Immobilien an der Börse

Immobilienfonds im Börsenhandel - Chancen für Anleger

Früher fungierten Wertpapierbörsen ausschließlich als Marktplätze für den Handel mit Aktien, Anleihen, Genuss- und Optionsscheinen sowie Zertifikaten. Immobilienfonds - gleich ob Offene oder Geschlossene - waren nicht Gegenstand des börslichen Handels. Dies hat sich in den vergangenen Jahren nachhaltig geändert: Der Handel Offener Immobilienfonds ist heute elementarer Bestandteil des börslichen Alltags. Und auch für den Handel Geschlossener Fonds existiert mit der Fondsbörse Deutschland ein Marktplatz, der einen börsenähnlichen Handel dieser Anteile ermöglicht. Beide Modelle, die maßgeblich auf die Innovationskraft der Börsen Hamburg und Hannover zurückgehen, bieten Anlegern und Emittenten heute eine Reihe von Vorteilen.

Handel mit Offenen Immobilienfonds

Der Börsenhandel von Investmentfonds stellt seit seiner Etablierung durch die Börse Hamburg im August 2002 eine tragfähige Ergänzung zum vorher obligatorischen Kauf von Fondsanteilen über die Kapitalanlagegesellschaft dar. Diese hat in den vergangenen Jahren viel Beachtung gefunden und ist auf eine breite Akzeptanz bei den Anlegern gestoßen. Gleichwohl findet der Hauptanteil des Handels immer noch über die traditionellen Vertriebsstrukturen der Kapitalanlagegesellschaften statt.

An der Börse Hamburg können Anleger derzeit aus rund 4100 verschiedenen Fonds - darunter 27 Offenen Immobilienfonds - auswählen und diese ebenso leicht handeln wie Aktien oder Anleihen. Dabei sparen sie die sonst üblichen Ausgabeaufschläge. Anleger zahlen nur die Transaktionskosten wie sie die Bank auch für Aktien und Zertifikate berechnen würde. Hinzu kommen der Spread - der Unterschied zwischen dem An- und Verkaufskurs - sowie eine Maklercourtage in Höhe von 0,08 Prozent. Für den Börsenhandel spricht neben dem Kostenaspekt auch die Flexibilität. Der zuständige Makler stellt über den gesamten Börsentag hinweg - derzeit von 8.00 bis 20.00 Uhr - fortlaufend handelbare Preise. Zudem hat der Anleger die Möglichkeit, Limits zu setzen und seinen Auftrag zeitlich zu begrenzen. Durch die Option, Stop-Loss-Orders zu erteilen, können Risiken reduziert werden. Solche Instrumente zur aktiven Depotsteuerung sind besonders in unruhigen Marktphasen wichtig.

Doch nicht nur die Anleger profitieren. Für Emittenten stellt der Weg über den börslichen Handel einen zusätzlichen, lukrativen Vertriebskanal für Publikumsfonds dar. Kundenpotenziale können dadurch besser ausgeschöpft und neue Kundengruppen effektiv angesprochen werden. Über die Zeichnungsbox der Börse Hamburg konnte beispielsweise im Jahr 2010 die Erstplatzierung des Stuttgarter Dividendenfonds mit einem Volumen von 25 Millionen Euro erfolgreich vertrieben werden.

Für manch einen Investor ist der Börsenhandel in den letzten Jahren auch zum Rettungsanker geworden und hat die Branche vor einem noch größeren Imageverlust bewahrt. Offene Immobilienfonds, die stets als sichere Anlage beworben wurden, bereiten nämlich vielen Investoren unruhige Nächte - und das seit einigen Jahren. Nachdem im Zuge der Finanzmarktkrise viele Anleger im vierten Quartal 2008 aus Offenen Immobilienfonds geflüchtet waren, musste eine Reihe von Kapitalanlagegesellschaften ihre Fonds "einfrieren", das heißt die betroffenen Fondsgesellschaften erklärten, keine Anteile mehr zurückzunehmen.

Alternative für Fondsanleger mit Liquiditätsbedarf

Rund drei Jahre nachdem die Offenen Immobilienfonds schon einmal mit der Aussetzung von Anteilsrücknahmen ins öffentliche Blickfeld gerückt waren, standen sie nun erneut im Rampenlicht. Dieses Mal allerdings viel stärker: Während Ende 2005 zwei Fondsgesellschaften für drei ihrer Fonds einen Rücknahmestopp verhängten, waren diesmal zuerst dreizehn Fonds betroffen. Aktuell sind es noch immer elf Fonds, die keine Anteile zurücknehmen. Drei große Immobilienfonds befinden sich zurzeit sogar in der Abwicklung.

Während es 2005 im Vorfeld der Schließungen zu Bewertungsproblemen gekommen war, lagen die Ursachen drei Jahre später in massiven Mittelabflüssen. Fondsgesellschaften und der Branchenverband BVI erklärten nach der Aussetzung der Rücknahme unisono, die Maßnahme erfolge zum Schutz der Anleger. Was auf den ersten Blick für Anleger, die plötzlich ihre Fonds nicht mehr verkaufen konnten, wie Hohn klingen mochte, war Konsequenz gesetzlicher Vorgabe.

Die Fondsgesellschaften sind verpflichtet, bestimmte Liquiditätsvorschriften des Investmentgesetzes einzuhalten. Im Zuge der Finanzmarktkrise mussten insbesondere institutionelle Anleger, Dachfonds und Vermögensverwalter infolge der Marktverwerfungen Liquidität beschaffen und es kam auch bei Offenen Immobilienfonds zu panikartigen Verkäufen. Infolge der Mittelabflüsse reichten die übrigen liquiden Mittel nicht mehr aus, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und die Rücknahmeverlangen der Anleger in vollem Umfang zu befriedigen.

Diese im Wesentlichen durch institutionelle Investoren herbeigeführte Situation ist natürlich auch für private Anleger von Bedeutung, da auch sie von den verhängten Rücknahmestopps betroffen sind. Was für einige Betroffene unter Umständen nur ärgerlich ist, kann bei anderen Zukunftspläne ins Wanken bringen. Dann nämlich, wenn Anleger fest mit dem Kapital aus ihren Offenen Immobilienfonds gerechnet haben, beispielsweise um Investitionen zu tätigen.

In dieser Situation ist der Börsenhandel von Fondsanteilen, wie ihn die Börse Hamburg anbietet, von großem Interesse. Denn hierüber besteht zurzeit die einzige Möglichkeit, sich zu transparenten und nachvollziehbaren Bedingungen von den Anteilen zu trennen. Es werden alle zehn Immobilienfonds gehandelt, die derzeit noch "eingefroren" sind. Damit stellt die Börse Hamburg den Anlegern weiterhin eine funktionierende Ausstiegsmöglichkeit zur Verfügung, die ihnen die Flexibilität bietet, die sie woanders nicht bekommen.

Entscheidender Faktor bei der Preisfeststellung sind in dieser Marktphase die vorliegenden Aufträge: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Dabei kann es selbstverständlich zu Abschlägen gegenüber dem von der Gesellschaft veröffentlichten Rücknahmepreis kommen, der trotz der Schließung auch weiterhin täglich berechnet wird. Dieser ist allerdings im Fall der "eingefrorenen" Immobilienfonds ohnehin nur theoretischer Natur, da die Gesellschaft gerade nicht bereit ist, Anteile zu diesem oder einem anderen Preis zurückzunehmen.

Wer Sorge hat, dass der durch Angebot und Nachfrage ermittelte Preis an der Börse zu stark vom zuletzt veröffentlichten Preis der KAG abweichen könnte, kann sich auf ebenso einfache wie effektive Weise schützen: Bei der Aufgabe der Order kann diese mit einem Preislimit versehen werden. Dadurch besteht die Gewissheit, dass im Falle der Orderausführung mindestens dieser Preis erzielt wird. Käufer hingegen haben in dieser Marktsituation die Chance, Anteile auch unter dem aktuellen Rücknahmepreis der KAG über die Börse zu erwerben.

An der Börse Hamburg dominierten in den vergangenen Monaten Offene Immobilienfonds den Fondshandel. So befanden sich unter den zehn umsatzstärksten Fonds des ersten Halbjahres 2011 allein neun "eingefrorene" Immobilienfonds. Die hohen Umsätze zeigen, wie groß der Liquiditätsbedarf bei den Anlegern und wie wichtig der Börsenhandel als einziges funktionsfähiges Ausstiegsszenario tatsächlich ist. Bis auf Weiteres wird der Börsenhandel für verkaufswillige Anleger die einzige Ausstiegsmöglichkeit bleiben, da die Anteilsrücknahme bei vielen Fonds vermutlich noch über das Jahresende hinaus andauern wird.

Handel geschlossener Beteiligungen

Während bei den Offenen Immobilienfonds aufgrund der Rücknahmestopps in den vergangenen Jahren die Fungibilität eingeschränkt wurde, ist die Entwicklung bei Geschlossenen Fonds eine gänzlich andere. Hier ist aus einem langfristig konzipierten Investment eine deutlich flexiblere Anlageklasse geworden. Dies liegt wesentlich an der Etablierung eines Zweitmarktes, über den Anleger Anteile vor der Ablaufzeit verkaufen oder aber in eine bereits laufende Beteiligung einsteigen können. Wer entsprechend handeln möchte, kann dies heute problemlos über die Fondsbörse Deutschland tun. Diese von den Börsenträgern der Wertpapierbörsen in Hamburg, Hannover und München organisierte Handelsplattform für Geschlossene Fonds ist der einzige initiatorenübergreifend und börsenähnlich organisierte Zweitmarkt in Deutschland.

Nahezu 4800 geschlossene Beteiligungen, darunter knapp 2200 Immobilienfonds können hier gehandelt werden. Wie im "traditionellen" Börsenhandel nimmt an der Fondsbörse Deutschland ein Makler, die Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG, Kauf- und Verkaufsanträge entgegen und sucht eine passende Gegenpartei. Die Preisfindung erfolgt nach börslichen Regeln über Angebot und Nachfrage und trägt so zu transparenten und marktgerechten Preisen bei.

Da geschlossene Beteiligungen im Gegensatz zu heute ursprünglich nahezu ausschließlich als Steuersparmodelle konzipiert wurden, kam dem Faktor Handelbarkeit nur wenig Bedeutung zu. Für einen geregelten Handel gab es keinen Bedarf. Gebrauchte Beteiligungen wurden nur in Notlagen verkauft. In der Regel blieben die Anleger 15 bis 20 Jahre oder gar länger investiert. Verkäufe, um Gewinne zu realisieren oder das Depot umzuschichten, gab es früher nur ganz selten.

Das damalige Credo, eine Ehe zu scheiden sei einfacher als einen Geschlossenen Fonds zu verkaufen, gilt dank des funktionierenden Zweitmarktes an der Fondsbörse Deutschland heute nicht mehr. Die neu gewonnene vorzeitige Ausstiegsmöglichkeit macht die Assetklasse auch für viele zögerliche Käufer interessanter. Sie werden sich eher vom Kauf einer Beteiligung überzeugen lassen, wenn die Möglichkeit des vorzeitigen Ausstiegs gesichert ist. Für Vertriebe und Initiatoren ist dabei der bloße Verweis auf ein konkretes Angebot erfolgversprechend: Wenn ein Anleger seine Beteiligung vorzeitig veräußern will oder muss, gibt es diese Möglichkeit über die Fondsbörse Deutschland. Käufern bietet der Zweitmarkt die "zweite Chance", sich an einem Fonds zu beteiligen, der bereits vor geraumer Zeit geschlossen wurde.

In den vergangenen Jahren nutzten Privatpersonen die Fondsbörse Deutschland vor allem als Verkäufer. Die Gründe für den Verkauf waren vielfältig: von Veräußerungen aufgrund eines plötzlichen Liquiditätsbedarfs bis hin zur Umsetzung von Portfoliooptimierungen. Mittlerweile treten Privatpersonen auch vermehrt auf der Käuferseite in Erscheinung. So sind an der Fondsbörse Deutschland mittlerweile rund zwei Drittel aller Käufer Privatanleger, die ihr Portfolio durch Geschlossene Fonds aus dem Zweitmarkt ergänzen. Der Vorteil ist schnell erklärt: Bei "gebrauchten" Beteiligungen hat der Fonds bereits eine Geschichte, sodass sich sein Erfolg oder Misserfolg konkret abschätzen lässt. Anleger müssen sich nicht ausschließlich auf die Versprechen in den Verkaufsunterlagen verlassen. Anhand von Emissionsprospekten, Geschäftsberichten und Leistungsbilanzen können sie sich ein genaues Bild über den bisherigen Geschäftsverlauf des Schiffes oder der Immobilie machen. Besonders für sicherheitsorientierte Anleger ist dies ein ausschlaggebender Grund, am Zweitmarkt einzukaufen.

Der Trend am Zweitmarkt ging in den vergangenen Jahren verstärkt in Richtung renditeorientierter Beteiligungen. Hochwertige Fonds mit solventen Mietern und vor allem langen Mietverträgen sind dabei besonders interessant, da sie bislang wenig von den Auswirkungen der Finanzkrise getroffen wurden.

Sehr reger Fondshandel im ersten Halbjahr 2011

Mit 75 Millionen Euro verzeichnete die Fondsbörse Deutschland im ersten Halbjahr 2011 einen sehr regen Handel bei Geschlossenen Fonds. 73 Prozent des Handelsvolumens (55 Millionen Euro) entfielen auf Immobilienfonds. Besonders gefragt waren dabei Einkaufscenterfonds. Kursspitzenreiter unter den Immobilien war im ersten Halbjahr 2011 der DWS Access DGA Einkaufs-Center-Immobilienfonds, von dem Anteile mit Kursen bis zu 514,5 Prozent der Nominalsumme vermittelt werden konnten. Insgesamt zeigen die Handelsabschlüsse, dass bei Immobilienfonds viele Investitionsobjekte mit attraktiven Renditen vorhanden sind.

Die Börse Hamburg bietet als Handelsplatz Investoren und Emittenten Offener und Geschlossener Immobilienfonds Vorteile, die die Attraktivität dieser Assetklassen weiter fördern. Immobilienfonds werden so eine Anlageklasse bleiben, die das Depot von Anlegern attraktiv ergänzen können. Allgemein wird der Handel von Publikumsfonds über die Börse in den nächsten Jahren weiter zunehmen und sich als effizientes Zukunftsmodell für Anleger und Emittenten im Markt weiter etablieren.

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