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IMMOBILIENVERMITTLUNG IM BANKENSEKTOR: LEAD-GENERIERUNG UND MARKETING-AUTOMATION

Dr. Guido Stracke, Foto: privat

"Hybridmakler" ist eine Wortschöpfung, die in den vergangenen Jahren doch erheblich an Bedeutung gewonnen hat für die Immobilienbranche. Es handelt es sich dabei um Startups, die nicht selten mit Millionen an Fremdgeldern nationaler und internationaler Risikokapitalgeber bundesweit die Immobilienmärkte zu besetzen versuchen. Dieser Trend setzt die etablierten Vermittler wenig überraschend unter Handlungsdruck. Im Sinne der eigenen Wettbewerbsfähigkeit sollten Immobilienmakler im Bankensektor nach Einschätzung der Autoren insbesondere den Vormarkt für die Objektakquise konsequenter bearbeiten. Voraussetzung dafür sei aber nicht zuletzt eine konsequente Automatisierung und Digitalisierung der bankinternen Abläufe und Prozesse. Red.

Die Immobilienabteilungen der Banken werden von zwei Entwicklungen in die Zange genommen: Überregionale Hybridmakler wie McMakler verfügen über reichlich Risikokapital, positionieren sich erfolgreich am Markt und eröffnen stationäre Büros.

Ernst zu nehmende Wettbewerber

Sie sind für Banken ernstzunehmende Wettbewerber. Zweitens sprechen die meisten Immobilienmakler im Bankensektor Eigentümer erst an, wenn diese konkret ein Haus oder eine Wohnung verkaufen möchten. Stattdessen sollten sie früher, im sogenannten Vormarkt, tätig werden. Sonst gehen immer mehr Aufträge an Konkurrenzfirmen, die auf diesem Feld aktiver sind.

Im Jahr 2021 lag das Immobilientransaktionsvolumen bei 353,2 Milliarden Euro. Diese Zahl beinhaltet Verkäufe aller Objektarten, also Wohn-, Gewerbebauten, unbebaute Grundstücke et cetera. Damit stieg nach Berechnungen des Immobilienverbands Deutschland (IVD) das Volumen im Vergleich zum Vorjahr um 42,5 Milliarden Euro, was 13,7 Prozent entspricht.

Wenn man bedenkt, dass beim Großteil der Transaktionen Immobilienmakler vermittelnd tätig waren, dann lassen sich die dabei gezahlten Provisionsumsätze abschätzen, um die es geht.

Hybridmakler: digital, standardisiert und ehrgeizig

Die beiden bekanntesten Hybridmakler in Deutschland, McMakler und Homeday, haben sich zum Ziel gesetzt, einen beträchtlichen Anteil dieses Provisionskuchens auf ihre Teller zu heben. Der Begriff "Hybrid" meint, dass sie so viele Arbeitsprozesse wie möglich digital und automatisiert abbilden beziehungsweise in der Firmenzentrale standardisiert umsetzen und so wenige Tätigkeiten wie nötig von lokalen Vertriebskollegen ausgeführt werden.

Das soll eine gleichbleibende Qualität gewährleisten und dank vereinheitlichter Prozesse die Kosten im Zaum halten. Zu den zentral gesteuerten Bereichen zählt beispielsweise das Marketing, die Gewinnung und Betreuung von potenziellen Verkäufern (Leads), das Erstellen von Exposés sowie Marktwertanalysen. Vermittlungsexperten vor Ort nehmen Akquise-Termine bei Eigentümern wahr, führen Besichtigungen durch et cetera.

McMakler und Homeday wurden 2014 beziehungsweise 2015 gegründet, als das Bestellerprinzip bei Wohnungsvermietungen eingeführt und ein Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf diskutiert wurde. Als Startups werden sie regelmäßig mit Risikokapital ausgestattet.

Bestellerprinzip als Impetus

McMakler sammelte vor einigen Monaten 50 Millionen Euro ein; der Unternehmenswert stieg auf über 800 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland circa tausend Mitarbeiter. Zudem wurden zwei Tochterfirmen gegründet: MCM für Premiumimmobilien und McMakler Finance für die Vermittlung von Immobilienfinanzierungen.

Homeday arbeitet bundesweit mit circa 220 Partnermaklern zusammen, die als Freiberufler für das Unternehmen tätig sind. Es fuhr 40 Millionen Euro an Risikokapital ein.

Mitte Februar 2022 stieß nun der französische Hybridmakler Iad auf den deutschen Markt vor. Das Unternehmen ist seit Langem im Frankreich, Portugal, Italien, Spanien und Mexiko tätig. Weltweit beschäftigt es über 16 000 Makler, die über 500 Millionen Euro Umsatz erzielen: Die Investorenbewertung liegt bei über einer Milliarde Dollar.

McMakler zählte im Januar 2022 zu den zehn Firmen, die mit ihren Spots im TV die größte Werbepräsenz hatten (Quelle: Adscanner). Homeday steht dem Wettbewerber mit seinem Spot über "Provisionsschmerz" kaum nach. Von solchen Marketingausgaben können Immobilienabteilungen von Banken nur träumen.

Wegfall persönlicher Kundenkontakte online auffangen

Besonders die Ansprache von potenziellen Verkäufern im Vormarkt beherrschen Hybridfirmen gut, verbunden mit Website- und Suchmaschinen-Marketing. Nicht zuletzt liegt das daran, dass die Gründer und Führungskräfte meistens aus der Internetökonomie und dem Onlinemarketing-Bereich stammen.

Viele Banken haben in diesen Bereichen Nachholbedarf. Wie wichtig für sie eine Online-Kundenansprache ist, offenbarte die Pandemie mit geschlossenen Geschäftsstellen und fehlenden persönlichen Kontakten.

Hinzu kommt, dass fast alle Institute Öffnungszeiten reduzieren und Niederlassungen schließen: Wenn es immer weniger persönliche Anknüpfungspunkte zu den Kunden gibt, sollte dieser Verlust unbedingt mit digitalen Marketingmaßnahmen wettgemacht werden. Die Basistechnik für professionelles Lead- und Onlinemarketing, die mit einer professionellen Maklersoftware verzahnt sein sollte, existiert. Immobilien-Units der Banken müssen sich nur an die Implementierung wagen.

Im Klartext bedeutet eine professionelle Marketingautomation, dass die vom Makler eingesetzte Software die Nutzer aufgrund ihres Online-Nutzerverhaltens automatisch in Käufer, Mieter, Vermieter und Verkäufer segmentiert und das Verkaufsinteresse von Eigentümern von latent bis akut einordnet.

Hierfür setzen die Makler sogenannte Lead-Magneten ein wie kostenfreie Ratgeberhefte und Checklisten zum Thema Immobilie im Erbfall. Leadfänger sind zudem kostenfreie Marktwertermittlungen, für welche die Eigentümer auf der Immobilien-Website nur wenige Gebäudedaten eingeben müssen.

Auch aktuelle Themen wie die Aufteilung der CO2-Abgabe zwischen Vermieter und Mieter können Makler nutzen, um ihre Zielgruppe online mit relevanten Informationen zu versorgen. Gleiches gilt für Themen wie einen barrierefreien Umbau eines Einfamilienhauses.

Der Vertriebsmitarbeiter sollte automatisch einen Hinweis über dieses Nutzerverhalten erhalten und den potenziellen Immobilienverkäufer anrufen, um ihm persönliche Beratung zu diesen Themen und seinem wahrscheinlich bevorstehenden Verkauf anzubieten.

Abbildung 1: Umsatzentwicklung von McMakler (in Millionen Euro) Quelle: ProFido Consulting
Abbildung 1: Umsatzentwicklung von McMakler (in Millionen Euro) Quelle: ProFido Consulting

Gegenseitiges Vertrauen bleibt entscheidend

Hierzu muss der Kunde vorher seine Einwilligung geben (siehe unten). Bei aller digitalen Unterstützung sind bei der Immobilienvermittlung der persönliche Kontakt und das gegenseitige Vertrauen entscheidend.

Es ist klar, dass dieses professionelle (Lead-) Marketing viele Ressourcen benötigt. Diese lassen sich gemeinsam besser schultern: Warum nicht im Netzwerk mit Banken der gleichen Gruppe und einer benachbarten Region die Strukturen dafür schaffen und sich die Kosten teilen?

Ein großer Vorteil des Online-Marketings ist, dass sich neue Kundenkontakte und Einfallskanäle klar bestimmen lassen. Auf diese Weise könnten innerhalb kooperierender Banken auch gewonnene Leads fair verteilt werden. Bei vielen Banken "sitzen" die einzelnen Abteilungen auf ihren Daten. Diese Silo-Lösungen sind kontraproduktiv. Vielmehr sollen die Daten von Konten, Versicherungen und Finanzierungen der Kunden besser verknüpft werden, um die Kunden gezielt ansprechen zu können. Dies ist ein weiterer grundlegender Baustein bei der Lead-Gewinnung im Vormarkt.

Abbildung 2: Maßnahmen im Sinne eines professionellen Lead- und Onlinemarketing Quelle: ProFido Consulting
Abbildung 2: Maßnahmen im Sinne eines professionellen Lead- und Onlinemarketing Quelle: ProFido Consulting

Silo-Lösungen sind kontraproduktiv

Selbstredend müssen die Klienten hierzu vorab ihre Einwilligung geben. Dies geht am einfachsten über Onlinetools, die in der Software automatisch die Zustimmung bei den Kundendaten hinterlegen. Außerdem ist es wichtig, im Onlinemarketing Personas zu entwickeln. Das bedeutet, sich einen typischen Kunden vorzustellen mit seinen Bedürfnissen, persönlichen Zielen, seinem Haushaltseinkommen, Hobbys et cetera. Eine Persona kann zum Beispiel ein 55 Jahre alter Familienvater sein, der zusammen mit seiner Schwester das Elternhaus erbt. Er kann sich fragen, ob er die Immobilie kaufen und seine Miterbin auszahlen will und was passiert, wenn die Schwester diesen Weg gehen möchte.

Er kann zudem überlegen, ob die Erben alternativ das Objekt veräußern und den Ertrag aufteilen. Er wird sich darüber hinaus vermutlich für den Marktwert der Immobilie interessieren und sich fragen, ob man in Eigenregie oder über eine Maklerfirma verkaufen soll. Das Marketing der Bank sollte auf diese Fragen möglichst umfassende Antworten bieten. Erhält der Erbe bei seiner Google-Suche hierzu auf einer professionellen Immobilien-Homepage wichtige Inhalte (Content), fühlt er sich gut aufgehoben.

Abbildung 3: Ertragspotenziale im Überblick Quelle: ProFido Consulting
Abbildung 3: Ertragspotenziale im Überblick Quelle: ProFido Consulting

Vorher muss die Bank ihre Hausaufgaben machen. Das heißt, die "Köder" Verbraucherinformationen, Checklisten, Immobilienmarktberichte, Einladungen zu Veranstaltungen et cetera müssen dank Suchmaschinenoptimierung (SEO) beziehungsweise Google-Anzeigen und mittels Landingpages auf der Trefferliste der wichtigsten Suchmaschine weit oben stehen. Außerdem sollte die Web-Präsenz der Bank Tracking-Möglichkeiten bieten. Das heißt, es muss ersichtlich sein, welche Themen sich Nutzer bevorzugt durchlesen und wie lange sie bei diesen Informationen verweilen.

Die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren oder weiterführende Informationen zu erhalten, gibt es erst, nachdem er Kontaktdaten wie Name, E-Mail und Telefonnummer hinterlegt und eingewilligt hat, dass die Bank und ihr Immobilienvertrieb seine Daten für die Zusendung weiterer Informationen beziehungsweise Beratungsanrufen verwenden dürfen. Erfahrungsgemäß stimmen die meisten Klienten diesen Bedingungen zu, wenn sie im Gegenzug relevante Informationen erhalten.

Es gibt viele Drittanbieter, die mit der gleichen Methode das Netz nach verkaufswilligen Eigentümern absuchen, sie informieren und im zweiten Schritt diese gewonnenen Leads an Maklerfirmen verkaufen. Unsere Erfahrung zeigt, dass Leads, die wir über eigene Kanäle generieren, weitaus häufiger in tatsächliche Vermittlungsaufträge münden.

Natürlich sollte der wichtige Vormarkt auch mit Offline-Marketingaktivitäten bearbeitet werden. Das können Veranstaltungen sein, in denen Personengruppen, die über 70 Jahr alt sind, an Expertenvorträgen teilnehmen, etwa zum Thema barrierefreier Hausumbau, zum Teilverkauf einer Immobilie oder dem Vererben. Die Adressaten lassen sich über eine Selektion der Kundendaten ermitteln, etwa nach Alter, Immobilienvermögen et cetera. Themen können auch Fördermittel und Tipps bei energetischen Sanierungen sein oder die Frage, wie man den Wert seines Eigenheims berechnen kann. All das sind im Vormarkt wichtige Anknüpfungspunkte.

Auch dem Empfehlungsmarketing kann auf die Sprünge geholfen werden. Warum nicht frisch gebackene Verkäufer einige Wochen nach dem Notartermin anrufen und fragen, ob sie Personen kennen, die ebenfalls vor einem Verkauf stehen und ein Wertgutachten, einen Energieausweis oder direkt eine Immobilienvermittlung benötigen? Kunden, die mit der Vermittlungsleistung zufrieden waren, sind bereit, die Bankenmakler weiterzuempfehlen.

Tipp-Provisionen und langer Atem

Das abteilungsübergreifende Nutzen der Daten schafft für alle eine Win-win-Situation. Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass 70 Prozent der Immobilienkäufer, die von der Immobilien-GmbH bei ihrem Erwerb betreut werden, über die Mutterbank finanzieren. Auch dabei hilft eine Automatisierung: Es ist ratsam, ein Tipp-Formular in der Software zu schaffen, über das Kundenbetreuer einen Hinweis eingeben, sofern ein Kunde eine Immobilie verkaufen oder erwerben will.

Ein Finanzierungsberater erhält umgekehrt über ein adäquates Formular einen Hinweis vom Makler, dass er einen Immobilienkäufer bei der Finanzierung oder anstehenden Gebäudeversicherungen beraten soll. Es ist hilfreich, wenn diese abteilungsübergreifende Zusammenarbeit als Unternehmensziel festgelegt wird, der Vorstand dies unterstützt und die Kooperation im Unternehmen gelebt wird. Den größten Effekt entfalten dabei Provisionen, die an die jeweiligen Tippgeber bei einer erfolgreichen Geschäftsanbahnung gezahlt werden.

Eine Sache muss allen Banken, die den Vormarkt künftig gezielter und professioneller beackern wollen, klar sein: Man braucht dafür einen langen Atem. Viele potenzielle Verkäufer von Immobilien informieren sich mehrere Monate lang, bevor sie den Objektverkauf angehen.

Entscheidend ist, die Marketingkanäle wie Website und Social Media permanent zu optimieren, nicht zuletzt um Inhalte und Nutzerführung zu verbessern. Das heißt, Banken werden künftig Online-Marketing-Profis beschäftigen. Ebenso wie dies bereits viele größere freie Makler tun. Und Hybridmakler sowieso.

Guido Stracke , Geschäftsführer , KSK-Immobilien GmbH, Köln
Robert Kaiser , Gesellschafter , ProFido Consulting für Immobilienvermittlung, Bergisch Gladbach

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