PRIVATE WOHNUNGSBAUFINANZIERUNG

MONETARISTISCHE ANALYSE MÖGLICHER PREISBLASENEFFEKTE AUF DEUTSCHEN WOHNIMMOBILIENMÄRKTEN

Prof. Dr. Markus Knüfermann, Foto: EBZ Business School

Die "German Inflation Angst" ist legendär und sie greift derzeit wieder einmal um sich: Nehmen die Inflationsrisiken in Deutschland tatsächlich zu? Oder machen wir uns umsonst verrückt? Der Blick auf die Teuerungsraten der vergangenen Monate lässt eher zu Ersterem tendieren und angesichts der extrem expansiven Geldpolitik kann das auch nicht wirklich verwundern. Spannend sind in diesem Kontext immer auch die Implikationen für die Immobilienmärkte: Gibt es eine Preisblase oder lässt sich die Dynamik noch immer fundamental rechtfertigen? Die Autoren ergänzen diese seit Jahren leidenschaftlich geführte Debatte um einen Diskussionsbeitrag, der mit einigen neuen Argumenten aufwartet. Red.

In Deutschland herrscht Inflation. Das Statistische Bundesamt (2021) weist für Juli 2021 eine Inflationsrate in Höhe von 3,8 Prozent aus - Tendenz steigend! Dabei lag die Inflationsrate im Dezember 2020 noch bei minus 0,3 Prozent (= Deflation). Allerdings litt Deutschland in den vergangenen Jahren häufiger unter Inflation: Im Jahr 2020 lag sie zum Jahresbeginn bei 1,7 Prozent, im Jahr davor dauerhaft auf diesem Niveau und 2018 drei Monate sogar oberhalb der 2-Prozent-Grenze.

Neues Inflationsziel verschafft EZB mehr Spielraum

Eine Inflationsrate von fast 4 Prozent ist allerdings wenig beklagenswert, wenn sie nur eine kurzfristige Erscheinung ist. Verfestigt sich die Inflation aber, dann wird sie konjunkturelle und verteilungspolitische Wirkungen besitzen. In diesem Fall müsste das Eurosystem gegensteuern. Denn das Eurosystem und damit die Deutsche Bundesbank zielten mit der Euro-Einführung zunächst auf eine dauerhafte Inflationsrate in Höhe von "unter, aber nahe 2 %"1) Seit Juli 2021 zielt das Währungssystem "auf eine Inflationsrate von mittelfristig 2 Prozent ab"2). Mit dieser Wortakrobatik verschaffte sich das Währungssystem eine Option zur Tolerierung einer positiven Inflationsrate von über 2 Prozent.

Keine Inflation ist ohnehin nicht gewünscht, um der konjunkturfeindlichen Deflation zu entschwinden. Vielmehr geht es um die Kontinuität der Inflationsrate, damit Wirtschaftssubjekte Planungssicherheit haben. Erstaunlich sind demnach aktuell nur die Geschwindigkeit der Veränderungen und die Erwartungen ihr gegenüber. Denn selbst die Deutsche Bundesbank prognostizierte eine 4-prozentige Inflationsrate erst für Ende 2021.3) Es überrascht daher nicht, dass die Deutsche Bank AG (2021) "das Risiko, dass die Inflation dauerhaft überschießt und auf längere Sicht deutlich über dem jetzigen Zielwert liegt, [jedoch] hoch genug, um die Alarmglocke zu läuten."

Die Bestimmungsgründe der Inflation liegen in der Geldmengenentwicklung. Trotzdem werden in der Öffentlichkeit immer noch die Determinanten der Inflation fälschlich in Einzelaspekten volkswirtschaftlicher Entwicklungen gesehen. So propagiert die deutsche öffentliche Landesbank Helaba, der Anstieg deutscher Inflationsraten in den ersten 2021er Monaten hätte folgende Gründe: "Zurück zu den alten Mehrwertsteuersätzen, steigende Rohstoffpreise, CO2-Bepreisung und ein höherer Mindestlohn waren dafür verantwortlich."4)

Für die deutsche Wohnungswirtschaft bedeutet diese Entwicklung zum einen eine Geldwertreduktion ihrer Mieterträge. Zum anderen werden Kreditinstitute ihre Kreditkonditionen anziehen beziehungsweise die Kreditmargen ausweiten, weil sie als Gläubiger reale Wertverluste bei den erwarteten Rückzahlungen hinnehmen müssen. Insofern werden die Kapitalkosten der Wohnungswirtschaft steigen. Damit bedroht ein weiterer Anstieg der Inflationsraten die Ertragssituation der Vermieter, schließlich können Wohnungsmieten gewöhnlich nicht zeitnah angepasst werden. Mieter sehen dabei die Kaufkraft ihrer Haushaltseinkommen schwinden - sollten sie stattdessen in der Lage sein, flächendeckend die Einkommen an die Inflationsraten anzupassen, gäbe dieser Effekt dem weiteren Anstieg der Inflationsraten den Nährboden.

So problematisch die Inflationsthematik auch ist - sie ist keinesfalls neu und auf das Jahr 2021 beschränkt. Die bislang genannte Inflationsrate basiert nämlich ausschließlich auf dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Die Beobachtung der Verbraucherpreise macht Sinn. Sie stellt aber kein Abbild der etablierten, empirisch basierten Inflationstheorie monetaristischer Schule dar. Denn gemäß der neuen Quantitätstheorie kann die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes als stabile Funktion angesehen werden, sodass die Inflationsrate gleich dem Geldmengenwachstum abzüglich der realen Wirtschaftsleistung sein muss.

Abbildung 1: Monatliche Veränderungsraten der Geldmenge M3* in Deutschland von Januar 1999 bis Juni 2020 (in Prozent) Quelle: Deutsche Bundesbank 2021b; M. Knüfermann/F. Walter.
Abbildung 1: Monatliche Veränderungsraten der Geldmenge M3* in Deutschland von Januar 1999 bis Juni 2020 (in Prozent) Quelle: Deutsche Bundesbank 2021b; M. Knüfermann/F. Walter.

Ein monetäres Phänomen

Friedman (1992) formuliert dazu: "Inflationen sind ein monetäres Phänomen. Sie entstehen dadurch, daß die Geldmenge schneller wächst als der Output (wobei es viele Gründe für die Ausweitung der Geldmenge geben kann."5) Als Gründe gelten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, den Zinsmärkten oder der Inflation selbst, die von den Regierungen forciert oder willentlich in Kauf genommen werden.6) Die Deutsche Bundesbank arbeitet bis heute im Rahmen dieser Denkschule und fasst zusammen: "Daher lautet eine seit Jahrzehnten bekannte volkswirtschaftliche Erkenntnis, dass Inflation auf lange Sicht letztlich stets und überall ein monetäres Phänomen ist (monetär = geldlich, von lat. moneta: Münzprägestätte, geprägtes Geld). Inflation hat also langfristig betrachtet immer mit Geld und der Entwicklung der Geldmenge zu tun - eine Erkenntnis, die vielfach durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt ist."7)

Im Monetarismus ist die Inflation aber nicht wie im Rechtsrahmen des Eurosystems allein auf Entwicklungen des Verbraucherpreisniveaus abgestellt. Vielmehr steht das gesamtwirtschaftliche Preisniveau im Fokus. Im Verbraucherpreisniveau sind nämlich keine Preise für Vermögenswerte wie Immobilien, Wertpapiere, Rohstoffe et cetera abgebildet - auch geschätzte Preise für selbst genutztes Wohneigentum bleiben unberücksichtigt. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch etablierte Volkswirte zur Fehlinterpretation hinreißen, "Zusammenhänge zwischen Geldmenge und Inflation gelten heute offensichtlich nicht mehr."8)

Abbildung 2: Entwicklung exemplarischer Kennzahlen zu Geldmenge, Immobilienpreisen und Wertpapierrenditen für drei Zeitfenster* (in Prozent) Quelle: M. Knüfermann/F. Walter, Berechnungen auf der Datenbasis der veröffentlichen Zahlen aus Deutsche Bundesbank 2021b.
Abbildung 2: Entwicklung exemplarischer Kennzahlen zu Geldmenge, Immobilienpreisen und Wertpapierrenditen für drei Zeitfenster* (in Prozent) Quelle: M. Knüfermann/F. Walter, Berechnungen auf der Datenbasis der veröffentlichen Zahlen aus Deutsche Bundesbank 2021b.

Sinkende Volatilität

Abbildung 1 visualisiert die monatlichen Veränderungsraten der Geldmenge M3 in Deutschland für das Zeitfenster der Währungsunion, also der Jahre von 1999 bis 2020. Diese deutsche Geldmengenentwicklung allein ist keine Basis für die Geldpolitik im Eurosystem. Das Eurosystem muss die Geldmenge im gesamten Währungsraum heranziehen. Die hier vorliegenden Preisentwicklungsanalysen beziehen sich aber ausschließlich auf die deutsche Volkswirtschaft. Daher sind auch nur die Daten für Deutschland relevant.

Zu erkennen ist in der Abbildung 1 zunächst die hohe Volatilität der Veränderungsraten mit dem Höchstwert von 12,3 Prozent im Februar 2008 und dem Tiefstwert von minus 2,5 Prozent exakt zwei Jahre später. Dazwischen pendeln die Veränderungsraten zu Beginn der Währungsunion deutlich stärker als nach der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 mit Höchstständen im Oktober 2012, Januar 2016 und Februar 2021. Die letzten veröffentlichten Werte gelten zum Zeitpunkt der eigenen Niederschrift für Mai und Juni 2021 und betragen jeweils 7,2 Prozent. Demnach scheint sich das Geldmengenwachstum im Jahr 2021 auf vergleichsweise hohem Niveau zu verfangen. Dieser Sachverhalt untermauert die eingangs beschriebene Erwartungshaltung steigender Inflationsraten.

Wächst die Geldmenge signifikant schneller als die reale Wirtschaftsleistung, bleiben die Verbraucherpreise jedoch relativ stabil, wird trotzdem Inflation herrschen. In diesem Fall inflationieren die Preise der Vermögenswerte. Zu dieser Form der Inflation kann es darüber hinaus auch ohne eine derartige Geldmengenentwicklung kommen. Dann nämlich, wenn die von Zentralbank und Kreditinstituten geschaffenen neuen Liquiditätsmittel den Finanzsektor gar nicht verlassen. Denn die Geldmenge wird nur auf der Seite der Nichtbanken gemessen. Kaufen sich monetäre Finanzinstitutionen mit neu geschaffener Liquidität untereinander Vermögenswerte mit Nachfrageüberhängen ab, steigen deren Preise, nicht aber die Geldmenge. Im Weiteren sind diese Zusammenhänge für die deutsche Volkswirtschaft zu hinterfragen. Konkret ist zu beantworten, ob die Preisentwicklungen bei Wohnimmobilien in Deutschland inzwischen zu Preisblaseneffekten geführt haben. Hier meinen Preisblaseneffekte Preisentwicklungen, die sich von vergleichbaren Vermögenswerten abkoppeln.

Empirische Analyse

Die HVPI-Inflationsrate Deutschlands ab der ersten Rezession nach der Jahrtausendwende im Jahr 2003 und die zeitgleiche deutsche Geldmengenentwicklung korrelieren für das Zeitfenster 2004 bis 2020 mit einem Korrelationskoeffizienten k in Höhe von k = 0,03.9) Sie korrelieren also nicht. Daher muss sich die als bekannt unterstellte expansive Geldpolitik im Eurosystem in den Preisentwicklungen von Vermögenswerten widerspiegeln. So korreliert die beschriebene Geldmengenentwicklung zum Beispiel mit Bundeswertpapieren negativ in Höhe von k = minus 0,16. Dagegen liegt der Korrelationskoeffizient der Geldmengenentwicklung und der Immobilienpreisentwicklung im positiven Bereich (k = 0,08); in der Durchschnittsbetrachtung von Abbildung 2 korrelieren sie noch deutlicher. Allerdings macht eine entsprechende Rechnung mit je drei Werten aus statistisch-methodischen Gründen wenig Sinn. Zur Analyse der Preisentwicklung von Vermögenswerten reicht die Betrachtung der Korrelationskoeffizienten also nicht aus. Schließlich können sich Immobilienpreise bereits von ihren Fundamentalwerten abgekoppelt haben.

Um die Preisentwicklung von Vermögenswerten empirisch zu analysieren, wird das Zeitfenster dreigeteilt, wobei sich die Einteilung am konjunkturellen Verlauf, der Geldpolitik und der Geldmengenentwicklung ausrichtet: Abbildung 2 liefert für jedes Teilzeitfenster Informationen über die jeweiligen Veränderungen der Differenzen zum Vorjahr jährlich (1) der deutschen Geldmenge M3, (2) bundesweiter Preise für Wohnimmobilien (= Eigentumswohnungen und Häuser insgesamt) sowie (3) der Renditen für Bundeswertpapiere mit zehnjähriger Restlaufzeit und (4) der Kursentwicklungen als Veränderungen der Differenzen zum Vorjahr jährlich für das REX-Portfolio (REX = Rentenindex der Deutsche Börse AG).

Im Einzelnen lassen sich die drei Zeitfenster aus Abbildung 2 wie folgt interpretieren: 2004 bis 2008 gab es in Deutschland einen Wirtschaftsaufschwung mit einhergehender expansiver Geldpolitik. Die Geldmenge wuchs als Differenz zum Vorjahr durchschnittlich um 5,57 Prozent jährlich. Die bundesweiten Preise für Wohnimmobilien (= Eigentumswohnungen und Häuser insgesamt) sanken als Differenz zum Vorjahr um durchschnittlich minus 0,48 Prozent im Jahr. Die Renditen der Bundeswertpapiere mit 10-jähriger Restlaufzeit lagen durchschnittlich bei 3,95 Prozent jährlich. Die Kursentwicklung am Anleihemarkt insgesamt (REX Kursindex) war negativ mit minus 0,36 Prozent pro Jahr. Die Entwicklungen der Immobilienpreise und der Anleihekurse insgesamt waren also deutlich schwächer als jene der Bundeswertpapierrendite und der Geldmenge.

2010 bis 2014 gab es in Deutschland einen neuen Wirtschaftsaufschwung mit einhergehender expansiver Geldpolitik - wobei das Jahr 2009 noch nach dem Jahr 2003 ein Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung war. Die Geldmenge wuchs ab 2010 als Differenz zum Vorjahr durchschnittlich um 4,08 Prozent jährlich. Die bundesweiten Preise für Wohnimmobilien (= Eigentumswohnungen und Häuser insgesamt) stiegen als Differenz zum Vorjahr inzwischen durchschnittlich um 3,65 Prozent pro Jahr. Die Renditen der Bundeswertpapiere mit 10-jähriger Restlaufzeit lagen bei 2,00 Prozent jährlich. Der Anleihemarkt insgesamt verzeichnet Kursverluste um durchschnittlich minus 2,22 Prozent im Jahr. Die Entwicklung der Immobilienpreise war jetzt höher als jene an den beiden betrachteten Anleihemärkten. Inzwischen bewegten sich die Immobilienpreise sehr nahe zur Geldmenge.

2015 bis 2020 setzte sich in Deutschland der Wirtschaftsaufschwung zunächst fort und endete 2019, sodass 2020 das dritte Rezessionsjahr nach der Jahrtausendwende darstellt. Die Geldpolitik blieb weiterhin expansiv und wurde ab 2015 durch die Anleihe-Kaufprogramme nochmals intensiviert. Entsprechend wuchs die Geldmenge als Differenz zum Vorjahr durchschnittlich jetzt um 5,83 Prozent jährlich. Die bundesweiten Preise für Wohnimmobilien (= Eigentumswohnungen und Häuser insgesamt) stiegen als Differenz zum Vorjahr inzwischen allerdings um 7,46 Prozent im Jahr. Die Kurse der Bundeswertpapiere mit 10-jähriger Restlaufzeit hatten ihren jeweiligen Zenit erreicht und veränderten sich kaum bemerkbar. Die Entwicklung der Immobilienpreise war nun wesentlich höher als jene der Bundeswertpapiere, der Anleihen insgesamt und inzwischen sogar höher als das Wachstum der Geldmenge.

Abbildung 3: Indexierte Entwicklungen (2004 = 100) (in Prozent) Quelle: Deutsche Bundesbank 2021b; M. Knüfermann/F. Walter, eigene Berechnungen und Darstellung.
Abbildung 3: Indexierte Entwicklungen (2004 = 100) (in Prozent) Quelle: Deutsche Bundesbank 2021b; M. Knüfermann/F. Walter, eigene Berechnungen und Darstellung.

Wohnimmobilienpreise haben sich abgekoppelt

Bis hierher bleibt zu konstatieren, dass sich die Preisentwicklung für Wohnimmobilien von jenen ihrer alternativen Vermögenswerte abgekoppelt haben. Ebenfalls bewegten sie sich im letzten betrachteten Teilzeitfenster schneller als die Geldmenge. Aus der Sicht dieser monetaristischen Analyse lassen sich den Preisentwicklungen auf den Märkten für Wohnimmobilien durchaus Preisblaseneffekte zuordnen. Demnach informieren die Preise nicht mehr über die realen Werte der Wohnimmobilien. Vielmehr unterliegen sie der Preis illusion der Wirtschaftssubjekte.

Die Analyse lässt sich alternativ auch mit Indexwerten realisieren. Datenquelle ist weiterhin die Deutsche Bundesbank (2021b). Die Entwicklungen der Indexwerte liefert Abbildung 3. Im Weiteren werden die hinter der Grafik liegenden Daten interpretiert.

Während die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland von 2004 bis 2008 insgesamt um minus 2,0 Prozent zurückgingen, stiegen sie von 2009 bis 2014 um 18,5 Prozent. Die Preissteigerung hat sich von 2015 bis 2020 fortgesetzt und mit 54,0 Prozent sogar fast verdreifacht (Faktor 2,91). Eine derartige Beschleunigung der Preisdynamik kann sowohl als Anzeichen für die spekulative Erwartungshaltung von Marktteilnehmern und gleichzeitig als Treiber für weitere Spekulationen interpretiert werden. Kurzfristig wurden und werden Spekulationen für weitere Preissteigerungen und damit eine höhere Risikobereitschaft der Marktteilnehmer infolge der lockeren Geldpolitik bestätigt. Mittel- bis langfristig kann es jedoch immer schwieriger werden, diese Preisdynamik bei immer neueren Höhen des Preisniveaus aufrechtzuerhalten, was folglich zu einer Verlangsamung der Preisdynamik und damit zu einer Abnahme des Optimismus für weitere Preissteigerungen führen kann, wenn diese geringer ausfallen als erwartet.

Um Marktrisiken einzuschätzen, visualisiert Abbildung 3 die Renditeentwicklung von Bundeswertpapieren mit zehnjährigen Restlaufzeit anhand der indizierten Kursentwicklungen. Bundesanleihen gelten als besonders risikoarme Anlageinstrumente. Die Veränderungen ihrer Renditen gibt damit eine Marktentwicklungstendenz an. Von 2004 bis 2008 wuchs die Rendite lediglich um 0,22 Prozent, sie verringerte sie sich in den Jahren von 2009 bis 2014 infolge der Finanzkrise und der daraufhin ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen um 70,49 Prozent. Von 2015 bis 2020 setzte sich die Entwicklung fort, verlor jedoch mit 24,39 Prozent wieder deutlich an Dynamik.

Ein klares Missverhältnis

Bei Betrachtung der Entwicklung der REX Kursdaten wird das Missverhältnis der Entwicklung im Verhältnis zu den Wohnimmobilienpreisen noch deutlicher: Hier stieg die Risikobewertung in Form der Renditen von 2004 bis 2008 leicht um 0,9 Prozent. Von 2009 bis 2014 stieg der Index um 16,3 Prozent an, die Veränderung der Risikobewertung entsprach also nahezu der Preisentwicklung am Wohnimmobilienmarkt (18,5 Prozent). Von 2015 bis 2020 verringerte sich die Risikobewertung für den REX nur noch um 6,6 Prozent. Wohingegen die Wohnimmobilienpreise wie bereits erwähnt um 54,0 Prozent anstiegen. Zudem fällt auf, dass der Spread zwischen der Entwicklung 10-jähriger Bundesanleihen und des REX seit 2015 größer geworden ist.

Die Entwicklung der Geldmenge M3 weist eine nähere Parallele zur Preisentwicklung von Wohnimmobilien seit 2009 auf. So stieg diese auch von 2004 bis 2008 um 28,4 Prozent, während Wohnimmobilienpreise sanken. Von 2009 bis 2014 wuchs die Geldmenge weiter um 26,9 Prozent und damit um den Faktor 1,45 mehr als die Preisentwicklung von Wohnimmobilien (18,5 Prozent). Von 2015 bis 2020 verringerte sich dieser Faktor bei einem Geldmengenwachstum in Höhe von 40,5 Prozent (zum Vergleich, Wohnimmobilien: 54,0 Prozent) jedoch auf den Faktor 0,8.

Zusammenfassend visualisiert Abbildung 2 die entsprechenden Dynamiken: Die Preisentwicklung von Wohnimmobilien hat seit 2015 an Fahrt aufgenommen. Dagegen verloren die Dynamiken von REX, Bundesanleihen und auch vom Aktienindex DAX, den Abbildung 3 als Preisindex für alternative Vermögenswerte ergänzend anführt.

Droht ein böses Erwachen?

Die Analysen zeigen, dass sich die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland seit 2015 infolge der Geldmengenausweitung deutlich positiver entwickelten und somit alle anderen hier betrachteten Anlageformen outperformten. Der Optimismus scheint also am Immobilienmarkt größer zu sein als für andere Investitionen, wodurch neues Geld wohl auch aufgrund eines Aufholbedarfs nach trägeren Reaktionen von 2009 bis 2014 mit zunehmender Ausweitung der Geldmenge mehr seinen Weg hierhin gefunden hat. Es wird sich zeigen, inwieweit sich die Dynamik bei der Preisentwicklung von Wohnimmobilien weiter aufrechterhält und gegebenenfalls weiter von der Dynamik der anderen in diesem Beitrag betrachteten Dynamiken abkoppelt, je nachdem, in welchem Ausmaß diese beeinflusst werden (können).

Für die Zukunft erwarten die Autoren eine Fortführung dieser Entwicklung. Grund dafür ist die enorme Geschwindigkeit des Inflationsratenanstiegs im ersten Halbjahr 2021. Ebenfalls scheint im zweiten Corona-Jahr der Nachfrageboom nach Wohnimmobilien keinesfalls eingebrochen zu sein. Immobilieninvestitionen sind schließlich langfristiger Natur. Zumindest sind Kreditlaufzeiten länger als Zinsbindungsfristen. Gerade der Prolongation von Wohnungsbaukrediten wird ein böses Überraschen forcieren, sollten bis dahin steigende Inflationsraten zu einer nachhaltigen Zinswende führen.

Fußnoten

1) Deutsche Bundesbank 2019, S. 149.

2) Deutsche Bundesbank 2021c.

3) Vgl. Deutsche Bundesbank 2021a, S. 9.

4) Traud 2021, S. 1.

5) Friedman 1992, S. 237.

6) Vgl. Knüfermann 2019, S. 112-115.

7) Deutsche Bundesbank 2019, S. 135.

8) Rürup 2021, S. 11.

9) Die weiteren empirischen Darstellungen basieren alle auf eigenen Berechnungen der Autoren. Als Datenbasis dienen die veröffentlichen Zahlen aus Deutsche Bundesbank 2021b.

Literaturverzeichnis

Deutsche Bank AG (2021): Nehmen die Inflationsrisiken in Deutschland tatsächlich zu? URL: https://www.dbresearch.de/MAIL/RPS_DE-PROD/PROD0000000000519428.pdf (Download der PDF-Datei am 29. Juli 2021).

Deutsche Bundesbank (2021a): Monatsbericht Mai 2021. URL: https://www.bundesbank.de/resource/blob/866638/772c7e8fa61d4f951ab9f096de87410e/mL/2021-05-monatsbericht-data.pdf (Download der PDF-Datei am 9. Juni 2021).

Deutsche Bundesbank (2021b): Zeitreihen-Datenbanken. URL: https://www.bundesbank.de/de/statistiken/zeitreihen-datenbanken (Abruf diverser Datenreihen am 9. Juni 2021).

Deutsche Bundesbank (2021c): Weidmann: Neue Strategie hilft der Geldpolitik, Preisstabilität zu sichern. URL: https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/themen/weidmann-neue-strategie-hilft-der-geldpolitik-preisstabilitaet-zu-sichern-869226 (Abruf der Web-Seite am 28. Juli 2021).

Deutsche Bundesbank (2019): Geld und Geldpolitik. Frankfurt a. M.: Deutsche Bundesbank. Friedman, M. (1992): Geld regiert die Welt. Düsseldorf: Econ.

Knüfermann, M. (2019): Wirtschaftspolitisches Wissen für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Wiesbaden: Springer Gabler.

Rürup, B. (2021): Kehrt die Inflation jetzt zurück? In: Handelsblatt, 28.-30. Mai 2021, Nr. 101, S. 11.

Traud, G. R. / Helaba (2021): Inflation dauerhaft höher. URL: https://www.helaba.de/blueprint/servlet/resource/blob/kundenresearch/556460/724f70c037cabcf7d6aec71caf934e45/vertrau-d-lich-20210609-data.pdf (Download der PDF-Datei am 9. Juni 2021).

Prof. Dr. Markus Knüfermann , Fachbereich Volkswirtschaftslehre , EBZ Business School - University of Applied Sciences
Felix Walter , Geschäftsführer , Walter Grundwerte

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