Corporate Real Estate Management

"Wer Leistungen komplett auslagert, liefert sich dem Dienstleister aus"

Wie sieht das Aufgabengebiet eines Corporate Real Estate Managers in einem Unternehmen aus, dessen Kerngeschäft nicht Immobilien sind? Im engeren Sinn beinhaltet Corporate Real Estate Management vor allem strategische Aufgaben. Es gilt, die Liegenschaften eines Unternehmens, das primär nichts mit Immobilien zu tun hat, laufend zu steuern. Diese Steuerung erfolgt pro-aktiv. Wir sprechen hier also nicht nur von der Instandhaltung des Immobilienbestands, sondern generell von der ständigen Bereitstellung betriebsnotwendiger Flächen. Dies umfasst den An- und Verkauf von Grundstücken und Gebäuden ebenso wie das Mieten. Das Immobilienmanagement eines Unternehmens kann auch weiter gefasst werden. Dann zählt der gesamte Betrieb der Gebäude hinzu, also alle Bereiche des infrastrukturellen, kaufmännischen und technischen Facility Managements. Was heißt pro-aktive Steuerung? Damit ist eine bedarfsgerechte Steuerung gemeint. Also, welche Grundstücke, welche Gebäude, welche Rechte - zum Beispiel Wege- und Zugangsrechte, aber auch Leitungs- und Bergbaurechte - sind für die Produktion notwendig? Wann werden die Liegenschaften gebraucht? Es gilt also den Immobilienbestand hinsichtlich der Produktionsanforderungen im Konzern zu optimieren. Welche Anforderungen werden heute an einen Corporate Real Estate Manager generell gestellt? Entsprechend dieser Breite der Aufgaben sind auch die Anforderungen an einen betrieblichen Immobilienmanager sehr vielfältig. Eine Umfrage von CoreNet Global, der weltweiten Vereinigung der Corporate Real Estate Manager, dessen Chapter Central Europe ich leite, hat ergeben, dass es bei dieser Tätigkeit weniger auf die sogenannten Hard Facts wie betriebswirtschaftliches Studium oder Staatsexamen ankommt, sondern vor allem auf Soft Skills wie zum Beispiel Kommunikation und analytisches Denken. Deshalb kommen Corporate Real Estate Manager vielfach nicht aus der Immobilienwirtschaft, sondern aus dem jeweiligen Unternehmen. Und das ist auch richtig und wichtig, denn diese Leute kennen das Unternehmen. Das nötige immobilienwirtschaftliche Know-how eignen sie sich im Laufe der Tätigkeit an. Es darf nicht vergessen werden: Für ein Industrieunternehmen ist die Immobilie "nur" ein "Arbeitshilfsmittel", das den Mitarbeitern und Maschinen Platz und Schutz bietet. Der Corporate Real Estate Manager ist demnach dafür zuständig, die passende Liegenschaft möglichst günstig zur Verfügung zu stellen. Welche Vorteile hat die unternehmensinterne Immobilienverwaltung gegenüber einem externen Asset und Property Manager? Pauschal gesagt: keine. Die Leistungen an und für sich können durch einen internen Manager ebenso gut erbracht werden wie durch einen externen. Deshalb sollte die Frage, was ausgelagert werden kann, auch immer gestellt werden. Der interne Corporate Real Estate Manager kann bei zwei Aspekten einen Mehrwert liefern. Der eine ist die tiefe Kenntnis des Unternehmens. Diese fängt bei der Markenpositionierung an und geht bis zur Auswahl von Materialien in der Immobilie. Es können Materialien gewünscht sein, die bestimmten ethischen Standards entsprechen oder die das Unternehmen selbst herstellt beziehungsweise die Kunden des Unternehmens fertigen. Der interne Immobilienmanager bringt also die Seele des Unternehmens in dessen Immobilien ein, denn Gebäude drücken immer ein Stück weit die Identität des Unternehmens aus. Der andere Mehrwert ist die Beurteilungskompetenz, die ein Auftraggeber stets bewahren sollte, wenn Dienstleistungen ausgelagert werden. Sind die Kosten, die der Dienstleister berechnet gerechtfertigt? Sind die Preise marktfähig? Entsprechen die Leistungen der geforderten Qualität? Diese Fragen kann nur beantworten, wer genügend Knowhow im Hause behält. Wer Leistungen komplett auslagert, liefert sich dem Dienstleister aus. Um diesen trotzdem noch kontrollieren zu können, braucht es dann wiederum externe Berater. Doch auch hier entsteht das gleiche Problem. Einige Unternehmen sind in diese Spirale hineingeraten. Dies ist aber kein Plädoyer gegen das Outsourcing. Gerade externe Facility Manager können Skaleneffekte erheblich besser nutzen und sind dadurch oft kostengünstiger. Die Frage jeder Auslagerung ist aber: Wie viel sollte weiterhin im Haus selbst erbracht werden, um den externen Anbieter fair beurteilen zu können? Wie steuern Sie externe Dienstleister? Geben Sie Standards vor? Gerade bei dem Thema erfüllt ein weltweiter Verband wie CoreNet Global eine wichtige Rolle. Hier tauschen wir unsere Erfahrungen unter anderem in diesem Bereich aus und können von Best-Prac-tice-Beispielen lernen. Generell bin ich kein Freund von Standards. Wie soll ein international tätiges Unternehmen Standards festsetzen? In kulturell vergleichbaren Regionen könnten Standards vorgegeben und umgesetzt werden, doch global gelingt das nicht. Das wäre auch nicht sinnvoll. In Westeuropa haben wir beispielsweise bei der Gestaltung von Büroarbeitsplätzen eine weitgehende Angleichung erreicht. In Mittel- und Osteuropa bevorzugen die Mitarbeiter dagegen oft das Einzelbüro. Zwar wird sich die Arbeitsplatzgestaltung langsam der westlichen Flächenaufteilung annähern, doch ist diese nicht gegen den Willen der Beschäftigten über Nacht durchsetzbar. Im Nahen Osten gilt es zum Beispiel darauf zu achten, dass sich die Hierarchie im Unternehmen auch in der Zimmergröße für die jeweiligen Mitarbeiter deutlich widerspiegelt. Dort ist die Größe des Schreibtisches ein Statussymbol. Ein Corporate Real Estate Manager muss diese Besonderheiten bei der Planung der Gebäude, der Raumaufteilung und der Anschaffung der Büromöbel kennen und beachten. Zuweilen sind es auch nicht kulturelle Gegebenheiten, sondern wirtschaftliche, die eine Standardsetzung verhindern. So hat ein Bürobeschäftigter in Deutschland durchschnittlich rund 18 Quadratmeter Arbeitsplatz zur Verfügung. Ein solches Niveau wäre in Hongkong oder Moskau, wo die Quadratmeterpreise dreimal höher sind, nicht bezahlbar. Eine bessere Orientierung bieten deshalb Benchmarks. Damit kann den Märkten und Kulturen besser Rechnung getragen werden. Welche Möglichkeiten der Wertsteigerung im Immobilienbestand können Corporate Real Estate Manager nutzen? Am einfachsten ist es, die nicht-betriebsnotwendigen Immobilien zu identifizieren. Dieser Prozess sollte etwa alle zwei Jahre erfolgen, denn Unternehmensstrategien ändern sich und damit auch der Bedarf an Immobilien. Dann stellt sich die Frage, wann und wie das Objekt veräußert wird? Vor allem bei innerstädtischen Lagen ist der Verkaufszeitpunkt im Immobilienkonjunkturzyklus entscheidend. Meistens handelt es sich bei beispielsweise nicht mehr benötigten Industriestandorten jedoch um Randlagen, die stets eine Geschichte haben. Damit sind in der Regel Altlasten verbunden, die geräumt werden müssen. Hier geht es vor allem darum, die Grundstücke marktfähig zu machen. Lukrativ könnte es natürlich sein, auf diesen Flächen neue Projekte zu entwickeln und diese zu verwerten. In diesem Falle wäre die mögliche Gewinnspanne deutlich höher. Aber wie sinnvoll ist es, dass ein nicht im Immobiliengeschäft tätiges Unternehmen Projektentwicklungen betreibt und vermarktet? Darüber hinaus hat das Corporate Real Estate Management die Aufgabe, das Immobilienvermögen instand zu halten, also Werte langfristig und nachhaltig zu bewahren. Gleichzeitig muss sich der Immobilienmanager überlegen, wie er sein Unternehmen besser positionieren kann, indem er zum Beispiel Kosten spart oder in Immobilien gebundenes Eigenkapital aktiviert. Dazu wurden in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Modellen und Produkten entwickelt vom Sale-and-Lease-Back bis zum REIT. Der REIT ist mit der Hoffnung gestartet, die Industrie werde ihre milliardenschweren Portfolios einbringen und auf diese Weise Kapital aktivieren. Bis jetzt gibt es aber erst zwei REITs und die Industrie zeigt dem Vehikel die kalte Schulter. Was ist da passiert? Das Vehikel passt nicht zur Industrie. Historisch war der REIT eigentlich als ein Exitkanal für Investoren initiiert worden, die ihre wenige Jahre zuvor erworbenen großen Wohnungsportfolios am Kapitalmarkt platzieren wollten. Doch weil das politisch im Wohnimmobilienbereich in Deutschland nicht durchsetzbar war, wurde das Modell dann in Richtung Industrie abgedrückt. Ein Grund, warum der REIT nicht für die Industrie taugt, ist das Verhältnis des Immobilien- zum sonstigen Anlagevermögen. Wenn der Wert der Immobilie also nur einen Bruchteil des Wertes der sich in ihr befindlichen Anlagen ausmacht, lohnt sich der Verkauf der Liegenschaft nicht. Es wäre geradezu fahrlässig, in diesem Falle die Kontrolle über das Grundstück und das Gebäude abzugeben. Deshalb sind auch bilanzielle Effekte, wie sie bei Sale-and-Lease-Back-Konstruktionen gerne ins Feld geführt werden, weniger wichtig, da die Entlastung meistens geringer ist als das Risiko, dem das Anlagevermögen ausgesetzt wird. Bei Lagerhallen oder Bürogebäuden mag hin und wieder das Grundstück mehr wert sein als das darauf befindliche Gebäude. Doch auch dies ist nicht immer gegeben. Wie würde ein Investor beispielsweise den SAP-Campus in Walldorf bewerten? Zwar sind das Büroimmobilien, doch wie sieht es mit der Drittverwendungsfähigkeit aus? Industrieimmobilien sind in der Regel explizit auf die speziellen Bedürfnisse eines Nutzers zugeschnitten. Auch deshalb ist ein Verkauf der Liegenschaften meist nicht sinnvoll. Wenn doch Immobilien verkauft oder über Sale-and-Lease-Back verwertet werden, dann braucht das Unternehmen zumeist dringend Geld für Investitionen ins Kerngeschäft. Dies erklärt, warum in Deutschland 79 Prozent der von Unternehmen genutzten Immobilien in deren Eigentum sind. Aber warum liegt die Quote in den USA bei 25 Prozent? Ein Grund für die niedrigere Eigentumsquote bei Unternehmensimmobilien in Nordamerika ist ein aggressiveres buchhalterisches Gebaren. Dort wurde eben auch in guten Zeiten Eigenkapital aktiviert und in das Kerngeschäft, in Zukäufe oder in die Dividenden investiert, was möglich war. Hierzulande herrscht dagegen das kaufmännische Vorsichtsprinzip vor, demnach in besseren Jahren etwas mehr zurückgelegt wurde, um in schlechten Zeiten etwas zum Zusetzen zu haben. Immobilien sind ein Stück weit Tafelsilber. Im jetzigen Marktumfeld werden wir sehen, dass Tafelsilber wieder stärker verkauft wird. Wie werden Unternehmensimmobilien bewertet und bilanziert? Die meisten internationalen Unternehmen bilanzieren nach IFRS oder US-GAAP. Danach müssen nicht-betriebsnotwendige Immobilien nach dem Marktwert und betriebsnotwendige Immobilien können nach dem Buchwert oder nach dem Marktwert bilanziert werden. Für Banken ist es sinnvoll, ihre Bürotürme nach Marktwert zu bilanzieren, aber für ein Chemieunternehmen, das seine Produktionshallen bewerten will, bleibt letztlich nur, den Kaufpreis der Immobilien anzusetzen und ihn über die Jahre abzuschreiben. Hier können sich stille Reserven bilden, doch sind diese meist hypothetischer Natur. Inwieweit kann und soll Corporate Real Estate Management zur Produktionssteigerung in Non-Property-Unternehmen beitragen? In Industrien, die vor allem Büroarbeitsplätze haben, wie Banken oder Softwareentwickler, spielt ein anregendes, inspirierendes, kommunikatives Arbeitsumfeld eine wesentliche Rolle für die Produktivität des Unternehmens. Hier kann und muss Corporate Real Estate Management unterstützen. Gleichzeitig muss der Immobilienmanager aber auch die Kosten im Blick haben und darauf achten, dass die Maßnahmen sinnvoll und effektiv sind. Im Industriesektor spielt dieser Aspekt des Corporate Real Estate Managements nicht die entscheidende Rolle. Hier können Produktivitätsfortschritte vor allem durch das Flächenmanagement erzielt werden. Das heißt, einerseits den Flächenverbrauch gering zu halten und andererseits die Wege so kurz wie möglich zu gestalten. Aber auch die Platzierung der Produktionsanlagen ist ein Aufgabenbereich des Corporate Real Estate Managers, wo er Effizienzen für das Unternehmen herstellen kann. Welche Konsequenzen hat die Finanzmarktkrise für die betriebliche Immobilienverwaltung? Wir sehen auf der einen Seite die sinkenden Flächenumsätze und fallenden Mieten speziell im Büromarkt. Hier können sich bei auslaufenden Mietverträgen Möglichkeiten der Anpassung ergeben. Allerdings wartet im Moment jeder ab, dass die Preise noch weiter zurückgehen, sodass auch die Corporate Real Estate Manager mit Neuabschlüssen zögern. Auf der anderen Seite müssen die Unternehmen mit dem erwarteten Absatz- und Produktionsrückgang als Folge der Finanzmarktkrise und der Rezession auch die Kosten anpassen. Hierbei sind auch die Immobilienverwalter gefragt. Flächenoptimierung bleibt dabei ein wichtiges Thema. Doch auch der Verkauf von Immobilien ist eine Option. Das Immobilienvermögen der BASF umfasst etwa 2,8 Milliarden Euro. Was sind das für Immobilien? Das Immobilienportfolio der BASF ist ein Potpourri aus klassischen Produktionsstandorten, von denen der größte in Ludwigshafen zehn Quadratkilometer bebaute Chemieansiedlungsfläche umfasst, bis hin zu Labors, Schulungszentren, Rohrleitungstrassen und Gruben. Zwar verfügen wir auch über Verwaltungsgebäude, doch werden Büros in der Regel angemietet. Wie viele Mitarbeiter verwalten dieses Portfolio? Bei der BASF umfasst die Immobilienverwaltung 18 Mitarbeiter in der Zentrale in Ludwigshafen und weitere sechs Mitarbeiter an den übrigen Standorten weltweit. Diese betreuen und entwickeln ein globales Portfolio. Unsere Kunden kommen zwar alle aus dem Unternehmen, doch haben sie wie jeder Immobiliennutzer ihre spezifischen Probleme, Anliegen und Bedürfnisse. Wir müssen dafür sorgen, dass deren Geschäft immobilienseitig funktioniert. Der Gebäudeverwalter unterstützt also den eigentlichen Produktionsprozess des Unternehmens. Aber 24 Mitarbeiter für den gesamten Immobilienbestand der BASF klingen nicht viel für die Breite der Aufgaben. Wo bedienen Sie sich externer Dienstleister? Mit den vorhandenen Mitarbeitern sind nicht alle Dienstleistungen an den Unternehmensstandorten zu erbringen. Wir sind nicht die Hausmeister. Selbstverständlich bedienen wir uns vor allem im Facility Management externer Dienstleister. Diese werden von uns ausgewählt, beauftragt und gesteuert. Sie sind Präsident des Chapters Central Europe bei CoreNet Global. Wo kann das Netzwerk helfen? In CoreNet Global finden sich Corporate Real Estate Manager aus der ganzen Welt zum Gedankenaustausch wieder. Es gibt zwar eine Reihe von Verbänden, nationale wie internationale, aber keiner entspricht den spezifischen Bedürfnissen und Problemen der betrieblichen Immobilienmanager wie dieses Netzwerk. Es gibt Unternehmen, die in einzelnen Bereichen bereits weiter entwickelt sind als andere, sodass an deren Erfahrungen partizipiert werden kann. Darüber hinaus hilft das Netzwerk beim Research. Die Beratungsunternehmen widmen sich sehr stark den Investment- und Mietmärkten, haben aber keine Daten zu den Nutzer- und Betreiberimmobilien. Wir wissen, was der Nutzer einer Immobilie für Bedürfnisse und Anforderungen hat und können demnach für Unternehmen, die weltweit tätig sind, Benchmarks setzen. Zudem werden über CoreNet Global Weiterbildungsseminare angeboten. Wichtig und gefragt ist der Ausbildungsgang zum Master of Corporate Real Estate, da viele Mitarbeiter in der betrieblichen Immobilienverwaltung - wie anfangs erwähnt - Quereinsteiger sind. Sie müssen sich das Immobilien-Know-how oft erst noch aneignen. Für diese Zielgruppe wird am Markt aber keine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung angeboten. Hier hilft CoreNet Global.

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