Offene Immobilienfonds

Liquiditätssteuerung bei Offenen Immobilienfonds

Die vergangenen eineinhalb Jahre haben gezeigt, wie wichtig eine funktionierende und angepasste Liquiditätssteuerung bei Offenen Immobilienfonds ist. Eine Reihe Fonds musste aufgrund mangelnder Liquidität - teilweise mehrfach - die Anteilscheinrückgabe aussetzen. Leider hat die Branche bisher Möglichkeiten zur besseren Liquiditätssteuerung nicht ausreichend genutzt. Die am Markt vorhandenen Mechanismen der Liquiditätssteuerung greifen nicht ausreichend, um Rücknahmeaussetzungen durch Mittelabflüsse zu vermeiden.

Die Gründe dafür sind vielschichtig und ergeben sich auch aus der historischen Entwicklung der Assetklasse. So fand bei den Offenen Immobilienfonds keine ausreichende Anpassung der Produktausgestaltung an das sich verändernde Umfeld statt; dies gilt insbesondere für die Liquiditätssteuerung. In den vergangenen 50 Jahren haben sich neue Produktkategorien mit veränderten Rendite-Risiko-Profilen herausgebildet, beispielsweise als es gesetzlich möglich wurde, auch außerhalb Deutschlands zu investieren. Es entstanden neue Risiken. Fortlaufend fand eine Professionalisierung sowie Internationalisierung der Märkte statt, auf denen die Branche aktiv ist.

Die Gesetzgebung kam jedoch nur zögerlich mit regulatorischen Rahmenbedingungen nach, die den Veränderungen der Produktgattung Rechnung trugen. Auch Vertriebsumfeld und Vertriebsphilosophie haben sich deutlich verändert. So haben sich die Vertriebsapparate in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Durch den Einfluss neuer Medien und damit einhergehender schnellerer Kommunikationswege sowie aufgrund von Provisionsdruck werden Kundendepots häufiger verändert als vor 50 Jahren.

Auch die Veränderung in der Anlegerstruktur, insbesondere die Erschließung neuer Investorengruppen, die in den vergangenen Jahren besonders an Bedeutung gewonnen hat, spielt eine wichtige Rolle für die aktuelle Situation einzelner Fonds. Ein zentrales Managementproblem bei der Einführung neuer Anteilklassen ist der hohe Anteil nicht zurechenbarer Gelder in den Fonds. So sind im Branchendurchschnitt bei 38 Prozent des Gesamtfondsvermögens die Anleger unbekannt.

Einführung von Anteilklassen für unterschiedliche Anlegergruppen

Für eine bessere Liquiditätssteuerung ist die Schaffung neuer Anteilklassen mit dem Ziel der Separierung institutioneller von privaten Anlegern ein Mittel zur Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen. Solche neuen Anteilklassen können spezielle Regelungen zu Kündigungsfristen, Rücknahmeabschlägen und als Anreiz beispielsweise eine geringere Management Fee für jene Anleger enthalten. Der Vorteil bei der Einführung von solchen Anteilklassen ist die Schaffung einer stabilen Säule an Mitteln, deren Haltedauer aufgrund der Kündigungsfrist absehbar ist. Dadurch entsteht eine stärkere Unabhängigkeit von plötzlichen Mittelbewegungen. Außerdem ist durch eine sinnvolle Trennung der Gelder eine bessere Steuerbarkeit für das Management gegeben. Großanlegern können attraktivere Konditionen für längere Bindungszeiträume geboten werden.

Ein Beispiel für eine Kapitalanlagegesellschaft (KAG), der die Trennung von Investorengruppen durch Anteilklassen gut gelungen ist, ist die RREEF Investment. Sie war die erste Kapitalanlagegesellschaft, die gut funktionierende Mechanismen zur Trennung der Anleger in verschiedene Klassen eingeführt hat. Sowohl im Grundbesitz Europa als auch im Grundbesitz Global fand eine Trennung nach privaten und institutionellen Anlegern statt. Institutionelle Investoren werden seit April 2008 in einer gesonderten "Share Class" erfasst. Im Zuge der Krise und der folgenden Schließungswelle haben auch der SEB Immoinvest und der TMW Immobilien Weltfonds reagiert und eine neue Anteilklasse für institutionelle Investoren eingeführt.

Damit sind bei einigen Fonds bereits Ansätze zur Produktverbesserung erkennbar. Der "Gordische Knoten" bei der Liquiditätssteuerung ist damit aber noch nicht durchschlagen. Die bisher eingeführten Maßnahmen adressieren vorwiegend institutionelle Investoren. Bei vielen Fonds befindet sich aber ein großer Anteil des Fondsvolumens in den Depots privater Anleger. Deshalb reichen eine Separierung privater und institutioneller Anleger sowie die geplanten, nur institutionelle Anleger betreffenden Kündigungsfristen von zwölf Monaten nicht aus. Auch der private Anleger muss entsprechend längerfristig an das Produkt "Offener Immobilienfonds" gebunden werden.

Eine sinnvolle Regelung sollte demnach alle Investoren, also auch Privatanleger einschließen. Denn bei Vertrieben wirkt im Prinzip der gleiche verhängnisvolle Mechanismus wie bei semi-institutionellen Anlegern. Auch viele kleine Tickets können eine Lawine auslösen. Als Beispiel für ein effektives Maßnahmenbündel hat Scope Analysis schon im vergangenen Jahr Kündigungsfristen in Verbindung mit Rücknahmeabschlägen genannt.

Vor solchen Maßnahmen scheuten die Anbieter aber bisher zurück, weil sie die Reaktionen der Anleger fürchten. Darüber hinaus gibt es kaum einen Anreiz innerhalb der Branche für ein gemeinsames Regelungspaket. Solche einheitlichen Regelungen sind jedoch entscheidend für die nachhaltige Lösung des Konstruktionsproblems, eine zukunftsweisende Produktausgestaltung und für den Wiederaufbau des Anlegervertrauens in die Produktgattung "Offener Immobilienfonds".

BMF-Initiative: Mindesthaltedauer von zwei Jahren

Hier will der geplante Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) zur Stärkung des Anlegerschutzes ansetzen. Ihm zufolge sollen Offene Immobilienfonds künftig stärker reguliert werden. Die bisherigen Aussagen des BMF zum geplanten Gesetzentwurf sehen vor, dass bei Offenen Immobilienfonds künftig für alle Anleger eine zweijährige Mindesthaltefrist gelten soll, ergänzt durch Kündigungsfristen, die nach Wahl der KAG zwischen sechs und 24 Monaten angesetzt werden können. Darüber hinaus ist das Vorhalten höherer Liquiditätsquoten bei kürzerer Kündigungsfrist geplant.

Ebenfalls angekündigt hat der Gesetzgeber eine Präzisierung des Abwicklungsverfahrens bei Fonds, deren Anteilscheinrücknahme über 24 Monate hinaus ausgesetzt bleibt. Welches Vorgehen in diesem Punkt mit dem Gesetzestext im Einklang steht, ist bisher umstritten. Deswegen ist die Initiative des Gesetzgebers, hier Klarheit zu schaffen, sehr begrüßenswert. Die Zielrichtung des BMF ist auch grundsätzlich als positiv zu werten. Denn durch eine Fristenangleichung kann die Branche als Ganzes wieder attraktiver für Anleger werden und auf breiter Front nachhaltiges Wachstum erreichen. Zudem entspricht eine längere Haltedauer dem notwendigen Anlagehorizont des Produktes.

Noch viele offene Detailfragen

Bei der Umsetzung des Maßnahmenpakets müssen allerdings unbedingt die Auswirkungen einer solchen Regulierung im Detail bedacht werden. Es gilt, den Spezifika der Produkte Rechnung zu tragen, damit die Auswirkungen der Regulierung den Anlegern und der Assetklasse als Ganzes zugute kommen.

Beispielweise stellt sich bei Einführung einheitlicher Fristen die Frage, ob und gegebenenfalls wie diese auf die Bestandsanleger übertragen werden sollen: Gelten sie nur für neue Anleger oder wird es Übergangsfristen für Bestandsanleger geben? Und wie sollen Mindesthaltedauern bei Sparplänen dauerhaft sinnvoll überwacht werden? Weiterhin muss bei einer Realisierung des Vorhabens auch der Umgang mit Auszahlungsplänen klar geregelt werden. Offene Immobilienfonds spielen eine wichtige Rolle in der Altersvorsorge. Unklarheit über die Bedienung der Auszahlungspläne könnte dem Investmentsegment nachhaltigen Schaden zufügen.

Sollten Offene Immobilienfonds in der vom BMF beabsichtigten Weise reguliert werden, dann weicht die jederzeitige Verfügbarkeit des eingezahlten Kapitals der Absicherung des investierten Kapitals und des Anlagegegenstandes durch Angleichung der Fristen mit entsprechenden Mechanismen der Liquiditätssteuerung. Im Zuge dieser Entwicklung wird der Börsenhandel mit Fondsanteilen an Bedeutung gewinnen. Mit der Initiative hat das BMF darauf reagiert, dass die Selbstverpflichtungen und brancheninternen Maßnahmen der Kapitalanlagegesellschaften nicht weit genug reichten. Die Branche ist jetzt gefordert, konstruktiv mit dem BMF und allen Beteiligten an einem möglichst passgenauen Regelungspaket für die Offenen Immobilienfonds mitzuarbeiten.

Die Produktgattung der Offenen Immobilienfonds steckt in einem tiefgreifenden Wandel. Ihre Erfolgsstory ist damit aber keineswegs gescheitert. Das Ziel muss es jetzt sein, eine nachhaltig tragfähige Lösung zu finden, um das Produkt "Offener Immobilienfonds" wieder dauerhaft zukunftsfähig aufzustellen.

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