DIGITALISIERUNG

IMMOBILIENWIRTSCHAFTLICHE TRANSFORMATION: DIE ROLLE DER ÖFFENTLICHEN HAND

Prof. Dr. Andreas Pfnür, Foto: FG Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre_Jonas Rau

Der tiefgreifende Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft impliziert nicht zuletzt auch eine massive immobilienwirtschaftliche Transformation für die deutschen Unternehmen. Bei der Umsetzung sind sie dabei auf gute Kooperationen angewiesen - zum einen mit Dienstleistern aus der Bau- und Immobilienwirtschaft, zum anderen mit Vertretern der öffentlichen Hand. Dass es mit Blick auf Letztere durchaus noch Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit gibt, wird im vorliegenden Beitrag deutlich. Nach Einschätzung des Autors könnte unter anderem eine politische Agenda, die der immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Unternehmen angemessen Rechnung trägt, zielführend sein. Red.

Die Megatrends des soziodemografischen Wandels, der Urbanisierung, der Digitalisierung, der Globalisierung und des wachsenden Umweltbewusstseins verändern die Arbeitswelten in Deutschland als Ganzes und die Wettbewerbsposition von Unternehmen derzeit in einem historischen Ausmaß. Beschleunigt wird dieser Wandel durch die Covid-19-Pandemie, die wie ein Katalysator die bestehenden Trends des Strukturwandels verstärkt. Notwendige Voraussetzung für die effektive Bewältigung dieses Strukturwandels ist neben der Anpassung der Strukturen im Human-Ressource- und IT-Bereich auch die Transformation der immobiliaren Betriebsmittel der Unternehmen.

Ein unterschätztes Phänomen

Unter dieser immobilienwirtschaftlichen Transformation wird konkret die Anpassung der immobiliaren Betriebsmittel der Unternehmen an die veränderten Herausforderungen der zukünftigen Arbeitswelten verstanden (Pfnür/Wagner 2021). Auch wenn mittlerweile der Begriff in Forschung und Praxis der Immobilienwirtschaft langsam Einzug hält, wird die Dimension der immobilienwirtschaftlichen Transformation zumeist noch unterschätzt. Gemäß der unten noch detaillierter vorgestellten empirischen Untersuchung planen die deutschen Unternehmen knapp zwei Drittel (62 Prozent) ihrer Immobilienbestände an die im Strukturwandel massiv veränderten Nutzungsbedarfe anzupassen.

Im Zeitablauf steigt dieses Portfolio mit Veränderungsbedarf rasant: In einer Studie in der gleichen Grundgesamtheit aus dem Vorjahr 2019 lang diese Zahl noch 5 Prozent niedriger. Die Unternehmen planen 39 Prozent der von ihnen genutzten Flächen durch Redevelopments anzupassen, 23 Prozent des Anpassungsbedarfs wird durch Markttransaktionen realisiert.

Die genauen Wirkungsmechanismen zwischen Strukturwandel einerseits und immobilienwirtschaftlichem Anpassungsbedarf sind je nach Branche, Marktstellung, Region und Unternehmenskultur sehr vielschichtig und aus Sicht der Praxis des Corporate Real Estate Managements konzeptionell dargestellt und empirisch erhoben worden (Pfnür 2019). Die konkreten immobilienwirtschaftlichen Reaktionen der Unternehmen gleichen sich jedoch. Erkennbar sind beispielsweise die in Abbildung 1 dargestellten Muster.

Abbildung 1: Immobilienwirtschaftliche Reaktion der Unternehmen auf Strukturwandeltreiber Quelle: Pfnür
Abbildung 1: Immobilienwirtschaftliche Reaktion der Unternehmen auf Strukturwandeltreiber Quelle: Pfnür

Gravierende Effekte auf Volkswirtschaft und Regionalplanung

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der immobilienwirtschaftlichen Transformation innewohnenden Veränderungsdynamik wird bei einem Blick auf die folgenden Fakten deutlich:

1. Gewerbeimmobilien werden runderneuert: Vereinfachend hochgerechnet werden für die 44,8 Millionen Erwerbstätigen (destatis) in den nächsten zehn Jahren in Deutschland 27 Millionen neue physische Arbeitsplätze zu schaffen sein. Das dafür nötige Bauvolumen lässt sich auf zirka 100 Milliarden Euro pro Jahr hochrechnen (Pfnür 2020); eine Größenordnung, die so in den vergangenen Jahrzehnten weder von der Bauwirtschaft leistungswirtschaftlich erstellt noch von Finanzwirtschaft finanziert worden ist.

2. Keine Innovation ohne physische Organisation der zugehörigen Aufgaben: Betrachtet man das gesamte Volumen an Innovationsinvestitionen, das das BMWi mit 172,6 Milliarden Euro angibt, ist der volkswirtschaftliche Effekt vermutlich noch deutlich höher. Sofern die Unternehmen keine geeignete räumliche Organisation für ihre Innovationen finden, werden sie diese entweder verschieben oder dorthin verlagern, wo geeignete Flächen einfacher zu akquirieren sind, notfalls ins Ausland - auch wenn konkrete Fälle bislang die Ausnahme sind (Pfnür 2019). Somit kommt der effektiven immobilienwirtschaftlichen Transformation die Rolle des Enablers zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Regionen zu.

3. Verschiebung der Flächenbedarfe fordert Stadt- und Regionalplanung: Entgegen den Erwartungen liegen die Immobilien deutscher Unternehmen nicht nur in den Zentren der Metropolregionen. Vielmehr verteilen sich die Standorte über das gesamte Land. 40 Prozent der Flächen liegen aktuell in regionalen Zentren und im ländlichen Raum.

Abbildung 2: Veränderungen der Flächenbedarfe deutscher Konzerne (in Prozent) Quelle: Pfnür (2019)
Abbildung 2: Veränderungen der Flächenbedarfe deutscher Konzerne (in Prozent) Quelle: Pfnür (2019)

Eine 2019 im Auftrag des ZIA bei deutschen Großunternehmen durchgeführte empirische Studie zeigt, dass sich die Flächenbedarfe der Unternehmen in Summe in den nächsten 20 Jahren deutlich verschieben werden. An den Stadträndern der Metropolen werden die Flächenbedarfe um ein gutes Sechstel stark zunehmen, wohingegen die Bedarfe im ländlichen Raum sich nahezu halbieren werden. Wohlgemerkt, es handelt sich hier um Durchschnittswerte aller deutscher Unternehmen und aller Regionen. Wie in Strukturwandelprozessen üblich, sind darüber hinaus starke regionale Unterschiede in den Flächenbedarfen zu erwarten. Insbesondere an Zukunftsstandorten der Metropolränder ist ein Nachfrageüberhang mit entsprechenden Engpässen zu erwarten (Pfnür 2019).

Corona erhöht den Handlungsdruck

Die Unternehmen haben die Herausforderungen an die immobilienwirtschaftliche Transformation in den vergangenen fünf Jahren zunehmend erkannt. Während 2016 empirischen Studien zufolge Transformationsthemen im Strukturwandel vor allem im HR und in der IT diskutiert wurden (Just/Braun/Pfnür 2016), zeigte eine Studie im Jahr 2018 zum Strukturwandel in der Immobilienwirtschaft (Pfnür/Wagner 2018) bereits erste Aufmerksamkeit in den Unternehmen, die in den Jahren 2019 (Pfnür 2019) weiter stieg.

Spätestens seit der Corona-Pandemie, die den Unternehmen ihre immobilienwirtschaftliche Situation im "Work from Home" wie unter dem Brennglas nochmals verdeutlichte, realisieren die Unternehmen den Handlungsdruck der immobilienwirtschaftlichen Transformation nicht nur in den Corporate-Real-Estate-Abteilungen, sondern auch bis hinauf in den Vorstand. Dieser Einfluss der immobilienwirtschaftlichen Transformation wird in der Zukunft in der Breite immer mehr Unternehmen erfassen. Während 2019 erst ein Drittel der CREM-Vertreter deutscher Unternehmen angaben, dass Transformationsprozesse maßgeblichen Einfluss auf ihr betriebliches Immobilienmanagement genommen hätten, erwarten zwei Drittel der Unternehmen, dass dies spätestens in zehn Jahren der Fall sein wird.

Insgesamt verschieben sich die Herausforderungen und damit auch die Hürden der immobilienwirtschaftlichen Transformation der Unternehmen aktuell deutlich. Aktuell stehen nach Einschätzung der CREM-Verantwortlichen deutscher Unternehmen die höchsten Hürden außerhalb der Unternehmen, in der Bauwirtschaft und vor allem auch in der öffentlichen Hand: So geben 56 Prozent der Entscheidungsträger an, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Immobilienprojekten zu langwierig seien.

Abbildung 3: Hürden der immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Unternehmen (in Prozent) Quelle: Pfnür (2019)
Abbildung 3: Hürden der immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Unternehmen (in Prozent) Quelle: Pfnür (2019)

Um die Rolle der öffentlichen Hand in der immobilienwirtschaftlichen Transformation aus Sicht der Unternehmen besser verstehen zu können, wurde im Frühjahr 2020 eine Telefonbefragung der deutschen CREM-Verantwortlichen von Unternehmen mit mehr als 10 000 Beschäftigten durchgeführt (Pfnür 2020). An dieser Befragung beteiligten sich 56 der 161 durch Forsa telefonisch kontaktierten Unternehmen (Netto-Ausschöpfungsquote 35 Prozent). Die Studie wurde vom ZIA in Auftrag gegeben und durch die Unternehmen BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Post DHL, Siemens, VW sowie Corenet global inhaltlich und materiell unterstützt. Nachfolgend werden die zentralen Ergebnisse präsentiert. Der vollständige Ergebnisbericht steht im Internet zum Download zur Verfügung.

Verantwortung und originäre Aufgaben der öffentlichen Hand

Die Industriestrategie 2030 des Bundeswirtschaftsministeriums sieht wirtschaftliche Transformationsprozesse zunächst als Sache der Unternehmen an. Staatliches Handeln sei demzufolge nur im Ausnahmefall vorgesehen (BMWi 2019). Dies ist einerseits richtig, andererseits muss in der immobilienwirtschaftlichen Transformation die öffentliche Hand zumindest ihre hoheitlichen Aufgaben in den Planungs- und Genehmigungsprozessen wahrnehmen. Darüber hinaus haben die bisherigen Ausführungen bereits in Ansätzen erkennbar werden lassen, dass die immobilienwirtschaftliche Transformation das "Window of Opportunity" nachhaltiger Entwicklungsprozesse in den Regionen breit aufgehen lässt.

Nach einhelliger Einschätzung der Unternehmen könnte eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand die nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in den Regionen erheblich effektiver gestalten. So sehen

- 80 Prozent der Unternehmen erhebliche Potenziale in ihrer Fähigkeit zum wirtschaftlichen Strukturwandel und damit der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit beizutragen;

- 61 Prozent der Unternehmen deutliche Effizienzsteigerungspotenziale ihrer Investitionen in die ökologische Nachhaltigkeit. Trotz hoher politischer Priorität könnte derzeit insbesondere die Energiewende in den Unternehmen auf breiter Front durch eine verbesserte Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand effektiver vorankommen;

- 77 Prozent der Unternehmen deutliches Verbesserungspotenzial im Hinblick auf ihre Investitionen in die Lebens- und Arbeitswelten der Standorte und damit die soziale Nachhaltigkeit der Regionen (Pfnür 2020).

Die Ausschöpfung der Potenziale in der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand zur immobilienwirtschaftlichen Transformation der Unternehmen könnten somit auf breiter Front zentrale ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeitsziele der deutschen Volkswirtschaft maßgeblich voranbringen.

Transformation als aktive Standortpolitik

Die Mehrheit der befragten Unternehmen geht davon aus, dass die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand in Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Bauprojekten immer auch in einen Aushandlungsprozess mit der öffentlichen Hand mündet. Das zur Verfügung stellen von Flächen und Nutzungsmöglichkeiten durch die Allgemeinheit erfordert demzufolge ein Commitment der Unternehmen gegenüber der öffentlichen Hand. Die Unternehmen investieren deshalb regelmäßig bei Projekten über ihre engeren Projektziele hinaus auch in die öffentliche Infrastruktur sowie die oben angegebene wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung der Region.

Die Höhe dieser Investitionen hängt von der Qualität der Zusammenarbeit zwischen Bauherren und öffentlicher Hand ab. Wenn die Unternehmen die Kooperation als effektiv wahrnehmen, sind sie bereit, durchschnittlich bis zu 13 Prozent der eigentlichen Investitionskosten zusätzlich zu investieren. Allein die befragten 56 Unternehmen wären bereit, in den nächsten zehn Jahren 1,4 Milliarden Euro jährlich aufzuwenden. Hochgerechnet auf die immobilienwirtschaftliche Transformation in allen deutschen Unternehmen könnten sich Investitionen in Höhe von 12,6 Milliarden Euro pro Jahr ergeben.

Diese vergleichsweise hohe Zahlungsbereitschaft ist ein Indiz für das Verständnis auf privater Seite, dass die immobilienwirtschaftliche Transformation eine Gemeinschaftsaufgabe zwischen öffentlichem und privatem Sektor ist. 86 Prozent der Unternehmen geben deshalb auch an, dass die Standortentscheidung durch die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen bei Bau- und Immobilienprojekten stark beeinflusst wird. Es wird deutlich, dass Immobilienprojekte - weit über die eigentlichen Bauplanungs- und Genehmigungsverfahren hinaus - das Fenster sind, durch das die Unternehmen mit der Politik und den Verwaltungen hinaus in Beziehung treten (Pfnür 2020).

Verbesserungswürdige Zusammenarbeit

Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die öffentliche Hand einerseits hohe Potenziale in der immobilienwirtschaftlichen Transformation realisieren kann, anderseits aber auch einen gewichtigen Beitrag in der effizienten Umsetzung ihrer hoheitlichen Funktion leisten muss. Nach Einschätzung der befragten Unternehmen funktioniert die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand jedoch oft nicht reibungslos (Pfnür 2020).

So verzögern sich die Projekte durch Ineffizienzen im Planungs- und Genehmigungsprozess um durchschnittlich 20 bis 25 Prozent. Bei durchschnittlichen Bauprojektlaufzeiten von vier bis fünf Jahren verzögern sich die Investitionen somit um ein Jahr. Die Projekte verteuern sich zusätzlich bedingt durch Ineffizienzen im Planungs- und Genehmigungsprozess im Durchschnitt um 9,6 Prozent. Neun Prozent der Bau- und Immobilienprojekte der Unternehmen werden aufgrund mangelnder Zusammenarbeit im Planungs- und Genehmigungsprozess ganz abgebrochen.

Konkret regen die befragten Unternehmen vor allem folgende Verbesserungen in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand an (Pfnür 2020):

1. Aktualisierung der rechtlichen Grundlagen: 80 Prozent der Unternehmen halten das aktuelle Planungs- und Baurecht für nicht mehr zeitgemäß. Für 77 Prozent gehen die Rechtsgrundlagen der Immobiliennutzung und des Immobilienbetriebs an den Notwendigkeiten moderner Arbeitswelten aufgrund von Veraltung vorbei. 75 Prozent der Unternehmen sehen im aktuellen Planungs- und Baurecht hohe Hürden im Einsatz innovativer Varianten der Immobilienbereitstellung wie Partnering-, "Space as a Service"- oder Lebenszyklusmodellen.

Fehlendes Bewusstsein und zu lange Bearbeitungszeiten

2. Aufklärung der Mandatsträger: 70 Prozent der Unternehmen attestieren den Mandatsträgern in Politik und Verwaltung bislang fehlendes Bewusstsein für die Tragweite immobilienwirtschaftlicher Entscheidungen der Unternehmen sowie das Verständnis für Zusammenhänge zwischen den betrieblichen Immobilieninvestitionen und den Folgen für den Standort und die Region.

71 Prozent der Unternehmen spüren eine mangelnde Priorität ihrer Immobilienprojekte. Angesichts des bei Gewerbeimmobilienentwicklungen geringen Problemdrucks der jüngeren Vergangenheit ist verständlich, dass dieses Handlungsfeld der öffentlichen Hand aus dem Fokus geraten ist. Offensichtlich muss sich da jetzt wieder einiges ändern.

3. Schlagkräftigere Verwaltungsprozesse:

Die Unternehmen sehen die Zusammenarbeit bei Bau- und Immobilienprojekten in keinem guten Licht. Konkret halten 79 Prozent der Unternehmen die Bearbeitung der bau- und immobilienwirtschaftlichen Anliegen im Schnitt für spürbar zu langsam. 88 Prozent beklagen das Fehlen der klaren Verortung von Verantwortung auf öffentlicher Seite. 77 Prozent der Unternehmen halten die Verteilung der Zuständigkeiten einzelner Stellen der öffentlichen Hand sowie deren Koordination für nicht hinreichend geklärt.

75 Prozent sind mit der Transparenz der Verwaltung unzufrieden. 77 Prozent beklagen mangelnde regionale Abstimmung benachbarter Gebietskörperschaften. 79 Prozent der Unternehmen attestieren den Planungs- und Genehmigungsprozessen fehlende Weitsicht und mangelndes langfristiges Denken.

Die Studienergebnisse geben neben den aufgezeigten Handlungsfeldern für Reformpotenziale im Management der öffentlichen Hand auch konkrete Empfehlungen:

Ansatzpunkte für Reformen: viele Low Hanging Fruits

1. "Single-Window"-Prozesse: Nach Ansicht von 88 Prozent der Unternehmen würden "Single-Window"-Prozesse mit einheitlichen Ansprechpartnern, die die Bearbeitung aufseiten der öffentlichen Hand koordinieren und möglicherweise auch verantworten, die oben dargestellten Probleme zu einem guten Teil beseitigen.

2. Stärkere Interaktion aller Beteiligten: 63 Prozent der Unternehmen beklagen die Qualität der beidseitigen Kommunikation in Fragen des Bau- und Immobilienmanagements und sehen in einer bessere Zusammenarbeit erhebliches Potenzial. Dieses Ergebnis schärft noch einmal das Verständnis dafür, dass es in der immobilienwirtschaftlichen Transformation um beidseitig zu optimierende Prozesse geht, nicht nur um die Potenziale der öffentlichen Hand.

Verbesserungspotenzial haben der vermehrte Einsatz "runder Tische" zwischen allen Beteiligten, die sowohl projektbezogen als auch zum Zwecke langfristiger Planung mit anschließendem integrierten Flächenmanagement von Unternehmen und öffentlicher Hand eingesetzt werden können. Auch sind Landbanking-Ansätze der öffentlichen Hand ein vielversprechendes Mittel, um von Unternehmen kurzfristig benötigte Flächen flexibel bereitzustellen.

3. Digitalisierung der einschlägigen Verwaltungsprozesse: Last, but not least verspricht eine umfassende Digitalisierung der bau- und immobilienwirtschaftlichen Prozesse nach Ansicht von 100 Prozent der Interviewten, also der gesamten Stichprobe aller 56 befragten Unternehmen, ein hohes Effizienzsteigerungspotenzial.

Keine Bloßstellung der öffentlichen Verwaltung

Die in dem vorliegenden Beitrag dargestellten Studienergebnisse unterliegen einer wichtigen Limitation. Bislang wurde die Rolle der öffentlichen Hand ausschließlich aus der Perspektive der betroffenen Unternehmen beurteilt. Eine vollständige Analyse bedarf unbedingt der Reflektion der dargestellten Probleme aus Sicht der öffentlichen Hand. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang ein zentraler Hinweis: Das Ziel dieser Studie ist nicht die Bloßstellung oder gar Diffamierung der öffentlichen Verwaltung.

Vielmehr zeigen vertiefte Analysen der Daten, dass das Problem grundsätzlicher Natur ist und nur im politischen Bereich zu lösen. Ohne dies empirisch mit vergleichbarer Datenqualität wie oben belegen zu können, zeigen zahlreiche Expertengespräche rund um die hier präsentierte Studie, dass die öffentliche Hand offensichtlich weder über ausreichendes Personal, geeignete Strukturen und Prozesse noch über ausreichende Ressourcen verfügt, die Herausforderungen der immobilienwirtschaftlichen Transformation adäquat zu bewältigen.

Ändern kann dies nur die Politik, in dem das Thema zukünftig besser durchdrungen und in seiner Bedeutung angemessen berücksichtigt wird. Immobilien sind als Lebensraum in gesellschaftlichen Diskursen durch zahlreich betroffene Akteure und deren Konfliktlinien untereinander gekennzeichnet, die einfache Lösungen zumeist verstellen. Ähnlich wie im Politikfeld "Bezahlbares Wohnen" drängen in der immobilienwirtschaftlichen Transformation allerdings mittlerweile die Problemlösungen.

Politische Agenda wäre hilfreich

Eine politische Agenda "Immobilienwirtschaftliche Transformation deutscher Unternehmen", in der vergleichbar zur "Digitalen Agenda" des BMWi oder "Zukunft der Arbeit" des BMBF könnte ein erster wichtiger Schritt sein.

Literaturverzeichnis

BMWi (2019): Industriestrategie 2030. Leitlinien für eine deutsche und europäische Industriepolitik, Berlin.

Pfnür, Andreas und Wagner, Benjamin (2021): Strukturwandel und Transformation. Begriffliche Abgrenzungen. In Pfnür, Andreas et al. (Hrsg.), Immobilienwirtschaftliche Transformation. Berlin, Veröffentlichung in Vorbereitung.

Pfnür, Andreas (2020): ZIA-CREM-Studie 2020 - die Rolle der öffentlichen Hand in der immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Unternehmen. In: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis, Band Nr. 40, Technische Universität Darmstadt.

Pfnür, Andreas (2019): ZIA-CREM-Studie 2019 - Herausforderungen des Corporate Real Estate Managements im Strukturwandel. In: Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) e. V. (Hrsg.), Berlin.

Pfnür, Andreas und Wagner, Benjamin (2018): Transformation der Immobilienwirtschaft - eine empirische Studie deutscher immobilienwirtschaftlicher Akteure. In: Pfnür, Andreas (Hrsg.): Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis Band Nr. 37, Technische Universität Darmstadt.

DER AUTOR PROF. DR. ANDREAS PFNÜR Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre, Technische Universität Darmstadt
Prof. Dr. Andreas Pfnür , Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre, Technische Universität Darmstadt

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