RISIKOMANAGEMENT

C1 AM BERLINER ALEXANDERPLATZ: ÜBER URBANE GROSSPROJEKTE IN ZEITEN GESTÖRTER LIEFERKETTEN UND ROHSTOFFVERKNAPPUNG

Gregor Marweld, Foto: privat

"Gebaut wird immer", besagt ein in der Bauwirtschaft weit verbreitetes Sprichwort. Und tatsächlich behielt dieses selbst in den vergangenen beiden Pandemie-Jahren seine Gültigkeit: Während viele Teile der Weltwirtschaft mit massiven Einbrüchen zu kämpfen hatten, erwies sich die Baubranche als verlässliche Säule der Konjunkturerholung. Nun droht sich das Blatt aber doch zu wenden: Die Preise für Rohstoffe steigen nahezu im Tagesrhythmus und die Materialengpässe nehmen immer weiter zu. Die verlässliche Kalkulation von Baukosten ist dadurch kaum noch möglich, viele Projekte müssen dementsprechend auf Eis gelegt oder komplett abgebrochen werden. Der vorliegende Beitrag gewährt Einblicke in ein aktuell laufendes Großprojekt mitten in der Bundeshauptstadt. Der Autor ist trotz aller Widrigkeiten zuversichtlich, dass das Bürogebäude planmäßig fertiggestellt werden kann. Red.

In wirtschaftlich guten und politisch sicheren Zeiten sind Lieferprobleme und hohe Materialkosten in der Baubranche schwach beleuchtete Problemfelder. Wenn sich aber die Wirtschaft schwertut und zudem ein Krieg wie der in der Ukraine tobt, wirkt sich dies extrem kritisch aus und führt zu teils massiven Problemen für Bauunternehmen.

Wie wirken sich die Rohstoff- und Baumaterialverknappung und die damit verbundenen aktuellen Lieferengpässe und Materialkosten auf Großprojekte aus? Das C1 am Berliner Alexanderplatz zeigt, wie exakte Projektplanung bei angespannten Rahmenbedingungen funktioniert.

Baubranche im Krisenmodus

Schon im Februar 2022 benannten 21 Prozent aller Firmen im Bauhauptgewerbe gestörte Lieferketten und Rohstoffengpässe als Hauptherausforderungen für ihr direktes Branchenumfeld. Dieser Prozentsatz hat sich bis April, also innerhalb weniger Wochen, auf 50 Prozent erhöht.

Nie zuvor gab es höhere Werte. Vor allem die Kosten für Betonstahlmatten, Bitumen, Bauholz oder Kupfer machen den Unternehmen Sorgen, weil sie zahlreiche Immobilienprojekte deutschlandweit an den Rand des Erliegens treiben.

Zahlreiche Projekte am Rande des Erliegens

Von diesen Problemen bleibt auch das neue C1 (Central One Midtown Offices GmbH), ein Bürogebäude mit 12 000 Quadratmetern Mietfläche am Berliner Alexanderplatz nicht vollständig verschont.

Das von der Deutschen Vermögens- und Immobilienverwaltungs GmbH (DVI), Formac Consult Real Estate GmbH (FCRE) sowie Sascha Gechter Management GmbH realisierte Gewerbeobjekt gilt derzeit als eine der Vorzeigebaustellen mitten in der Bundeshauptstadt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bauprojekten steht das C1-Projekt wesentlich besser da und kann die Fertigstellung des Gebäudes bis zum ersten Quartal im Jahr 2024 vermutlich realisieren. Um gesteckte Ziele bei einem Bauprojekt dieser Größe zu erreichen, braucht es wohl vor allem eine vorausschauende Gesamtplanung.

Rechtzeitig Materialkontingente sichern

Um ein großes Bauprojekt möglichst störungsfrei und ohne große Verzögerungen durchführen zu können, müssen vor allem die für den Rohbau benötigten Baumaterialien in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Deshalb ist es für den Projektierer wesentlich, sich so frühzeitig wie möglich Beton- und Stahlkontingente bei den Zulieferern zu sichern. Beim C1-Projekt wurden entsprechende Mengen beispielsweise 12 bis 18 Monate im Voraus geordert.

Auch die gesamte Planung wurde sehr früh gestartet, der erste Bauantrag erfolgte beispielsweise bereits 2007 und wurde im Jahre 2012 genehmigt. 2016 wurde das Projekt anschließend von den jetzigen Unternehmen übernommen und nach einem Rechtsstreit mit einem Nachbarn erlangte 2018 die erste Baugenehmigung Rechtskraft.

Im selben Jahr erfolgte nach den Plänen des Berliner Architekturbüros Faber + Faber noch eine Umwidmung des Projekts vom Hotel zum Bürokomplex, die dazugehörige Baugenehmigung wurde dann 2021 final erteilt.

Zuverlässigkeit und Kompetenz schlagen Niedrigpreise

Mit dem Kauf beziehungsweise der Bestellung von Material ist es aber nicht getan. Damit die Baustoffe auch rechtzeitig auf der Baustelle eintreffen, bedarf es einer vertrauensvollen, optimal abgestimmten Zusammenarbeit mit den Lieferanten und sonstigen Partnerunternehmen. Bei der Auswahl von Kooperationspartnern ist es wichtig, nicht das Unternehmen mit dem niedrigsten Preis zu wählen, sondern die Firma, die durch Zuverlässigkeit und Kompetenz überzeugt.

Hinsichtlich der Materialien und sensibler Baukomponenten, etwa Fenstern, sollte man immer auch ein Worst-Case-Szenario mitbedenken. Gerade bei den erwähnten Fenstern kann es immer zu steigenden Kosten oder auch Lieferverzögerungen kommen. Eine Möglichkeit, sich auf Preiserhöhungen vorzubereiten, sind etwa sogenannte dynamische Preisgleitklauseln in den Kaufverträgen.

Einzelvergabe der Gewerke

Ein zeitweise notwendiger Baustopp wäre für jedes Bauprojekt ein weiteres Worst-Case-Szenario. Wer vorausschauend plant, der schafft die Möglichkeit, den Rohbau wetterfest zu machen und ihn dann in einen Standby-Modus zu versetzen, bis es weitergehen kann.

Hier werden Erfahrung, Marktposition, das eigene Renommee sowie die gute Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern zu einer Krisenversicherung, die ein Überleben des Projekts ermöglicht, selbst bei schwierigen Rahmenbedingungen definiert.

Ein wesentlicher Faktor der Stabilität des Projektes und des bisher ungestörten Fortschreitens der Baustelle liegt ebenfalls darin, dass man sich bewusst für Einzelvergaben der Gewerke entschieden hat und sich nicht an einen, wie nicht unüblich bei solchen Großprojekten, Generalunternehmer gebunden hat.

Kundenwünsche und Trends beachten

Ein Megabauprojekt mitten in einer großen Metropole bringt nicht nur viele Herausforderungen mit sich, sondern dient auch als vorzeigbare Referenz. Nimmt man das Bauprojekt C1, dann kann man zu Recht sagen, dass dieses Bürogebäude auf einem der bekanntesten Plätze der Bundeshauptstadt einen nicht zu unterschätzenden Renommee-Faktor besitzt, den sich ein Bauunternehmen nicht entgehen lassen möchte. Um das Bauvolumen stemmen zu können, werden kleinere Projekte abgelehnt.

Immer mehr Menschen achten bei allem, was sie tun, darauf, dass es umweltfreundlich, nachhaltig und klimaschonend ist. Das gilt für Produkte des täglichen Lebens ebenso wie beim Kauf oder der Anmietung von Wohn- oder Arbeitsräumen.

Entsprechende Zertifikate spielen für Endkunden beziehungsweise Mieter eine zunehmend wichtige Rolle. Das C1 darf hier zu Recht als ein Leuchtturmprojekt in den Bereichen New Work, ökologisch verantwortliches Bauen sowie Smart Building gelten.

Das C1-Bauprojekt möchte einen Pull-Impuls schaffen, um diesen Trend hin zum modernen und verantwortungsbewussten Bauen weiter zu verstärken. Dabei spielt auch die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass die Ansprüche von Mitarbeitern, die vom Homeoffice wieder ins Büro kommen, steigen.

So wurde das C1 besonders zukunftsweisend gestaltet. Es ist so konzipiert, dass es sämtliche Ansprüche der neuen Arbeitswelten erfüllen kann. Die Flächen sind flexibel und anpassungsfähig. Dadurch sind sie offen für moderne Bürokonzepte. Durch eine entsprechende Architektur der Innenräume - verantwortlich hierfür ist das Team von Ester Bruzkuz Innenarchitekten - kann ein Bauprojekt dem Umstand gerecht werden, dass kein Unternehmen wie das andere ist.

Das zeigt sich bei Start-ups, die ihren Mitarbeitenden raumtechnisch eine Mischung aus Office und Freizeitraum zur Verfügung stellen wollen, ganz im Sinne des New-Work-Konzepts und einer guten Work-Life-Balance.

Aktuelle Problemfelder auf deutschen Baustellen Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Schnell-Umfrage "Krieg in der Ukraine und die Auswirkungen auf die deutsche Bauindustrie"
Aktuelle Problemfelder auf deutschen Baustellen Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Schnell-Umfrage "Krieg in der Ukraine und die Auswirkungen auf die deutsche Bauindustrie"

Finanzierung in Krisenzeiten: Banken werden wählerischer

Zur Realisierung großer Bauprojekte braucht es aber nicht nur Kompetenz und Ausdauer, sondern auch finanzielle Mittel. Hier kommen Kreditgeber ins Spiel, denen die schwierige Situation im Bereich Materialbeschaffung, Kostensteigerung und Bürokratie nicht entgangen ist.

Kreditgebende Banken oder sonstige Investoren schauen daher vor allem auf die Qualität der Projektplanung und das hoffentlich erstklassige Krisenmanagement des mit dem jeweiligen Projekt beauftragten Bauunternehmens.

Jeder Investor beziehungsweise Kreditgeber möchte vom Renommee eines Bauprojekts profitieren und das in unmittelbarer Nähe zum Berliner Alexanderplatz zu bauende C1 verfügt durch seine exponierte Lage über ein solches Renommee.

Nichtsdestoweniger sind viele Banken und Investoren in diesen Zeiten vorsichtig und gut beraten, ihr Geld vor allem in vorausschauend geplante Projekte zu investieren.

Gregor Marweld , Geschäftsführer , Formac Consult Real Estate GmbH, Berlin

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