Kapitalanlage

Vermietungs- und Finanzierungsstrategien bei Immobilien mit Leerstandsproblematik

Die Vermietung leer stehender Flächen ist einer der Hauptwerttreiber einer Immobilieninvestition. Je mehr Flächen zu marktkonformen Mietzinsen vermietet sind, desto höher ist die Rendite für den Investor. Der Fokus muss also auf dem Abbau von Leerständen liegen. In sogenannten "B-Märkten" - Städten in regionaler Lage und mit in der Regel mindestens 50000 Einwohnern - existieren oft nur geringe Marktschwankungen. Entsprechend schwierig ist es, die Aufmerksamkeit Wohnungssuchender auf das eigene Angebot zu lenken. Der Vermieter muss strategisch geschickt agieren, um sich positiv von anderen Anbietern abzugrenzen.

Analyse des Leerstandes

Immobilien mit erhöhtem Leerstand haben oft eine "negative Vergangenheit": Insolvenz des Eigentümers, fehlende Liquidität für Investitionen und Verwaltungsmängel sind häufig der Grund für erhöhte Leerstandsquoten. Vor dem Ankauf einer Liegenschaft ist es essenziell, den Grund für den Leerstand zu erkennen und eine Strategie zu dessen Vermeidung zu entwickeln. Zwar kann der Vermieter die Attraktivität der Lage nur schwer beeinflussen, er kann jedoch Maßnahmen ergreifen, um die Immobilie dennoch erfolgreich vermieten zu können: beispielsweise durch die rasche Beseitigung eines Instandhaltungsstaus oder durch eine aktive Vermarktung mit Umzugszuschüssen bis zur Gewährung einer mietfreien Zeit beziehungsweise sonstigen Incentivierungen.

Folgende Punkte sind in der Analysephase wichtig:

- Prüfung der Leerstands-Ursache: Ist der Leerstand bedingt durch Sondersituationen wie Insolvenz und Zwangsverwaltung?

- Aufnahme des Instandhaltungsstaus: Gibt es Bauschäden wie beispielsweise feuchte Wände oder undichte Fenster?

- Analyse des Miet-Cash-Flows: Leben Mieter im Haus, von denen man sich trennen sollte?

- Analyse der Hausmeistertätigkeit: Kann ein motivierter neuer Hausmeister möglicherweise frischen Wind in die Betreuung der Immobilie bringen?

- Erstellung eines Aktionsplans: Welche Maßnahmen sind sofort nach Ankauf zu tätigen?

- Erstellung eines Vermarktungskonzepts: Erstellung einer Website, Anzeigenschaltung, Makleransprache, Incentive-Maßnahmen für neue Mieter.

Nicht nur für die erfolgreiche Nachvermietung, sondern auch für den "Wohlfühlfaktor" von Bestandsmietern ist es wichtig, die eigentlich allen Eigentümern bekannten "Kleinigkeiten" nicht zu vergessen - insbesondere in der Zeit nach einem Eigentümerwechsel. Maßnahmen wie die Grundreinigung oder auch das Streichen des Treppenhauses, das Vereinheitlichen der Klingelschilder sowie gegebenenfalls die Modernisierung des Eingangsbereiches, die Entsorgung von Müll aus den Kellerräumen und die Pflege der Grünanlagen hinterlassen bei Mietern häufig ein positives Gefühl.

Erarbeiten einer Vermietungsstrategie

Für eine kompetente Vermietungsstrategie ist es entscheidend, die Ziele des Eigentümers ebenso zu berücksichtigen wie die Anforderungen der Mieter.

Gleichzeitig beziehen objektspezifische Vermietungskonzepte das Nachfrageverhalten, das Wettbewerbsangebot sowie die Stärken, Schwächen und Potenziale der Liegenschaft mit ein.

Der erste Schritt ist, die Immobilie genau in Augenschein zu nehmen. Wo liegen ihre Vorteile? Wie sind Lage, Infrastruktur und Umfeld? Sind Einkaufsmöglichkeiten vorhanden? Durch Klärung dieser Fragen lassen sich Erkenntnisse darüber gewinnen, für welchen Zweck und in welchem Umfang das Objekt genutzt werden kann. Gleichzeitig muss sich der Vermieter im Klaren darüber sein, welche Zielgruppe er ansprechen möchte und ob er bereit ist, kleinere und größere Investitionen zu tätigen. Denn Modernisierungen können den Wert der Immobilie erhöhen: Sie rechtfertigen einen höheren Mietzins, andererseits lassen sich auch potenzielle Neu-Mieter einfacher begeistern.

Die grundsätzlichen Anforderungen der Mieter lassen sich etwa durch Umfragen bei den bereits vorhandenen Bewohnern in anderen Objekten erfassen. Dabei sind die unterschiedlichen Zielgruppen und deren Lebensumstände zu berücksichtigen. Je nach Zielgruppe kann das Objekt dann an entsprechenden Stellen (zum Beispiel in Internetportalen, Lokalzeitungen et cetera) beworben werden.

Regelmäßiger Kontakt mit Mietern

Da Zufriedenheit die Voraussetzung für eine dauerhafte Mieterbindung ist, sollten entsprechende Maßnahmen zur Festigung dieses Verhältnisses ergriffen werden. Die gute Erreichbarkeit des Vermieters, der Verwaltung oder eines Ansprechpartners vor Ort ist hier eine Grundvoraussetzung. Regelmäßige Interaktionen mit den Mietern - etwa durch Zufriedenheitsumfragen oder die Ausrichtung von Nachbarschaftsfesten tragen ebenfalls zur guten Atmosphäre bei. Als langfristige Maßnahmen sind Sanierungen und Modernisierungen denkbar, die über die Wohnräumlichkeiten hinausgehen: Kleine bauliche Veränderungen im Garten und den Außenbereichen oder die Grundreinigung der Gemeinschaftsflächen gehören zu den Mitteln, die positiven Einfluss ausüben.

Erfolgreiche Vermietungsstrategien beinhalten zudem eine positive Außendarstellung. Wichtig bei den oben genannten Tätigkeiten ist deshalb, dass sowohl die Bestandsmieter als auch die Umgebung der Liegenschaft bemerken, dass der neue Eigentümer in die Immobilie investiert. Denn die Zufriedenheit erhöht sich auch dann, wenn der Mieter das Gefühl bekommt, hinsichtlich der Ausstattung und Qualität der Immobilie einen angemessenen Preis zu zahlen.

Finanzierungsstrategien

Meist sind Immobilien mit Leerstandsproblematiken aufgrund schlechter Verwaltung und bestehender Instandhaltungsstaus deutlich unter dem ortsüblichen Marktniveau vermietet. Nach Umsetzung der oben beschriebenen Modernisierungs- und Aufwertungsarbeiten ließen sich die Mietzinsen - zumindest theoretisch - an das marktübliche Niveau anpassen. Während eine Anhebung bei Neuvermietungen weitgehend unproblematisch ist, besteht die Gefahr, dass Mieter von Bestandswohnungen auf eine Erhöhung mit der Forderung auf Modernisierungen reagieren. Daher ist es ratsam, eine angemessene Preispolitik anzusteuern und die Kosten durch eine vorherige Bestandsaufnahme abzuwägen.

Banken sehen Immobilien mit Leerstandsproblematiken oft als kritische Finanzierungsengagements an. Der durch den Leerstand verursachte fehlende Miet-Cash-Flow und der bestehende Instandhaltungsstau führen oft zu einer restriktiven Kreditvergabe. Umso wichtiger ist es, der Bank ein klares Konzept für den Turnaround der Liegenschaft aufzuzeigen und auf die positiven Eigenschaften der Immobilie hinzuweisen. Diese können zum Beispiel Lage, Schnitt der leer stehenden Wohnungen, ursprüngliche Bauqualität, Wohnungsmarkt im Umfeld et cetera sein.

Eine detaillierte Auflistung der zu tätigenden Investitionen sowie das Aufzeigen eines klaren Vermarktungskonzepts erhöhen bei der Bank in der Regel das Interesse an einer Zusammenarbeit und reduzieren die Leerstandsabschlagsquote bei der Finanzierung. Die frühzeitige Erstellung einer Musterwohnung hat sich ebenfalls als sehr positiv für eine Bankfinanzierung erwiesen. Insbesondere bei Besichtigungen des Finanzierungsobjekts mit Bankpartnern kann so leichter der angestrebte Renovierungsstandard sowie das Nachvermietungskonzept erläutert werden.

Hinweis auf gewünschte Refinanzierungsquote

Aus Sicht des Investors sollte bereits am Anfang des Projektes auf die gewünschte Refinanzierungsquote nach Abschluss der Investitionen und der Nachvermietung hingewiesen werden. So wird eine unterschiedliche Erwartungshaltung von Bank und Kreditnehmer von Anfang an vermieden. Es setzt aber auch voraus, dass der Kreditnehmer eine klare Projektstrategie besitzt, die ebenfalls die Phase nach der Leerstandsreduzierung berücksichtigt.

Eine Grundregel für die Finanzierung von wohnungswirtschaftlich genutzten Immobilien lautet, dass die Leerstandsquote meist diejenige Einlage widerspiegelt, die als zusätzliches Eigenkapital für eine Projektfinanzierung benötigt wird. Ein Beispiel: Bei einem Leerstand von 25 Prozent ist auch der Marktwert mindestens ein Viertel niedriger. Es ist anzunehmen, dass die Bank einen weiteren Abschlag vornimmt und nur etwa 50 Prozent des Marktwertes finanziert. Der Kreditnehmer muss demnach 50 Prozent Eigenkapital investieren. Bei Erzielung einer Vollvermietung steigert sich der Marktwert um den Abschlag von 25 Prozent. Die Finanzierung sinkt somit im

Verhältnis zum neuen Marktwert. Das Ziel des Kreditnehmers ist nun, die hohe Eigenkapitalbindung zu reduzieren. Durch die Erhöhung des Marktwerts kann eine Finanzierung in Höhe von 75 Prozent durchgeführt werden. Die Bindung des Eigenkapitals sinkt somit um die Hälfte, die Eigenkapitalrentabilität steigt.

Finanzierungsempfehlung

Die Praxis nach der Finanzkrise hat gezeigt, dass regional agierende Volksbanken und Sparkassen für die Finanzierung von Immobilien mit Leerstandsproblematiken in der Turnaround-Phase sehr gute Partner sein können. Der Grund hierfür ist einfach: Im Gegensatz zu überregional agierenden Instituten können sie die Lage vor Ort sehr schnell evaluieren und somit das Risiko der Finanzierung leichter einschätzen. Wenn Immobilien langfristig im Bestand gehalten werden sollen, gilt es, einzelne Finanzierungsphasen klar mit der Bank abzustimmen und auch die Einbindung weiterer Kreditinstitute zu besprechen. Die erstfinanzierende Bank kann durch eine Exit-Fee (meist 0,5 bis zwei Prozent des Kreditvolumens) bei der Strukturierung einer kurzfristigen variablen Finanzierung in Phase I incentiviert werden. So wird auch bei einer möglichen Finanzierung nach dem Leerstandsabbau mit einer anderen Bank das Projekt positiv gesehen.

Viele Marktteilnehmer unterschätzen zudem folgenden Punkt und vertrauen auf ihren bestehenden Ruf bei der Bank: Die Projektunterlagen und auch eine lückenlose Auflistung von Referenzprojekten und Partnern müssen qualitativ hochwertig aufbereitet sein. Das Projekt muss detailliert mit einer SWOT-Analyse präsentiert werden. Insbesondere durch die Notwendigkeit, mehrere Banken bei der Strukturierung der Finanzierung anzusprechen und dort gegebenenfalls auch mit "neuen" Banken zu verhandeln, sind hochwertige Projektunterlagen wichtig.

Finanzierung als Crux

Gerade bei Immobilienengagements in B- oder C-Märkten mit Leerstandsproblematik sind eine Menge Hausaufgaben zu erledigen, nicht zuletzt auch auf der Finanzierungsseite. Wer sich aber um diese eingehend kümmert und auch die allseits bekannten "Kleinigkeiten" nicht vernachlässigt, hat gute Aussichten auf eine erfolgreiche Investition.

Moritz Kraneis , Geschäftsführer , Deutsche Zinshaus Gesellschaft mbH, Frankfurt am Main
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