INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN SPEZIALFONDS

EINZELHANDELSINVESTMENTS FÜR INSTITUTIONELLE INVESTOREN NACH CORONA

Susanne Klaussner, Foto: DIR Deutsche Investment Retail GmbH

Der Lebensmitteleinzelhandel ist eine der wenigen Branchen, die auch stationär weiter wächst. Diese Erkenntnis spiegelt sich zunehmend auch in den Präferenzen institutioneller Investoren wider. So hat in der jüngeren Vergangenheit insbesondere die Dominanz von lebensmittelgeankerten Fachmärkten und Fachmarktzentren stark zugenommen. Es ist ein Bild, das sich infolge der Corona-Krise noch weiter zementieren könnte. Denn während beispielsweise Shoppingcenter, die einstmaligen Investorenlieblinge, schwer gebeutelt von den Auswirkungen des Lockdowns sind, hat sich Food Retail als systemrelevant erwiesen. Nach Einschätzung der Autoren bleibt das Segment somit vor allem für langfristig agierende, sicherheitsorientierte Investoren mit einer konservativen Anlagestrategie die erste Wahl. Red.

Einzelhandelsimmobilien zählen inzwischen zu den klassischen Immobiliennutzungsarten, die für Investitionen institutioneller Anleger infrage kommen. Der stationäre Einzelhandel, insbesondere der aperiodische Bedarf, befindet sich bereits seit mehreren Jahren in einem Wettbewerbsverhältnis zum wachsenden Onlinehandel und die Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher wandeln sich.

Beschleunigte Transformation der Handelslandschaft

Dazu kommt seit dem Frühjahr 2020 der Einfluss der Corona-Pandemie, die gravierende Auswirkungen auf eine Reihe von Handelsunternehmen hat und für eine beschleunigte Transformation der Handelslandschaft sorgt. Für institutionelle Anleger stellt sich daher die Frage, inwiefern Einzelhandelsimmobilien weiterhin attraktive Investmentchancen bieten und welche strukturellen Veränderungen und Markttrends dabei zu berücksichtigen sind.

Die Marktdaten großer Maklerhäuser und Beratungsunternehmen spiegeln seit geraumer Zeit eine Nachfrageveränderung bei Einzelhandelsimmobilien wider. Waren es vor wenigen Jahren noch Geschäftshäuser in den Highstreetlagen und Shoppingcenter, die die Investoren mit steigenden Mieten und fallenden Renditen begeisterten, so hat sich dies grundlegend gewandelt. Unter den Gewerbeimmobilien lag das Segment Retail mit insgesamt rund 4,6 Milliarden Euro nur knapp hinter den traditionell stark nachgefragten Büroimmobilien mit einem Gesamtvolumen von rund fünf Milliarden Euro.

Fokus auf Fachmarktzentren

Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass das erste Quartal im Wesentlichen von dem Verkauf der Real-Märkte an das Konsortium x+bricks/SCP dominiert wurde. Der Anteil der Handelsimmobilien am Gesamttransaktionsvolumen erhöhte sich von 12 auf 15 Prozent. Davon entfielen deutlich mehr als die Hälfte, nämlich 58 Prozent auf Fachmärkte, Fachmarktzentren, Supermärkte und Discounter, während Objekte für andere Betriebsformen des Einzelhandels weniger gefragt waren.

Die Zahlen für das zweite Quartal liegen derzeit noch nicht vor und werden vermutlich ohnehin wenig aussagekräftig sein, weil durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine Reihe geplanter Transaktionen verschoben wurden oder längere Zeit in Anspruch nehmen als geplant. Aber für das Gesamtjahr dürfte im Fachmarktsegment jedenfalls nicht mit einem nachlassenden, sondern eher sogar mit einem noch stärkeren Interesse der Investoren zu rechnen sein. Highstreet und Shoppingcenter stehen dabei unter kritischer Beobachtung.

Pandemie verdeutlicht Probleme und verstärkt Trends

Bei einigen Sortimenten im Non-Food-Bereich, insbesondere bei Büchern, Elektronik und Mode, war bereits vor dem "Lockdown" ein seit Jahren wachsender Marktanteil des Onlinehandels zulasten stationärer Geschäfte zu verzeichnen. Die wochenlange komplette Schließung der Geschäfte hat diesen Trend zum Teil weiter verstärkt. Gleichzeitig hatte sich der Lebensmitteleinzelhandel schon vor der Pandemie als relativ robust gegenüber konkurrierenden Onlineangeboten erwiesen, wenngleich einige Stimmen auch dort mit einem zunehmenden Anteil des Onlinegeschäfts rechneten.

Letztere Prognosen müssen nicht nur angesichts der jüngsten Erfahrungen einer kritischen Revision unterzogen werden. Denn entgegen vielen Vermutungen hat sich der Onlinehandel im Lebensmittelsegment in der Corona-Krise nicht weiter durchsetzen können, sondern vielmehr seine Grenzen deutlich aufgezeigt bekommen. Dabei verstärkten sich vor allem zwei Trends: In ländlichen, weniger dicht besiedelten Gebieten, in denen eine Belieferung zu Hause für viele ältere Kunden möglicherweise besonders attraktiv sein könnte, fehlt es weithin an entsprechenden Angeboten, da diese dort aus Sicht der Anbieter wegen der langen Fahrzeiten undstrecken besonders unwirtschaftlich sind.

Umgekehrt ist das Anbieten von Onlinebestellungen und Lieferservices in dicht besiedelten Ballungsräumen zwar wirtschaftlicher als im ländlichen Raum, aber lange nicht kostendeckend und stößt schnell an Kapazitätsgrenzen. So mussten viele Kunden, die Lebensmittel oder auch Drogerieartikel online bestellt hatten, die Erfahrung machen, dass ausgewählte Produkte erst mit Verzögerung lieferbar oder Liefertermine auf Tage hinaus ausgebucht waren. Die Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs in den Geschäften vor Ort erwies sich dagegen als systemrelevant und krisenfest.

Stabile Umsätze in guten wie in schlechten Zeiten

Dazu hat der Handel selbst in den vergangenen Jahren die Grundlage gelegt. Deutschland bietet flächendeckend die höchste Versorgungsdichte im periodischen Bedarf der Grundversorgung. Binnen einer Fahrzeit von durchschnittlich fünf Minuten ist ein Nahversorgungsstandort erreichbar. Durch eine plötzliche Übernachfrage seitens der Kunden hervorgerufene Lieferengpässe beschränkten sich auf einige wenige Produkte und konnten zudem bald durch eine Beschränkung der Abgabemengen auf haushaltsübliche Mengen eliminiert werden.

Insgesamt betrachtet haben sich der stationäre Lebensmitteleinzelhandel und der Handel mit Gütern der Grundversorgung damit auch unter schwierigen Bedingungen bewährt und die Herausforderungen, die sich aus der für alle Beteiligten völlig ungewohnten Situation ergaben, weitestgehend problemlos bewältigt. Der starke Anstieg der Erlöse von Handelsunternehmen in diesem Bereich, den Marktbeobachter aktuell konstatieren, wird sich aller Voraussicht nach wieder etwas relativieren, wenn beispielsweise bestimmte Non-Food-Artikel, die während des Lockdowns verstärkt in Supermärkten und SB-Warenhäusern erworben wurden, vom Konsumenten erst einmal verbraucht werden, ehe sie wieder auf dem Einkaufszettel stehen. Damit steht fest, die Grundversorgung zeichnet sich durch stabile und gut antizipierbare Umsätze aus - in guten wie in schlechten Zeiten.

Food Retail bleibt interessantestes Segment

Aus diesen Entwicklungen lassen sich entsprechende Schlussfolgerungen für Investoren ableiten, die sich am Handelsimmobilienmarkt engagieren oder entsprechende Beimischungen in ihr Portfolio aufnehmen wollen. Das unter Chancen-Risiken-Aspekten attraktivste Segment des Handelsimmobilienmarktes bleibt der Bereich Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriebedarf, das heißt all jene Einzelhandelsimmobilien, die entweder nur Supermärkte oder Discounter beherbergen oder in denen Lebensmittel mit ergänzenden systemrelevanten Segmenten dominieren.

Letzteres trifft insbesondere auf Nahversorgungs- und Fachmarktzentren zu, in denen neben einem Ankermieter aus dem Lebensmittelbereich beispielsweise noch ein Drogeriemarkt, Fachmarktfilialisten wie Textil- oder Schuhdiscounter, die Apotheke, der Schlüsseldienst, das Blumengeschäft und vielleicht noch ein Imbiss vorhanden sind. Auch Optiker sind systemrelevant, denn ohne Durchblick kein Einkauf. Das gilt auch in Corona-Zeiten für die Grundversorgung. Gerade die Erfahrungen der vergangenen Wochen haben gezeigt, dass sich der Kunde auf die systemrelevante Grundversorgung durch den stationären Handel verlassen kann und daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern.

Fachmarktzentren verfügen nun über standortkonkrete Pandemiekonzepte und werden sicher auch bei einer zweiten Welle oder lokalen Ausbrüchen nicht schließen müssen. Zum einen, weil die Wegeführung an den meisten Standorten separate Ein- und Ausgänge ermöglicht und die Kundenströme unter Einhaltung der Abstandsregeln geleitet werden können und zum anderen, weil der Mund-Nasen-Schutz bei einem Ansteigen der Fallzahlen nicht mehr diskutiert, sondern von Beginn an konsequent eingesetzt und akzeptiert wird.

Erste Wahl für sicherheitsorientierte Anleger

Die mehrheitlich positiven Erfahrungen der Kunden im Frühjahr 2020 - ungeachtet aller Einschränkungen durch die Maßnahmen zur Abwehr der Corona-Pandemie - haben vermutlich einen wichtigen Beitrag zur Kundenbindung geleistet. Dazu kommt, dass Lebensmittelkäufe nicht aufgeschoben werden können, wie dies etwa bei der Anschaffung von größeren Elektrogeräten oder Möbeln möglich ist.

Auch deshalb werden die Mietzahlungen selbst in schwierigen Zeiten pünktlich und zuverlässig geleistet und die langlaufenden Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern gewährleisten eine hohe Stabilität des Investments, auch in schwierigen Zeiten. In anderen Bereichen, etwa bei Shoppingcentern oder Warenhäusern, hat die Corona-Pandemie dagegen die bereits vorher bestehenden Probleme weiter verschärft, sodass sich diese nur für Investoren eignen, die einen langen Atem haben, auf dieses Segment spezialisiert sind und dort auch selbst Maßnahmen wie Neupositionierungen und Refurbishments umsetzen können.

Für langfristig agierende, sicherheitsorientierte Investoren mit einer konservativen, auf Werterhalt und moderatesteigerung zielenden Anlagestrategie bleibt dagegen das Segment Nahversorgung die erste Wahl.

Frequenzanker für Kommunen

Das bedeutet nicht, dass Investments im Bereich Food Retail Selbstläufer wären. Um die positive aktuelle Entwicklung in die Zukunft fortschreiben zu können, müssen auch in diesem Segment die etablierten Konzepte immer wieder auf den Prüfstand gestellt und modifiziert werden, etwa durch eine Neugestaltung der Kassenzonen oder eine moderne Warenpräsentation.

Eine im Frühjahr 2020 veröffentlichte Studie von Kaufland in Kooperation mit der BBE-Handelsberatung, die sich mit den aktuellen und künftigen Rahmenbedingungen des Handels in Deutschland beschäftigt, hat einen weiteren wichtigen Aspekt herausgearbeitet, der dem Lebensmitteleinzelhandel langfristig zugutekommen dürfte.

Dies ist seine Funktion als Frequenzanker für Kommunen unterschiedlichster Größenordnung. Bei ihrem Kampf gegen die Verödung von Innenstädten dürften Investoren im Bereich Food Retail also mit einer grundsätzlich positiven Aufnahme und Wertschätzung rechnen, während andere Konzepte auf kommunaler Ebene häufig für kontroverse Diskussionen sorgen und mit langwierigen Genehmigungsverfahren verbunden sind.

Kommunen werden generell umdenken und sich von der Innenstadt als reiner Einkaufsmeile verabschieden müssen. Sie müssen aber auch neue Konzepte und einen anderen Nutzungsmix akzeptieren, denn ähnlich einschneidende Veränderungen gab es schon in den späten siebziger und achtziger Jahren, als die internationalen Textilfilialisten und Drogeriehäuser den altgedienten Fachhandel aus den neu geschaffenen Fußgängerzonen verdrängten.

DIE AUTORIN SUSANNE KLAUSSNER MRICS, Geschäftsführerin, DIR Deutsche Investment Retail GmbH, Nürnberg
DER AUTOR MATTHIAS KREIL MRICS, Leiter Asset Management und Research, DIR Deutsche Investment Retail GmbH, Nürnberg
Susanne Klaußner , Geschäftsführerin, DIR Deutsche Investment Retail GmbH, Nürnberg
Matthias Kreil , Leiter Asset Management und Research, DIR Deutsche Investment Retail GmbH, Nürnberg

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