Messeausgabe 2010

Modernisierungsrisiken im Wohnbestand

Die Wohnungswirtschaft steuert in ein Dilemma: Auf der einen Seite stellt das Mietrecht für zukunftsfähige Modernisierungen im Bestand ein Investitionshindernis dar, durch Mietminderungen bei energetischen Sanierungen, keine Duldungspflicht seitens der Mieter und Sanierungskosten, die in weniger guten Lagen schwer über Mieterhöhungen refinanzierbar sind. Auf der anderen Seite steigt die Marktattraktivität von Neubauten, die immer mehr Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen und durch niedrige Betriebskosten zusätzlich an Attraktivität gewinnen. Zudem ist zu beobachten, dass Mieter bei steigenden Betriebskosten dem "Faktor Lage" nicht mehr die hohe Bedeutung beimessen, wie bisher.

Eingesparte Energiekosten und verbesserte Nutzungsprofile erhöhen die mittelbis langfristigen Renditepotenziale, wenn die Sanierung ihre Schwerpunkte auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Sanierungsmaßnahmen legt. Ab 2020 müssen alle Neubauten einen Niedrigstenergiestandard erfüllen, der in der Praxis an ein Passivhaus heranreichen wird. Damit vergrößert sich zwangsläufig der Abstand zu den Bestandsbauten und ihrer Vermarktbarkeit. Ein Großteil der 39 Millionen Wohnungen erfüllt die Anforderungen der EnEV 2009 nicht und weist darüber hinaus häufig einen Instandhaltungsstau auf. Der steigende Sanierungsbedarf wird durch neue energetische Mindestanforderungen wie die EU-Gebäuderichtlinie, die EnEV 2012 oder das EEWärmeG in Zukunft noch verstärkt. Folglich werden die Ansprüche von Investoren und Nutzern von Bestandsimmobilien an die Energieeffizienz steigen.

Es scheint absehbar, dass die Renditepotenziale von Wohnbauten ohne erfolgreiche Restrukturierung unter Druck geraten werden. Dabei rücken weitere neue Mieteranforderungen in den Vordergrund: zum Beispiel Sicherheit im Wohnumfeld, Aufzüge, Barrierefreiheit im Eingang, Treppenhaus oder im Bad. Diese Maßnahmen wirtschaftlich und qualifiziert umzusetzen, um die Werthaltigkeit des Bestands auch für die Zukunft zu sichern, ist eine Herausforderung für öffentliche und private Bauherren, für Investoren, Wohnungsgesellschaften und Hausverwaltungen.

Daher sollte frühzeitig und vor allem zielgerichtet in der Fläche modernisiert werden, um die Vermarktbarkeit gegenüber den nach höheren Standards konzipierten Neubauten aufrechtzuerhalten. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Preise für energetische Sanierungen aufgrund der vielerorts steigenden Nachfrage nach ausführenden Unternehmen, Handwerkerleistungen und Materialen steigen dürften.

Schnittstellenprobleme

Werterhaltende, qualitätssteigernde Sanierungen gehen über eine reine Steigerung der Energieeffizienz hinaus. Verwiesen sei hierbei auf besondere Anforderungen infolge des demografischen Wandels oder auf Aspekte wie Schallschutz oder die Verwendung ökologischer Baustoffe. Doch je umfangreicher die notwenigen Sanierungen und Modernisierungen an Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Revitalisierungen von Flächen ausfallen, desto eher können Schnittstellenprobleme auftreten, die hohe Folgekosten im Lebenszyklus oder auch schon während der Maßnahmen nach sich ziehen können.

Um beispielsweise ein Hochhaus energetisch zu sanieren, ist eine Reihe von Einzelmaßnahmen notwendig. Diese umfassen häufig den Austausch der Fenster, die Wärmedämmung der Fassade, Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung und die Reduktion von Wärmebrücken. Entscheidend für eine kosteneffiziente Sanierung ist daher nicht nur die Konzentration auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Einzelmaßnahmen, sondern auch das Vorbeugen von Qualitätsverlusten beim Management der zahlreichen Schnittstellen.

Netzwerk Modernisierung

Mit der Initiative "Netzwerk Modernisierung" bieten TÜV Süd Industrie Service und die Aufbaugesellschaft Bayern (eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der DKB Immobilien) die Kombination aus Modernisierung, Sanierung und Instandhaltung von Wohnimmobilien aus einer Hand. Hervorgegangen ist das Angebot aus der langjährigen, projektbezogenen Zusammenarbeit beider Unternehmen. Begleitet werden die Meilensteine wie die umfassende Bestandsanalyse über das Planungs- und Finanzierungskonzept bis hin zur Projektrealisierung.

- Umfassende Bestandsanalyse: Als wichtige Grundlagenarbeit werden zunächst die Modernisierungsrisiken verlässlich eingestuft und der Handlungsbedarf sichtbar gemacht. Denn Eigentümer, Eigentümergemeinschaften, Käufer oder Verkäufern brauchen verlässliche Daten über den bautechnischen und gebäudetechnischen Zustand. Analysiert werden sollten unter anderem der Zustand der Gebäudesubstanz und bauphysikalische Mängel, die Haustechnik sowie der Brand-, Wärme- und Feuchteschutz. In Vor-Ort-Begehungen nehmen die Experten je nach Situation zudem Bauteilöffnungen und Probenahmen vor.

Im Verlauf der Begutachtungen werden mögliche Mängel aufgezeigt und qualifiziert. Wesentliche Mängel betreffen zum Beispiel Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften der Landesbauordnungen, Mängel, welche die Dauerhaftigkeit der Immobilie stark einschränken oder Mängel an Gewerken, die zu Folgeschäden führen können. Das Qualifizieren wesentlicher Mängel ist auch für die Kommunikation mit dem Eigentümer und deren Akzeptanz von zentraler Bedeutung. Darüber hinaus können mit der verlässlichen Aufstellung des kurz- und mittelfristigen Instandhaltungsbedarfs, Rücklagen fachgerecht geplant werden. Auf dieser Basis lassen sich dann auch die Kriterien für die Instandhaltung nochmals individuell für das Objekt überprüfen und die Modernisierung langfristig steuern.

- Planungs- und Finanzierungskonzept: Grundvoraussetzung des technischen Planungskonzepts ist die Bestandsanalyse aller möglicher Sanierungen oder Instandhaltungen. Unterschiedliche Lösungsvarianten sind dabei auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Projektkosten, Baukosten, Neben- und Betriebskosten sowie die Baunebenkosten werden dargelegt und kommuniziert. Beispielsweise müssen für energetische Sanierungen sämtliche bau- und anlagentechnischen Aspekte betrachtet werden. Wichtig sind zudem qualifizierte Aussagen, ob die installierte Technik zur Beheizung, Warmwasserbereitung und Lüftung Ansatzpunkte zur Energieeinsparung bietet und welche baulichen Maßnahmen sinnvoll sind.

Durch die Mitarbeit von TÜV Süd in Normenausschüssen wie zum Beispiel dem zur DIN 4108 T2 und der Beteiligung am "Arbeitsausschuss Wärmetransport" kann das Netzwerk Modernisierung Lösungen anbieten, die nicht nur den Stand der Technik berücksichtigen, sondern auch aktuelle Entwicklungen in der Branche. Zusätzlich wird ein Finanzierungskonzept ausgearbeitet, das Berechnungen für die Rendite aber auch die Amortisationszeiten der Maßnahmen enthält. Auch die Beratung für eine optimale Kombination von Fördermitteln und die Begleitung bei der Antragstellung sind wichtige Bestandteile des Planungskonzepts.

- Projektrealisierung und Controlling: Die Praxis zeigt, dass aufgrund mangelhaft ausgeführter Bauleistungen während der Sanierung oftmals weitere Sanierungen schon nach wenigen Jahren notwendig werden. Damit eine Modernisierung wirtschaftlich bleibt, ist es daher sinnvoll alle Aufgaben und Leistungen von Projektrealisierung bis zur Fertigstellung von einem zentralen Ansprechpartner steuern zu lassen. Das betrifft sowohl die Bauüberwachung, die Qualitätssicherung, als auch Abnahmen, die Rechnungsstellung und die Gewährleistung.

Weil die mit der Modernisierung verbundenen Renditepotenziale meist erst längerfristig greifen, sind eine wirtschaftliche Planung und qualitätsgesicherte Umsetzung essenziell. Außerdem steigt bei vielen Einzelgewerken das Risiko von Qualitätseinbußen und Schnittstellenproblematiken. Zur Vermeidung der meist erst spät auftretenden Folgewirkungen rücken solche Lösungskonzepte in den Vordergrund, welche die Umsetzung von Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen und damit die Investitionen sicherstellen. Dafür braucht der Bauherr zunächst Klarheit über den Zustand seiner Immobilie und welche Maßnahmen für eine sinnvolle Modernisierung wie und am wirkungsvollsten umgesetzt werden können.

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