Erdgeschoss-Studie 2020: Weniger Ketten, mehr lokale Akteure

Die Vermietung von Erdgeschossen in Stadtquartieren gestaltet sich nicht erst seit Ausbruch der Corona-Krise als zunehmend schwierig. Bulwiengesa hat deshalb gemeinsam mit Fachleuten aus den drei Projektentwicklungsunternehmen Ehret und Klein, Hamburg Team und Interboden sowie der Bundesstiftung Baukultur eine Studie dazu erstellt. Ein Kernproblem in Augen der Experten: Viele öffentliche Planungsämter beharren oftmals auf zu starren Vorgaben bezüglich der konkreten Erdgeschossnutzungen, die sich mit den am Markt realisierbaren Möglichkeiten und den Gegebenheiten vor Ort oft nicht oder nur schwer vereinbaren lassen. Die Projektentwickler würden dadurch vor größere Probleme bei der Umsetzung gestellt, beispielsweise im Rahmen der Mietersuche. Gleichzeitig steige die Gefahr längerer Leerstandszeiten sowohl zu Beginn, als auch im weiteren Verlauf der Nutzungsphase.

Hinzu kommen die enorm steigenden Bau- und Grundstückskosten, die das Mietenwachstum im stationären Einzelhandel deutlich hinter sich lassen. So sind die Baukosten zwischen 2009 und 2019 in den sieben A-Städten im Durchschnitt um rund 20 Prozent gestiegen, bei den Grundstückskosten verdoppelten sich die Werte allein zwischen 2015 und 2019 vielerorts. Im Regelfall sorge diese anhaltend hohe Dynamik zusammen mit den für viele Nutzungen aufwendigen Ausbaustandards der Erdgeschosse dafür, dass sich ihre Entwicklung in A-Städten erst ab Mieten von "deutlich über 20 Euro pro Quadratmeter" wirtschaftlich lohnt, so die beteiligten Projektpartner. Da diese Mieten aber nur selten auch marktfähig sind, müsse das Erdgeschoss inzwischen in den meisten Fällen mithilfe der über dem Erdgeschoss angesiedelten Nutzungen wie Büro und Wohnen quersubventioniert werden.

Zur Verbesserung der Situation empfiehlt die Studie unter anderem die stärkere und frühzeitige Einbeziehung lokaler Wirtschaftsakteure. Dazu zählen insbesondere auch Mieter aus dem lokalen Umfeld, da diese zu resilienteren Strukturen führten als überregionale oder globale Einzelhandelsketten. Planungsämter sollten derweil stärker würdigen, dass niedrige Renditen durch relativ hohe Kaufpreise und "Stadtrendite" Hand in Hand mit einem geringen sozialen Risiko einhergingen. Nur so würden Projektentwickler incentiviert. Zudem wäre eine bessere Abwägung bei schwer vermietbaren Flächen sowie ein verbindlicher Anforderungs- und Leistungskatalog unter den aktuellen Bedingungen oftmals förderlich, um Leerstände zu vermeiden. Der Rat an die Investoren ist die Sicherstellung einer weitreichenden Nutzungsflexibilität sowie Robustheit im Grundkonzept. Gemeint sind vor allem Alternativen zum Einzelhandel - etwa Kultur, Büros und Kleingewerbe. Und da Grundstückspreise, Immobilienmarktzyklen und Quartiersveränderungen starken Einfluss auf die langfristige Wertstabilität eines Stadtquartiers haben, erachten die Studienautoren klare Strategien, wie welchen Risikofaktoren bei welchen Kosten begegnet werden kann, als obligatorisch. Red.

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