Listed Real Estate: Hohe Volatilität ist ein Mythos

Dr. Karim Rochdi , Managing Partner, AVENTOS Capital Markets GmbH & Co. KG, Berlin

Im aktuellen Kapitalmarktumfeld gelten Immobilieninvestments immer noch als sicherer Hafen in der strategischen Asset Allocation. Sie gelten als relativ krisenfest, solide, wenig volatil und sogar inflationssicher. Sie liefern regelmäßige Cashflows, während "sichere" Anleihen kaum noch Zinsen bringen und an den Aktienmärkten angesichts von Rekordbewertungen und Inflationssorgen höhere Volatilitäten befürchtet werden. Bestimmte Segmente des Immobilienmarkts hingegen profitieren von langfristigen strukturellen Trends. Die Frage ist, welcher der beste Weg zum Immobilieninvestment ist. Ein diversifiziertes Portfolio aus Direktinvestments ist nur für professionelle Investoren mit hohen Anlagevolumina und großer Inhouse-Expertise ein gangbarer Weg. Viele Investoren scheuen zu Recht Klumpenrisiken und Verwaltungsaufwände und setzen auf klassische offene oder geschlossene Immobilienfonds (AIF) - und nehmen damit Nachteile in Kauf, vor allem hohe Transaktionskosten und eine oftmals schlechte Fungibilität (Handelbarkeit). Der Erwerb von Aktien börsennotierter Immobilienbestandshalter hingegen wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Schließlich handele sich dabei ja um ein Aktien- und nicht um ein Immobilieninvestment.

Pro forma mag das stimmen, und doch ist es eine Fehleinschätzung. Verschiedene Studien belegen, dass Immobilienaktien bestenfalls kurzfristig mit der allgemeinen Börsenentwicklung schwanken; mittel- und langfristig hingegen bewegen sie sich eher im Takt der Immobilienmärkte. So kommen Martin Hoesli und Elias Oikarinen in einer Untersuchung von 2019 ("Does Listed Real Estate behave like Direkt Real Estate?") zu dem Ergebnis, dass Immobilienaktien bereits ab einer Haltedauer von zwei Jahren stärker mit den Immobilienmärkten korrelieren. Der Kausalzusammenhang besteht in dem stabileren Ertragsprofil, das sich hauptsächlich aus regelmäßigen Mieterträgen speist. Mittelfristig sind Immobilienaktien unter Diversifizierungsaspekten also eher Immobilie als Aktie und deshalb sehr gut zur Portfoliostabilisierung geeignet.

Dabei können Immobilienaktien oder entsprechende Fonds klare Vorteile gegenüber Immobilien-AIF ausspielen: Sie sind börsentäglich handelbar, die Transaktionskosten sind gering, hohe Transparenz ist gegeben und es wird wenig spezifisches Fachwissen vorausgesetzt. Vorübergehende Unterbewertungen stellen zudem ideale Einstiegsgelegenheiten dar. Diese Features sollten sowohl Privatanleger als auch semiprofessionelle und institutionelle Investoren überzeugen. Sie können aus einem großen Pool an Zielunternehmen schöpfen. Weltweit gibt es mehr als 3 000 Immobilienaktiengesellschaften mit einem Börsenwert von zusammen mehr als drei Billionen US-Dollar, die ihre Erträge vor allem aus der Bewirtschaftung von Immobilien generieren. Dazu zählen auch REITs, die ihre Gewinne zum großen Teil an die Aktionäre steuerfrei ausschütten können.

Anders als ETFs, die Aktienindizes passiv nachbilden, bieten aktiv gemanagte Immobilienaktienfonds neben günstigen Einstiegschancen zudem die Möglichkeit, schon heute in die besonders attraktiven neuen Sektoren investieren zu können. Gemäß einer Umfrage von PWC und dem Urban Land Institute ("Emerging Trends in Real Estate 2022") bieten gerade die neuen Sektoren wie "Digital Real Estate" (Infrastruktur für Mobilfunk und Data-Center) und "Life Science" besonders großes Potenzial. In solche Segmente kommt man über Direktinvestments oder AIF jedoch nur schwer hinein. Investoren, die beispielsweise von Handelsimmobilien stärker in diese Richtung umschichten wollen, sollten deshalb zunehmend entsprechende Immobilienaktien beziehungsweisefonds mit vorausschauender Strategie dazu nutzen.

Dr. Karim Rochdi , Managing Partner , AVENTOS Capital Markets GmbH & Co. KG, Berlin
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