste Aspekt für die zukünftige Umnutzungsfähigkeit.

Durch elementierte und modularisierte Bauweisen sowie vorhandene Reserven in der Tragstruktur, in der Bauform und in der Gebäudetechnik ist eine Anpassung des Gebäudes nach Ende der ersten Vermietungsphase am einfachsten durchführbar.

Nachnutzung ist realisierbar

Beim Logistikimmobilientyp Umschlaghalle handelt es sich generell um eine Immobilie, die auf die nutzerspezifischen Bedürfnisse des Logistikdienstleisters zugeschnitten ist. Dies trifft sowohl auf die Lage (je nach individueller Gestaltung des Verteilernetzes) als auch auf das Flächenlayout (Unterschiede in der Sortiertechnik) zu. Aufgrund der objektspezifischen Besonderheiten ist eine Nachnutzung als Umschlaghalle durch Dritte insbesondere bei Anordnung der Verladetore an den gegenüberliegenden Längsseiten der Halle realisierbar.

Die HypZert Fachgruppe Logistik hat eine Auswertung von Objektdaten zu rund 30 deutschlandweiten MechZB-Standorten von DHL vorgenommen. Objektbezogen wies das Datenmaterial eine unterschiedliche Datendichte auf. Nach der Homogenisierung und Kategorisierung der Daten wurden zu den einzelnen Kennzahlen Schwerpunkte herausgearbeitet und in einem Typenblatt zusammengefasst.

Beispielhaft abgeleitete Marktdaten

Objekte mit abweichenden Kennzahlen, Maßen und sonstigen Eigenschaften stellen sich aber in Bezug auf die Ertragskraft, Nutzungsmöglichkeit und Beleihbarkeit nicht zwangsläufig ungünstiger dar. In der vorliegenden Beispielsammlung sind ausschließlich Neubauten enthalten. Die Objekte wurden zwischen 2013 und 2016 errichtet. Sie verfügen ergänzend zur reinen Hallennutzung über eine Bürofläche zwischen 350 und 600 Quadratmeter.

Die Mietvertragslaufzeit zu den ausgewerteten Objekten beträgt einheitlich 15 Jahre. Es wurden Kaufpreise zwischen rund sechs und 18 Millionen Euro erzielt. Weitere Merkmale zur Konzeption und abgeleitete Kennzahlen sind im Typenblatt "MechZB (DHL)" zusammengefasst.

Die mietvertraglich vereinbarte Miete zu den vorliegenden Objekten wird in der Regel kostenorientiert kalkuliert und auf die Mietvertragslaufzeit abgestimmt. Sie schwankt überwiegend zwischen acht und 13 Euro pro Quadratmeter NF und wird hierbei maßgeblich durch das Bodenpreisniveau und die lagebedingten Aufwendungen für die Einhaltung lokal geforderter baurechtlicher Vorschriften (beispielsweise besondere Lärmschutzmaßnahmen) bestimmt. Bei einer Analyse des Mietvertrages ist ein besonderes Augenmerk auf die Bestandteile des Mietzinses zu legen. So kann die Nutzung der befestigten Außenflächen ebenso im Mietzins wie eine Kostenmiete für die betrieblichen Anlagen (beispielsweise Förderanlagen) inkludiert sein.

Bei einer vereinbarten Pauschalmiete wird für die Nutzung der Außenflächen (in Abhängigkeit der Objektlage und -struktur) häufig eine monatliche Miete in einer Größenordnung von 25 Euro/ Pkw-Stellplatz, 75 Euro/Lkw-Stellplatz, 50 Euro/Wechselbrückenstellplatz und 0,75 bis 0,95 Euro/m² für befestigte Außenfläche kalkuliert.

Als Abbild der aktuellen Marktsituation, die sowohl durch die Strukturänderungen und Verdichtung der Logistiknetzwerke in Folge der Entwicklungen des E-Commerce als auch durch den derzeitigen Kapitalanlagedruck bei Investmentobjekten getrieben ist, wurden Kaufpreise für die untersuchten Objekte als Vielfaches des Jahresrohertrages in einer Bandbreite vom 16- bis 19-fachen realisiert. Für diesen speziellen Gebäudetyp werden derzeit Marktwerte in einer Spanne zwischen 1 800 Euro/Quadratmeter NF bis 2 400 Euro/Quadratmeter NF ausgewertet.

*) Die Mitglieder der Fachgruppe Logistik: Tobias Balling (German Valuation Solutions), Günter Gallina (Sachverständigenbüro Gallina), Christoph Hellkötter (Sachverständigenbüro Hellkötter), Heinz Hofmann (Berlin Hyp AG), Bodo Hollung (RLI investors GmbH), Vera Howahl (TÜV SÜD ImmoWert GmbH), Jürgen Paumen (VR Wert GmbH), Peter Pfreundtner (LBImmoWert GmbH), Armin Schneider (Buschmann Immobilien Consulting GmbH), Henning Thelosen (REAG GmbH), Albrecht von Felbert (HSH Nordbank AG)

Der Autor

Reiner Lux Geschäftsführer, HypZert GmbH, Berlin

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