Im Blickfeld

Warnung vor Berlin

Der Berliner Wohnungsmarkt wird derzeit sowohl von nationalen als auch von internationalen Investoren als einer der attraktivsten in Deutschland angesehen. Sie begehen dabei aber zusehends den Fehler, nur auf die aktuelle Situation und die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit zu setzen. Wer in den vergangenen Jahren in Berliner Wohnungen investierte, konnte kaum etwas falsch machen: Ob in einfachen, mittleren oder guten Lagen, fast überall waren sowohl Mietzuwächse wie auch steigende Multiplikatoren garantiert. Doch wie immer bei Investments ist es falsch, die Performance der Vergangenheit ohne Weiteres für die Zukunft fortzuschreiben. Denn die Renditen sind bereits erheblich gesunken. Wenn man

das Risiko einpreist, lohnen sich viele Investments in Berlin nicht mehr. Das zeigt unser Risiko-Rendite-Ranking, das für 50 deutsche Städte Risiko und erzielbare Rendite zueinander ins Verhältnis setzt. Zwar sind die demografische Entwicklung und die Nachfrage in Berlin momentan noch sehr gut. Doch die sozioökonomische Dynamik der Hauptstadt mahnt zur Vorsicht. So liegt das Bruttoinlandsprodukt in Berlin deutlich unter dem Durchschnitt der 50 untersuchten Städte. Natürlich kommt es immer auf das konkrete Objekt und dessen Lage an - der generelle Berlin-Hype ist aber unter objektiven Gesichtspunkten nicht mehr gerechtfertigt.

In Berlin, aber auch in den anderen Metropolen, liegen die Anfangsrenditen häufig deshalb so niedrig, weil ein erheblicher Kapitaldruck auf ein mittlerweile sehr geringes Angebot trifft und zukünftige Wachstumschancen bereits vollends eingepreist sind. Die erzielbare Objektrendite liegt in vielen Fällen bereits unter 4,5 Prozent per annum. Insbesondere bei einem Anstieg der Kreditzinsen birgt dieser geringe Wert Risiken für den Investor. Das gilt nicht nur für Berlin.

Geht man allein nach dem Rendite-Risiko-Verhältnis, sollten Investoren in Deutschland vor allem Lüneburg und Wolfsburg in den Blick nehmen. Sie zählen in dieser Hinsicht aktuell zu den attraktivsten Standorten in Deutschland. Verglichen mit dem Risiko für Investoren weisen beide Städte bei Bestandswohnimmobilien attraktive Renditespannen auf. Mittlerweile zeigt sich ja auch allenthalben, dass das Investoreninteresse an B-Standorten zuletzt merklich gestiegen ist, weil sich in vielen B-Städten höhere Durchschnittsrenditen erzielen lassen als in den Top-7-Städten, obwohl das Standortrisiko häufig ähnlich ist. Wegen ihrer vergleichsweise geringen Marktgröße kommen B-Städte aber nicht für alle Investoren in Frage. In den Metropolen sind eher größere Investments zu realisieren, da viele Transaktionen stattfinden, insgesamt größere Kapitalströme agieren und der Markt, der sowohl im Ankaufs- als auch im späteren Exitfall die Chance mehrstelliger Millionen-Deals bietet. Ist dies aber nicht von Bedeutung, spricht aktuell weit mehr für wirtschaftlich starke B-Städte.

Ulrich Jacke, Geschäftsführender Gesellschafter, Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main

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