Immobilien und IT

Portfolio-Management-Systeme - Anforderungen an die IT (Teil I)

Wer sich mit Portfolio-Management-Systemen beschäftigt hat, muss schnell erkennen, dass es eines nicht gibt: die eierlegende Wollmilchsau. Selbstverständlich sollte, das Objekt-, Darlehens- und Sicherheitenportfolio nicht nur einzeln abgebildet, sondern auch die Beziehungen untereinander klar erkennbar und darstellbar sein.

Im Objektportfolio sollten natürlich nicht nur alle kaufmännischen Daten verfügbar, sondern auch detailliert der technische Zustand einzelner Wirtschaftseinheiten ablesbar sein. Im Kreditportfolio sollten selbst komplexe Besicherungen den Darlehen zugeordnet und auch die in den Darlehensverträgen dokumentierte weite oder enge Zweckerklärung hinterlegbar sein.

Oft keine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens

Und eines der größten Probleme in IT-Systemen der Wohnungswirtschaft ist mit einem betriebswirtschaftlichen Port-folio-Management-System auch gelöst: Alle Grundbücher können elektronisch erfasst und ausgewertet werden.

Last but not least: Natürlich ist das Portfolio-Management-System in der Software-Landschaft des Wohnungsunternehmens voll integrierbar. Die Wunschliste an ein Portfolio-Manage-ment-System ist also nahezu unerschöpflich. Doch was ist wirklich wichtig? Was ist technisch machbar?

In der Praxis sieht es leider häufig so aus, dass die ganzheitliche Unternehmensbetrachtung aufgrund unzureichender Informationssysteme nicht die notwendige Beachtung erhalten kann. Ein Beispiel: Planungen für das Objektportfolio können nicht immer unter Berücksichtigung der aktuellen Finanzierungs- und Sicherheitensituation erfolgen oder Aktivitäten bezüglich Finanzierung und Sicherheiten nicht unter Beachtung der Objektbestandssituation durchgeführt werden.

Darstellung der Aktiv- und Passivseite

Als Hindernis erweist sich hierbei häufig, dass die notwendigen Informationen zu den einzelnen Portfolios in unterschiedlichen Systemen (Datenbanken, Softwarelösungen, Excel-Dateien) gespeichert sind und eine Darstellung der realen Beziehungen der Portfolios untereinander nicht gegeben ist. So ist beispielsweise bei der Optimierung des Grundbuchs immer darauf zu achten, dass sich diese nicht negativ auf eventuell noch durchzuführende Maßnahmen unter Fremdmitteleinsatz auswirken kann.

Dies ist von Wichtigkeit, da beispielsweise der Erstranggläubiger nicht gewillt oder in der Lage ist, die notwendige Maßnahme zu begleiten, und ein anderer Darlehensgeber nicht bereit ist, sein Darlehen im Nachrang abzusichern, und somit die Durchführung der Maßnahme aus eventuell vorhandener Liquidität durchgeführt werden muss oder nicht realisiert werden kann. Deutlich wird hierdurch, dass ein modernes Port-folio-Management-System immer die Darstellung sowohl der Aktiv- als auch der Passivseite ermöglichen muss.

Anpassung an geänderte Finanzierungsusancen

Analysiert man nun das im Haus vorhandene wohnungswirtschaftliche ERP-System (Enterprise Resource Planning System), so wird schnell deutlich, dass keines dieser Systeme - von welchem Hersteller auch immer - ein Portfolio-Management anbietet. Dass dies so ist, hat zwei Gründe. Der erste Grund ist nachfrageorientiert.

Bis vor wenigen Jahren gab es keinen Bedarf an einer ganzheitlichen Portfoliobetrachtung. Die Rentabilität von Investitionsmaßnahmen, sei es Sanierung oder Neubau, konnte mit Hilfe der vorhandenen Systeme abgebildet werden. Finanzierungsfragen spielten nur eine untergeordnete Rolle: Kapitalgeber gab es genug, deren Besicherungsforderungen problemlos befriedigt werden konnten.

Zu Beginn dieses Jahrzehnts änderte sich - zunächst nur in den neuen Bundesländern - dieser Bedarf. Wohnungsunternehmen interessierten sich zunehmend für die Auswirkungen von größeren Investitionsmaßnahmen auf das Gesamtportfolio: Gibt es genügend Beleihungsreserven? Ist die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens sicher?

Wird vielleicht zuviel modernisiert? Hat man dann in sein wohnwirtschaftliches ERP-System geschaut, wurde eines schnell deutlich - diese Fragen konnten nicht beantwortet werden.

Wenig wohnwirtschaftliches Know-how bei Softwareentwicklern

Dass dies so ist, liegt am zweiten Grund: Um derart komplexe Fragen beantworten zu können, muss entsprechendes Knowhow bei den Softwareanbietern vorhanden sein. Beispielsweise muss bekannt sein, wie sich in Darlehensverträgen vereinbarte enge Zweckerklärungen auf die Beleihungsreserven des Unternehmens auswirken, nur so ist man auch in der Lage, dies EDV-technisch abzubilden.

Doch bei den ohnehin ständig steigenden Anforderungen an ERP-Systeme wird jeder Softwareanbieter schnell an die Grenzen einer vertretbaren Kosten-Nutzen-Relation treffen. So öffnet sich die Tür für spezialisierte Nischenanbieter, die keine Verwaltungssoftware anbieten und sich dafür dem Thema Portfoliomanagement widmen. Diese Situation zwingt Wohnungsunternehmen nun dazu, nach externen Lösungen außerhalb ihrer eigenen ERP-Welt zu suchen, sofern sie nicht die mit hohem Kosten- und Zeitaufwand verbundene individuelle Anpassung ihres ERP-Systems vornehmen lassen möchten.

Analyse des eigenen Bedarfs

Der erste Schritt sollte bei einer solchen Suche die Analyse des eigenen Bedarfs sein. Dabei sollte man versuchen, die Problemfelder des Unternehmens zu identifizieren: Sind Stärken und Schwächen des Bestandes hinreichend bekannt, große Investitionen nicht geplant, aber die Finanzierungs- und Besicherungsseite bisher noch nie detailliert analysiert worden, reichen gerade bei kleineren Unternehmen einfache und kostengünstige Exceltools, um Transparenz zu schaffen.

Wird hingegen die Anforderung gestellt, die Auswirkungen umfangreicher Investitionsmaßnahmen auf das Objekt-, Darlehens- und Sicherheitenportfolio abzubilden, wird keine Excellösung mehr ausreichen. Die abgebildete Checkliste soll eine Unterstützung bei der Auswahl eines geeigneten Portfolio-Ma-nagement-Systems geben. Diese Liste ist keineswegs vollständig, vielmehr sollen die zum Teil sehr speziellen Fragen helfen, Schwachpunkte eines Port-folio-Management-Systems zu identifizieren.

Management-System statt Datenbank

Dabei ist es sicherlich sinnvoll, entsprechend den Bedürfnissen im Unternehmen diese Liste zu erweitern oder auch Fragen zu vernachlässigen. Wichtig ist bei der Bedarfsanalyse auch, die Kapazitäten des eigenen Unternehmens richtig einzuschätzen. Dies gilt sowohl für die Auswahl des Portfolio-Management-Systems als auch für die häufig mit sehr viel Aufwand verbundene Einführung. Bei der Analyse sollte ebenso beachtet werden, dass es sich bei den angebotenen Portfolio-Management-Systemen nicht um eine reine Datenbank handelt, sondern um ein echtes Planungssystem. Der Aufbau eines solchen Planungsschemas ist modellhaft dargestellt.

Schnittstellen-Problem

Bei jeder Anbindung einer externen Lösung wird auch sehr schnell die Forderung nach einer "perfekten" Schnittstelle zum wohnungswirtschaftlichen ERP-System gestellt. Doch auch hier sollte man nicht am Bedarf vorbei bauen. Ein Portfolio-Management-System wird weit weniger von verschiedenen Benutzergruppen verwendet als das wohnungswirtschaftliche ERP-System. Beispielsweise läuft der Entscheidungsprozess von Investitionsmaßnahmen nicht täglich, sondern nur wenige Male im Jahr. Das bedeutet, dass man in seinem Portfolio-Management-System nicht täglich aktualisierte Daten benötigt, sondern eine vierteljährliche Aktualisierung in den meisten Fällen ausreichend ist.

So ist eine "einfache" Schnittstelle, bei der über einen Datenexport die in dem Portfolio-Management-System hinterlegten Daten aktualisiert werden, vollkommen ausreichend. Die Anforderung, dass mit jeder Eingabe in das ERP-System auch das Portfolio-Management-System aktualisiert wird, ist nicht nur sehr aufwendig und damit teuer, sondern auch aufgrund der unterschiedlichen Benutzerkreise dieser Systeme unnötig. Den Anforderungen an ein ganzheitliches Portfolio-Management-System wird heute kein ERP-System gerecht. Vor der Einführung eines externen Systems ist aber unbedingt eine detaillierte Bedarfsanalyse durchzuführen.

Die Anbindung einer externen Lösung ist auch nicht kritisch zu sehen, da aufgrund der selteneren Anwendung und des abweichenden Benutzerkreises keine Behinderungen durch eine externe Lösung im operativen Geschäft zu sehen sind. Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich ein Stück weit unabhängiger vom Anbieter seines wohnungswirtschaftlichen Verwaltungssystems macht.

Der zweite Teil "Portfolio-Management-Systeme - Aufgaben und Ziele" ist für die Ausgabe vom 1. Juli 2009 vorgesehen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X