MIPIM-Special

Immobilienmärkte 2009 und 2010 - eine Wende zum Besseren

Die gesamtwirtschaftliche Ausgangslage im Allgemeinen und die immobilienwirtschaftliche im Besonderen ist uns allen deutlich - ohne dass wir freilich auch nur annähernd Klarheit über den Umfang und die Grenzen der damit verbundenen globalen Krise hätten. Im Prinzip unterscheidet sich die aktuelle Situation insofern in nichts von einer "normalen", denn gesicherte Grundlagen für einen verlässlichen Blick in die Zukunft gibt es nicht und kann es nie geben. Die Konturen zukünftiger Entwicklungen lassen sich allenfalls erahnen und überraschen uns dann doch immer wieder aufs Neue und stellen unsere Prognosen auf den Kopf. Vorbereitung einer Vorwärtsstrategie jetzt nötig Eines allerdings wissen wir auch zu Beginn dieses Jahres 2009: Nach dem Abschwung wird es auch wieder einen Aufschwung geben. Die Masterfrage allerdings ist die, wann, wo und in welchem Umfang dieser Aufschwung einsetzen wird. Zeitpunkt und Umfang dieses Aufschwungs wird von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. Gerade im Immobilienbereich wird das Preisberichtigungs- und Erholungsmuster in Europa, Asien und Australien/Neuseeland sowie auf dem amerikanischen Kontinent höchst unterschiedlich aussehen. Aufgrund des weltweiten konjunkturellen Abschwungs wird es 2009 auf jeden Fall das wichtigste Ziel eines jeden Immobilieninvestment-Managers sein müssen, die Einkommensseite zu stabilisieren. Das zweite Ziel muss sein, eine starke Vorwärts-Strategie vorzubereiten, über die derzeitige Marktsituation hinausblickend und dann aus Kapitalverknappungen und Preisanpassungen Vorteile ziehend. Diese Vorwärts-Strategie macht es erforderlich, Märkte und Assets zu identifizieren, die bei einer späteren Erholung der Konjunktur den stärksten Aufschwung verzeichnen können. Zunächst: Welche Lehren lassen sich aus Krisen in der Vergangenheit grundsätzlich ziehen? Es ertönt - leider - kein Klingelzeichen, wenn der Tiefpunkt eines Marktes erreicht ist. Deswegen sollten Investoren in ihrer Vorwärtsstrategie eine klare Vorstellung davon haben, welche Risikoprämie sie in einem äußerst unsicheren Markt erzielen wollen. Danach ist Geduld gefragt, bis diese Prämie mit einer realistischen, konservativen Zeichnung erzielt werden kann. Das sind die rationalen Spielregeln, deren Einhaltung schwierig ist. Denn wie immer spielen bei Anlageentscheidungen große Gefühle eine Rolle - deren bestimmende: Angst und Gier. Lehrreiches Wenn Panik oder Euphorie vorherrschen, werden die Werkzeuge der Risiko-Ertragsanalyse von den Marktteilnehmern häufig vernachlässigt. Emotionen bestimmen Investitionsentscheidungen plötzlich weit mehr als rationale Analysen. Gerade 2009 jedoch müssen Immobilieninvestoren ihre Investitionsentscheidungen auf rationale Analyse stützen und dürfen sich nicht von Emotionen leiten lassen. Dieser Rat hat sich nicht nur in ruhigeren Märkten bewährt, sondern ist insbesondere in turbulenten Märkten wichtig - und schwer zu befolgen. Ein genauerer Blick darauf, wie sich ertragsproduzierende Immobilien in Zeiten von Marktturbulenzen im Vergleich zu anderen Assetklassen verhalten, bringt wichtige Unterschiede an den Tag. Die Auflösung der größten Kreditausweitung, die die Welt jemals erlebt hat, war abrupt und brutal. Gewerbliche Immobilien gerieten unweigerlich in den Strudel des De-Leveraging-Prozesses. Der defensive Charakter, den Mietverträge von Natur aus haben, wird sich für Investoren weiterhin als wertvoll erweisen, doch die Kapitalmärkte werden diese Ertragsströme aufgrund der Veränderungen in den allgemeinen Kapitalmärkten preislich anders bewerten. Die fünf größten Immobilienmärkte Unser Strategie-Team verwendet nach wie vor viel Zeit darauf, für die fünf größten Immobilienmärkte - die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Japan - marktgerechte Preise herauszufinden. Das schwierigste an der Methodik ist die Einschätzung einer adäquaten Risikoprämie für Immobilien über die risikofreie Rate hinaus. Unsere Ergebnisse beruhen auf einer Vielzahl von Ansätzen, wie zum Beispiel die Schätzung der Betas von börsengehandelten REITs im Verhältnis zu ihrem Aktienmarkt (unter Berücksichtigung der Fremdfinanzierung), die Laufzeit von Mietverträgen sowie länderspezifischer Risikofaktoren. Während wir mit unseren Einschätzungen meist im Bereich der traditionellen Annahmen liegen (200 bis 300 Basispunkte), erscheinen die Risikoprämien für Deutschland niedrig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die deutschen Privatinvestoren die Auffassung vertreten, dass Immobilien mit nur wenig mehr Risiko behaftet sind als Spareinlagen (auf den deutschen Märkten sind Anlagemittel von Privatinvestoren wichtiger als institutionelle Investoren). Jenseits dieser fünf wichtigsten Märkte (die derzeit rund 60 Prozent des investierten Immobilienvermögens stellen) müssen Investoren vermehrt auf Fragen der Transparenz achten. Unser globaler Immobilien-Transparenzindex von 2008 untersucht 82 Immobilienmärkte und belegt einmal mehr, dass diese Märkte sich weiter öffnen und an Transparenz zunehmen. Belgien und Irland gehören nun ebenfalls zu der Gruppe der zehn Länder mit der größten Transparenz, sechs weitere Länder stiegen eine Kategorie auf und kein Land entwickelte sich rückläufig. Die vorhandene Transparenz sollte Einfluss auf die gewünschte Rendite bei der Investition in ein Land haben. Unsere Analyse zeigt, dass das Verhältnis nicht linear ist. Unterschiede bei der Transparenzbewertung von Ländern in offenen Märkten haben einen zu vernachlässigenden Effekt auf die Renditen, sind jedoch bei intransparenten Ländern von größerer Bedeutung. Alles in allem lässt sich Folgendes festhalten: Ein gut diversifiziertes Investitionsportfolio sollte praktisch jederzeit und in jeder Marktlage positive laufende Erträge erzielen können. 2008 bietet da jedoch einmal mehr eine Ausnahme. Abgesehen von Staatsanleihen ist es schwierig, eine Assetklasse zu finden, die in den letzten zwölf Monaten nicht an Wert verloren hat. Immobilien durchliefen ihrerseits eine ihrer schlechtesten Phasen überhaupt. Dennoch gilt: Immobilien sind neben inflationsgebundenen Anleihen wahrscheinlich die beste Anlageform überhaupt, um sich gegen Inflation zu schützen. Das Angebot an diesen Anleihen ist jedoch sehr knapp und die Renditen sind niedrig, sodass der Inflationsschutz recht teuer kommt. Immobilien können eine sehr viel kosteneffektivere Lösung darstellen, da ihre Erträge zu nicht-inflationären Zeiten dem Wettbewerb gut standhalten können. Globale Strategien Die Investitionswelt wird 2009 völlig anders aussehen als 2007 oder 2008. In vielen Ländern (Großbritannien, Deutschland, Australien) werden Anlageobjekte auf dem direkten Markt zu so niedrigen Preisen gehandelt wie schon seit länger als zehn Jahren nicht mehr. Die Immobilienaktienpreise sind bereits auf ein Niveau gesunken, wie es in der Ära globaler REITs noch nie dagewesen war. Dennoch werden sich die altbewährten Prinzipien der Diversifizierung nach Assetklasse, Land, Jahrgang und Risiko-Ertragsstil neue Geltung verschaffen, wenn die Finanzkrise erst einmal vorbei ist. Investoren, die bei ihren Immobilien-Aktien-Portfolios oder ihren Investitionen in opportunistischen Fonds schwindelerregende Verluste hinnehmen mussten, werden in Bezug auf diese beiden Investi-tions-Kategorien verständlicherweise abweisend reagieren. Aufgrund einer Risiko-Intoleranz auf noch nie dagewesenem Niveau sind viele Asset-Arten über ihren "fairen Marktpreis" hinausgeschossen und stellen nun attraktive Kaufgelegenheiten dar. Wir glauben jedoch auch, dass es wichtig ist, zu unterscheiden zwischen Sektoren, Vehikeln und Ländern mit ungelösten strukturellen Problemen und solchen, die langfristig überlebensfähig sind, aber erst durch den Preisberichtigungsprozess hindurch müssen. Der Trick bei klugen Investitionen in den Jahren 2009 und 2010 wird sein, zwischen verschiedenen Investitions-Kategorien zu unterscheiden. Zum Beispiel stehen die CMBS- und CDO-Märkte vor ungelösten strukturellen Problemen. Die Entwirrung der Asset-Mischung und die Lösung der Interessenskonflikte der verschiedenen Tranchen dieser verbrieften Schuld-Instrumente ist ein hochkomplexes Investitionsproblem. Gleichzeitig stellen Länder mit niedriger Transparenz (Ukraine, Indonesien und Venezuela) die Investoren vor inakzeptable Risiken und setzen sie der Gefahr von Korruptionspraktiken aus. Letztendlich führen manche Opportunity-Fonds und REITs Verbindlichkeiten mit sich, die bei Fälligkeit nicht refinanziert werden können. In einer Welt, in der selbst qualitativ hochwertige Assets und REITs mit einem Abschlag gehandelt werden, macht es wenig Sinn, Zeit oder Geld auf strukturell mangelhafte Investitionen zu verschwenden. Opportunitäten wahrnehmen Der letzte größere Abwärts-Zyklus in Europa und Nordamerika zu Anfang der neunziger Jahre führte zu der Entwicklung des "opportunistischen Immobilienfonds". Das opportunistische Investitionsformat erreichte Asien in der Zeit nach der asiatischen Finanzkrise gegen Ende der neunziger Jahre. Wir glauben, dass es inmitten der globalen Finanzkrise und einer globalen Rezession zu einer dritten großen Welle opportunistischen Investierens kommen wird. Wann diese Gelegenheiten auftauchen, ist fast unmöglich vorherzusagen. Wir wissen jedoch genau, dass die Schockwelle, die sowohl das verbriefte als auch das Private-Equity-Universum der Immobilieninvestments erfasst hat, letztendlich so gute Kaufgelegenheiten schaffen wird, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Wir raten Investoren, sich 2009 die Zeit zu nehmen, den opportunistischen Sektor genau zu beobachten und die Angebote sorgfältig zu prüfen. Investoren, die value-added und opportunistische Strategien bevorzugen, raten wir in der Anfangsphase einer globalen Rezession zudem zu Vorsicht bei der Wahl der Gewinner-Strategie. Der wichtigste zu berücksichtigende Faktor muss sein, dass ein Fondsinitiator in der Lage ist, mit hohen Abschlägen gegenüber dem fairen Marktpreis zu kaufen (nicht nur ein Abschlag gegenüber den überteuerten Werten von 2006 bis 2007). Der zweite Faktor ist eine realistische Erwartung in Bezug auf die nächsten drei Jahre, im Sinne einer unverklärten Betrachtung der Fundamentaldaten. Und der dritte Faktor wäre vorhandene Erfahrung im Umgang mit notleidenden Assets und Lösungssituationen, denn in diesen Sektoren werden sich opportunistische Transaktionen wahrscheinlich zuerst anbieten. Der asiatisch-pazifische Markt ist in den nächsten drei Jahren schwierig zu beurteilen. Die wichtigsten asiatischen Märkte wurden von der Finanzkrise und einer Konjunkturabschwächung nach ihren europäischen und amerikanischen Gegenstücken getroffen. Nun findet auf allen Märkten eine deutliche Preisberichtigung statt, was für die zukünftigen Erträge eine gute Nachricht ist, auch wenn dies für Assets innerhalb eines Portfolios schmerzlich ist. In China, Singapur und Hongkong können sich höhere BIP-Wachstumsraten als im Westen in höheren Erträgen niederschlagen, müssen dies aber nicht, es sei denn, der Preisberichtigungsprozess erreicht ebenfalls ein weiter fortgeschrittenes Niveau. Australien ist vielleicht das beste Beispiel für einen im Preisberichtigungsprozess am weitesten vorangeschrittenen Markt. Wie Großbritannien ist es ein hochgradig transparenter Markt, der die Tendenz hat, sich selbst schnell zu berichtigen, sobald ein neues Preisniveau feststeht. Japan, der größte Markt der Region, ist weniger transparent und die Preisfindung wird sich länger hinziehen. Wenn sich die neuen Preise etablieren und die institutionellen Eigentümer die höheren Renditen akzeptieren, kommen die generell hohen Belegungszahlen in Japan und die Verknappung an modernen Flächen dem Prozess zugute. Das globale Immobilien-Investment-Portfolio - eine Empfehlung Vor diesem Hintergrund kommen wir zu dem Schluss, dass der asiatisch-pazifische Raum weiterhin eine Übergewichtung in einem strategischen globalen Immobilienportfolio verdient, entsprechend seiner 19-prozentigen Gewichtung im "In-vestitions-Universum". In Anbetracht des Mangels an gut gemanagten Fonds und des niedrigeren Transparenzniveaus muss eine solche Marktgewichtung in den asiatischen Private-Equity-Märkten jedoch durch eine entsprechende Produktauswahl erkämpft werden. Für Europa empfehlen wir auf Grundlage der schnellen, nachweislichen Preiskorrektur in Großbritannien und aufgrund der Tatsache, dass Deutschland und Frankreich innerhalb des Prozesses ebenfalls weiter vorangeschritten sind, nun ebenfalls eine Übergewichtung. Zwangsverkäufe sind die wichtigsten Indikatoren für eine Preiskorrektur und Deutschland scheint nach Großbritannien das nächste Land zu sein, das eine ganze Reihe von insolventen Fondsinitiatoren hervorbringt, die Anlagevermögen auf dem Markt anbieten. Mittel- und Osteuropa haben noch ein Stück des Wegs vor sich. Wir glauben nicht, dass Investoren, die in Europa investieren wollen, zusätzlich zu all den Risiken, die man eingehen kann, um in den nächsten drei Jahren höhere risikoangepasste Erträge zu erzielen, ein zusätzliches länderspezifisches Risiko eingehen müssen. Osteuropa ist ein Beispiel dafür, wo Immobilienrenditen auf ein untragbar niedriges Niveau fielen, unsere Transparenzstudie jedoch in vielen Ländern nur bescheidene Fortschritte zeigt. Preisberichtigung in Nord- und Südamerika noch unzureichend Wir glauben, dass die US-amerikanischen Private-Equity-Märkte eine beträchtliche Untergewichtung verdienen, bis der Preisberichtigungsprozess weiter vorangeschritten ist. Gleichzeitig räumen wir ein, dass das US-amerikanische börsennotierte Immobilien-Universum nicht nur preisberichtigt wurde, sondern über jegliche Definition des "fairen Marktpreises" hinausgeschossen ist. Für diejenigen Investoren, die die Volatilität des börsennotierten Sektors aushalten können, sehen wir hervorragende Kaufgelegenheiten in allen drei Regionen - USA, Kanada und Mexico -, doch die Anzahl derjenigen gut gemanagten Gesellschaften, die auf eine Erfolgsgeschichte von zehn Jahren und mehr zurückblicken können, ist am größten in den USA. Wir bleiben bei unserer Untergewich-tungs-Empfehlung für Nord- und Südamerika, bis wir erleben, dass sowohl der US-Dollar als auch der US-amerikanische Private-Equity-Immobiliensektor eine Preisberichtigung erfahren, die unserem Bild der viel schwächeren Fundamentaldaten entspricht. Lateinamerika und Kanada sind zwei vielversprechende Märkte, in denen die bereits schwächeren Währungen, die stärkeren Fundamentaldaten und die höheren Kapitalisierungsraten gemeinsam dazu beitragen sollten, geringfügig bessere risikoangepasste Erträge zu generieren, bis die Preisberichtigung in den USA vollzogen ist. Finanzhistoriker der Zukunft werden 2009 und 2010 als Jahre der Wende betrachten. Wir sind davon überzeugt, dass diese Wende - wie so oft in der Geschichte - eine Wende zum Besseren gewesen sein wird.

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