Klima-Engineering und BIM: zwei perfekt passende Puzzleteile

Benjamin Albrecht; Quelle: TLG

Klima-Engineering, auch kurz KE genannt, verfolgt das Ziel, die ökologische, energetische und wirtschaftliche Effizienz eines Gebäudes zu erhöhen. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz werden die Betriebskosten nachhaltig und über die gesamte Lebensdauer der Immobilie gesenkt - bei gleichzeitig höherem Komfort für die späteren Gebäudenutzer. Der Effizienzgewinn kann beträchtlich ausfallen. Zu diesem Zweck werden bestimmte Eigenschaften des späteren Gebäudes bereits möglichst früh in der Projektplanung aktiv berücksichtigt. Das betrifft beispielsweise Beleuchtung und Tageslichteinfall, Innenraumtemperatur und Belüftung, Schallentwicklung und Lärmbelastung oder die Belastung einzelner Fassaden flächen durch Witterungseinflüsse. Entscheidend ist, all diese Faktoren nicht erst während der Bauphase oder gar in der Betriebsphase zu optimieren, sondern bereits bei der Konzeptionierung und unter Berücksichtigung der unmittelbaren Umgebung.

Nehmen wir als Beispiel die Planungen am Berliner Alexanderplatz. Dort sollen in den kommenden Jahren zahlreiche dicht beieinanderstehende, bis zu 150 Meter hohe Hochhäuser entstehen. Solche Hochhaus-Cluster haben sehr starke Auswirkungen auf das Mikroklima. Beispielsweise können starke Fallwinde entstehen. Zudem ist der Tageslichteinfall eine Herausforderung: Einerseits können Verschattungen entstehen, andererseits können großflächige Glasfassaden die Sonneneinstrahlung reflektieren. Dies sollte bei der Größe, Anordnung und Tönung der Fenster, der Konstruktion und Steuerung der Sonnenblenden sowie der Innenraumanordnung berücksichtigt werden.

Beim KE werden natürliche Gegebenheiten ebenso genutzt wie physikalische Effekte. So lassen sich die erwähnten Fallwinde gegebenenfalls für Lüftungs- oder Kühlungszwecke nutzen. Im Idealfall stehen integrale Lösungen zur Verfügung. Dabei geht es nicht darum, vollständig auf technische Hilfsmittel zu verzichten, sondern um einen dosierten und effizienten Einsatz von optimal abgestimmter Anlagentechnik. Für ein optimales KE muss eine Vielzahl unterschiedlicher Determinanten berücksichtigt werden, die Wechselwirkungen aufweisen oder sogar entgegengesetzte Effekte erzeugen können. Ein Beispiel: Horizontal verlaufende Fensterbänder erlauben eine optimale Nutzung des Tageslichts, doch gleichzeitig bieten große Fenster im Winter weniger Wärme- und im Sommer weniger Hitze- beziehungsweise Sonnenschutz. Die Kunst ist es, alle diese Effekte und Wechselwirkungen in einem Modell zu erfassen und zu simulieren, um dann unter Berücksichtigung aller Faktoren das bestmögliche KE-Setting zu erzielen.

Building Information Modeling (BIM) ist ein intelligentes, virtuelles 3D-Abbild der Immobilie bis ins kleinste Detail. Mit BIM wird die Planung, die Ausführung und der Betrieb von Bauwerken optimiert. Dieser digitale Zwilling einer Immobilie bildet neben der räumlichen Struktur und der Bauteile zugleich deren Attribute vollständig ab. Die dahinter liegende Datenbank ist der Schlüssel für die optimale Planung und den späteren optimalen Betrieb. BIM ermöglicht von Anfang an eine integrale Planung aller Gewerke und die bestmögliche Abstimmung der Anlagetechnik. Zudem stehen die Daten auch in der Betriebsphase kontinuierlich zur Verfügung und sorgen für reibungslose Abläufe. So können beispielsweise Basisdaten zu Bauteilen, Wartungsintervalle, Verschleißzeiten oder Artikelnummern jederzeit abgerufen oder in SAP überführt werden. Mit dem digitalen Gebäudeabbild ist es deshalb möglich, alle KE-relevanten Variablen virtuell anzupassen, ihre Wirkung im komplexen Umfeld zu simulieren und das Optimum zu finden - und das lange vor dem ersten Spatenstich. Deshalb ist es ideal geeignet, um ein optimales KE schon in einem sehr frühen Projektstadium zu entwickeln. KE und BIM sind somit zwei Puzzleteile, die perfekt ineinandergreifen und bei konsequenter gemeinsamer Anwendung einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten können - sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch.

Um das Potenzial von BIM voll ausnutzen zu können, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen im Unternehmen erfüllt sein. So sollte BIM als Unternehmensziel auf höchster Entscheidungsebene definiert werden. Engagierte Vordenker, eine leistungsfähige IT-Infrastruktur sowie die Bereitschaft, bestehende Arbeitsabläufe infrage zu stellen, sind wichtige Voraussetzungen. Außerdem sollte die BIM-Methodik flächendeckend von den Mitarbeitern aller Fachbereiche angewandt werden, also von der Planung, Entwicklung bis hin zum späteren Asset-, Property- und Facility-Management im laufenden Betrieb.

Benjamin Albrecht, Head of Development, TLG Immobilien AG, Berlin

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