Corporate Real Estate Management

Das Immobiliengeschäft in der Strategie eines Mischkonzerns

Evonik Industries AG ist ein moderner Industriekonzern aus Deutschland mit Aktivitäten in der ganzen Welt und eines der weltweit führenden Unternehmen in der Spezialchemie, Experte für Stromerzeugung aus Steinkohle und erneuerbaren Energien sowie eine der größten privaten Wohnungsgesellschaften in Deutschland. Mit Chemie, Energie und Immobilien verfügt das Unternehmen über drei profitable Geschäftsfelder in attraktiven Märkten. Evonik wird nach den Methoden des modernen Wertmanagements geführt: Im Vordergrund stehen profitables Wachstum und Wertsteigerung. Rund 43 000 Mitarbeiter erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz von rund 14,4 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis (EBITDA) von über 2,2 Milliarden Euro.

Das Geschäftsfeld Immobilien umfasst (konzentriert auf Nordrhein-Westfalen) einen eigenen Bestand von rund 60 000 Wohneinheiten, der durch die Evonik Wohnen GmbH bewirtschaftet wird. Hinzu kommt ein 50-Prozent-Anteil an der THS GmbH mit mehr als 75 000 eigenen Wohneinheiten. Unternehmerischer Schwerpunkt des Immobiliengeschäfts ist die Vermietung von Wohnraum an private Haushalte, wodurch weitgehend stabile und regelmäßige Cash-Flows erzielt werden können.

Darüber hinaus betreibt das Geschäftsfeld in seinem Wohnungsbestand ein aktives Portfoliomanagement. Die nachhaltige Entwicklung des Bestandes und intelligente Wohnkonzepte, die den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie umfassen, sind wesentliche Facetten der Bestandsstrategie. Dazu zählt auch eine ausgeprägte Kundennähe, die durch zehn regionale Kundencenter und zahlreiche Außenstellen vor Ort sichergestellt werden.

Herausforderungen verlangen unternehmerisches Handeln

Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und einer alternden Gesellschaft ist eine weitere Ausdifferenzierung der Wohnungsnachfrage zu erwarten. Demografische Herausforderungen sowie neue Lebensentwürfe erhöhen den Bedarf an barrierefreien und generationengerechten Wohnkonzepten. Steigende Energiekosten forcieren die Nachfrage nach energetisch sanierten Wohnungen. Der Energieausweis hat zudem eine steigende Angebotstransparenz zur Folge. Diese exogenen Faktoren beeinflussen unweigerlich die Wertentwicklung des Portfolios.

Die Wohnungswirtschaft kann und darf sich diesen Trends nicht entziehen. Im Gegenteil: Sie muss die Folgen antizipieren und unternehmerisch handeln, um Chancen zu nutzen und Wertverluste im Immobilienvermögen zu vermeiden. Gezielte Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen als strategische Investitionen betrachtet werden, die zu einer fortlaufenden Qualitätsverbesserung des Portfolios und zu einer Verbesserung der Bewirtschaftungsperformance beitragen. Hierdurch werden Mietwachstum und Vermietungserfolg gesichert sowie Fluktuation, Leerstand und laufende Instandhaltung im Zeitablauf reduziert.

Evonik hat mit seinen konzentrierten Beständen Erfahrung damit, energetische Sanierung, Verdichtung und Eigentumsmaßnahmen im Paket wirtschaftlich zu gestalten und so die Vermietbarkeit der Wohnungsbestände langfristig zu sichern. Frühzeitig wurde damit begonnen, die technisch orientierte Modernisierung einzelner Häuser und Wohnungen mit den komplexen Anforderungen im Wohnumfeld und in der Sozialstruktur von Stadtteilen und Quartieren in Einklang zu bringen. Das Instrument dazu heißt integrierte Stadtteilentwicklung mit einem Mix aus Modernisierung, Privatisierung sowie Abriss und Neubau.

In Deutschland werden zu wenige Wohnungen für ältere Menschen, Familien und Singles gebaut. Zu diesem Ergebnis kam im Januar 2009 das Eduard Pestel Institut, dass anlässlich der Messe BAU 2009 in München eine Studie zu diesem Thema veröffentlichte. 400 000 neue Wohnungen jährlich werden demnach bundesweit bis 2025 benötigt - 2008 sind Berechnungen zufolge nicht einmal 200 000 Einheiten fertiggestellt worden. Die Folgen wie soziale Spannungen in den Quartieren oder fehlende seniorengerechte Wohnungen sind vor allem in Ballungsräumen, wie zum Beispiel

Köln, bereits zu spüren. Die Städteplaner rechnen in Köln bis 2015 mit einem Bedarf von zusätzlichen 57 000 Wohnungen. Dabei kann die Nachfrage nach modernen Wohnungen in zentrumsnahen Quartieren schon heute kaum befriedigt werden. Mit Blick auf die vergleichsweise moderaten Immobilienpreise in der Rheinmetropole sehen Branchenexperten hier reale Wachstumschancen.

Nutzung regionaler Wachstumspotenziale

Evonik verfügt derzeit über rund 500 Wohnungen in Köln und partizipiert an der prosperierenden Entwicklung dieses regionalen Teilmarktes vor allem über Neubaumaßnahmen auf unbebauten Grundstücken, die zugekauft werden. Mit den Kölner "Zollstockhöfen" (126 Komfort-Mietwohnungen) wurde der Einstieg in den Kölner Immobilienmarkt erfolgreich untermauert. Weitere Bauprojekte, wie aktuell das Sieverskarree" im Stadtteil Kalk (151 Mietwohnungen), tragen dazu bei, die Bewirtschaftungsplattform in der Domstadt auf eine Größenordnung von rund 900 Wohnungen zügig auszubauen.

Demografischer Trend erfordert zielgruppenorientiertes Angebot

Die Ergebnisse der Studie des Pestel Institutes werden untermauert von den Prognosen des statistischen Bundesamtes zur Bevölkerungsentwicklung. Demnach werden wir bekanntlich weniger, älter, ärmer und bunter. Die erwarteten Struktureffekte in der Bevölkerung hinsichtlich Altersdurchschnitt, Einkommen und Präferenzen haben erhebliche Auswirkungen auf die quantitative und qualitative

Struktur der Wohnungsnachfrage. In der Konsequenz bedeutet dies, dass immer mehr ältere Menschen auf barrierefreien Wohnraum und auf Hilfe von außen - sei es privat oder professionell - angewiesen sind. Und auch die jüngere Generation braucht aufgrund der Ferne zur Familie häufig Unterstützung von anderen. Die früher übliche gegenseitige Hilfe in der Großfamilie fällt weitgehend weg.

Vor diesem Hintergrund entwickelt Evonik derzeit in Essen ein innovatives Wohnprojekt, das der demografischen Entwicklung Rechnung trägt. Mit dem konzeptionellen Grundgedanken des Mehrgenerationen-Wohnens wird ein ganzes Quartier mit rund 250 Wohneinheiten marktgerecht umgestaltet. Durch punktuellen Abriss der Altbestände und Neubaumaßnahmen entstehen in der Siedlung im Stadtteil Altenessen (Quartier "Bausemshorst") in den nächsten Jahren rund 100 moderne Wohnungen und Eigenheime mit einem abwechslungsreichen Wohnraumangebot für verschiedene Altersklassen und Zielgruppen. Der erste Bauabschnitt mit seinen 37 komplett barrierefreien Seniorenwohnungen war in kürzester Zeit vermietet. Die Idee des Mehrgenerationen-Wohnens wird nun in zwei weiteren Bauabschnitten umgesetzt mit differenzierten Angeboten für Singles, jüngere Paare und Familien. Auf dieses Weise werden generationenübergreifende Anreize geschaffen und das soziale Gefüge im Stadtteil gestärkt.

Senkung der Energiekosten

Evonik trägt einem weiteren wichtigen Einflussfaktor auf die Vermietbarkeit seiner Bestände Rechnung: dem Energieverbrauch. Nachhaltige Wertorientierung und Energieeffizienz sind die Kernpunkte des aktuellen Paradigmenwechsels in der Wohnungswirtschaft. Schon heute rückt die Frage nach den Heizkosten bei der Wohnungssuche immer stärker in den Fokus. In Zukunft wird der Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt zunehmend über die Warmmieten entschieden. Die energieoptimierte Immobilie wird zur Marke und zum Qualitätsmerkmal. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Viele Anbieter werden jetzt umdenken müssen. Statt kurzfristiger Kosten-Nutzen-Rechnungen sind langfristige Marktstrategien gefragt. Und diese beinhalten eben auch energetische Modernisierungen.

Pro Jahr werden bei Evonik annähernd 1 000 Wohneinheiten unter Nutzung zinsgünstiger KfW-Finanzierungsmittel saniert. Seit 1992 hat das Unternehmen insgesamt 12 700 Wohnungen mit einem Gesamtvolumen von rund 300 Millionen Euro energetisch optimiert. Die Mieter profitieren vom deutlich sinkenden Energieverbrauch, die sogenannte "Zweite Miete" wird kalkulierbarer. Fest steht aber auch, dass energetische Modernisierungsmaßnahmen Investitionen erfordern. Um es klar zu sagen: Energieeffizienz gibt es für die Mieter nicht zum Nulltarif. Ein Energiesparhaus der besonderen Art hat Evonik in Düsseldorf entwickelt. Aus zwei bestehenden Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 24 Wohnungen wurde mittels modernster Technik und energetischer Modernisierung ein sogenanntes Drei-Liter-Haus. Es zählt zu den sparsamsten Häusern Deutschlands. Die Mieter können durch neueste Gebäudetechnik, intelligente Belüftung, Wärmerückgewinnung und Fotovoltaik Energieeinsparungen von fast 90 Prozent verzeichnen. Auch die Umwelt profitiert: Durch die Stromerzeugung mit Hilfe von Fotovoltaik und durch ein Mini-Blockheizkraftwerk werden weniger fossile Brennstoffe verbraucht und so CO2-Emissionen eingespart.

Ohne Alternative: integrierte Lösungsansätze

Die skizzierten Herausforderungen werden in der gesamten Wohnungswirtschaft zu einer weiteren Professionalisierung und zu einer nachhaltigen Wertorientierung führen. Die Märkte spreizen sich und der Wettbewerb wird über die Qualität des Angebotes, die Effizienz der Organisation, die Kundenbindung und die wohnungswirtschaftliche Kompetenz gewonnen oder verloren. Wesentliche Erfolgsvoraussetzungen sind die laufende Betrachtung des Marktes und der Nachfrageentwicklung, die darauf abgestellte Differenzierung der Produkt- und Ausstattungsvarianten sowie die permanente Analyse des eigenen Portfolios. Gefragt sind Wohnkonzepte, die im Rahmen integrierter und gegebenenfalls kooperativer Quartiersentwicklungsprojekte durchgeführt werden und nicht nur bauphysikalisch, sondern auch wirtschaftlich überzeugen.

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