Handel im Wandel

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Wohin geht die Reise im stationären Einzelhandel? Viele Marktteilnehmer machen sich derzeit ihre Gedanken dazu, insbesondere dahingehend, ob das Segment langfristig gegen den an Bedeutung gewinnenden E-Commerce bestehen kann. Dabei reicht die Palette der Meinungen von eher unrealistischen Schreckensszenarien, die die kurz bevorstehende Verödung bislang überaus beliebter städtischer Einkaufsmeilen prophezeien, bis hin zu solchen, die infolge veränderter Konsumentenbedürfnisse gänzlich neue Wachstumschancen identifizieren. Sicher ist nur eines: Die oft bemühte Phrase "Handel bedeutet Wandel" war wohl nie so passend wie aktuell. Besonders zu spüren bekommt diesen Wandel die für Handelsimmobilien verantwortliche Gruppe der Asset Manager: Nicht nur verändert sich das Verhalten der Konsumenten durch den E-Commerce-Handel massiv, auch die Immobiliennutzer stellen immer neue Ansprüche, die auf die Margen der Asset Manager drücken. Dazu gehört zum einen die infolge der Verschiebung hin zu digitalen Vertriebskanälen tendenziell sinkende Flächennachfrage. Zum anderen wünschen die Filialisten verstärkt eine größtmögliche Flexibilität in Bezug auf ihre Mietvertragskonditionen - kürzere Mietlaufzeiten und Sonderkündigungsrechte sind Ausdruck dieses Trends. Hinzu kommen zum Leidwesen der Asset Manager die lauter werdenden Forderungen nach niedrigeren Ladenmieten. Prominente Beispiele dafür sind die Modehändler H & M und Zara, die im Oktober 2017 ihre zu hohen Mietkosten beklagten und angriffslustig Neuverhandlungen mit den Vermietern ankündigten.

Die Vermutung, dass die Assetklasse schon einmal bessere Tage erlebt hat, offenbart sich im Übrigen auch mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse des deutschen Einzelhandelsinvestmentmarktes im Jahr 2018: In den ersten drei Monaten belief sich das Transaktionsvolumen laut Colliers auf überschaubare 1,2 Milliarden Euro und lag damit 62 Prozent unter dem Vorjahreswert. Insbesondere ausländische Käufer machten sich zuletzt sehr rar. Folgt man der aktuellen Asset-Management-Studie von EY in Kooperation mit dem German Council of Shopping Center (GCSC), so dürfte es sich dabei aber nur um eine vorübergehende Verschnaufpause gehandelt haben. Denn trotz aller Probleme und Risiken offenbart die Umfrage unter 113 Unternehmen (davon 79 Prozent Asset Manager und 21 Prozent Handelsimmobiliennutzer) eine nach wie vor große Anziehungskraft der Assetklasse auf professionelle Anleger.

Knapp die Hälfte der Befragten plant demnach in den kommenden zwölf Monaten in Handelsimmobilien zu investieren. Ein Drittel dieser Gruppe peilt dabei ein Investitionsvolumen von maximal 50 Millionen Euro an, ein weiteres Drittel gedenkt hingegen sogar über 250 Millionen Euro in die Assetklasse zu stecken. Günstige Einstiegschancen identifizieren die Studienteilnehmer aktuell vor allem bei Fachmarktzentren, Geschäftshäusern und großflächigen Einzelhandelsimmobilien (Geschossfläche über 800 Quadratmeter): Jeweils mehr als drei Viertel der befragten Asset Manager erwarten für diese drei Immobilientypen, dass die Renditen in den kommenden zwei Jahren nicht sinken werden.

Damit dies angesichts der überwiegend ausgereizten Mietpreise tatsächlich so kommt, sind eine aktive Betreuung und Ertüchtigung der Liegenschaften jedoch unerlässlich. Im Fokus steht momentan vielerorts die mit Modernisierungskosten verbundene Etablierung von Erlebnisangeboten in Handelsimmobilien. Es ist ein ebenso plausibler wie notwendiger Schritt. Ob an Shoppingcenter angeschlossene Museen oder Fitnessstudios aber letztlich nennenswert neue Umsatzimpulse bieten können, bleibt freilich abzuwarten. Klar ist: Das Asset Management für Handelsimmobilien hat angesichts der mannigfaltigen Herausforderungen den Titel als "Königsdisziplin der Immobilienwirtschaft" redlich verdient. ph

Noch keine Bewertungen vorhanden


X