Wohnungswesen

Die Wohnungswirtschaft ein Profiteur der Finanzmarktkrise

Auch wenn die Erinnerungen schon verblasst sind: Die letzte Bankenkrise ist keine zehn Jahre her. Als aufgrund des Platzens der Dotcom-Blase der Neue Markt zusammenbrach und der Dax auf 2189 Punkte fiel (aktuelles Krisentief 3589 Punkte), mussten Banken erstmals Milliardenverluste hinnehmen. Die Folgen hat damals auch die deutsche Wohnungswirtschaft zu spüren bekommen. So haben sich viele Kreditgeber aus der Finanzierung, insbesondere der ostdeutschen Wohnungswirtschaft, zurückgezogen. Die Branche musste auch erfahren, welche Folgen der massive Verkauf von Forderungen haben kann. Doch außer einer Sensibilisierung für den zuletzt genannten Punkt ist die damalige Krise längst vergessen.

Wir ahnen, dass die Folgen der gegenwärtigen Krise weitaus nachhaltiger sein werden als alles, was wir in der jüngeren Vergangenheit erlebt haben. So wird die berechtigte Frage gestellt, wie lange die Banken mit den Folgen der Krise zu kämpfen haben und welche Auswirkungen diese Situation für die Wohnungswirtschaft hat. Gibt es vielleicht alternative Kreditgeber zu den klassischen Banken? Auch stellt sich natürlich die Frage, wie die Wohnungswirtschaft auf die Krise bei den Banken reagieren sollte. Und welche Chancen bietet das historisch einmalige Zinsniveau?

Die Eigenkapitalproblematik der Banken und deren Konsequenzen

Immer wieder wird von der Eigenkapitalproblematik der Banken in den Medien berichtet. Um aber die Konsequenzen für Kreditnehmer zu verstehen, müssen die Regularien von Basel II betrachtet werden. Basel II regelt, in welcher Höhe eine Bank einen Kredit mit Eigenkapital unterlegen muss. Entscheidende Faktoren sind hierbei die Bonität des Kreditnehmers und die Sicherheiten, die der Kreditnehmer der Bank zur Verfügung stellt.

Schon hier wird das Grundproblem, mit welchem die Kreditwirtschaft zu kämpfen hat, deutlich. Sinkt infolge einer Wirtschaftskrise die Bonität aller Kreditnehmer und sind die Sicherheiten (beispielsweise Forderungsabtretungen) weniger werthaltig, müssen Banken ihr gesamtes Kreditportfolio mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen. Müssen sie dann noch zusätzlich für faule Wertpapiere - wie im letzten Jahr geschehen - Abschreibungen vornehmen, wird Eigenkapital ein extrem knappes Gut und die Fähigkeit, neue Kredite zu vergeben, beschränkt. Aus diesem Sachverhalt wird klar, dass die gegenwärtige Krise bei den Banken weitaus nachhaltiger sein wird als vor knapp zehn Jahren das Platzen der Dotcom-Blase. Die Tatsache, dass die Wohnungswirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen über eine überdurchschnittlich gute Bonität und Sicherheiten verfügt, macht sie vor diesem Hintergrund für Banken als Kreditnehmer natürlich hoch attraktiv. Doch es ist deutlich festzustellen, dass innerhalb der Branche heute viel größere Unterschiede gemacht werden, als dies vor dem Ausbruch der Krise der Fall war. So ist das Wohnungsunternehmen deutlich im Vorteil, welches im Realkreditbereich Finanzierungen abfragt. Dieses quasi risikolose Geschäft wird vor dem Hintergrund strapazierter Kreditportfolios bei den Banken sehr gern gemacht und mit guten Konditionen honoriert. Allerdings müssen sich die Banken einer bisher wenig aktiven Kreditgebergruppe im Wettbewerb stellen: Versicherungen und Versorgungskassen.

Versicherungen haben immer noch den (zum Teil unberechtigten) Ruf, kompliziert in der Abwicklung zu sein. Dennoch sollte diese Kreditgebergruppe durchaus ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Weder Versicherungen noch Versorgungskassen müssen sich im Gegensatz zu Banken über den Kapitalmarkt refinanzieren, sondern greifen auf ihre Einlagen zurück. Die Verwerfungen der Kapitalmärkte, die wir in der Zeit seit Oktober 2008 erlebt haben, waren zum Teil so massiv, dass eine vernünftige Refinanzierung nur mit erheblichen Aufschlägen darstellbar war.

Keine Refinanzierung am Kapitalmarkt

Die Tatsache, sich nicht über den Kapitalmarkt refinanzieren zu müssen, hat noch einen anderen sehr positiven Nebeneffekt. Unbeeindruckt von der steilen Zinsstrukturkurve sind die Forwardaufschläge bei dieser Kreditgebergruppe deutlich niedriger als bei Banken.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich immer mehr Wohnungsunternehmen den Angeboten von Versicherungen und Versorgungskassen öffnen. Die Nachfrager stoßen dabei auf ein immer größer werdendes Angebot von verschiedensten Anbietern. Der Grund hierfür ist einfach. Die Anlagemanager von Versicherungen und Versorgungskassen haben zunehmend ein Problem, sehr risikoarmes Geschäft zu generieren. Selbst bei Staatsanleihen wird mittlerweile die Frage nach dem Ausfallrisiko gestellt. So profitiert die Wohnungswirtschaft indirekt von der Krise im Euroraum. Mittlerweile gehen diese Kreditgeber auch so weit, außerhalb des Realkreditbereichs bei guten Bonitäten attraktive Konditionen zur Verfügung zu stellen. Es gibt aber noch eine weitere Kreditgebergruppe die sich unabhängig vom Kapitalmarkt durch Kundeneinlagen refinanziert: Bausparkassen.

Bausparen - jeder hat davon schon etwas gehört und verbindet damit Begriffe wie Sparzulagen, Wohnungsbauprämien und Wohn-Riester. Begriffe, die in der Wohnungswirtschaft eher fremd sind. Und dennoch bieten Bausparkassen für Wohnungsunternehmen eine attraktive Möglichkeit, sich das gegenwärtige Zinsniveau für künftige Prolongationen zu sichern.

Ein altes Produkt in neuem Glanz: Bausparverträge

Ein wesentlicher Grund, warum dies heute so ist, ist die steile Zinsstrukturkurve auf niedrigem Niveau. Die früher bei Bausparkassen zu Recht als niedrig empfundene Guthabenverzinsung in der Ansparphase liegt heute mit Zinssätzen zwischen 0,5 und 1,5 Prozent per annum zum Teil sogar über dem, was der Kapitalmarkt bietet. Die Darlehenszinssätze sind mit 1,9 bis 3,9 Prozent per annum ebenfalls sehr günstig.

So bieten sich Bausparverträge insbesondere bei den stark subventionierten KfW-Darlehen als Anschlussfinanzierung an. Das Zinsänderungsrisiko wird damit ausgeschlossen und Zinsen und Tilgung laufen auf ähnlichem Niveau weiter. Natürlich können Bausparverträge auch für Prolongationen von Kapitalmarktdarlehen eingesetzt werden. Die Erfahrung zeigt, dass dies für Prolongationen ab dem Jahr 2015 sinnvoll ist. Allerdings ist es im Dschungel der verschiedenen Tarife und Bausparkassen schwierig, das optimale Produkt für ein Wohnungsunternehmen zu identifizieren, zumal die meisten Berater bei Bausparkassen nur Erfahrungen im Privatkundengeschäft haben. Daher ist ein intensiver Vergleich der Angebote unbedingt anzuraten.

Historisch einmaliges Zinsniveau

Schon mehrfach erwähnt wurde die historisch einmalig steile Zinsstrukturkurve auf niedrigem Niveau. Die Abbildung veranschaulicht, was hiermit gemeint ist. Noch nie war in den letzten 35 Jahren die Verzinsung für kurz- und langfristige Finanzierungen so niedrig. Besonders auffällig ist aber nicht nur das niedrige Zinsniveau, sondern auch die große Differenz zwischen den Zinssätzen bei einer einjährigen und einer zehnjährigen Zinsbindungsfrist. Natürlich ist der Reiz hoch, auch kurzfristige Finanzierungen in das Kreditportfolio eines Wohnungsunternehmens aufzunehmen. Grundsätzlich ist dies auch sinnvoll. Wie der Abbildung leicht zu entnehmen ist, wäre dies über einen sehr langen Zeitraum vom Aspekt des Zinsaufwandes betrachtet die günstigere Alternative gewesen. Gleichwohl sollten aber einige Handlungsempfehlungen nicht nur zu kurzfristigen Finanzierungen, sondern auch vor dem Gesamthintergrund der oben dargelegten Tatsachen beachtet werden.

Handlungsempfehlungen für die Wohnungswirtschaft

Das Fazit der gegenwärtigen Situation ist insgesamt zwiespältig, für die Wohnungswirtschaft allerdings überwiegend positiv. Zum einen wird die Krise bei den Banken wesentlich nachhaltiger sein und dadurch auch massive Konsequenzen für deren Kreditvergabepolitik haben. Zum anderen profitiert aber die Wohnungswirtschaft durchaus von der gegenwärtigen Situation. Sehr gute Bonität und Sicherheiten machen sie für viele Kreditanbieter zu hoch attraktiven Kreditnehmern. Das gegenwärtige Zinsniveau eröffnet zudem historisch einmalige Chancen. Um aber auch von dieser Situation profitieren zu können, sollten einige Handlungsempfehlungen von der Wohnungswirtschaft beachtet werden:

- Auswahl der Kreditgeber: Bei dem gegenwärtig niedrigen Zinsniveau sollte nicht der Zinssatz allein das entscheidende Auswahlkriterium sein. Vielmehr sollte kritisch hinterfragt werden, wie nachhaltig und zuverlässig der Kreditgeber den Wohnungsunternehmen zur Verfügung steht.

- Anzahl der Kreditgeber: Ein Wohnungsunternehmen sollte bestrebt sein, mindestens zwei bis drei zuverlässige Hausbanken zu haben. Durchaus sinnvoll ist es, das Kreditgeberportfolio um Versicherungen, Versorgungskassen oder auch Bausparkassen zu erweitern. Gerade diese bieten zurzeit der Wohnungswirtschaft aufgrund ihrer exzellenten Bonität sehr gute Angebote, ohne dabei hohe Transparenzanforderungen an die Kreditnehmer zu stellen.

- Zinsmanagement: Der Anreiz, auch kurzfristige Zinsbindungen abzuschließen, ist gegenwärtig sehr hoch. Zwei wichtige Punkte sollten allerdings dabei beachtet werden. Zum einen sollte das Zinsänderungsrisiko mit geeigneten Instrumenten wie beispielsweise einem Cap minimiert werden. Zweitens ist bei der Vertragsgestaltung unbedingt darauf zu achten, dass lediglich die Zinsbindung kurzfristig vereinbart wird, die eigentliche Finanzierungszusage und damit die Liquiditätssicherung jedoch langfristig erfolgt.

- Sicherheitenmanagement: Immer entscheidender für günstige Konditionen, aber auch zur Erschließung der attraktiven Kreditgebergruppen Versicherungen beziehungsweise Versorgungskassen, ist ein möglichst niedriger Beleihungsauslauf. Hierzu ist es erforderlich, Grundbücher zu entflechten und möglichst nur mit einem Kreditgeber zu beleihen, um so Beleihungsfreiräume optimal nutzen zu können.

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