Immobilien in der Förderung

Ökonomische Aspekte der Stadtentwicklung

Wie kein anderes Politikfeld prägt der Städtebau das Gesicht unserer Kommunen und damit der gebauten Umwelt. Vor dem sich abzeichnenden demografischen Hintergrund ist dabei zunächst festzuhalten, dass Stadtentwicklung in der Zukunft primär in der Weiterentwicklung des Bestands stattfindet: Die Stadt der Zukunft ist in Deutschland überwiegend bereits gebaut, sie bedarf aber wegen sich verändernder Ansprüche ihrer Nutzer der kontinuierlichen Nachjustierung.

Komplexere Probleme

Die Arbeit im Bestand ist dabei aufgrund vorhandener, häufig kleinteiliger Eigentumsverhältnisse und der Wert beeinflussenden Wirkungen des Städtebaus um ein vielfaches komplexer, zeit- und kostenintensiver als die expansive Entwicklung auf der grünen Wiese. Die überwiegend unrentierliche Entwicklung im Bestand wird deshalb seit den frühen siebziger Jahren flankiert durch den Einsatz von Städtebaufördermitteln des Bundes und der Länder im Rahmen der Stadtsanierung.

Das breite und flexibel einsetzbare rechtliche Instrumentarium der §§ 136 ff. BauGB versetzt die Kommunen in die Lage, städtebauliche Missstände verschiedenster Prägung dauerhaft zu beseitigen. Bund und Länder unterstützen dabei durch Förderprogramme die Städte und Gemeinden bei ihren Entwicklungsbemühungen. Da die durchgeführten Maßnahmen im Bestand häufig sehr kleinteilig bearbeitet werden, leistet die Städtebauförderung auch einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung der regionalen Bauwirtschaft und des Handwerks. Dabei löst jeder eingesetzte Förder-Euro Folgeinvestitionen von 8,3 Euro aus. Mit diesem Multiplikationseffekt refinanzieren sich die Förderprogramme auf Bundesebene durch höhere Steuereinnahmen und sichern rund 310 000 Arbeitsplätze.*)

Von der Grundstücksaufbereitung über Investitionsanreize für Gewerbetreibende bis hin zur Verbesserung der Erreichbarkeit und Verkehrsanbindung hat Stadterneuerung erhebliche Auswirkungen auf die örtliche Wirtschaftsstruktur und die Bewertung der Standortfaktoren vor Ort. In einem bewährten System aus öffentlicher Förderung und Steueranreizen können für Maßnahmen zur Stärkung der Stadt- und Gemeindequartiere Eigentümer und Investoren gewonnen werden, für die ohne entsprechende finanzielle Anreize ein Engagement wirtschaftlich nicht darstellbar wäre.

Stand zu Beginn die Aufwertung der Innenstädte und Ortskerne durch die Gestaltung des öffentlichen Raumes, die Aufwertung der häufig schlechten Bausubstanz unter Erhalt des städtebaulichen Erbes und die Verbesserung der verkehrlichen Situation in den historischen Stadtkernen im Vordergrund, so verbreiterte sich in den vergangenen 15 Jahren die Aufgabenstellung: Die Herausforderungen der Zukunft liegen zunehmend in der Reaktivierung brach gefallener (Militär-, Post-, Bahn-, Gewer-be-) Flächen und in der Aufwertung der Wohnquartiere der fünfziger bis siebziger Jahre, die heutigen Wohnansprüchen häufig nicht mehr genügen.

Stabilisierung des Wohnungsmarktes

Zunächst in den neuen Bundesländern, zwischenzeitlich auch in verschiedenen Regionen der alten Bundesländer ist durch die demografischen Entwicklungen - insbesondere die ökonomisch bedingten Wanderungsbewegungen - der vergangenen 15 Jahre ein Rückgang des Bedarfs an Wohnraum festzustellen. Dieser muss in den meisten Fällen als dauerhaft angesehen werden, sodass am Markt ein deutliches Überangebot besteht. Größere Wohnungsgesellschaften in den neuen Bundesländern brechen deshalb im Rahmen des Programms "Stadtumbau Ost" zur Konsolidierung des Marktes und zur Verringerung der Unterhaltungskosten eigene Bestände ab. Leider ist festzustellen, dass Kleineigentümer sich an diesen Maßnahmen nur unzureichend beteiligen, obwohl deren Bestände sich aufgrund mangelnder Kapitalausstattung häufig in schlechterem Zustand befinden. Ein Instrumentarium, das einen Lastenausgleich zwischen abbruchwilligen und nicht abbruchwilligen Eigentümern ermöglichen würde, ist weder rechtlich noch politisch in Sicht, wäre aber geeignet, Abbruchmaßnahmen stadtentwicklungs- und wohnungspolitisch sinnvoll zu koordinieren und so zu einem kontrollierten Rückbau von Stadtquartieren beizutragen. Dies würde es ermöglichen, nicht nur den Wohnungsbestand, sondern auch die kommunale Straßen- und Leitungsinfrastruktur und damit ganze Stadtquartiere vollständig rückzubauen und so die öffentlichen Unterhaltungskosten zu verringern.

Förderung der lokalen Ökonomie

Die bestehenden städtebaulichen Sanierungs- und Fördermaßnahmen durch Bund- und Länderprogramme beziehungsweise gesetzliche Regelungen zielten bisher vorrangig auf die Durchführung baulicher Verbesserungen ab. Eine verstärkte Ausrichtung der finanziellen Förderung hin zu sozialen Bestandteilen hat folgerichtig in den letzten Jahren insbesondere auch durch das Bund-Länder Programm "Stadt- und Ortsteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die Soziale Stadt" stattgefunden. Das Programm beschäftigt sich gerade mit den häufig in der Vergangenheit nicht im Fokus der Kommunalpolitik stehenden Wohnquartieren insbesondere der Nachkriegsjahrzehnte, die durch eine schleichende soziale Segregation gekennzeichnet und bereits heute oder perspektivisch von einer Abwärtsspirale bedroht sind.

Die Steigerung der Lebensqualität in Stadtteilen und Quartieren wird dabei neben den klassischen investiven Maßnahmen in den öffentlichen Raum zum einen durch eine Aktivierung und Mobilisierung der Bewohnerschaft erreicht, sie zielt aber ebenso auf eine Entwicklung und Stabilisierung der lokalen Ökonomie im Stadtteil ab und verfolgt dabei beschäftigungs-, struktur- und sozialpolitische Ziele.

Ein wesentlicher Aspekt des Programms ist deshalb die Stärkung der lokalen Handels-, Dienstleistungs- und Gewerbestrukturen im Rahmen der Handlungsfelder "Lokale Wirtschaftsentwicklung und Existenzgründungsförderung", "Beschäftigung und Qualifizierung" sowie "Soziale Ökonomie". Abgezielt wird hiermit auf die Versorgung mit wesentlichen Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ebenso wie auf niederschwellige Beschäftigungsangebote vor Ort zur - und sei es nur für begrenzte Zeit - weiteren Qualifizierung am Arbeitsmarkt.

Eigentümer- und Standortgemeinschaften

Auch unter dem Eindruck der Finanzschwäche der öffentlichen Haushalte werden Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und privaten Eigentümern und Investoren Zug um Zug auszubauen sein. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Einführung und Aufnahme der sogenannten Business Improvement Districts (BID) als Eigentümer- und Standortgemeinschaften in das Baugesetzbuch (§ 171 f BauGB). Es handelt sich dabei um räumlich festgelegte, innerstädtische Quartiere, in denen Grundstückseigentümer auf weitgehend freiwilliger Basis zeitlich begrenzte Maßnahmen zur Verbesserung des Umfeldes und der Attraktivität des Bereiches finanzieren und durchführen.

Alle diese Bemühungen und Ansätze zur Aktivierung der Bevölkerung und insbesondere auch des privaten Kapitals können dabei nach bisherigen Erfahrungen nur flankierenden Charakter haben: Soweit die Standorte tatsächlich erhebliche strukturelle Probleme aufweisen, wird auch zukünftig eine Unterstützung der Aufwertung aus öffentlichen Mitteln und eine aktive Steuerung der Maßnahmen von öffentlicher Seite erforderlich sein, um eine umfassende und dauerhafte Aufwertung zu erreichen. An wirtschaftlich starken (Handels-)Standorten kann dagegen im Einzelfall durchaus auf den Einsatz öffentlicher Mittel verzichtet werden, soweit die aus dem Standort generierte Wertschöpfung die Eigenfinanzierung auch baulicher Maßnahmen durch Eigentümer und Mieter erlaubt.

Revolvierender Mitteleinsatz

Neuere Überlegungen auf EU-Ebene zielen auf eine Ergänzung des Einsatzes öffentlicher Mittel im Städtebau vom verlorenen Zuschuss hin zur Förderung durch Kreditvergünstigung, Sicherheiten und Gewährleistungen ab. Ziel ist es hierbei, durch Stadtentwicklungsfonds zum einen privates Kapital für die Zwecke der Stadterneuerung zu generieren, zum anderen aber den Kapitalverzehr im Rahmen der Förderung zu vermeiden.

Verschiedene wesentliche Fragestellungen sind in diesem Zusammenhang noch ungeklärt, sodass derzeit noch kein abschließendes Urteil über die Zweckmäßigkeit dieser Instrumente abgegeben werden kann. Sicher ist jedoch bereits jetzt, dass es sich angesichts des eher eingeschränkten Einsatzbereichs revolvierender Mittel nur um eine Ergänzung für Maßnahmen nahe der Schwelle zur Rentierlichkeit, definitiv nicht um einen adäquaten Ersatz für die langjährig bewährte Zuschussförderung unrentierlicher Maßnahmen handeln kann.

Rücksicht auf ökonomische Belange

Ökonomische Fragestellungen - von der Immobilienwertentwicklung über die Unterstützung des Einzelhandels durch ein angemessenes Umfeld bis zur beschäftigungspolitischen Dimension des Fördermitteleinsatzes - waren und sind zentrale Größen in der strategischen Ausrichtung der Stadterneuerung.

Die klassische Stadterneuerung befindet sich hierbei im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte in einem steten Wandel. Dieser resultiert aus veränderten gesellschaftlichen, häufig ökonomischen Rahmenbedingungen - von den arbeitsmarktbedingten Wanderungen bis zu den Umbrüchen in der Struktur des Einzelhandels - und bedarf einer kontinuierlichen Nachjustierung städtischer Strukturen.

Im Rahmen der Stadterneuerung im Bestand, die die Stadtentwicklung der Zukunft maßgeblich prägen wird, steht ein in den vergangenen Jahren erheblich ausdifferenziertes Instrumentarium zur Verfügung, um die Folgen des gesellschaftlichen Wandels stadtentwicklungspolitisch abzufedern und zu integrieren. Ziel hierbei ist immer die dauerhafte Aufwertung von Stadtquartieren und ihre Ausrichtung an den Anforderungen der Bewohner sowie der Handels- und Gewerbetreibenden der Zukunft. Die Berücksichtigung ökonomischer Belange steht dabei schon im Hinblick auf die geforderte Nachhaltigkeit der Maßnahmen an vorderer Stelle.

Fußnote

*) Vergleiche Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung: "Gesamtwirtschaftliche und fiskalische Implikationen der Städtebauförderung", 2004.

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