MIPIM-Special

Wege und Maßnahmen zur Gestaltung von Infrastrukturinvestitionen

Infrastruktur ist binnen weniger Jahre zu einer begehrten Anlageklasse avanciert. Dank der stabilen Rückflüsse steht sie auf der Wunschliste vieler Anleger ganz oben. Infrastrukturinvestments beinhalten das Beste aus zwei Welten: die Vorteile von Sachwerten und von Beteiligungsstrukturen. Doch diese Mischung birgt auch Herausforderungen. Infrastrukturinvestments sind zwar kein Ertrags-Turbo, dafür versprechen sie regelmäßige und konstante Renditen, die sich deutlich vom derzeit niedrigen Zinsniveau abheben. Als Diversifikationsmöglichkeit können sie daneben das Gesamtrisiko im Portfolio reduzieren. Ein weiterer Vorteil: Infrastrukturanlagen verringern die Abhängigkeit von der Volatilität an den Kapitalmärkten. Langfristig orientierte Anleger liebäugeln deshalb - auch als Reaktion auf die Finanzkrise - verstärkt mit einer teilweisen Umschichtung aus Aktien oder Anleihen in die noch junge Assetklasse.

Eine gemeinsame Umfrage der Commerz Real AG und des Berliner Research Centers for Financial Services der Steinbeis-Hochschule Berlin unter institutionellen Anlegern zeigt: Für 70 Prozent der befragten Adressen hat sich die Attraktivität von Infrastrukturinvestments in den vergangenen Jahren erhöht. Für die Studie wurden Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke, kirchliche Einrichtungen, Stiftungen und Banken befragt. Demnach hält bereits fast jede dritte Adresse Infrastrukturanlagen. In drei Jahren dürfte sich bereits mehr als jeder zweite an diesem attraktiven Markt beteiligt haben.

Wissen über Branchen und Technologien nötig

Gefragt sind insbesondere Sachwerte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft. Auch leitungsgebundene Infrastruktur wie Telekommunikation oder Strom steht hoch im Kurs. Zudem stoßen Mautstraßen und Flughäfen auf starkes Interesse. Die Befragten gaben außerdem an, die Investitionen in Infrastruktur steigern zu wollen. Auf dieser Basis prognostizieren die Experten einen Anstieg des Infrastrukturanteils in den Portfolios von 1,2 Prozent im Jahr 2012 auf knapp drei Prozent in 2015.

Den Startschuss für Infrastrukturinvestments hierzulande gaben eine Reihe eindrucksvoller Transaktionen, etwa der Markteintritt der australischen Macquarie Bank 2005 und die daraus resultierende Übernahme des Heizungs- und Wasserablesers Techem 2008 oder zwei Jahre zuvor die RREEF, die binnen weniger Monate 500 Millionen Euro für ein breites, internationales Portfolio einsammelte. Eines haben diese Infrastrukturbeispiele gemeinsam: Es handelt sich im Wesentlichen um Beteiligungen der Privatwirtschaft an Strukturen, die grundlegende gesellschaftliche Versorgungsfunktionen wie Elektrizität, Wasserversorgung, Mobilität oder Kommunikation erfüllen. Der Cashflow aus dem daraus resultierenden Infrastrukturinvestment stammt hingegen aus einem stark regulierten Geschäft.

Diese Mischung birgt für Investoren etliche Herausforderungen. Zum einen ist die Suche nach passenden Assets keine leichte Aufgabe. Bei der Wahl des richtigen Infrastrukturbausteins muss nicht nur die Frage nach der Ausrichtung des Portfolios und der Strategie beantwortet werden. Auch das für das Asset relevante Fachwissen muss vorhanden sein - schließlich ist die Palette der Infrastrukturinvestments breit. Zum anderen muss die Expertise des Investors sowohl die Risikoanalyse als auch das aktive Management umfassen.

Beides erfordert umfassende Marktkenntnisse und Erfahrung. Besonders anspruchsvoll ist die Risikoanalyse, denn sie wird durch die Heterogenität der Assets erschwert. Ob leitungsgebundene Infrastruktur oder Mautstraße - jedes Investment muss hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Tragfähigkeit und der operativen, regulatorischen und rechtlichen Risiken beurteilt werden. Viele institutionelle Anleger begeben sich damit nach wie vor auf ungewohntes Terrain. Das bestätigt auch die Commerz-Real-Studie: Lediglich vier Prozent der Befragten beurteilen die Infrastruktur-Expertise ihres Hauses mit "sehr gut".

Unterschiedliche Kulturen und Vorgaben

Wie komplex ein solches Vorhaben ist, lässt sich am Beispiel der 2011 erfolgten Amprion-Transaktion demonstrieren. Spätestens seit diesem Abschluss zählt die Commerz Real zu den führenden Anbietern bei Infrastrukturinvestments für institutionelle Anleger. Nahezu 75 Prozent der Anteile am Übertragungsnetzbetreiber Amprion gingen an institutionelle Investoren. Nur eine Sperrminorität wird noch vom ehemaligen Amprion-Alleineigentümer RWE gehaltenen.

Die Finanzinvestoren und das Asset Amprion zusammenzubringen stellte jedoch eine große Herausforderung dar - obwohl alle Seiten reges Interesse an dem Geschäft bekundeten. Weil es sich für die Beteiligten um eine völlig neue Anlageklasse handelte, musste an verschiedenen Stellschrauben gedreht werden:

- Faktor Portfolio-Vorgaben. Die Commerz Real führte schon früh erste Gespräche mit institutionellen Investoren. Bei vielen stieß die Idee auf Gegenliebe. Jedoch wurde schnell klar, dass solche Projekte vielfach nicht von der eigenen Portfoliostrategie gedeckt waren. Um den Abschluss später zum Erfolg zu führen, mussten Strategieanpassungen aufseiten der Investoren erfolgen.

- Faktor Risiko-Rendite-Profil. Der Fall Amprion ähnelte durch den Buy-Out eher einem Private-Equity-Geschäft. Schließlich kaufte die Commerz Real Anteile an einem Übertragungsnetzbetreiber. Doch zweistellige Renditen, wie sie manchmal von Buy-Outs erzielt werden, lassen sich mit Infrastruktur aufgrund der starken Regulierung nicht darstellen. Insgesamt überzeugte das Risiko-Rendite-Profil, dennoch verlangte die Transaktion einen erhöhten Erklärungsbedarf.

- Faktor neue regulatorische Fragen. Infrastrukturinvestments sind auch für die Regulierer neu. Ob Netzbetreiber, Erneuerbare Energien oder Mautstraßen - jedes Investment muss auch hinsichtlich seiner regulatorischen Risiken ein gestuft werden können. Bei Amprion machte sich die Commerz Real darüber viele Gedanken - auch im Hinblick auf Solvency II, was letztlich erheblichen Einfluss auf die Art der Beteiligung hatte.

- Faktor Synchronisierung von Entscheidungsprozessen. Die M & A-Abteilung von RWE und die Finanzinvestoren unterlagen unterschiedlichen Entscheidungszyklen und Kommunikationspflichten. Während die M & A-Abteilung von RWE schnelle Bieterverfahren gewohnt war und auf die Ad-hoc-Publizität ihres Konzerns achten musste, absolvierten die Finanzinvestoren teilweise umfangreiche Prüffolgen zum Schutz der anvertrauten Kundengelder. Da prallten zwei unterschiedliche Zeitkulturen aufeinander.

Das zeigt, wie komplex Infrastrukturinvestments sein können. Diesen Schritt ohne einen erfahrenen Partner zu machen, ist schwierig, weil für den Aufbau von Infrastruktur-Know-how Jahre und eine erhebliche Zahl erfahrener Mitarbeiter benötigt werden. Auch wenn das Interesse im Markt stark wächst, können nicht alle institutionellen Investoren einen solchen Aufwand rechtfertigen. Eine Alternative ist die Beauftragung externer Infrastrukturspezialisten.

Noch viel Raum für privates Kapital

Infrastrukturinvestitionen sind eine echte Sachwert-Alternative für institutionelle Anleger. Auch das Potenzial ist immens: Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) steckt von den rund 70 Billionen US-Dollar, über die institu tionelle Anleger in den OECD-Staaten im Jahr 2011 verfügten, lediglich ein Bruchteil in Infrastrukturinvestments.

Die OECD wertet Infrastrukturinvestments positiv, und zwar für alle Beteiligten: So ermöglichen Investitionen in reale, produktive Vermögenswerte wie Infrastruktur einerseits institutionellen Anlegern die erforderlichen stabilen Erträge, gleichzeitig fördern sie gesamtwirtschaftliche Investitionen und das daraus resultierende Wachstum, heißt es in einer Studie, die 2013 für die Finanzminister und Notenbanken der G20 angefertigt wurde.

Damit profitieren von einem anziehenden Infrastrukturgeschäft am Ende alle: Die öffentlichen Haushalte, die den Investitionsstau aufgrund knapper Kassen etwa bei Straßen und Energieversorgung über attraktive Investitionsmöglichkeiten bewältigen. Die institutionellen Anleger, die stabile Renditeströme abseits der Anleihemärkte für sich erschließen. Und schließlich die Industriegesellschaft, für die eine funktionierende Infrastruktur das Rückgrat für Wohlstand und Innovationen bildet.

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