Cofacce-Länderrating

Rauere Sitten im deutschen Zahlungsverhalten

Es scheint schon fast eine Gesetzmäßigkeit: Werden die Zeiten wirtschaftlich schwieriger, sinkt die Zahlungsmoral. Dieses Phänomen trifft nicht nur auf Privathaushalte zu. So registriert die Mainzer Ratingagentur Coface Deutschland AG mittlerweile auch hierzulande eine deutliche Verschlechterung des Zahlungsverhaltens von Unternehmen. Die Folge: Deutschland kommt im Länderrating auf die negative Beobachtungsliste. In den ersten elf Monaten 2008 haben sich die Zahlungsstörungen um immerhin 28 Prozent erhöht. Wenig beruhigend ist, dass Deutschland damit die letzte westeuropäische Industrienation ist, die von Coface abgewertet oder unter Beobachtung mit negativer Aussicht genommen wurde. Zumindest bleibt Deutschland - wie das seit Oktober 2008 auf der Beobachtungsliste stehende Frankreich - noch in der besten Stufe A1. Dagegen sind Großbritannien und Spanien bereits in A2 herabgestuft worden. Im Gegensatz zu anderen Länderratings bezieht sich Coface nicht auf die Stabilität eines Staates oder die Sicherheit von Staatsanleihen, sondern bewertet das Zahlungsausfallrisiko bei kurzfristigen Geschäften mit Unternehmen in einer Region oder in einem Land. Die Bewertungen folgen einer ähnlichen siebenstufigen Skala wie die der Ratingagenturen: A1 bis A4 entsprechen Investmentgrades, B, C und D stehen für ein mittleres bis hohes Risiko. Zur Situation in Deutschland merkt die Ratingagentur an, dass die negative Entwicklung im Export zu einem Investitionsstopp in den betroffenen Industrien führen könnte. Gleichzeitig könnten jedoch die durch Konjunkturpakete angeschobenen Investitionen in den öffentlichen Sektor und Bauvorhaben in der Infrastruktur leicht positive Auswirkungen haben, die den privaten Konsum wieder stärken. Positiv wertet Coface, dass es hierzulande weder eine Immobilienblase noch eine breite Überschuldung der privaten Haushalte gibt. Dennoch wird die Branchensituation differenziert bewertet. Am meisten vom Konjunkturabschwung betroffen seien die Bereiche, die am stärksten von Exporten abhängig sind, wie Flugzeug- und Automobilzulieferer, Textil- und Bekleidungsindustrie, See- und Binnenschifffahrt und - in geringerem Ausmaß - Metall-, Chemie- und Ausrüstungsindustrie. Andere Branchen könnten der Entwicklung besser widerstehen. Dazu zählt zum Beispiel die Möbelindustrie, die von einer steigenden Nachfrage profitiert. Insgesamt haben sich deutsche Unternehmen laut Coface als standfester erwiesen und sich länger als andere westeuropäische Firmen gehalten. Angesichts des traditionell vergleichsweise guten Zahlungsverhaltens in Deutschland seien die zunehmenden Verzögerungen und Ausfälle umso alarmierender.

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