Non-performing Loans

Restrukturierung ist machbar auch bei CMBS

Die Restrukturierung der Finanzierung der Karstadt-Immobilien, die das sogenannte Highstreet-Konsortium hält, ist sicherlich die prominenteste Restrukturierung in diesem Frühjahr. Daran, aber auch aus einer Vielzahl von Restrukturierungen der vergangenen Monate, lassen sich einige aktuelle Entwicklungen und Besonderheiten ablesen, gerade auch im Vergleich zur letzten deutschen Immobilienkrise.

Besondere Komplexität erhielt die High-street-Restrukturierung sicherlich durch die Vielzahl der Parteien mit unterschiedlichen Vertragskonstrukten und regulatorischen Vorgaben. Neben dem CMBS-Vehikel (Fleet Street Two), hinter dem diverse Anleihegläubiger stehen, sind das eine deutsche Pfandbriefbank und verschiedene Mezzanine-Darlehensgeber, die selbst wiederum in mehrere Tranchen unterteilt sind.

Die gute Nachricht ist zuvorderst, dass die Restrukturierung der Highstreet-Finanzierung, aber auch die des etwas einfacher gelagerten Opera Germany No. 2-Portfolios der Eurohypo (ein CMBS mit vier deutschen Shopping-Centern) gezeigt hat, dass eine solche komplexe Restrukturierung einer gewerblichen Immobilienfinanzierung tatsächlich umsetzbar ist.

Gerichtliche Verwertung spielt keine Rolle

Im Vergleich zur letzten deutschen Immobilienkrise, der Abarbeitung der steuerlich motivierten Überkapazitäten insbesondere in Ostdeutschland, fällt auf, dass aktuell die Zwangsversteigerungsverfahren nicht ansteigen. Offensichtlich haben die Banken erkannt, dass das gerichtlich gesteuerte Zwangsversteigerungsverfahren nicht unbedingt das wirtschaftlich beste Ergebnis bringt und es zudem nicht sinnvoll ist, Immobilien in den derzeitigen Markt zu werfen. Bei gewerblichen Immobilien ist dieser Weg sowieso eher die Ausnahme.

Das bestätigt sich in den Verhandlungsprämissen der Darlehensgeber, die Beobachter gerne unter dem Schlagwort "delay and pray" zusammenfassen. Dabei werden Darlehenslaufzeiten (allein im CMBS-Bereich stehen in den nächsten Jahren Milliarden zur Refinanzierung an) verlängert, in der Hoffnung, dass sich in einer allgemeinen Markterholung auch die künftigen Refinanzierungs- oder Verwertungsoptionen verbessern. Dementsprechend hoch ist der Druck auf die Beteiligten, über eine konsensuale Restrukturierung der Vertragsbedingungen die Finanzierung zu stabilisieren, um eine Insolvenz, verlustbringende Notverkäufe oder die gerichtliche Vollstreckung zu vermeiden.

Bankenseitige Zugeständnisse heute werden jedoch kompensiert mit einer Verbesserung zukünftiger Konditionen. Erhöhte Margen und Restrukturierungsprämien, auch schon zur Abgeltung von LTV (loan to value)-Verstößen sind an der Tagesordnung. Doch nicht alle wirtschaftlich sinnvollen Vorschläge lassen sich unbeschränkt rechtlich wirksam umsetzen.

Zur Entlastung der liquiditätswirksamen Zahlungen des Kreditnehmers heute sollen häufig Zinszahlungen in die Zukunft verschoben werden, wobei der Darlehensgeber sich dies gerne kompensieren lässt; häufig in Form einer PIK-Zinsklausel (payment in kind). Dabei wird der für einen Kredit vereinbarte Zinssatz in eine Barzahlungskomponente (payment in cash) und eine sogenannte PIK-Komponente aufgeteilt. PIK-Zins bedeutet, dass die angefallenen Zinsen nicht gezahlt, sondern thesauriert werden.

PIK und Zinseszinsverbot

Die Vereinbarung, dass die thesaurierten Zinsen ebenfalls Zinsen tragen sollen, ist eine Zinseszinsvereinbarung. Ihrer Wirksamkeit steht nach deutschem Recht das Zinseszinsverbot (§248 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) entgegen, wonach eine im Voraus getroffene Vereinbarung, dass fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, nichtig ist. Dieses Verbot lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass die thesaurierten Zinsen als (verzinsliches) Darlehen bezeichnet werden. Bei einem deutschen Recht unterliegenden Kreditvertrag scheidet somit die Umwandlung angefallener Zinsen in eine (zinstragende) Darlehensforderung aus.

Anders kann dies aber bei einem Vertrag sein, der ausländischem Recht untersteht, das ein Zinseszinsverbot nicht kennt (wie zum Beispiel das englische Recht). Kommt deutsches Recht zur Anwendung, so sind alternative Gestaltungen zu suchen, die dem Kreditgeber ohne Verstoß gegen das Zinsverbot die von ihm angestrebte Zinszahlung ermöglichen. Denkbar ist beispielsweise ein Recht des Kreditnehmers, bei Fälligkeit frei und ohne wirtschaftlichen Zwang durch den Kreditgeber zu wählen, ob er die angefallenen Zinsen zahlen oder kapitalisieren will.

Gesellschaftsrechtliche Besonderheiten

Zunächst aus Steuergründen befinden sich die Darlehensnehmer der Jahre 2006 bis 2008 meist in Luxemburg, den Niederlanden oder auf den Kanalinseln, um nur die wichtigsten Jurisdiktionen zu nennen. Dies bringt im Vergleich zur in Deutschland ansässigen GmbH oder GmbH & Co. KG einige Vorteile auch in der Restrukturierung. Zunächst ist vielen Rechtsordnungen die bilanzielle Überschuldung als Insolvenzgrund fremd. Eine Insolvenz tritt daher nicht bereits bei einem starken Absinken des Immobilienwertes im Vergleich zur Darlehensschuld ein, sondern häufig erst bei Liquiditätsstörungen.

Fallstricke im Insolvenzrecht

Im Hinblick auf eine Restrukturierung fällt zudem auf, dass ein (teilweiser) Debt to Equity Swap bei in Deutschland ansässigen Gesellschaften dadurch erschwert wird, dass die bei der Bank verbleibenden Darlehensforderungen automatisch zu im Insolvenzfall nachrangigen Gesellschafterdarlehen werden können (§39 Insolvenzordnung) und zudem darauf vereinnahmte Zinsen vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden können.

Eine Verwertungsabrede in der Restrukturierung auf Gesellschaftsebene wird gegebenenfalls durch §[1229] BGB (Verbot der Verfallvereinbarung vor Fälligkeit) eingeschränkt. Beides sind eine Restrukturierung erschwerende Regelungen, die jedoch in vielen nicht-deutschen Jurisdiktionen nicht vorhanden sind. Die "Flucht" aus Deutschland eröffnet daher in vielen Fällen neue Möglichkeiten für die Restrukturierung.

Die Bestimmung des insolvenzrechtlichen "Center of main interest" (COMI) ist daher ein wichtiger Punkt, wobei es auf die tatsächliche Frage ankommt, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt und ob das Geschäft wirklich aus dem Ausland geleitet wird. Zwar achtet der Darlehensnehmer aus steuerlichen Gründen bereits darauf, keine Betriebsstätte in Deutschland zu gründen, die an ähnliche Merkmale anknüpft. Sollten aber bis auf einen "Briefkasten" alle Vermögensgegenstände in Deutschland liegen, dann kann durchaus mit Widerständen gerechnet werden.

Verwertungsbeschränkungen

Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland bei der Immobiliarzwangsvollstreckung nicht schlecht ab. Dennoch: Im Vergleich zu angelsächsischen Jurisdiktionen erscheint die deutsche Immobiliarzwangsvollstreckung eher schwerfällig, was damit zusammenhängt, dass Gerichte sie durchführen. Gerne suchen Darlehensgeber daher nach außergerichtlichen Verwertungsmöglichkeiten und möchten diese zur Vorbedingung einer Restrukturierung machen. Bankenseits gewünscht wird eine umfassende Verwertungsbefugnis der Immobilien zugunsten des Darlehensgebers. Dem steht jedoch im Bereich der Grundschulden § 1149 BGB entgegen, der solche Verwertungsabreden vor Fälligkeit des Darlehens ausdrücklich verbietet. Im Bereich der Pfandrechte zum Beispiel an Gesellschaftsanteilen gilt die vergleichbare Beschränkung des § 1229 BGB.

Ist das Darlehen bereits zur Rückzahlung fällig, ist eine umfassende (notarielle) Verkaufsvollmacht zugunsten des Darlehensgebers eine häufig gewählte außergerichtliche Verwertungsmöglichkeit. Bei der Formulierung ist jedoch darauf zu achten, keine Grunderwerbssteuer auszulösen und unter anderem AGB-Probleme zu vermeiden.

In Krisensituationen möchten Darlehensgeber auch bereits vor einer Verwertung enger in das Asset Management eingebunden werden. Gerne werden Listen erstellt mit Geschäften des Darlehensnehmers, die der Zustimmung der Bank bedürfen. Jedoch gibt es hier Grenzen. So sollte sich der Darlehensgeber nicht übermäßige Rechte der Einflussnahme auf die Geschäftsführung geben lassen, um nicht Quasi-Gesellschafter oder faktischer Geschäftsführer zu werden. Neben Haftungsrisiken kann dies auch die Subordination der Bankdarlehen auslösen. Allerdings bieten die Rechtsordnungen ausländischer Special Purpose Vehikles auch hier etwas bankenfreundlichere Regelungen im Vergleich zum deutschen Gesellschaftsrecht.

Wasserfall

Ganz unterschiedliche Ansätze gibt es beim Umgang mit den Ausgaben des Darlehensnehmers für Asset Management, Gesellschaftsausgaben et cetera. Zu Beginn einer Finanzierung werden solche Ausgaben, da "equitynah" meist ganz unten in den Wasserfall eingeordnet. Dies gilt insbesondere, wenn das Asset und/oder Property Management von einer Gesellschaft übernommen wird, die im Lager des Darlehensnehmers steht. Soweit auf Bankenseite kein Interesse besteht, den Darlehensnehmer oder das Asset Management selbst zu übernehmen, will man dies in der Krise häufig ändern.

Um die gesellschaftsrechtliche Struktur und die Bewirtschaftung der Immobilie aufrecht zu erhalten, werden solche Ausgaben gerne vorrangig, auch vor Zins- und Tilgungszahlungen, bedient, gleichzeitig jedoch häufig enger umschrieben und/oder betragsmäßig begrenzt, um eine Selbstbedienung aus Verwaltungsgebühren zu verhindern.

Insbesondere in der Krise zeigen sich die Stärken eines guten Asset Managements. Um dies sicherzustellen sind Banken durchaus bereit, stark incentivierte Managementgebühren zu akzeptieren, wenn sie klar an die Restrukturierung anknüpfen, zum Beispiel an Vermietungserfolge oder Immobilienverkäufe.

Controlling Tranche/ Controlling Party

Gerade bei vielen Beteiligten auf der Finanzierungsseite ist es wichtig, dass klar ist, wer zurzeit das Sagen hat und vor allem die Restrukturierung verantwortlich leitet. Hierzu gibt es meist komplexe Regelungen in den Finanzierungsdokumenten. Entscheidungen zwischen den Finanzierungsparteien, aber auch zwischen den Anleihegläubigern eines CMBS können mit verschiedenen Mehrheiten getroffen werden. Neben Einstimmigkeit oder qualifizierten Mehrheiten innerhalb einer Tranche findet man häufig ein sogenanntes "Controlling Tranche/Party"-Konzept. Danach entscheidet über bestimmte Fragen die Mehrheit der niedrigsten Tranche, die nach der aktuellen Bewertung noch nicht ihr Geld verloren hat.

Man erwartet von dieser Tranche, dass sie das größte Interesse an den jeweiligen Entscheidungen hat, am stärksten für einen Kapitalerhalt kämpfen wird und damit gleichzeitig auch senioritätsmäßig höhere Tranchen schützen wird. Unumstritten ist dieses Konzept nicht; unter anderem, da es direkt von der aktuellen Immobilienbewertung abhängt. Je nach Aktualität der Bewertung (diese kann je nach Darlehensbedingungen bis zu zwei Jahre alt sein) ergeben sich durchaus Verwerfungen zwischen der rechtlichen und der tatsächlich wirtschaftlichen "Controlling Tranche".

Es zeigt sich, dass eine Reihe von rechtlichen Themen bei der Restrukturierung von komplexen gewerblichen Immobiliendarlehen aus den Boomjahren zu beachten sind. Diese - so zeigt die Praxis - sind allerdings handhabbar und erlauben den Beteiligen, ihre wirtschaftlichen Ziele umzusetzen.

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