Crowdinvesting: fragwürdige Hilfe der Politik

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Mitte Mai haben Union und SPD Lockerungen der Vorschriften für Privatanleger bei Schwarmfinanzierungen (neudeutsch: "Crowdinvesting") beschlossen. Unter anderem wird dabei sowohl die Schwelle für prospektfreie Vermögensanlagen von derzeit 2,5 auf 6,0 Millionen Euro, als auch die Obergrenze für Einzelanlagen von bislang 10 000 auf 25 000 Euro erhöht. Das Timing hätte unglücklicher nicht sein können, denn der zurückliegende Monat markiert den (bislang) schwärzesten in der noch jungen Geschichte der Branche in Deutschland: Gleich drei via Crowdinvesting finanzierte Immobilienvorhaben erlitten im Mai Schiffbruch. Betroffen sind zwei Projekte der Plattform Zinsland und eines von Bergfürst, bei der kürzlich die Commerz Real eingestiegen ist. Rund 1 500 Kleinanleger droht nun der Totalausfall ihres investierten Kapitals von insgesamt etwa 2,3 Millionen Euro, auch weil sie im Insolvenzfall als nachrangige Kreditgeber - der Regelfall bei Crowdinvesting - ganz zuletzt bedient werden.

Die Entscheidung der Bundesregierung mutet aber nicht nur vor diesem Hintergrund fragwürdig an. Warum einer Branche, die mit ihren Produkten überwiegend im grauen Kapitalmarkt angesiedelt ist, noch weitere Privilegien einräumen? Das wäre vielleicht dann zu rechtfertigen, wenn die Finanzierungen schwerpunktmäßig zum Beispiel hoffnungsvollen Tech-Start-ups - wohlgemerkt der Ursprungsgedanke des Crowdinvesting - zugutekäme. Doch stattdessen entfällt der Löwenanteil auf das Einsammeln günstigen Risikokapitals für Immobilienprojektentwicklungen in vielerorts überhitzten Märkten. Die damit einhergehenden Risiken werden nur die wenigsten Privatanleger überblicken können. Noch dazu dürfte es sich bei den Kreditnehmern nicht selten um solche handeln, die sich nur deshalb an die Crowd wenden, da sie bei der Hausbank mit ihrem Anliegen abgewiesen wurden. Spätestens wenn es zu einem Abschwung auf dem Immobilienmarkt kommt, werden sich solche Fälle vermutlich häufen. Dann wird die Politik ihren nun gefassten Beschluss hoffentlich nochmal überdenken, und auch eine intensivere Beobachtung der Branche durch die BaFin wäre sicherlich nicht von Nachteil. ph

Noch keine Bewertungen vorhanden


X