MIPIM-Special

Mieterauswahl als Erfolgskriterium

Die Zeiten, in denen allein die richtige Standortwahl einer Immobilie zahlkräftige Mieter anlockte, sind vorbei. Die Nachfrage nach Büroimmobilien ist derzeit noch rückläufig. Agenturen, Beratungsunternehmen sowie Banken verkleinern ihre Flächen oder müssen gar untervermieten. Da bisher zur Bonität und voraussichtlichen Geschäftsentwicklung der Mieter nur wenige Informationen eingeholt wurden, werden die Vermieter häufig von der scheinbar plötzlichen Zahlungsunfähigkeit ihrer Mieter überrascht. Dies zeigt, dass Vermieter wesentlich früher als bisher entsprechende Informationen innerhalb eines aktiven Mietermanagements einholen und prüfen müssen.

Mieter-Rating bereits bei Neuvermietungen wichtig

Das beginnt bereits bei der Neu- oder Erstvermietung vakanter Flächen. Hier steht vor allem die Frage im Vordergrund, ob der potenzielle Mieter die Zahlungen auf längere Zeit leisten kann. Indizien zur Bonität zeigen sich bereits aus den Informationen, die vom Mieter selbst zur Verfügung gestellt werden können. Hierzu zählen Jahresabschlüsse, Beschreibungen des Geschäftsmodells, die Unternehmensentwicklung in der Vergangenheit sowie die Erfolge, die bereits erzielt werden konnten. Aus der Bilanz lassen sich weitere Kennzahlen wie die Fremdfinanzierungsquote oder der Jahresüberschuss ablesen.

Seit Beginn der Finanzkrise haben sich zusätzliche Parameter als wichtige Bewertungskriterien herausgestellt. Von Interesse sind besonders die zukünftige oder geplante Ausrichtung des Geschäftsmodells sowie der vorliegende Businessplan. Obwohl sich die Prüfung in den meisten Fällen recht aufwendig gestalten kann, analysieren Vermieter immer mehr auch die aktuellen Kunden des potenziellen Neumieters sowie die Branchen, in denen die Kunden des Mietinteressenten tätig sind. Deren Klientel sowie deren Umsatzbereiche und Geschäftskonzepte geben unter Umständen ebenso Hinweise auf mögliche Schieflagen des Mietinteressenten wie auf kommende Engpässe bei der Mietfinanzierung.

Bei Mietern mit Wachstumsabsichten im Büro- und Einzelhandels- sowie Hotelsegment zeigen beispielsweise der Expansionsplan und dessen Finanzierungsmodell, wie belastbar das Geschäftskonzept tatsächlich ist. Plant ein potenzieller Mieter, seine Mietfläche (Verkaufsfläche, Anzahl Hotelbetten) innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre zu verdoppeln, muss eine entsprechende Eigenkapitaldecke vorhanden sein. Mithilfe des Geschäftsplans muss er nachvollziehbar darlegen können, wie er "Anlaufzeiten" finanziell überbrücken will. Diese können sich ungewollt verlängern, was ebenfalls bedacht, berechnet und abgedeckt sein muss. Scheinen die Pläne zu ambitioniert, ist ein Vermieter gut beraten, den potenziellen Mieter abzulehnen.

Entsprechend ausführliche Mieter-Ratings sind bei Bestandsmietern in der Regel nicht mehr möglich. Mieter sind dann meist nicht mehr bereit, entsprechende Daten mitzuteilen. Dennoch sollte der Versuch einer gemeinsamen Situationsanalyse nicht aus den Augen verloren werden. Zielführend können dabei regelmäßige, persönliche Gespräche sein, um Krisenanzeichen frühzeitig zu erkennen. Wenn innerhalb der gemeinsamen Analyse wirtschaftliche Engpässe ermittelt werden, besteht die Chance, frühzeitig gemeinsame Lösungen zu finden. Im besten Fall wird so eine Neuvermietung verhindert und teure Umbaumaßnahmen sowie Aufbereitungskosten, die sich teilweise in Größenordnungen bis zu einer halben Jahresmiete bewegen, eingespart.

Eine weitere Möglichkeit für Vermieter, grundlegende Informationen über ihre Bestandsmieter zu erhalten, bieten Ra-ting-Agenturen. Diese führen Unternehmensbewertungen durch und erstellen Reports, welche erste Hinweise auf eine wirtschaftliche Schieflage des Mieters liefern können. Anhand dieser Basis können Vermieter entscheiden, ob Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Mieters notwendig werden. Auch zuverlässige oder wirtschaftlich auf den ersten Blick belastbare Mieter dürfen von einer kontinuierlichen Prüfung nicht ausgeschlossen bleiben.

Kommen Bestandsmieter in wirtschaftliche Schwierigkeiten, greifen je nach Entgegenkommen des Vermieters unterschiedliche Maßnahmen von der Mietstundung bis hin zur zwischenzeitigen Mietverringerung - im Idealfall noch bevor dem Vermieter finanzielle Einbußen entstehen. Sowohl im Fall einer Stundung als auch bei einer befristeten Mietreduzierung muss laufend eine genaue Prüfung der tatsächlichen Zahlungsfähigkeit erfolgen. In beiden Fällen ist zudem eine Erhöhung der Mietbürgschaft sinnvoll, um im Insolvenzfall entsprechende Mieteinnahmen garantieren zu können. Gelingt es trotz der Maßnahmen nicht, die Zahlungsfähigkeit des

Mieters zu sichern, sollten sich Vermieter frühzeitig nach potenziellen Neuinteressenten umsehen. Dies verhindert, dass der Mieter in die stärkere Verhandlungsposition gerät und so den Mietzins über Maß reduzieren kann.

Zusammenarbeit mit lokalen Interessensverbänden

Trotz der zur Verfügung stehenden Maßnahmen hat sich gezeigt, dass sich im Regelfall nicht alle Mieter halten lassen. Dann rückt das Vermietungsmanagement in den Fokus. Sowohl bei der kurzfristigen als auch bei der langfristigen Suche nach einem geeigneten neuen Mieter kann eine dauerhafte Kooperation mit örtlichen Interessensgemeinschaften wie den Handelskammern oder regionalen Wirtschaftsförderern hilfreich sein. Deren Ziel ist der Aufbau beziehungsweise die Stärkung eines lokalen Wirtschaftsstandorts.

Von der Arbeit mit den Kammern und Wirtschaftsförderern können insbesondere Bürovermieter profitieren. So können die Wirtschaftsförderer interessierten Unternehmen die geeigneten Büroimmobilien beispielsweise direkt anbieten. Obwohl es sich hierbei im Regelfall nur um eine reine Kontaktvermittlung handelt, entsteht für Bürovermieter ein gewinnbringender Multiplikatoreffekt. Wenn zum Beispiel ein Mietvertrag frühzeitig gelöst werden soll, kann über einen gut informierten Wirtschaftsförderer möglicherweise schnell ein neuer Mieter gefunden werden und der Vermieter drohende Verluste minimieren.

Je nach Standort können Eigentümer und Vermieter so branchenspezifische Schwerpunkte setzen, beispielsweise auf Logistikunternehmen oder den großflächigen Einzelhandel. Vermieter profitieren insbesondere von einem guten Kontakt zu lokalen Wirtschaftsförderern, wenn sie ein aktives Mietermanagement betreiben. Wenn sie stets gut über die wirtschaftliche Lage ihrer Mieter informiert sind, können bei Schwierigkeiten frühzeitig Maßnahmen ermittelt werden. Ist durch diese Maßnahmen beispielsweise eine Neuvermietung abzusehen, kann die gewonnene Zeit in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsförderern bestmöglich genutzt werden. Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, ist es allerdings notwendig, die Wirtschaftsförderung initiativ anzusprechen und dezidiert mit Informationen zu versorgen.

Bezugsmanagement als Service

Zur Neuvermietung gehört inzwischen standardmäßig ein hochwertiges Exposé. Immer wichtiger wird auch ein qualifiziertes Bezugsmanagement durch den Vermieter. Dabei handelt es sich um einen individuell auf den Neumieter zugeschnittenen Service. Wesentliche Maßnahmen des Bezugsmanagements sind beispielsweise die exakte Ermittlung des Flächenbedarfs des Neumieters sowie die Organisation des Umzugs. Die Mieter werden optimal auf die verfügbare Fläche aufgeteilt und notwendige bauliche Veränderungen für Neumieter vorgenommen. Zudem erspart ein gelungenes Umzugsmanagement dem neuen Mieter aufwendige Recherchen zu alternativen Umzugsunternehmen. Da der Vermieter die Immobilie am besten kennt, kann er dem Mieter häufig sogar mögliche Alternativen zur Einrichtung oder Nutzung vorschlagen und so die an ihn gestellten Anforderungen optimal erfüllen.

Das bei Großmietern seit Jahren übliche Verfahren wird inzwischen auch kleineren Mietern angeboten. Diese kostensensiblen Unternehmen schätzen das Bezugsmanagement insbesondere dann, wenn der Vermieter die Vorkasse oder sogar die vollen Kosten übernimmt. Ein erfolgreiches Bezugsmanagement kann in diesem Bereich das ausschlaggebende Alleinstellungsmerkmal sein, mit dem die erfolgreiche Abgrenzung zur Konkurrenz gelingt. Da das Verfahren im Regelfall auch für Bestandsmieter noch nicht verwendet wird, ist beispielsweise die Optimierung bereits genutzter Flächen als neues Marketinginstrument durchaus denkbar. Vermieter, die kontinuierlich auf die Instrumente aus aktivem Mieter- und Vermietungsmanagement sowie qualitativem Mieter-Rating setzen, können ihre Mieterstruktur deutlich optimieren und auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihre Erträge langfristig sichern.

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