Schwerpunkt Unternehmensimmobilien

Holistischer Ansatz für einen positiven Wertbeitrag

Dr. Fabian Lander, Abteilungsleitung Immobilienfinanzierung, Volkswagen Immobilien GmbH, Wolfsburg

Hohe Anforderungen werden im VW-Konzern an das Management von Unternehmensimmobilien gestellt: Unter anderem soll es zur Wettbewerbsfähigkeit und Entlastung des Kerngeschäfts positiv beitragen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, verfolgt der dafür zuständige Dienstleister und Eigentümer der Liegenschaften, Volkswagen Immobilien, einen ganzheitlichen Ansatz inklusive eines umfangreichen Leistungsspektrums. Neben der Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit nehmen auch Nachhaltigkeitsaspekte einen zunehmend wichtigen Stellenwert in der Immobilienstrategie ein. Der Autor gewährt im folgenden Beitrag interessante Einblicke in die vielfältigen und komplexen Zusammenhänge eines Unternehmens, das aktuell ein Immobilienportfolio im Gesamtwert von knapp zwei Milliarden Euro managt. Red.

Volkswagen Immobilien (VWI) wurde 1953 mit dem Ziel gegründet, Wohnflächen für die Mitarbeiter von VW zur Verfügung zu stellen. Seit dieser Zeit hat sich einiges getan und VWI hat eine Transformation von einem klassischen Bereitsteller von Wohnflächen für Mitarbeiter zu einem professionellen Dienstleister eines Corporates für alle Immobilienfragen - sowohl für Wohn- als auch Gewerbeimmobilien - vollzogen. Gegenwärtig beschäftigt VWI rund 350 Mitarbeiter, und das Leistungsspektrum umfasst die weltweite Projektentwicklung und -realisierung, Investitionen, Finanzierung, Asset und Facility Management, Vertrags- und Flächenmanagement sowie die Beratung. VWI versteht sich als die zentrale Immobilienkompetenz im Konzern Volkswagen. Dabei richtet sich der Fokus auf Immobilien außerhalb der Werksgelände.

Gegenwärtig hat VWI rund zwei Milliarden Euro Assets under Management, davon rund 1,3 Milliarden Euro im Gewerbebereich. Im Bereich Wohnimmobilien verfügt VWI als einer der größten Vermieter am Standort Wolfsburg über rund 9200 Wohnungen. Für die kontinuierliche Aufwertung des eigenen Bestands investiert VWI im Durchschnitt rund 20 Millionen Euro pro Jahr. Mit einem eigenen Wohnungsneubauprogramm entstehen derzeit am Konzernhauptsitz moderne Neubauten. Ziel ist es, bis 2019 rund 500 Mietwohnungen zu errichten. Das derzeit größte Neubauprojekt befindet sich in den Steimker Gärten - hier entwickelt VWI rund 1250 Wohneinheiten. Als primär für den Konzern agierender Dienstleister weist VWI natürlich Konzentrationen an den Produktionsstandorten der einzelnen VW-Marken auf - insbesondere in der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Wolfsburg. Bezogen auf die Nutzungsarten deckt VWI das gesamte Spektrum ab: Klassische Investmentobjekte, (leichte) Industrie-, Spezial- und Betreiberimmobilien.

Vielfältige Anforderungen an das CREM

Neben der großen Varietät an Nutzungsarten und geografischen Konzentrationen weist VWI als Dienstleister für einen Automobilkonzern im Vergleich zu klassischen Immobiliengesellschaften weitere Besonderheiten auf. So bilanziert VWI nicht zum Fair Value, sondern zu fortgeschriebenen Anschaffungs- und Herstellkosten. Dies erlaubt uns vergleichsweise hohe bilanzielle Leverages erzielen zu können und somit attraktive Kapitalkosten. Auch die Weighted Average Lease Length sowie die Belegungsquote sind im Vergleich zu klassischen Immobiliengesellschaften mit knapp 10 Jahren sowie 99 Prozent außerordentlich hoch. Durch die Zugehörigkeit zu Volkswagen eröffnet sich außerdem die Möglichkeit, an der Innenfinanzierung des Konzerns teilzunehmen. Dies sichert kreditmaterielle Flexibilität und gerade bei Zwischenfinanzierungen oder Finanzierungen von Spezialimmobilien Zinsvorteile gegenüber klassischen Immobiliengesellschaften.

Das Corporate Real Estate Management (CREM) bei Volkswagen verfolgt einen holistischen Ansatz. Aus Konzernsicht soll das Management von Unternehmensimmobilien einen positiven Wertbeitrag zur nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns leisten, das Kerngeschäft entlasten und idealerweise unterstützen sowie die Entwicklung, Realisierung und Bewirtschaftung von Flächen sicherstellen. Aus Sicht von VWI als Eigentümer der Immobilien stehen die Wirtschaftlichkeit des Immobilienbestandes durch Sicherung akzeptabler Renditen sowie der Werterhalt respektive die Wertsteigerung durch Entwicklung von Objekten und die Nachhaltigkeit der Immobilie im Fokus.

Um die Handlungsfähigkeit des Immobilienbereichs innerhalb des Konzerns sicherzustellen, wurden entsprechende CREM-Strukturen aufgebaut. So wurden beispielsweise immobilienbezogene Richtlinienkompetenzen etabliert, klar definierte Schnittstellen zwischen den einzelnen Beteiligten geschaffen, effiziente Immobilienprozesse aufgesetzt, Transparenz über das Immobilienvermögen geschaffen und in einer Datenbank abgebildet sowie die Einbindung in Konzerngremien bei Neubauprojekten gesichert. Somit ist nicht nur die Entscheidungsgrundlage für Nutzer und Eigentümer gewährleistet, sondern auch, dass im Konzern vorhandenes Immobilien-Knowhow richtig allokiert und dadurch die Durchschlagskraft erhöht wird.

Doch wie ist nun VWI in den Immobilienprozess eingebunden und wie sieht dieser idealtypisch aus? Ziel dieses Prozesses ist, eine gleichbleibend hohe Qualität für den Nutzer zu garantieren, eingesetzte Ressourcen besser zu skalieren und insbesondere Baukosten und Baudauer besser zu kalkulieren. Ein idealtypischer Immobilienprozess umfasst die Bedarfsformulierung, die Beschaffung, die Bereitstellung, den Betrieb und die Verwertung. In diesem Immobilienprozess übernimmt VWI alle Aufgaben einschließlich der Unterstützung bei der Bedarfsanalyse für die Marke Volkswagen als auch für andere Konzerngesellschaften wahr.

Der idealtypische Immobilienprozess

VWI ist ein wirtschaftlich agierendes Unternehmen. Aus diesem Grund wurden qualitative CRE-Leitplanken definiert. In diesen sind wesentliche Rahmenparameter zu den Geschäftsaktivitäten, Nutzungsarten, Größenordnungen, Ländern, Mietvertragsklauseln, Finanzierungen und vieles mehr verankert. So sind beispielsweise klassische Bauträgergeschäfte oder Länder, in denen Volkswagen nicht produktiv tätig ist, nicht Gegenstand der Geschäftsaktivitäten.

In der Bedarfsanalyse werden Arbeitsplatz- und Flächenbedarfe mit den Fachbereichen definiert und mit Flächen-KPIs ("Key Performance Indicators") intern plausibilisiert. Wesentliche Anforderungen sind die Einhaltung von Konzernstandards, Flexibilität, Zukunftssicherheit und Nachhaltigkeit sowie in Abhängigkeit der Nutzungsart die Marktüblichkeit. Die KPIs differenzieren nach Objekt- und Projektart. Typische Kennzahlen, die im Büroflächenmanagement zur Ermittlung der Effizienz herangezogen werden, sind beispielsweise Quadratmeter pro Mitarbeiter oder Quadratmeter pro Arbeitsplatz.

Zur Beurteilung der Flächeneffizienz eines Gebäudezuschnitts sind es etwa Quadratmeter Büro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Die Beschaffung kann über die Vergabe von vorhandenen aber leerstehenden Flächen, Nutzungsänderungen bestehender Objekte, externe Anmietung, den Kauf oder Entwicklung von neuen Objekten erfolgen. Die Bereitstellung der Fläche erfolgt über einen klassischen Mietvertrag.

Eine Frage des Nutzens

Im Rahmen der Bedarfsformulierung offenbaren sich in der Regel unterschiedliche Interessen. Auf der einen Seite benötigt der Nutzer (Mieter) kostengünstige Flächen mit klar definierten Ausstattungen, Belegungsflexibilitäten und Qualitäten. Auf der anderen Seite strebt der Vermieter (Investor) nach Wertschöpfung und Werterhalt und übernimmt dabei primär eine Portfolioals eine Einzelobjektsicht. Da die Interessen nicht zwingend deckungsgleich sind, stellt sich häufig die Frage nach dem Nutzen für den Mieter bei einer Bereitstellung von Flächen über VWI anstelle eines Eigeninvestments oder einer externen Fremdentwicklung des Nutzers.

Der Nutzen für den Mieter liegt vor allem darin, dass ein zuverlässiger Partner in allen Immobilienfragen gewonnen wird, der die Qualität seiner genutzten Flächen sicherstellt und garantiert. Durch immobilienwirtschaftliche Optimierung kann der Mieter seine Budgets effizienter für seine Kernaufgaben nutzen. Gesicherte Flächenqualitäten, definiertes Zeitmanagement und beschleunigte Immobilienprozesse sparen ihm Zeit. Insgesamt wird ihm eine stärkere Konzentration auf sein originäres Kerngeschäft ermöglicht. Durch die Trennung von Nutzer und Eigentümer wird Transparenz über Immobilienbestand, Immobilienvermögen und Kosten geschaffen. Gleichzeitig erhöht sich die Steuerbarkeit des Immobilienportfolios und des Kapitaleinsatzes.

"Blue Building" mit klaren Mindeststandards

Im Rahmen der Beschaffung - und hier nur fokussierend auf die Entwicklung einer neuen Immobilie - ist es für den Eigentümer elementar, nach der Art der Immobilie zu klassifizieren. Schließlich kann ein angemeldeter Bedarf nach Flächen auch irgendwann wieder abgemeldet werden. Während bei traditionellen Immobilien, zum Beispiel Büro, Wohnen, Einzelhandel, per se eine Drittverwendungsfähigkeit gegeben ist, ist dies bei weniger liquiden Assets wie etwa Autohäusern oder Qualifizierungszentren schwieriger. Hier muss bereits in der Planung an alternative Nutzungsarten der Immobilie gedacht werden und damit einhergehende bauliche Anforderungen frühzeitig mit in den Planungsprozess aufgenommen werden. Auch Standort, Lage sowie Ausgestaltung der Mietverträge sind hierbei elementar.

Ein weiterer Bestandteil der Immobilienstrategie ist die Nachhaltigkeit. Auf Basis von wissenschaftlich fundierten und praktisch erprobten Anforderungen der gängigen Zertifizierungssysteme hat VWI "Blue Building" entwickelt. Dabei fokussiert sich VWI auf Kriterien, die für gewerbliche Immobilien für die Automobilindustrie und den Mietwohnungsbau relevant sind. Anders als bei einer Zertifizierung definiert VWI die Anforderungen als zwingend umzusetzenden Mindeststandard, sodass ein vergleichbares Qualitätsniveau in jedem Blue Building wiederzufinden ist. Gegenüber zertifizierten Gebäuden wird damit ein hohes Maß an Transparenz und Vergleichbarkeit realisiert. Überdies ist der festgelegte Standard bereits einfach in die Vorplanung zu integrieren und zu budgetieren.

Nachhaltigkeit im Sinne aller Beteiligten

Der Blue-Building-Standard ist zweistufig aufgebaut. Im Teil A werden Anforderungen an die Energieeffizienz unter anderem zur Reduktion der CO2-Emissionen sowie Energiekosten gestellt. Energieeffiziente Gebäude nach Teil A werden mit dem Siegel Blue Building ausgezeichnet. Dieses Siegel kann um den Teil B Nachhaltiges Bauen ergänzt werden, um die Auszeichnung Blue Building Plus zu erlangen. Hierbei sind weiterführende Anforderungen an eine umweltfreundliche, wirtschaftliche und nutzerorientierte Bauweise zu erfüllen. Die Gebäude entsprechen den baulichen Anforderungen einer Nachhaltigkeitszertifizierung. Es wird jedoch auf den hohen Dokumentationsaufwand der gängigen Zertifizierungen verzichtet.

Wie profitiert der Mieter von einem solchen Standard, der in der Regel höhere Baukosten bedingt? Einerseits reduzieren sich die Betriebskosten und folglich die Warmmiete; andererseits führt ein besserer Standard zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und höherer Mitarbeiterproduktivität. Dieser wirtschaftliche Umgang mit Energie und Umwelt wird nun auch von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) honoriert, die ihre Förderprogramme seit 2015 auch für Großunternehmen zugänglich macht. Die KfW-Konditionen sind auch im aktuellen Niedrigzinsumfeld sehr attraktiv. So werden die Objekte zukunftssicher und nachhaltig und stiften sowohl für Nutzer als auch Investor zusätzlichen Nutzen.

Mietkonditionen von Immobilie abhängig

Die Art der Immobilie spielt auch bei der Nutzungsüberlassung eine wesentliche Rolle, sowohl bei der Bepreisung der Assets (Miete) als auch der Ausgestaltung des Mietvertrages. Als Entwickler steht VWI im Wettbewerb und muss sich in diesem auch messen lassen. So werden liquide Assets, zum Beispiel Büro oder Logistik, mit einer hohen Marktüblichkeit in der Regel zu Marktmieten bepreist. Dadurch wird sichergestellt, dass der Mieter keine überhöhten Mieten zahlen muss beziehungsweise im Umkehrschluss auch keine günstigeren Flächen am Markt anmieten kann. Bei illiquiden Objekten hingegen wird über die erste Mietperiode eine Kostenmiete angesetzt. In Abhängigkeit der Objekte und damit der Frage nach dem Mietansatz gibt es auch Unterschiede in der Ausgestaltung bestimmter Klauseln, zum Beispiel die Mietvertragslaufzeit, Fremdkapitalzinsklauseln, Wertsicherungsklauseln, Vorkaufsrechten sowie Kündigungs- und Verlängerungsoptionen.

Am Beispiel der Fremdkapitalzinsklausel lässt sich dies erörtern: Die Miete bei einer Kostenmiete setzt sich primär aus den Kapitalkosten, der Abschreibung und den Instandhaltungsaufwendungen zusammen. Um bei der Mietberechnung transparent und kostengünstig zu sein, kann unter Umständen eine Vereinbarung getroffen werden, dass der dem Kreditvertrag zugrunde liegende Zinssatz die Basis für die Berechnung der finalen Miete ist. Dies hat den Vorteil, dass der Investor gegen Zinsänderungsrisiken abgesichert ist. Gleichzeitig werden aber hieraus resultierende Ertragspotenziale aufgegeben. Aus Sicht des Mieters bietet solch eine Klausel den Vorteil, dass der günstigste Zinssatz verwendet wird. Natürlich sind solche Klauseln nicht marktüblich. Dennoch finden sie Anwendung, je marktunüblicher die Immobilie ist. Bei solch speziellen Immobilien erfolgt die Kreditbereitstellung ohnehin nicht besichert über klassische Hypothekenbanken, sondern vielmehr unbesichert auf Basis der Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers beziehungsweise Mieters.

Bei der Finanzierung ist die Zugehörigkeit zu VW nicht nur positiv zu sehen. Zwar erlaubt die Anbindung an die Innenfinanzierung des Konzerns gerade bei einer Brückenfinanzierung günstige Finanzierungskosten oder sichert die Finanzierung von nicht marktüblichen Immobilien erst überhaupt. Aber sie führt zu geografischen und kreditmateriellen Klumpen, die die externe Immobilienfinanzierung nicht vereinfachen. Klassische Produkte sind Hypotheken- und Schuldscheindarlehen sowie Private Debt unterschiedlicher Formate. Die hohen Renditekompressionen an den Immobilienmärkten haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass Kreditgeber immer mehr das Light Industrial Segment erschließen. Dadurch hat sich die Situation der Finanzierbarkeit von Unternehmensimmobilien wesentlich verbessert.

Verbesserte Finanzierbarkeit

Grundsätzlich verfolgt VWI einen "Invest-and-Hold"-Ansatz. Das heißt, nur wenn die Flächenbedarfe des Nutzers eine strategische Komponente haben und in die Konzernstrategie passen, wird investiert. Das bedeutet zumeist auch, dass die Objekte langfristig, häufig bis zum Lebenszyklusende, gehalten werden. Dementsprechend sind die Instandhaltungsaufwendungen aber auch die Qualität der Objekte im Vergleich zu Gebäuden gleichen Alters und gleicher Gattung überdurchschnittlich hoch. Die hohe Belegungsquote von 99 Prozent untermauert diesen Ansatz. Natürlich können Bedarfe mit der Konsequenz von leeren Flächen abgemeldet werden.

Sollten leerstehende Flächen nicht durch andere Konzernbedarfe kompensiert werden, besteht die Herausforderung im Umgang mit Leerstand. In Abhängigkeit der Lagen und der infrastrukturellen Anbindung ist häufig die Umbebauung oder Umnutzung ein adäquates Mittel. In der jüngeren Vergangenheit wurden Wohnobjekte in Büro oder Produktion in Logistik umentwickelt. Entscheidend ist aber, dass bereits alternative Nutzungsvarianten in der ursprünglichen Planung mit berücksichtigt werden. Ein Verkauf von Assets ist in der Regel nur bei nichtbetriebsnotwendigen Objekten von Bedeutung und das auch nur in bestimmten Marktphasen.

Der Autor Dr. Fabian Lander Abteilungsleitung Immobilienfinanzierung, Volkswagen Immobilien GmbH, Wolfsburg
Dr. Fabian Lander , Head of Front Office - Finance & Treasury, , Vonovia SE, Bochum

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